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vom 01.02.2022, aktuelle Version,

Otto Rössler (Afrikanist)

Otto Rössler, auch Otto Rößler[1] (* 6. Februar 1907 in Eisenstadt, damals Königreich Ungarn; † 9. Juli 1991 in Marburg) war ein österreichischer Semitist und Afrikanist.

Leben

Otto Rössler wuchs in Wien auf und studierte nach dem Schulbesuch besonders Altorientalistik und Ägyptologie an der Universität Wien und der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin. Seit 1924 gehörte er der österreichischen DNSAP an; am 19. Februar 1932 trat er der NSDAP bei, aber verließ die Partei am 19. Juni 1933 beim Parteiverbot, 1933 wurde er wegen seiner Tätigkeit als Redner in der NSDAP zwei Monate inhaftiert. Nach dem Juli-Putsch 1934 floh er in den NS-Staat. In Berlin wurde er mit einer Dissertation über die dreisprachigen Inschriften der altpersischen Könige promoviert. 1938 heiratete er die Schwester seines Studienfreundes Otto Huth. Er arbeitete dann bis Kriegsende zum größten Teil für die „Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe“, das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda und den Sicherheitsdienst des Reichsführers SS (SD). 1940 kam er als Assistent Jakob Wilhelm Hauers an die Universität Tübingen. 1941 wurde er habilitiert und erhielt für zwei Semester eine Dozentenstelle. Zugleich wird er 1941/42 im Reichssicherheitshauptamt (RSHA), Amt VII B 1b unter Franz Six gelistet, in welchem die „Judenforschung“ die „exekutive Lösung der Judenfrage durch tiefer gehende Kenntnisse“ zu unterstützen hatte.[2] Matthäus urteilt daher über Rösslers Arbeit, dass sie „organisatorisch wie konzeptionell in direktem Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik“ stand.[3] Erst am 1. Januar 1942 trat er wieder der NSDAP bei (Mitgliedsnummer 8.856.692).[4]

Im Januar 1943 wurde er im SS-Ahnenerbe der Leiter einer „Lehr- und Forschungsstätte für nordafrikanische Kulturwissenschaften“.[5] In der SS hatte er zuletzt den Rang eines SS-Untersturmführers.[5]

Im Jahr 1944 war er führend beteiligt an den Propaganda-Aktivitäten des RSHA, Amt VI C 13 (Forschungsstelle Orient), zusammen mit Walter Lorch, um arabische Länder auf die Seite der Nazis zu ziehen, zusammen mit den Berliner Kollaborateuren Raschid Ali al-Gailani und Mohammed Amin al-Husseini.[6] Er arbeitete ebenfalls für das Institut zum Studium der Judenfrage.

„Juden und Engländer“

In der von seinem zeitweiligen Chef Wilhelm Ziegler herausgegebenen, weit verbreiteten Zeitschrift für Politik lässt Rössler in einem Aufsatz dieses Titels keinen Zweifel an seinem Antisemitismus aufkommen: Er sieht zwischen Juden und Engländern eine „geistig-seelische Affinität.“ Er parallelisiert den Judaismus mit dem englischen Puritanismus. England hatte zwar als erstes europäisches Land die Juden allgemein ausgetrieben. Oliver Cromwell und der Puritanismus ermöglichten aber ihre Rückkehr. Im Judentum sieht er eine

„volkliche Entartung vom kriegerischen Hirten der Urzeit zum parasitären jüdischen Großstädter der Diaspora … Der Judaismus ist das Ergebnis dieses Entartungsprozesses, das jüdische Volk ist das Paradigma menschlicher Entartung. Darum ist und war auch die Judenfrage zu allen Zeiten eine Rassenfrage in doppeltem Sinn: einerseits dadurch, dass der Diaspora-Jude sich unter Völkern anderen Blutes niederließ, eine Frage fremder Rasse, vor allem aber auch dadurch, dass er überallhin seine typische Degenereszenz mitbrachte, eine Frage kranker Rasse. […] Es ist der zersetzende jüdische Verstand, der sich schmeicheln durfte, eine Religion zu bekennen, die keinerlei über die Grenzen des ihm Faßbaren gehende Forderungen an ihn stellt, und seiner auf den materiellen Erfolg gerichteten Tätigkeit keinerlei hemmende Bindungen auferlegt.“

Rössler behauptet, die Juden hätten die Aufklärung inszeniert:

