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vom 01.04.2020, aktuelle Version,

Andreas Schlüter (Architekt)

Darstellung von Andreas Schlüter auf einem Medaillon im Hamburger Rathaus

Andreas Schlüter (* wahrscheinlich am 13. Juli 1659 in Danzig; † vor dem 23. Juni 1714 in Sankt Petersburg) war ein deutscher Bildhauer und Architekt des Barock. Zu seinen Hauptwerken gehören die Erweiterung des Schlosses und das Reiterstandbild des Großen Kurfürsten in Berlin, der Figurenschmuck des Wilanów-Palastes und des Krasiński-Palastes in Warschau sowie das berühmte Bernsteinzimmer. Er gilt als „Michelangelo des Nordens“.

Leben und Werk

Krasiński-Palast in Warschau
Wilanów-Palast in Warschau
Entwurf von Andreas Schlüter für die Erweiterung des Berliner Schlosses, um 1702
Reiterstandbild des Großen Kurfürsten in Berlin
Das bis 2003 rekonstruierte Bernsteinzimmer

Geburt, Familie und Ausbildung

Andreas Schlüter scheint am 13. Juli 1659 als Sohn eines Bildhauers Wilhelm und einer Regina Schlüter in Danzig geboren worden zu sein, wo er am selben Tag getauft wurde. Andere Quellen geben auch den 20. Mai 1664 als seinen Geburtstag und Hamburg als seinen Geburtsort an.[1] Er wuchs in Danzig auf, wo er bei dem Bildhauer David Christoph Saporius in die Lehre gegangen sein soll. Dieser war aus der Pfalz eingewandert und folgte Schlüter im Jahr 1702 zusammen mit anderen Künstlern aus Danzig nach Berlin.

Polen und Johann III.

In den frühen 1680er Jahren ging Schlüter nach Polen-Litauen, wo er bis 1693 vom polnischen König Johann III. Sobieski angestellt war. In diesen Lebensabschnitt fällt unter anderem eine mutmaßliche Reise nach Italien, die Heirat mit seiner aus Danzig stammenden Ehefrau Anna Elisabeth Spangenberg und die Geburt seiner Kinder. Seit 1681 arbeitete er vermutlich als Stuckateur und Bildhauer unter Augustyn Wincenty Locci am Wilanów-Palast in Warschau und unter Tylman van Gameren am Hauptportal der königlichen Kapelle an der Marienkirche in Danzig. Außerdem stammen von ihm wohl die Giebelreliefs am Krasiński-Palast in Warschau.

Schon in diesen frühen Werken Schlüters äußern sich Variationsreichtum und ausgeprägte Individualisierung von Gesichtstypen. Auch unabhängig von den Aufträgen des polnischen Königs war Schlüter offenbar als Bildhauer tätig; er lieferte Entwürfe für Stuckdekorationen, wie beispielsweise für eine Stuckdecke, die sich bis Kriegsende im Haus Langer Markt 7/8 in Danzig befand.

In den letzten Jahren seines Aufenthaltes in Polen ist das Wirken des Danziger Bildhauers in Żołkiew bei Lemberg nachweisbar, dem Stammsitz der königlichen Familie, wo in der dortigen Kirche im Jahr 1694 mehrere Grabmäler für Angehörige des polnischen Königs aufgestellt wurden. Die Grabmäler sind zwar nicht mehr alle erhalten, aber die noch existierenden von Stanisław Daniłłowicz und Jakub Sobieski – vor allem aufgrund von stilistischer Gemeinsamkeiten zu Stuckfiguren im Schloss von Wilanów – können sicher Schlüter zugeschrieben werden.

Berlin und Friedrich III.

Im Jahr 1694 rief Kurfürst Friedrich III., der seine Erhöhung zum König in Preußen beabsichtigte, Schlüter als Hofbildhauer nach Berlin. Bevor er als Bildhauer tätig wurde, sandte ihn der Kurfürst in den Jahren 1695 und 1696 nach Frankreich, in die Niederlande und nach Italien; dort sollte er Gipsabgüsse antiker Skulpturen für die Akademie in Berlin beschaffen, an der er auch einen Lehrauftrag hatte. Spätestens auf diesen Reisen kam Schlüter mit Werken von Michelangelo Buonarroti und Gian Lorenzo Bernini in Kontakt, die ihn nachhaltig prägen sollten. Erste Berliner Arbeiten Schlüters sind vermutlich antikische Fluss- und Meeresgottheiten, die sich einst an der Langen Brücke befanden.

