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Regiomontanus (Johannes de Regiomonte)#

latinisiert, = Königsberger, eigentlich Johannes Müller


* 6. 6. 1436, Königsberg (Franken, Deutschland)

† Anfang Juli 1476, Rom (Italien)


Mathematiker, Astronom und Humanist


Regiomontanus. Stich von G. W. Knorr.
Regiomontanus. Stich von G. W. Knorr.
© Bildarchiv d. ÖNB, Wien, für AEIOU
Den latinisierten Namen "Regiomontanus" ("Königsberger") soll erstmals Philipp Melanchthon, 1531, verwendet haben.

Regiomontanus, wiewohl überzeugter Geozentriker, gilt als eine Schlüsselgestalt der Übergangszeit vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild.

Er war der Sohn eines wohlhabenden Besitzers einer Stadtmühle in Königsberg oder im benachbarten Dorf Unfinden. Sein Vater ist später verarmt, was daran zu erkennen ist, dass der Sohn in der zweiten Hälfte der vierziger Jahre an der Universität Leipzig noch die höchste Immatrikultionsgebühr bezahlt hatte, in Wien hingegen, wo er an der Universität immatrikuliert war, Anfang der fünziger Jahre bereits als mittellos (pauper) galt.

Zweifellos war es auch damals außergewöhnlich, dass eine Elfjähriger schon eine Universität (Leipzig) bezog, falls er mit dem Johannes Molitoris, der sich 1447 in Leipzig immatrikulierte, identisch ist. Wie auch immer muss der junge Regiomontanus sehr früh mathematisch-astronomisches Wissen erworben haben, da er bereits in Leipzig einen Kalender berechnete oder jedenfalls entsprechende Eintragungen in eine Handschrift machte, die sich heute in der Österreichischen Nationalbibliothek befindet.

1450 ist Regiomontanus an der Wiener Universität eingeschrieben, 1452 wurde er hier Baccalaureus, 1457, im 21. Lebensjahr, zum frühest möglichen Zeitpunkt, Magister artium.

In Wien begegnete Regiomontanus seinem väterlichen Freund und Lehrer Georg von Peuerbach, dem er Zeit seines Lebens ein dankbares Angedenken bewahrte. In ganz wenigen Fällen ist uns in dieser Zeit ein so eindeutiges Lehrer-Schülerverhältnis überliefert.

Niedergelegt sind Regiomontanus Studien in den fünfziger Jahren in Wien vor allem in seinem sogenannten "Wiener Rechenbuch" , das heute auch in der Österreichischen Nationalbibliothek aufbewahrt wird; ein autographer Sammelcodex, der u.a. auch das Hauptwerk Peuerbachs, die "Theoricae novae planetarum" enthält.

Zu Ende der fünfziger Jahre des 15. Jahrhunderts kam der römische Kardinalslegat Basilios Bessarion (um 1400 – 1472), ein humanistisch gebildeter Mann mit einer reichhaltigen, aus Konstantinopel mitgenommenen Bibliothek, nach Wien, um im Auftrag des Papstes Pius II. bei Kaiser Friedrich III. für einen Kreuzzug gegen die Türken zu werben. Bessarion beauftragte damals Peuerbach, eine Einführung in den "Almagest", die große Himmelskunde des Ptolemaeus ("Megale Syntaxis Mathematiké") in lateinischer Sprache zu verfassen, doch starb Peuerbach am 8. April 1461 darüber; er brachte das Werk nur bis zum 6. Buch.

Regiomontanus übernahm die Weiterführung dieser Arbeit, folgte Bessarion 1461 nach Italien und vollendete dort das Werk unter dem Titel "Epytoma in almagestum Ptolomei" (1496 in Venedig gedruckt).


Während des Italienaufenthaltes (1461 – 1467) konnte Regiomontanus endgültig für die humanistische Bewegung gewonnen werden. Er betrieb Griechisch-Studien, verfeinerte sein Latein, suchte nach unverfälschten Originalquellen der griechisch-römischen Antike; so entdeckte er 1464 in Venedig die bis dahin unbekannten 6 Bücher (1-3 und 8-10) der Arithmetik des spätantiken, vor 364 n. Chr. lebenden Mathematikers Diophantos von Alexandrien.

Neben Rom hielt sich Regiomontanus auch in Ferrara und Padua auf, wo er 1464 eine Vorlesung über die Astronomie des im 9. Jhdt. n. Ch. lebenden Alfraganus (al-Farghani) hielt, die heute als eine der ersten wissenschaftsgeschichtlichen Vorlesungen gilt.

Zwischen 1642 und 1464 schrieb Regiomontanus das 1537 gedruckte Werk "De triangulis omnimodis libri quinque", das in der Folgezeit, etwa auch für Kopernikus, eine wichtige Rolle spielen sollte.

Um 1467 verließ Regiomontanus Italien und begab sich nach Ungarn. Er war zunächst an der gerade in diesem Jahr 1467 gegründeten Universität Pressburg tätig und entwarf zusammen mit dem polnischen Astronomen Marcin Bylica von Ilkusz (1433 – 1493) das Gründungshoroskop der neuen Universität. Im (hauptsächlich astrologischen) Dienst des ungarischen Primas, Erzbischofs von Gran-Esztergom, Jan Vitéz von Zredna (†1472), später dann des ungarischen Königs Matthias Corvinus berechnete Regiomontanus Sinus- und Tangententafeln sowie sog. "Tabulae directionum", das sind Zahlenreihen, die der judiziellen Astronomie, heißt Astrologie, dienten.

