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Neutra, Richard Joseph#

* 8. 4. 1892, Wien

† 16. 4. 1970, Wuppertal (Deutschland)


Neutra, Richard
Richard Neutra, Foto 1967
© Die Presse/Heinz Hosch

Richard Neutra wurde 1892 in Wien-Leopoldstadt geboren. Er stammte aus einer jüdischen Familie, sein Vater war Besitzer einer Metallgießerei.

Neutra, der seine schulische Ausbildung 1910 am Sophiengymnasium abschloss, hatte schon früh Kontakt mit den kulturellen Zirkeln Wiens. Er entschloss sich, Architektur an der Technischen Hochschule Wien zu studieren, die eine gründliche, traditionelle Ausbildung vermittelte. Da er jedoch an den neuesten und modernsten Strömungen in der Architektur interessiert war, besuchte er daneben noch die von Adolf Loos ins Leben gerufene Bauschule.


Die Architektur der Vereinigten Staaten, besonders die Arbeiten von Frank Lloyd Wright weckten seine Begeisterung. Wegen des Ersten Weltkrieg musste er sein Studium unterbrechen - er wurde zum Kriegsdienst bei der Artillerie eingezogen und konnte es erst nach Kriegsende abschließen.


Um eine kriegsbedingte Erkrankung an Tuberkulose und Malaria auszuheilen, hielt sich Richard Neutra anschließend in der Schweiz auf. In dieser Zeit besuchte er Kurse an der ETH Zürich bei Karl Moser und fand Arbeit beim Landschaftsgärtner Gustav Amman, dem er zeitlebens freundschaftlich verbunden blieb. In der Schweiz lernte er auch seine spätere Frau Dione, Cellistin und Tochter eines Architekten, kennen.


Über Vermittlung eines Freundes erhielt Neutra 1920 eine Anstellung in einem Berliner Architekturbüro, wechselte er aber bald darauf in das Bauamt der Stadt Luckenwalde bei Berlin. Hier lernte er den Architekten Erich Mendelsohn kennen, der ihn in sein Büro nach Berlin holte. Dort wurde Neutra mit der Bauleitung des Umbaus des „Berliner Tagblatt“- Gebäudes betraut.

Inzwischen mit Dione Niedermann verheiratet, reifte in Neutra der Entschluss, nach Amerika auszuwandern, wozu wohl auch die Schilderungen von Rudolf Schindler beitrugen, mit dem Neutra seit dem gemeinsamen Studium bei Loos befreundet war und der bereits 1914 nach Amerika ausgewandert war.


1923 übersiedelten Richard und Dione Neutra zunächst nach New York, danach erhielt Neutra bei der angesehenen Baufirma Holabird & Roche in Chicago eine Anstellung. Hier gewann er Einblick in die amerikanische Bauweise, gekennzeichnet u.a. durch die Verwendung vorfabrizierter Einzelteile. Die erhoffte Begegnung mit Frank L. Wright fand statt und dieser lud ihn sogar für einige Monate in sein Studio in Taliesin, Wisconsin, ein.

Anfang 1925 übersiedelten die Neutras nach Los Angeles zu Rudolph Schindler. Neutra arbeitete in dessen Büro, machte die Gartengestaltung für Schindlers Lovell Beach House, Newport Beach und beschäftigte sich auch schriftstellerisch mit fachspezifischen Themen.


In der Zwischenzeit hatte Neutra hatte die Architektenlizenz erhalten und konnte sich selbständig machen. 1927 erhielt er vom Gesundheits- und Reformarzt Dr. Phillip Lovell (für den Schindler das Beach-House in Newport entworfen hatte) den Auftrag, in den Hügeln von Los Angeles ein großes Haus zu erbauen, das den Vorstellungen einer modernen Lebensführung entsprechen sollte. Das "Lovell Health House" war eines der ersten Wohnhäuser in den Vereinigten Staaten, das als Stahlkonstruktion aus vorgefertigten Teilen errichtet wurde.