Das erste wirklich große Projekt für Schlüter stellte dann das im Jahr 1695 nach Plänen Arnold Nerings begonnene Zeughaus dar, dessen Fensterbögen er mit skulptierten Schlusssteinen schmückte (an der Fassade Prunkhelme, im Innenhof Schilde mit den Köpfen sterbender Krieger, die auf den Triumph Europas über das Osmanenheer vor Wien hindeuten sollten). Nebenher fertigte Schlüter auch die Modelle für ein Standbild Friedrichs III., das ursprünglich im Hof des Zeughauses aufgestellt werden sollte, und für ein Reiterstandbild des Großen Kurfürsten, das auf der Langen Brücke aufgestellt wurde. Beide Bronzeplastiken befinden sich seit der Nachkriegszeit am Schloss Charlottenburg: das Standbild Friedrichs III./I. als Kopie seit 1969 vor dem Neuen Flügel, das originale Reiterstandbild des Großen Kurfürsten auf kopiertem Marmorsockel seit 1954 im Ehrenhof. Nach Nering und Martin Grünberg erhielt Schlüter 1699 die Stelle als Bauleiter am Zeughaus und wurde noch im gleichen Jahr zum Schlossbaudirektor ernannt. In dieser Position gestaltete er die Fassade des Berliner Schlosses zur Stadt hin um und schuf den später nach ihm benannten Schlüterhof im Innern mit Elementen des italienischen Barock und des aufkeimenden Klassizismus. Darüber hinaus gestaltete er auch die Innenräume des Hohenzollernschlosses, unter anderem die Wendeltreppe und den Rittersaal.

Schlüter fertigte außerdem Entwürfe für das Gießhaus und den Kleinen Marstall sowie für die Parochialkirche und einen Turm (die letzteren beiden wurden allerdings verworfen). Von 1702 bis 1704 wurde in der Berliner Burgstraße/Ecke Königstraße nach Plänen Schlüters die Alte Post (auch Wartenberg-Palais genannt) erbaut,[2] die zugleich als Wohnpalais für den Grafen Johann Casimir von Kolbe-Wartenberg diente, und die Schlüter mit Reliefmedaillons mit Allegorien von Tugenden des Postwesens wie Pünktlichkeit oder Umsicht schmückte. Nebenher vollendete er das Modell des Reiterstandbildes, das 1700 von dem Erzgießer Johann Jacobi gegossen und als das erste monumentale Reiterstandbild Deutschlands 1703 unter freiem Himmel aufgestellt wurde.[3]

Das bekannte Bernsteinzimmer entwarf er ursprünglich für das Schloss Lietzenburg. Es wurde ab 1701 angefertigt und dann entgegen der ursprünglichen Planung für einen Raum im Berliner Stadtschloss verwendet. 1716 wurde es schließlich dem russischen Zaren Peter dem Großen geschenkt. Schlüter fertigte außerdem eine Portraitbüste des Landgrafen Friedrich II. von Homburg-Hessen, die ebenfalls von Jacobi – zwischen 1701 und 1704 – gegossen wurde. Im Jahr 1700 entstand in der Berliner Nikolaikirche das Grabmal für den Hofgoldschmied Daniel Männlich und seine Frau mit dem Motiv des Todes, der einen Knaben ergreift. Kurz zuvor hatte Schlüter den Tod seines jüngsten Sohnes Gotthardt zu beklagen. Des Weiteren schuf Schlüter 1703 die Kanzel in der Berliner Marienkirche. Hier ist sehr deutlich der Einfluss Berninis spürbar durch die Ähnlichkeiten mit dessen Cathedra Petri. Im Jahr 1705 starb die Königin Sophie Charlotte, weswegen Schlüter beauftragt wurde einen Prunksarkophag zu entwerfen, der ebenfalls von Jacobi gegossen wurde. Zusätzlich zu all seinen Tätigkeiten hatte Schlüter von 1702 bis 1704 auch noch das Amt des Direktors der Berliner Akademie der Künste inne.

Münzturmunglück und Entlassung

Auf dem Höhepunkt seiner Karriere angelangt, bekam Schlüter den folgenschweren Auftrag, die kurfürstliche Münze durch einen der neuen Königswürde des Landes angemessenen Bau zu ersetzen. Schlüter fertigte mehrere kühne Entwürfe für einen Turm an, der ursprünglich bis in 96 Meter Höhe ragen, einen Speicher für die Wasserkünste des Schlossgartens und zuoberst ein Glockenspiel enthalten sollte. Ein erster Entwurf stammt aus dem Winter 1701/1702[4] und es wurde 1702 mit dem Bau begonnen. Es stellten sich aber rasch statische Probleme ein, die vor allen Dingen durch den sumpfigen, offenbar nicht genügend gesicherten Grund verursacht wurden. Die Fundamente des Turmes kamen ins Rutschen und in den Mauern entstanden tiefe Risse.[5]

