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vom 08.06.2022, aktuelle Version,

Rätia-Höhle

BW

Die Rätia-Höhle (auch Raetia-Höhle) ist eine Höhle nordöstlich der Ortschaft Telfes im vorderen Stubaital im Bezirk Innsbruck-Land in Tirol in Österreich.

Beschreibung

Die ungefähr 8×2×1,5 m große Klufthöhle wurde wohl bereits in prähistorischer Zeit als Zisterne genutzt. Im Inneren sammelt sich Tropfwasser aus dem Gestein. Das mineralreiche, leicht säuerliche Wasser enthält sulfatische Lösungen und war vermutlich die Ursache für ein latènezeitliches Quellheiligtum.

Funde

Lage der Gemeinde Telfes im Bezirk Innsbruck-Land, Tirol.

Die Höhle wurde im Jahr 1976 im Bereich Gallhof beim Wegebau freigelegt. Bei der Fundbergung des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum im März 1977 konnten 43 bearbeitete Astragali (Fußknochen) von Schafen oder Ziegen und über 200 meist gut erhaltene Gefäße der Fritzens-Sanzeno-Kultur geborgen werden. Die Fritzens-Sanzeno-Kultur ist eine alpine archäologische Kultur der Eisen- bzw. La-Tène-Zeit. Ihre Träger, die als Räter identifiziert werden, wurden während der Augusteischen Alpenfeldzüge vollkommen ausgelöscht oder nachhaltig romanisiert.[1] Die Gefäße und Knochen weisen häufig einfache Zeichen, ähnlich den Buchstaben des so genannten rätischen oder nordetruskischen Alphabets auf.

Der Ausgräber Gerard Kaltenhauser vermutet, dass in dieser Höhle die Göttin Rehtia verehrt wurde, wobei nach dem Genuss des heilbringenden Wassers die Trinkschalen und Votivgaben geopfert wurden.[2] Rehtia, von deren Namen die Bezeichnung Räter für die Bewohner der späteren römischen Provinz Rätien herleitbar sein soll, hatte ihr Hauptheiligtum in Este, in der Nähe des Flusses Etsch.[3]

Die Funde sind im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum ausgestellt. Repliken einiger Gefäße und Knochen befinden sich in einem Schaukasten vor der Höhle.[4]

Lage

Die Rätia-Höhle liegt im Tal der Ruetz nordöstlich der Kirchbrücke zwischen Wiesenhof (47° 10′ 25,1″ N, 11° 22′ 30,8″ O) und Gallhof (47° 10′ 54,7″ N, 11° 23′ 15,1″ O).[5] Sie ist über eine Straße, während deren Bauzeit im Jahr 1976 die Höhle entdeckt wurde, erreichbar.[6]

Einzelnachweise

  1. Susanne Sievers, Otto Helmut Urban, Peter C. Ramsl: Lexikon zur Keltischen Archäologie. A–K und L–Z; Mitteilungen der prähistorischen Kommission im Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2012, ISBN 978-3-7001-6765-5, S. 590 f.
  2. Gerard Kaltenhauser: Die urzeitliche Zisterne von Telfes im Stubai. In: Veröffentlichungen des Museums Ferdinandeum. Tiroler Landesmuseum, Jahrgang 58, Innsbruck 1978, S. 118. (Mit Beschreibung der Funde).
  3. Joshua Whatmough: Rehtia, the Venetic Goddess of Healing. In: The Journal of the Royal Anthropological Institute of Great Britain and Ireland. Jahrgang 52, 1922, S. 212–229, doi:10.2307/2843734.
  4. Franz Lindenmayr: Die Rehtiahöhle im Stubaital, Tirol. Lochstein.de, Mensch und Höhle, Bericht und Fotos vom Juni 2014, abgerufen am 22. Dezember 2020.
  5. Wegbeschreibung (Variante 2). Stubai.at, abgerufen am 22. Dezember 2020.
  6. Gerard Kaltenhauser: Die urzeitliche Zisterne von Telfes im Stubai. In: Veröffentlichungen des Museums Ferdinandeum. Tiroler Landesmuseum, Jahrgang 58, Innsbruck 1978, S. 67.

Literatur

  • Franz Fuhrmann, Laurin Luchner, Karl Oettinger u. a.: Reclams Kunstführer Band II, Salzburg, Tirol, Vorarlberg, Kärnten, Steiermark. Reclam, 1982, S. 473.
  • Otto Helmut Urban: Wegweiser in die Urgeschichte Österreichs. Bundesverlag, Wien 1989, ISBN 3-215-06230-5, S. 219.
  • Wilhelm Sydow: Das latenezeitliche Quellheiligtum bei Telfes im Stubaital. In: L. Zemmer-Plank & W. Sölder (Hrsg.): Kult der Vorzeit in den Alpen. Opfergaben – Opferplätze – Opferbrauchtum. Teil 1. Verlagsanstalt Athesia, Bozen 2002, S. 519–523.
  • Gerard Kaltenhauser: Die urzeitliche Zisterne von Telfes im Stubai. In: Veröffentlichungen des Museums Ferdinandeum. Tiroler Landesmuseum, Jahrgang 58, Innsbruck 1978, S. 67–119. (Grabungsbericht mit Beschreibung der Funde).