Der Bau erreichte große Publizität und machte Richard Neutra auch international bekannt. Er trat eine weltweite Vortragsreise an und Josef Frank lud ihn ein, an der Österreichischen Werkbundsiedlung mitzuarbeiten.


Ende der 1930er Jahre erhielt Richard Neutra die amerikanische Staatsbürgerschaft, er baute für sich Haus und Studio und erhielt Staatsaufträge für Siedlungsprojekte.

Eines von Neutras bekanntesten Gebäuden wurde das für E. J. Kaufmann entworfene Kaufmann "Desert House" (1946), das in einsamer Landschaft in der Nähe von Palm Springs (Kalifornien) entstand.

Von 1949 bis 1964 arbeitete Neutra mit R. E. Alexander zusammen, später unter anderem mit seinem Sohn Dion. Neutra betätigte sich auch als Stadtplaner unter anderem für Caracas und Puerto Rico (Konsulent der Regierung 1943/44).



Richard Neutra strebte die Eingliederung der Häuser in die Landschaft und die Verbindung von natürlicher und künstlich geschaffener Umgebung an.

Er verwendete dazu unterschiedliche Materialien, die als lichtdurchlässiges Arrangement in einen sorgfältig geplanten Garten eingefügt wurden. Die Landschaft, der Wohnraum und das Leben der Bewohner seiner Bauten stellten für Neutra ein Ganzes dar.

In seinen Publikationen und Vorträgen setzte sich Neutra mit dem Stellenwert der Architektur im Leben des Menschen auseinander ("Survival through Desing"). Er bezog das Bauen auf den Menschen und seine Bedürfnisse und grenzte sich nachdrücklich vom dogmatischen Funktionalismus ab.

Seine architektonischen Vorstellungen orientierten sich dabei maßgeblich an den Wünschen seiner Kunden. Anders als viele seiner Kollegen wollte er den Bauherren seine Vorstellungen nicht aufzwingen. So war er dafür bekannt, seinen Auftraggebern umfassende Fragebögen vorzulegen, um möglichst viele Sonderwünsche berücksichtigen zu können.

Gegen Ende seines Lebens mit Ehrungen und Auszeichnungen geradezu überhäuft, lebte Richard Neutra mit seiner Frau von 1966 bis 1969 wieder in seiner Heimatstadt Wien, dann wieder in Los Angeles.

Auf einer seiner zahllosen Vortragsreise starb er am 16. April 1970 in Wuppertal, wohin er zur Besichtigung eines seiner Häuser gekommen war, an Herzversagen.


Sein Sohn Dion (* 1926) setzte das architektonische Vermächtnis seines Vaters fort. Insbesondere in den 1990er Jahren erlebte der von Neutra geprägte Stil eine Renaissance. Durch die Gründungen der "Richard J. Neutra-Foundation" in Los Angeles, des "Richard J. Neutra-Instituts" in Zürich und der "Richard J. Neutra-Gesellschaft" in Wien werden Neutras Vorstellungen auch in Zukunft weitergegeben werden.


--> Historische Bilder zu Richard Neutra (IMAGNO)