„Von dieser ersten ‚Aufklärung‘ führt ein gerader Weg zu allen späteren ‚Aufklärungen‘ der Geschichte. Alle sogenannten fortschrittlichen Ideologien, Liberalismus und Materialismus, Demokratie und Pazifismus, sind Kinder desselben Geistes. Auch die kapitalistische neuzeitliche Entartungsform des Wirtschaftslebens, deren klassische Ausprägung im britischen Empire wir Plutokratie nennen, weist unverkennbar dieselben Züge auf […] England ist mit seiner politischen und wirtschaftlichen, wie mit seiner geistigen Verjudung, mit seinem Auserwähltheitsdünkel, seinem plutokratischen Imperialismus in den letzten Jahrhunderten zu einer anti-europäischen Macht geworden, von der sich die Völker des großeuropäischen Raumes, um zu der artgemäßen Gestaltung ihres Schicksals zu gelangen, ebenso befreien müssen, wie von den in ihrem Inneren schmarotzenden internationalen Juden.“[7]

Nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft und seiner Entnazifizierung wurde er 1954 außerordentlicher Professor an der Universität Tübingen. 1964 wurde er als Ordinarius an das neugegründete Seminar für Semitistik der Universität Marburg berufen, wo er bis zu seiner Emeritierung 1975 blieb.

Sein Sohn ist der Chemiker Otto E. Rössler.

Werke (Auswahl)

  • Untersuchungen über die akkadische Fassung der Achämenideninschriften. Diss. Berlin 1938.
  • Verbalbau und Verbalflexion in den semitohamitischen Sprachen. Vorstudien zu einer vergleichenden semitohamitischen Grammatik. In: Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft, 100, 1950, S. 461–514.
  • Zum althebräischen Tempussystem. Eine morpho-syntaktische Untersuchung, in seinem Sammelband Hebraica. Reimer, Berlin 1977.
  • Gesammelte Schriften zur Semitohamitistik, hrsg. v. Thomas Schneider. Ugarit (AOAT 287), Münster 2001, ISBN 3-934628-13-3.

Literatur

  • Jeffrey Herf: Nazi Propaganda for the Arab World. Yale UP, New Haven 2010 ISBN 978-0-300-14579-3 (in Engl.) (z. B. S. 202, 300 Anm. 24; dort weitere wichtige Literatur über R. als Nazi-Propagandist)
  • Horst Junginger: Von der philologischen zur völkischen Religionswissenschaft: Das Fach Religionswissenschaft an der Universität Tübingen von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Ende des Dritten Reichs. Franz Steiner, Stuttgart 1999 ISBN 3-515-07432-5 (speziell Rössler: S. 242f und passim, 17 Nennungen; online lesbar)
  • Jürgen Matthäus: „Weltanschauliche Forschung und Auswertung.“ Aus den Akten des Amtes VII im Reichssicherheitshauptamt. in Jahrbuch für Antisemitismusforschung 5. Campus, Frankfurt 1996, S. 287–330
  • Peter Rohrbacher: Werner Vycichl (1909–1999). Ein Pionier der Komparatistik in: Predag Budovec (Hg.), Christlicher Orient im Porträt – Wissenschaftsgeschichte des Christlichen Orients. Kongreßakten der 1. Tagung der RVO (4. Dezember 2010, Tübingen). Teilband 2. Hamburg: Kovač 2015, 899–948 (= Religionen im Vorderen Orient 3) (speziell Rössler: S. 915f)
  • Rainer Voigt: Rössler, Otto. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 21, Duncker & Humblot, Berlin 2003, ISBN 3-428-11202-4, S. 750 f. (Digitalisat).

Einzelnachweise

  1. z. B. Protokoll einer Sitzung des Sicherheitsdienstes der SS April 1942 (PDF; 161 kB)
  2. Zitat aus dem Amtsdeutsch, bei Matthäus, S. 302
  3. Zitat aus dem Amtsdeutsch, bei Matthäus, S. 292
  4. Bundesarchiv R 9361-II/845001
  5. 1 2 Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945? Fischer, Frankfurt 2005, ISBN 978-3-596-16048-8, S. 504. Falsche Datierung bei Kater, Ahnenerbe, auf 1945; Kater bezeichnet R. im übrigen auf Grund seiner Forschungen als „fanatischen Nazi“.
  6. Horst Junginger: Von der philologischen zur völkischen Religionswissenschaft: das Fach Religionswissenschaft an der Universität Tübingen von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Ende des Dritten Reiches. Franz Steiner Verlag, 1999, ISBN 3-515-07432-5, S. 242 ff.
  7. Heft 30, 1940, S. 423–427
  8. das Buch von Kum'a N'dumbe, Hitler-Afrika, Iko-Verlag, ISBN 3-88939-104-4 von 1993 (deutsch) ist in beiden Sprachen (dt., frz.) erschienen und problemlos beschaffbar, anders als angegeben.