Trotz massiver Verstärkungen des Fundamentes und der Mauern geriet der nach vier Jahren bis in 60 Meter Höhe hochgezogene Turm ins Wanken. Dabei stürzte sogar ein Gerüst ein, das Bauleute unter sich begrub. Zu diesem Unglück gesellte sich ein weiteres: Schlüter hatte für den König ein Lustschloss im Kurort Freienwalde errichtet. Es befand sich direkt an einem Sandhügel, der prompt während des dortigen Aufenthalts des Königs durch ein Unwetter ins Rutschen kam, weswegen der König den Ort nie wieder aufsuchte und Schlüter noch mehr in Ungnade fiel. Darüber hinaus besaß Schlüter wohl viele Neider – besonders Johann Friedrich von Eosander – welche die Gelegenheit nutzten, auf bereits früher aufgetretene Baumängel am Zeughaus und am Berliner Schloss hinzuweisen[6] und Schlüters Ruf damit weiter zu schaden.

Nach mehreren Jahren, die Schlüter bis auf einige wenige bildhauerische Aufträge mehr oder weniger untätig, zurückgezogen und angeblich mit dem Konstruktionsversuch eines Perpetuum mobile verbracht hatte, bekam er ein letztes Bauprojekt in Berlin zugeteilt: ein Landhaus (Villa Kamecke) für den Geheimrat Ernst Bogislav von Kameke in dessen privatem Lustgarten in der Dorotheenstadt, welches Schlüter von 1711 bis 1712 errichtete.[7] Den nicht mehr erhaltenen „Gesund- und Heilbrunnen“ schrieb August Leo Zaar (1860–1911) am 6. Dezember 1897 mit seiner Rekonstruktionszeichnung, die die Frontansicht wie auch den Grundriss wiedergibt, Andreas Schlüter zu.[8] Nach dem Tod Friedrichs I. im Jahr 1713 wurde Schlüter endgültig aus dem Hofdienst entlassen.

Russland, Peter der Große und Tod

Noch im Sommer 1713 reiste er nach Russland, wo er wohl in die Dienste Zar Peters des Großen trat, der gerade damit begonnen hatte, Petersburg ausbauen zu lassen. Überliefert ist jedoch nichts über diesen letzten kurzen Lebensabschnitt Schlüters, außer der Meldung von seinem Tod, die Berlin am 23. Juni 1714 erreichte.

Ehrungen

Andreas Schlüter wurde schon von seinen Zeitgenossen als „Michelangelo des Nordens“ verehrt.

Beim Bau der Düsseldorfer Kunstakademie (1875–1879) wurde sein Name neben anderen bedeutenden Bildhauern im Fries der Fassade an der Westseite (Rheinseite) eingemeißelt.

Auf einer der Säulen in der Diele des Hamburger Rathauses befindet sich ein Medaillon mit dem Relief Andreas Schlüters.

Für die ehemalige Berliner Siegesallee gestaltete der Bildhauer Gustav Eberlein eine marmorne Büste Schlüters als Seitenfigur der Denkmalgruppe 26 zu dem zentralen Standbild für den ersten preußischen König Friedrich I., enthüllt am 3. Mai 1900. Die Büste zeigt Schlüter in einem schlichten Bildhauerkittel, wie er die Maske eines sterbenden, von Schmerzen gezeichneten Kriegers prüft. Die Büste ist mit leichten Beschädigungen erhalten und wird seit Mai 2009 in der Zitadelle Spandau aufbewahrt.[9]

Ausstellungen

  • 2014: SCHLOSS BAU MEISTER. Andreas Schlüter und das barocke Berlin. Bode-Museum, Berlin.

