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vom 01.09.2021, aktuelle Version,

Wiener Friedhöfe

Gräberreihe auf dem Wiener Zentralfriedhof

Die Wiener Friedhöfe sind bestehende und ehemalige Friedhöfe im heutigen Stadtgebiet von Wien. Der mit Abstand größte unter ihnen ist der Wiener Zentralfriedhof.

Geschichte

Der Alsergrund 1609: links die Alservorstadt mit dem dahinterliegenden Gottesacker
Um 1700: Friedhof um den Stephansdom

Ursprünglich wurden auch in Wien die Toten in der unmittelbaren Nähe zur Kirche bestattet. Diese mittelalterlichen „Freithöfe“, die rund um die Pfarrkirchen angelegt wurden, waren jedoch nicht nur Begräbnisstätten, sondern auch Orte des öffentlichen Lebens, auf denen auch gehandelt und gefeiert wurde. Der Name Freithof geht auf die Bedeutung „eingefriedeter Ort“ zurück. Später wurde der Begriff zum „Friedhof“ umgedeutet.

Freithöfe gab es zunächst rund um die Ruprechts- und die Peterskirche, später kamen Begräbnisstätten um die Pfarrkirchen St. Stephan[1], St. Michael und zu „Unserer Lieben Frau“ (Schottenstift) hinzu.

Bereits im 16. Jahrhundert gab es jedoch aus Platzmangel und hygienischen Gründen erste Bestrebungen, die Friedhöfe aus der heutigen Altstadt in die Vorstädte zu verlegen. Infolge der großen Opferzahlen, die die Pest forderte, mussten erstmals Friedhöfe außerhalb der Stadtmauern angelegt werden. Ein Beispiel dafür war etwa der Kaiserliche Gottesacker vor dem Schottentor (heute Campus der Universität Wien, Höfe 8 und 9), der ab 1561 angelegt und 1576 geweiht wurde. Die protestantischen Wiener ließen sich in der Folge hier bestatten und erhielten ab 1598 eine eigene Abteilung. Ein jüdischer Friedhof wurde erstmals 1629 in der Rossau, Seegasse 9–11, genannt.

Im Laufe des 18. Jahrhunderts wurden die Begräbnisstätten innerhalb der Wiener Stadtmauern geschlossen; lediglich die Benützung der Kirchengrüfte wurde weiterhin genehmigt, und selbstverständlich war die Kaisergruft unantastbar. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts führte die von Kaiser Joseph II. im Zuge seiner Josephinischen Reformen erlassene Seuchen- und Hygieneverordnung zur Auflassung der Friedhöfe innerhalb des die Vorstädte umschließenden Linienwalls (der sich etwa entlang des heutigen Gürtels erstreckte). Die ehemaligen Friedhöfe wurden verbaut oder in Grünflachen umgewandelt. Auch die Bestattung in Kirchengrüften wurde nun mit Ausnahme der Kaisergruft, der Stephansgruft und des Salesianerklosters verboten. Seit diesen Reformen gibt es in den inneren Bezirken der Stadt keinen Friedhof mehr; einzige Ausnahme sind Reste des jüdischen Friedhofs in der Rossau.

Als Ersatz für die aufgelassenen Friedhöfe wurden 1784 außerhalb des Linienwalls fünf communale Friedhöfe angelegt, der Hundsturmer Friedhof, der Matzleinsdorfer Friedhof, der Währinger Friedhof, der Schmelzer Friedhof (statt eines ursprünglich in der Brigittenau geplanten Friedhofs) und der Sankt Marxer Friedhof. Dieser ist als einziger der fünf Friedhöfe erhalten geblieben und steht heute unter Denkmalschutz. Da auch der jüdische Friedhof in der Rossau für Belegungen gesperrt wurde, wurde außerhalb der Linien als Ersatz der Jüdische Friedhof Währing angelegt, der heute nicht mehr belegt wird.

Als Mitte des 19. Jahrhunderts aufgrund der wachsenden Einwohnerzahl Wiens abzusehen war, dass die Kommunalfriedhöfe bald an die Grenzen ihrer Kapazität stoßen würden, wurde von der Stadt Wien die Errichtung eines großen Friedhofs weit außerhalb der damaligen Stadtgrenzen geplant und 1869 beschlossen.