Der Wunsch nach intensiveren wissenschaftlichen Kontakten führte Regiomontanus 1471 nach Nürnberg zurück, dem "centrum Europae", wie er sich selbst ausdrückte. Private Geldgeber – vermutlich auch der ungarische König – ermöglichten ihm in Nürnberg die Einrichtung einer Druckerei. Die zwischen 1472 und 1475 entstandenen Druckwerke mit den berühmten Weißlinieninitialen – darunter die "Theoricae novae planetarum" Peuerbachs und die etwa 800 Seiten umfassenden "Ephemeriden", ein astronomisch-astrologisches Tafelwerk, das Columbus auf seine Fahrt mitgenommen und verwendet hat – gehören heute weltweit zu den wertvollsten Inkunabeln.

In Nürnberg führte Regiomontanus regelmäßig Himmelsbeobachtungen durch und zeichnete diese auf. Diese Beobachtungen führte nach seinem Tod sein Compagnon Bernhard Walther, ein Faktor der Welser in Nürnberg, bis zum beginnenden 16. Jahrhundert weiter (publiziert von Johannes Schöner).

Schon zu Beginn der fünfziger Jahre des 15. Jahrhunderts beobachtete Regiomontanus zur Überprüfung der überlieferten astronomischen Tafeln gemeinsam mit Georg von Peuerbach Kometen, Konjunktionen von Planeten und Finsternisse. In den ersten Monaten des Jahres 1472 beobachtete er einen Kometen - heute C/1471 - mit dem Namen "Regiomontanus". (Die Abhandlung hierüber wurde 1532 von Johannes Schöner publiziert.)

1471 unternahm Regiomontanus eine zweite Italienreise, insbesondere um drucktechnische Erkenntnisse zu gewinnen und antike Texte, vor allem mathematisch-astronomischen Inhalts, für den Druck zu suchen.

Regiomontans Lebensende war abrupt. 1475 folgte er dem Ruf Papst Sixtus’ IV., um an einer längst fälligen Reform des römischen Festkalenders mitzuwirken (die dann noch bis zur Gregorianischen Reform von 1582 auf sich warten ließ). Anfang Juli 1476 starb er aber an einer pestartigen Seuche in Rom und wurde im Campo Santo Teutonico beim Vatikan begraben.

Ein Doppelkrater des Mondes trägt den Namen Peuerbach-Regiomontanus. Nach Regiomontanus benannt ist die heutige Nürnberger Volkssternwarte, das Regiomontanus-Gymnasium in Haßfurt (Bayern) sowie die Regiomontanus-Schule in Coburg.

Eine in der modernen Wissenschaftsgeschichte viel diskutierte Frage ist, ob Regiomontanus auf dem Wege war, Heliozentriker zu werden. Der Biograph Regiomontans, Ernst Zinner, bejaht dies unter Bezug auf ein Zitat, das allerdings aus dritter Hand stammt und erst vom Beginn des 17. Jahrhunderts an überliefert ist. Dieses Zitat lautet: "Necesse est motum stellarum paululum variari propter motum terrae".

Abgesehen von der Fragwürdigkeit, dass diese Aussage tatsächlich von Regiomontanus stammt, war Peuerbach, Regiomontanus, Copernicus und wohl den meisten Astronomen des 15. und 16. Jahrhunderts die heliozentrische These des Aristarchos von Samos (3. Jh. v. Chr.) bekannt. Regiomontanus kann sich mit dieser Aussage (falls sie von ihm stammt) nur auf die Achsenrotation einer im Weltmittelpunkt befindlichen Erde beziehen.

Literatur#

  • Ernst Zinner, Leben und Wirken des Joh. Müller von Königsberg, genannt Regiomontanus, 2. erw. Aufl., Osnabrück 1968
  • Günther Hamann (Hrsg.), Regiomontanus-Studien. (= Österreichische Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-historische Klasse, Sitzungsberichte, Bd. 364; Veröffentlichungen der Kommission für Geschichte der Mathematik, Naturwissenschaften und Medizin, Heft 28-30), Wien 1980.
  • Helmuth Grössing, Humanistische Naturwissenschaft. Zur Geschichte der Wiener mathematischen Schulen des 15. und 16. Jahrhunderts. (=Saecvla Spiritalia. Hgg. von D. Wuttke, Band 8), Baden-Baden 1983, S.117-126.
  • Irmela Bues, Johannes Regiomontanus (1436-1476). In: Fränkische Lebensbilder 11. Neustadt/Aisch 1984, S. 28 - 43
  • Helmuth Gericke, Mathematik im Abendland: Von den römischen Feldmessern bis zu Descartes. Berlin 1990.
  • Rudolf Mett, Regiomontanus. Wegbereiter des neuen Weltbildes. Stuttgart - Leipzig 1996.
  • Menso Folkerts, Andreas Kühne, Regiomontanus, Johannes. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 21. Berlin 2003, S. 270 f.


Redaktion: H. Grössing