Filme

Literatur

  • Karl Friedrich von Klöden: Andreas Schlüter. Ein Beitrag zur Kunst- und Bau-Geschichte von Berlin (= Biographien berühmter Baumeister und Bildhauer. Bd. 1, ZDB-ID 2627540-5). Riegel, Berlin / Potsdam 1855.
  • Robert Bruck: Schlüter, Andreas. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 55, Duncker & Humblot, Leipzig 1910, S. 184–194.
  • Cornelius Gurlitt: Andreas Schlüter. Wasmuth, Leipzig 1891.
  • Heinz Ladendorf: Der Bildhauer und Baumeister Andreas Schlüter. Beiträge zu seiner Biographie und zur Berliner Kunstgeschichte seiner Zeit (= Forschungen zur deutschen Kunstgeschichte. Bd. 2, = Jahresgabe des Deutschen Vereins für Kunstwissenschaft. 1935). Deutscher Verein für Kunstwissenschaft, Berlin 1935 (Volltext).
  • Heinz Ladendorf: Andreas Schlüter (= Die Kunstbücher des Volkes. Große Reihe, Bd. 19). Rembrandt-Verlag, Berlin 1937 (Neuausgabe, mit einem Nachwort von Helmut Börsch-Supan, als: Andreas Schlüter. Baumeister und Bildhauer des preußischen Barock. Seemann, Leipzig 1997, ISBN 3-363-00676-4).
  • Paul Ortwin Rave: Andreas Schlüter. In: Hermann Heimpel, Theodor Heuss, Benno Reifenberg (Hrsg.): Die Großen Deutschen. Deutsche Biographie. Band 1: Von Karl dem Grossen bis Andreas Schlüter. Propyläen, Berlin 1956, S. 600–666.
  • Eva Mühlbächer, Edith Fründt (Hrsg.): Andreas Schlüter und die Plastik seiner Zeit. Eine Gedächtnisausstellung anlässlich der 250. Wiederkehr seines Todesjahres. Staatliche Museen zu Berlin, Berlin 1964.
  • Erich Hubala: Das Berliner Schloss und Andreas Schlüter. In: Margarete Kühn, Louis Grodecki (Hrsg.): Gedenkschrift Ernst Gall. Deutscher Kunstverlag, München / Berlin 1965, S. 311–344.
  • Isolde Dautel: Andreas Schlüter und das Zeughaus in Berlin. Michael Imhof Verlag, Petersberg 2001, ISBN 3-932526-87-2 (Zugleich: Tübingen, Universität, Dissertation, 1999).
  • Guido Hinterkeuser: Das Berliner Schloss. Der Umbau durch Andreas Schlüter. Siedler, Berlin 2003, ISBN 3-88680-792-4.
  • Bernd Nicolai: Andreas Schlüter. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 23, Duncker & Humblot, Berlin 2007, ISBN 978-3-428-11204-3, S. 111–113 (Digitalisat).
  • Hans-Ulrich Kessler: Andreas Schlüter. Schöpfer des Barocken Berlin. Katalogbuch zur Ausstellung Berlin, Bode-Museum, 4. April bis 13. Juli 2014. Hirmer, München 2014, ISBN 978-3-7774-2199-5.
  • Hamburgisches Künstler-Lexikon, Die bildenden Künstler Bd. 1, bearb. von einem Ausschusse des Vereins für Hamburgische Geschichte, Hoffmann und Campe, Hamburg, 1854, S. 220 ff., (online Hamburg Staats- und Universitätsbibliothek).
Commons: Andreas Schlüter  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Eine kritische Erörterung der Quellen durch Ladendorf (Lit., 1935, S. 4) ergab weder einen Ort noch ein Datum.
  2. R. Borrmann: Die alte Post in Berlin. In: Zeitschrift für Bauwesen, Jahrgang 40 (1890), Sp. 421–432, Tafel 68–69. Digitalisat (Link funktioniert nicht) im Bestand der Zentral- und Landesbibliothek Berlin.
  3. Reiterstandbild des Großen Kurfürsten (PDF; 4,9 MB)
  4. zu Schlüter's I. Entwurf siehe: Friedrich Adler: Aus Andreas Schlüter's Leben. (1.). In: Centralblatt der Bauverwaltung. Jg. 3, Nr. 1, 6. Januar 1883, S. 2–4, abgerufen am 28. Januar 2014.
  5. zum IIt. Entwurf und Baubeginn 1702 und Abbruch 1707 siehe: Friedrich Adler: Aus Andreas Schlüter's Leben. (Fortsetzung). In: Centralblatt der Bauverwaltung. Jg. 3, Nr. 2, 13. Januar 1883, S. 13–16, abgerufen am 28. Januar 2014.
  6. zur Grundsteinlegung am 19. October 1708, nach vollständiger Beseitigung des Münzthurmes siehe: Friedrich Adler: Aus Andreas Schlüter's Leben. (Schluss). In: Centralblatt der Bauverwaltung. Jg. 3, Nr. 3, 20. Januar 1883, S. 22–24, abgerufen am 28. Januar 2014.
  7. Villa Kamecke
  8. Rekonstruktionszeichnung, abgerufen am 9. Februar 2013
  9. Uta Lehnert: Der Kaiser und die Siegesallee. Réclame Royale. Dietrich Reimer, Berlin 1998, ISBN 3-496-01189-0, S. 196.