Der Wiener Zentralfriedhof zwischen den späteren Bezirksteilen Simmering und Kaiserebersdorf (seit 1892: 11. Bezirk) im Südosten der Stadt wurde 1874 eröffnet und war zu dieser Zeit der größte Friedhof Europas. Auf einem Teil des Areals (1. Tor) wurde ein jüdischer Friedhof errichtet, später kamen ein evangelischer (4. Tor, heute Eingang beim 3. Tor) und ein weiterer jüdischer Friedhof (5. Tor, heute 4. Tor) hinzu. Auf dem interkonfessionellen Hauptteil des Friedhofs (2. und 3. Tor) entstanden einige kleinere Friedhöfe bzw. Abteilungen verschiedener Glaubensgemeinschaften.

1881 wurde im Zentralfriedhof mit der Errichtung einer Ehrengräberanlage begonnen. Heute gibt es auf zahlreichen Wiener Friedhöfen von der Stadtverwaltung ehrenhalber gewidmete Gräber und solche, die, obwohl die Verstorbenen neuerdings eines Ehrengrabs nicht mehr für würdig erachtet werden, ihrer historischen Bedeutung wegen erhalten werden.

1922 wurde die Feuerhalle Simmering, das erste österreichische Krematorium, eröffnet, das der sozialdemokratische Bürgermeister Jakob Reumann gegen den Willen der katholischen Kirche und der christlichsozialen Bundesregierung durchgesetzt hatte. Die Feuerhalle Simmering und der angeschlossene Friedhof befinden sich auf ehemaligem Gartengrund des Schlosses Neugebäude in unmittelbarer Nachbarschaft zum Zentralfriedhof.

In der Nachkriegszeit wurde 1953 vom Gemeinderat die Schließung mehrerer kleinerer städtischer Friedhöfe bis zum Jahr 1975 beschlossen; es handelte sich um Friedhöfe der 1892 eingemeindeten Vororte Wiens (außerhalb des einstigen Linienwalls). 1975 wurden diese Schließungen um zehn Jahre verschoben, da in den betroffenen Stadtteilen emotionale Bindungen an diese Friedhöfe betont wurden.

1980 fand zum Thema, das sich als kontroversiell erwiesen hatte, eine Volksbefragung statt; die regierenden Sozialdemokraten wollten sich wegen der Friedhöfe nicht dem Volkszorn aussetzen. Sie betraf die Friedhöfe Altmannsdorf, Erlaa, Gersthof, Hadersdorf, Heiligenstadt, Hetzendorf, Hirschstetten, Kaiserebersdorf, Kalksburg, Lainz, Leopoldau, Meidling, Pötzleinsdorf, Siebenhirten, Stadlau und Stammersdorf Ort. Die Bevölkerung entschied sich mit klarer Mehrheit gegen die Auflassung.

Der Großteil der Wiener Friedhöfe wird heute von der Friedhöfe Wien GmbH verwaltet, einem Tochterunternehmen der stadteigenen Wiener Stadtwerke, das 2008 durch Ausgliederung der Magistratsabteilung 43 der Stadtverwaltung entstand.

Auf den 46 Wiener städtischen Friedhöfen befinden sich etwa 650.000 Grabstellen; mit den neun anderen Friedhöfen befinden sich in Wien rund 778.000 Grabstellen.[2]