Werke (Auswahl)#

Bauten:
  • Verlagshaus Rudolf-Mosse ('Berliner Tageblatt') Berlin-Kreuzberg (Deutschland; 1921-23)
  • Jardinette Apartments Los Angeles (USA, Kalifornien; 1927)
  • Lovell (Health) House für Dr. Philip Lovell in Los Angeles (USA, Kalifornien; 1927-29
  • Haus in der Werkbundsiedlung in Wien 13 (1932)
Werkbundsieldung Wien 13.
Werkbundsiedlung in Wien 13
© Ch. Brandstätter Verlag, Wien, für AEIOU
  • 'Van-der-Leeuw-Versuchshaus' (V. D. L. Research House - ist Neutras Wohnhaus) in Los Angeles (USA, Kalifornien; 1932)
  • Neutras Haus und Studio am Silver Lake nahe Los Angeles (USA, Kalifornien; 1932/33; 1964 umgebaut)
  • Schule in der Corona Avenue in Los Angeles (USA, Kalifornien; 1935)
  • Villa für Josef von Sternberg im San Fernando Valley (USA, Kalifornien; 1934-35; wurde zerstört)
  • Landfair und Strathmore Appartements in Los Angeles (USA, Kalifornien; 1937-38)
  • Wohnanlage in Los Angeles-Westwood (USA, Kalifornien; 1937)
  • Haus Mensendieck in Palm Springs (USA, Kalifornien; 1937)
  • Villa für Leon Barsha in North Hollywood (USA, Kalifornien; 1937)
  • Emerson Jr. High School in West Los Angeles (USA, Kalifornien; 1938)
  • Villa für John Nicholas Brown auf Fisher's Island (USA, New Jersey; 1938)
  • Channel Heights Housing Projects in San Pedro (USA, Kalifornien; 1942)
  • Haus Nesbitt in Los Angeles (USA, Kalifornien; 1942)
  • Desert House für Edward Kaufmann in Palm Springs (USA, Kalifornien; 1946-47)
  • Elkay Apartments in Los Angeles (USA, Kalifornien; 1948)
  • Holiday House Motel in Malibu (USA, Kalifornien; 1948)
  • Haus Atwell in Los Angeles (USA, Kalifornien; 1950)
  • Warren Tremaine House in Montecito bei Santa Barbara (USA, Kalifornien; 1948)
  • Eagle Rock Clubhaus in Los Angeles (USA, Kalifonien; 1950-54)
  • Moore House in Ojai (USA, Kalifornien; 1952)
  • Grundschule in der Kester Avenue in Los Angeles (USA, Kalifornien; 1953; zusammen mit R. E. Alexander)
  • Miramar-Kapelle in La Jolla bei San Diego (USA, Kalifornien; 1957; zusammen mit R. E. Alexander)
  • Gebäude der Ferro-Chemical Company in Cleveland (USA, Ohio; 1957)
  • Rivera Methodisten-Kirche in Redondo Beach (USA, Kalifornien; 1958)
  • amerikanische Botschaft in Karachi (Pakistan; 1959; zusammen mit R. E. Alexander)
  • Haus Singleton in Los Angeles (USA, Kalifornien; 1959-60)
  • Casa Tuia in Ascona (Schweiz, Tessin; 1961)
  • Palos Verdes High School (USA, Kalifornien; 1961)
  • Fine Arts Building der California State Univ. in Northridge (USA, Kalifornien; 1961; 1994 nach einem Erdbeben abgerissen)
  • Drive-in-Kirche (Community Church) in Garden Grove bei Los Angeles (USA, Kalifornien; 1962)
  • Los Angeles Hall of Records (USA, Kalifornien; 1962)
  • Lincoln Memorial Museum in Gettysburg (USA, Pennsylvania; 1963)
  • Psychatrische Kinderklinik in Los Angeles (USA, Kalifornien; 1963)
  • Grundschule in Lemoore (USA, Kalifornien; 1964)
  • Kuhns House in Woodland Hills (USA, Kalifornien; 1964)
  • Neutra Siedlung (Gartenstadt, ‚Bewobau’) in Mörfelden-Walldorf (Deutschland, Hessen; 1960)
  • Haus Kemper in Wuppertal (Deutschland, Nordrhein-Westfalen; 1965)
  • Sport- und Kongresshalle in Reno (USA, Nevada; 1965)
  • Villa Rentsch in Wengen (Schweiz, Berner Oberland; 1965; zusammen mit dem Gartenarchitekten E. Cramer)
  • Villa Bucerius in Brione sopra Minusio (Schweiz, Tessin; 1966; zusammen mit dem Gartenarchitekten E. Cramer)
  • Beratung beim Innenausbau des Gästehauses Neuwaldegg in Wien 17 (1966-69)
  • Haus Delcourt in Croix (Frankreich; 1968-69)
  • Haus Pescher in Wuppertal (Deutschland, Nordrhein-Westfalen; 1968-69)

Publikationen:

