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vom 09.12.2021, aktuelle Version,

Luc Ciompi

Luc Ciompi (1986)

Luciano „Luc“ Ciompi (* 10. Oktober 1929 in Florenz, Italien) ist ein Schweizer Psychiater. Er war von 1977 bis 1994 Professor für Psychiatrie an der Universität Bern und ärztlicher Direktor der Sozialpsychiatrischen Universitätsklinik Bern.

Leben und Werk

Luc Ciompi studierte in Bern 1950 ein Semester Literatur. Er wechselte sodann zur Humanmedizin und studierte in Bern, Genf und Paris. 1956 beendete er das Medizinstudium mit dem Staatsexamen. Ab 1959 bis 1970 absolvierte Ciompi seine psychoanalytische Ausbildung in Bern, Genf und Lausanne, wobei er sich zwei Lehranalysen unterzog.[1]

Als Forscher untersuchte er in den 1960er und 1970er Jahren u. a. den Langzeitverlauf verschiedener psychischer Krankheiten bis ins Alter, insbesondere von schizophren und manisch-depressiven Störungen, sowie die Möglichkeiten der sozialen Wiedereingliederung (Rehabilitation) psychisch Kranker. In der Folge beschäftigte er sich mit den Wechselwirkungen zwischen Fühlen und Denken, was ab 1982 zur Entwicklung seiner Theorie der Affektlogik führte.

Im Jahr 1984 gründete Ciompi auf diesen Grundlagen die neuartige therapeutische Wohngemeinschaft Soteria Bern, in welcher Menschen mit akut schizophrenen Störungen vor allem durch intensive zwischenmenschliche Begleitung und Zuwendung in einem emotional entspannenden Milieu behandelt werden. Er ist auch einer der Begründer des Vulnerabilitäts-Stress-Modells zur Erklärung der multifaktoriellen Ursachen und des facettierten Krankheitsverlaufs der Schizophrenie, und ein Vorkämpfer für eine integrative Psychiatrie, die soziale, psychologische und neurobiologische Entstehungsbedingungen psychischer Störungen gleichermassen beachtet und therapeutisch verwertet.

Ciompi verfasste rund 250 wissenschaftliche Veröffentlichungen, darunter 14 Bücher und über 50 Buchbeiträge, insbesondere zum Langzeitverlauf der Schizophrenie, zum Konzept der Affektlogik, zu den emotionalen Grundlagen des Denkens sowie zum Problem von Zeit und Zeiterleben. Er erhielt mehrere internationale Forschungspreise und Ehrungen, darunter die Ehrenmitgliedschaft der ISPS (International Society for Psychological and Social Approaches to Psychosis) und ein Ehrendoktorat der Universität Lausanne. 2015 erhält er den Preis der Dr. Margrit Egnér-Stiftung.

In einem Online-Beitrag[2] erläutert Ciompi seine Sicht zum zyklischen Zusammenwirken von Emotion und Kognition. Den Ausgangspunkt der zirkulären Wirkungsweise sieht Ciompi, indem alle Kognitionen bestimmte Emotionen auslösen und bestimmte Emotionen alle Kognitionen beeinflussen. Vergleiche hierzu im Gegensatz das K-i-E Konzept von Richard Graf. Graf argumentiert in seinem Buch[3] mit einer Emotions-, Intuitions- und Kognitionstheorie für eine Initialisierung emotiv-kognitiver Zyklen durch Emotionen. Grafs K-i-E Theorie[4] erlaubt die Erklärung von Erinnerungs-, Wahrnehmungs- und Entscheidungsphänomenen als stringente Kreationsprozesse

Ciompi ist seit 1959 verheiratet und hat zwei Kinder. Er wohnt in Belmont-sur-Lausanne.

Schriften

  • zusammen mit Christian Müller: Lebensweg und Alter der Schizophrenen. Eine katamnestische Langzeitstudie bis ins Senium. Springer, Berlin 1976, ISBN 3-540-07567-4.
  • Affektlogik. Über die Struktur der Psyche und ihre Entwicklung. Ein Beitrag zur Schizophrenieforschung. Klett-Cotta, Stuttgart 1982, ISBN 3-608-95037-0.
  • Aussenwelt – Innenwelt. Die Entstehung von Zeit, Raum und psychischen Strukturen. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1988, ISBN 3-525-01411-2.
  • Die emotionalen Grundlagen des Denkens. Entwurf einer fraktalen Affektlogik. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1997, ISBN 3-525-01437-6.
  • Gefühle, Affekte, Affektlogik. Ihr Stellenwert in unserem Menschen- und Weltverständnis. Picus, Wien 2002, ISBN 3-85452-389-0 (Wiener Vorlesungen im Rathaus, Band 89).
  • Gefühle machen Geschichte. Die Wirkung kollektiver Emotionen – von Hitler bis Obama. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2011, ISBN 978-3-525-40436-2 (mit Elke Endert).

Einzelnachweise

  1. Luc Ciompi - Biographie
  2. Luc Ciompi: Mein Stand des Irrtums – Zum systemtheoretischen Stellenwert von Emotionen. 2019, abgerufen am 10. April 2020.
  3. Richard Graf: Die neue Entscheidungskultur: Mit gemeinsam getragenen Entscheidungen zum Erfolg. Hanser Verlag, 2018, abgerufen am 10. April 2020 (deutsch).
  4. Richard Graf: K-i-E Theorie. In: Entscheidungen mit Decision Making herbeiführen. Abgerufen am 10. April 2020 (deutsch).