Derzeit genutzte städtische Friedhöfe

Name Bezirk Größe
in m²
Grab-
stellen
Grabstellen
pro m²
Gewidmete
Gräber1)
Eröffnet
Friedhof Oberlaa 10., Favoriten 33.737 4.679 0,14 1 1833
Feuerhalle Simmering 11., Simmering 215.383 46.279 0,21 72 1922
Kaiserebersdorfer Friedhof 11., Simmering 12.060 1.135 0,09 2
Simmeringer Friedhof 11., Simmering 56.955 7.994 0,14 4
Wiener Zentralfriedhof 11., Simmering 2.500.000 330.000 0,13 969 1874
Altmannsdorfer Friedhof 12., Meidling 3.807 583 0,15 1784
Hetzendorfer Friedhof 12., Meidling 7.583 1.100 0,15 2 1784
Meidlinger Friedhof 12., Meidling 129.811 18.095 0,14 42 1862
Südwestfriedhof 12., Meidling 241.828 25.671 0,11 6 1921
Hietzinger Friedhof 13., Hietzing 97.175 11.207 0,12 111 1787
Lainzer Friedhof 13., Hietzing 7.248 993 0,14 3 1876
Ober-St.-Veiter Friedhof 13., Hietzing 35.886 4.655 0,13 14 1876
Baumgartner Friedhof 14., Penzing 236.362 33.339 0,14 23 1874
Friedhof Hadersdorf-Weidlingau 14., Penzing 12.868 1.884 0,15 6 1875
Hütteldorfer Friedhof 14., Penzing 49.510 4.652 0,09 9 1811
Ottakringer Friedhof 16., Ottakring 173.461 27.552 0,16 44
Dornbacher Friedhof 17., Hernals 44.047 4.778 0,11 19 1883
Hernalser Friedhof 17., Hernals 161.019 21.864 0,14 29 1872
Gersthofer Friedhof 18., Währing 31.714 4.590 0,14 7 1880
Neustifter Friedhof 18., Währing 150.851 14.835 0,10 40 1880
Pötzleinsdorfer Friedhof 18., Währing 5.544 725 0,13 7 1785
Döblinger Friedhof 19., Döbling 49.981 6.853 0,14 67 1885
Grinzinger Friedhof 19., Döbling 45.265 5.095 0,11 48 1830
Heiligenstädter Friedhof 19., Döbling 20.315 2.655 0,13 10 1873
Sieveringer Friedhof 19., Döbling 37.152 5.299 0,14 9 1885
Groß-Jedlersdorfer Friedhof 21., Floridsdorf 58.138 6.898 0,12 2 1885
Jedleseer Friedhof 21., Floridsdorf 55.994 8.448 0,15 2 1873
Friedhof Stammersdorf-Ort 21., Floridsdorf 8.217 984 0,12 3 1833
Stammersdorfer Zentralfriedhof 21., Floridsdorf 192.970 23.034 0,12 5 1903
Leopoldauer Friedhof 21., Floridsdorf 4.949 964 0,19 1
Strebersdorfer Friedhof 21., Floridsdorf 31.722 1.387 0,04 1878
Asperner Friedhof 22., Donaustadt 89.564 6.217 0,07 1892
Breitenleer Friedhof 22., Donaustadt 11.987 1.141 0,10 1909
Esslinger Friedhof 22., Donaustadt 22.649 1.792 0,08
Friedhof Hirschstetten 22., Donaustadt 5.959 755 0,13 1 1872
Kagraner Friedhof 22., Donaustadt 55.781 8.175 0,15 3 1887
Stadlauer Friedhof 22., Donaustadt 14.788 2.399 0,16 1875
Süßenbrunner Friedhof 22., Donaustadt 5.053 409 0,08 1893
Atzgersdorfer Friedhof 23., Liesing 39.282 3.283 0,08 1825
Erlaaer Friedhof 23., Liesing 4.651 632 0,14 1869
Friedhof Liesing 23., Liesing 47.272 4.305 0,09 7 1784
Friedhof Mauer 23., Liesing 49.378 5.914 0,12 6 1867
Friedhof Rodaun 23., Liesing 12.029 1.453 0,12 1783
Friedhof Siebenhirten 23., Liesing 8.511 996 0,12
Inzersdorfer Friedhof 23., Liesing 95.056 11.426 0,12 1
Kalksburger Friedhof 23., Liesing 7.658 810 0,11 4 1892