  • Wie baut Amerika? – Baubücher Vol. 1 (1927), Hoffmann Verlag, Stuttgart, 76 S.
  • Amerika, die Stilbildung des neuen Bauens in den Vereinigten Staaten (1930), Anton Schroll Verlag, (Vol. Neues Bauen in der Welt II), Wien, 163 S.
  • Bauten und Projekte (1950), Girsberger, Zürich, 232 S.
  • Mystery and realities of the site (1951), Morgan & Morgan, Scarsdale (N.Y.), 64 S.
  • Mensch und Wohnen – Life and human habitat (1956), Verlag Koch, Stuttgart, 317 S.
  • Auftrag für morgen (1962), Claassen, Hamburg, 407 S.
  • Life and shape (Autobiography) (1962), Appleton*Century Crofts, N.Y., 374 S.
  • Survival through Design (1969), Oxford Univ. Press, Oxford, 384 S.
  • Bauen und die Sinneswelt (1980), R. & D. Neutra, 2. Aufl., Paul Parey Verlag, Berlin, 44 S.
  • Nature near. Late essays of Richard Neutra (1989), (Hrsg.) W. Marlin, Capra Press, Santa Barbara, 224 S.

Auszeichnungen, Ehrungen (Auswahl)#

  • Ehrendoktorat der Universität Graz, 1950
  • Würdigungspreis der Stadt Wien für Architektur, 1958
  • Ehrenbürger der Stadt Wien, 1958
  • Großes Bundesverdienstkreuz der Deutschen Bundesregierung, 1959
  • Wilhelm Exner-Medaille des Österreichischen Gewerbevereins, 1960
  • "Klimt-Ehrung" der Wiener Secession, 1961)
  • Ehrenring der Stadt Wien, 1967
  • Ehrendoktorat der University of California at Los Angeles, 1969
  • Goldmedaille des American Institute of Architects, 1977
  • In Wien-Leopoldau, ist eine Gasse nach ihm benannt

Literatur#

  • Richard Neutra – Buildings and Projects 1950-1960 (1959), (Hrsg.) W. Boesiger, F. A. Praeger, New York, 240 S.
  • Richard Neutra (1960), E. McCoy, Verlag Georges Braziller, N.Y., 128 S.
  • Richard Neutra 1923–1950: Buildings and Projects (1964), W. Boesiger, Artemis Verlag für Architektur, Zürich & München, 232 S.
  • Richard Neutra and the search for modern architecture. A biography and history (1982), T. S. Hines, University of California Press, Berkeley, 356 S.
  • The architecture of Richard Neutra. From international style to California modern (1982), A. Drexler & T. S. Hinze, Museum of Modern Art, N.Y., 114 S.
  • Richard Neutra (1994), M. Sack & D. Neutra, Birkhäuser Verlag (des Springer Verlags), Heidelberg & Berlin, 192 S.
  • Richard Neutra – Complete works (2000), B. Lamprecht, Taschen Verlag, Köln, 360 S.
  • Visionäre Gärten. Die modernen Landschaften von Ernst Cramer (Kapitel: Schweizer Gärten für Richard Neutra) (2001), U. Weilacher, Birkhäuser Verlag, Basel, 287 S.
  • Form follows libido: architecture and Richard Neutra in a psychoanalytic culture (2004), S. Lavin, MIT Press, Cambridge, 192 S.
  • Richard Neutra 1892–1970. Gestaltung für ein besseres Leben (2004), B. Lamprecht, 6. Aufl., Taschen Verlag, Köln, 96 S.
  • Vergleiche hierzu den Essay in: Dietmar Grieser, Heimat bist du großer Namen – Österreicher in aller Welt, Amalthea, Wien-München 2000.

Quellen#

  • AEIOU
  • Architektenlexikon
  • Das große Buch der Österreicher – 4500 Personendarstellungen in Wort und Bild (1987), ed. W. Kleindel & H. Veigl, Verlag Kremayr & Scheriau, Wien, 615 S.
  • Personenlexikon Österreich (2002), (Hrsg.) E. Bruckmüller, Buchgemeinschaft Donauland (u.a.), Wien, 575 S.
  • Neue Deutsche Biographie



Redaktion: N. Miljković, I. Schinnerl