1) Anzahl der von der Stadt Wien gewidmeten Gräber

Derzeit genutzte konfessionelle Friedhöfe

Friedhöfe, die nicht mehr belegt werden

Friedhof der Namenlosen
Sankt Marxer Friedhof

In Parks umgewandelte Friedhöfe

Verbaute Friedhofsareale

Die einstigen Friedhöfe rund um Kirchen wurden größtenteils verbaut oder großzügiger Platzgestaltung geopfert. Beispiel dafür ist die Virgilkapelle unter dem Stephansplatz, ein Relikt des Friedhofs, der den Stephansdom jahrhundertelang umgab. Die Kapelle wurde mehr als 200 Jahre nach der Auflassung und Zuschüttung 1973 bei U-Bahn-Bauarbeiten wiederentdeckt. Ein anderes Beispiel heute nicht mehr erkennbarer, von städtischer Verbauung erfasster ehemaliger Friedhöfe ist der Soldatenfriedhof Gumpendorf.[4]

Tierfriedhof

Wiens erster und einziger Tierfriedhof gegenüber dem Haupttor (Tor 2) des Zentralfriedhofes in der Anton-Mayer-Gasse in Simmering

2011 wurde Wiens erster und einziger Tierfriedhof eröffnet. Auf 2.500 m² befinden sich in kreisförmigen Gräberfeldern insgesamt mehrere hundert Erdgräber in verschiedenen Größen und Urnengräber. Er wird von der „Tierfriedhof Wien GmbH“ betrieben wird, die wiederum zu 70 % zur gemeindeeigenen Friedhöfe Wien GmbH gehört. Je 15 % halten die „ebswien tierservice Ges.m.b.H.Nfg KG“ und die „Reiwag Gebäudeservice GmbH“.

Spezielles

Den Wienern wird gelegentlich ein spezielles Verhältnis zum Tod attestiert, weil Beobachtern intensive Begräbnis- und Friedhofsrituale auffallen. 1949 wurden Trevor Howard (als Holly Martins) und Alida Valli (als Anna Schmidt) am Schluss des berühmt gewordenen Films „Der dritte Mann“ von Graham Greene und Carol Reed in einer Szene auf dem Zentralfriedhof gezeigt. Georg Kreisler und Topsy Küppers brachten 1969 die LP „Der Tod, das muss ein Wiener sein“ heraus. Wolfgang Ambros beschrieb 1975 in seinem Lied Es lebe der Zentralfriedhof eine nächtliche Feier der ersten hundert Jahre des 1874 eröffneten Friedhofs. Das deutsche Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ widmete Städtereisen nach Wien 2007 einen Text unter dem Titel Donaunekropole Wien: A schöne Leich,[5] ein Thema, das in Medien regelmäßig wiederkehrt.

Literatur

  • Werner T. Bauer: Wiener Friedhofsführer. Genaue Beschreibung sämtlicher Begräbnisstätten nebst einer Geschichte des Wiener Bestattungswesens. Falter Verlag, Wien 2004, ISBN 3-85439-335-0.
  • Christopher Dietz: Die berühmten Gräber Wiens. Falco, Klimt, Kraus, Moser, Mozart, Qualtinger, Schiele, Schubert, Strauß u.v.a. Fotos von Wolfgang Ilgner, Sigrid Riedl-Hoffmann und Frank Thinius. Perlen-Reihe, Wien-München 2000, ISBN 3-85223-452-2.
  • Heike Krause, Constance Litschauer, Christine Ranseder, Michaela Binder, Karl Großschmidt: Zur Erden bestattet. Sechs vergessene Wiener Friedhöfe (Wien Archäologisch 10), Wien 2013, ISBN 978-3-85161-111-3.
  • Ludwig Varga: Friedhöfe in Meidling – Geschichte der sechs Friedhöfe auf dem Gebiet des 12. Wiener Gemeindebezirks, Blätter des Meidlinger Bezirksmuseums, Wien 2017, Heft 80.
Commons: Friedhöfe in Wien  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Friedhof am Stephansplatz (Memento vom 28. Juli 2004 im Internet Archive)
  2. Monatszeitschrift Datum, Wien, Nr. 11 / 2010, S. 12
  3. Website des Wiener Hafens
  4. * Michaela Binder: Der Soldatenfriedhof in der Marchettigasse in Wien – Die Lebensbedingungen einfacher Soldaten in der theresianisch-josephinischen Armee anhand anthropologischer Untersuchungen, Phoibos Verlag, Wien, 2008, ISBN 978-3-85161-000-0
  5. Benedikt Mandl in: „Spiegel online“, 1. August 2007