!!!Hardtmuth, Joseph

~* 13. 2. 1758, Asparn an der Zaya (Niederösterreich)

† 23. 5. 1816, Wien


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Architekt, Erfinder und Fabrikant


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Joseph Hardtmuth wurde am 13. Februar 1758 als Sohn eines Tischlers in Asparn an der Zaya geboren.


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Er erlernte bei seinem Onkel, dem Baumeister Franz Meissl, das Maurerhandwerk. Nach dreijähriger Lehrzeit wurde er von den Meistern der "Maurer und Steinmetz in dem hochfürstlich Liechtensteinschen Markt Poystorf in Oesterreich unter der Ennß" 1774 am Tage Corporis Christi (also am Fronleichnamstag) freigesprochen. Als Besonderheit wurden ihm von der Zunft die Wanderjahre erlassen. Nach seiner Freisprechung verblieb er weiterhin als Geselle bei seinem Onkel. Da er schon mit 13 Jahren in die Lehre kam, versuchte er seine mangelhaften Schulkenntnisse in den Nachtstunden als Autodidakt nachzuholen und sich weitere architektonische und technische Berufskenntnisse anzueignen. In seinem kalten, ungeheizten Zimmer entwarf er oft Zeichnungen von Ofenmodellen, die er dann an Hafnermeister verkaufte.\\
Als Franz Meissl seinen Wohnsitz nach Wien verlegte, nahm er seinen Neffen dorthin mit. Er dürfte auch erkannt haben, dass Joseph Hardtmuth sich für anspruchsvolle Baumeisterarbeiten ausgezeichnet eignete. Besonders das in den nächtlichen Stunden erworbene Zeichentalent dürfte Onkel Meissl bewogen haben, seinem Neffen bald schwierigere Aufgaben zu übertragen, und eine solche Gelegenheit sollte sich bald ergeben.


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Fürst Aloys Joseph Liechtenstein beauftragte Meissl 1787 nach dem Tod des bekannten Baumeisters Isidore Canevale, das Liechtensteinsche Majoratshaus zu einem Palais umzubauen (Wien 1, Herrengasse 6-8 - heute steht auf dem Grundstück das erste Wiener Hochhaus). Die Fassade des Gebäudes entwarf der junge Hardtmuth, und nach dem Tod seines Onkels 1790 übernahm er die weitere Bauleitung und die damit freigewordene Stelle eines Fürstlich Liechtensteinschen Architekten.\\
Wie schon 1783 bei der Einrichtung der Bibliothek des Josephinums erstellte Hardtmuth nun auch ein Generalkonzept für die Inneneinrichtung des Palais (samt Möbeln, Tapeten, Bronzeverzierungen, Öfen usw.).


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Nach dem Tod des Fürsten Aloys I. ernannte Fürst Johannes Joseph Hardtmuth zu seinem Baudirektor. Mit dieser Ernennung verlagerte sich das Tätigkeitsgebiet des Baudirektors auch auf die weiteren Liechtensteinschen Besitzungen in Feldsberg, Lundenburg, Eisgrub und im Brühltal (heute in Tschechien gelegen), die Hardtmuths Aufgabengebiet wurden.


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1807 erbaute er die Hansenburg bei Eisgrub, die Nachahmung einer mittelalterlichen Burg mit ruinenhaftem Äußeren. Gerade die Liechtensteins ließen in dieser Zeit eine Vielzahl von künstlichen Ruinen errichten, man denke nur an die Burg Liechtenstein oder an den Türkensturz bei Seebenstein. Auch der Husarentempel auf dem Kleinen Anninger bei Mödling wurde von Hardtmuth konzipiert und errichtet. Fürst Johann Joseph Liechtenstein ließ diesen Tempel als Erinnerung an seine treuen Husaren erbauen, die ihm bei der Schlacht von Aspern das Leben gerettet hatten, wobei sieben von ihnen ums Leben gekommen waren.


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Hardtmuth verwendete aber auch, fast ein Menschenalter vor dem Engländer Whitehead, Drainröhren. Im sumpfigen Baugelände legte er tönerne Rohre in den Boden, um diesen so zu entwässern.


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Am 12. Februar 1812 suchte Hardtmuth aus privaten Gründen um seine Enthebung vom fürstlichen Dienst an, was ihm am 1. April 1812 auch genehmigt wurde. Aber nicht nur als Architekt machte sich Hardtmuth einen Namen.


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Schon 1798 erhielt er nach längeren Vorarbeiten ein Privileg (Patent) für seine unter dem Namen "Wiener Steingut" bekannt gewordene Masse zur Herstellung von Speisegeschirr. Diese Masse war eine Art feuerfester Ton, der in der Feinheit dem Porzellan, in der Haltbarkeit aber der Fayence nahekam. Ein besonderer Vorteil war zweifellos, dass die neue Masse billiger als die beiden anderen war. Ein weiterer Vorteil war die glatte braune Glasur, der, wie Joseph Hardtmuth in seinem Majestätsgesuch vom 7. April 1812 schrieb, "''nichts von der der Gesundheit so nachtheiligen Bley- oder Zinnasche beygemischt''" sei. Aus der neuen Masse wurden zunächst Wein- und Wasserkrüge, Schmalztöpfe und Brunnenröhren "''nebst allen Gattungen chymischer Geschirre, so vormals meistens aus Bayern und anderen fremden Ländern hierher zum Verkauf kommen mußten''", hergestellt.

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1790 gründete Hardtmuth gemeinsam mit dem Fabrikanten Winkler eine Fabrik zur Herstellung von "Wiener Steingut" und dann 1795 am Alserbach in Wien auf einem "''öden Grundstück''" eine Steingutgeschirrfabrik, deren alleiniger Besitzer er nun war.


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Als weiterer Meilenstein ist das Jahr 1802 zu nennen. Es gelang Hardtmuth, aus Sand und ein wenig Kalk ohne Verwendung von Brennstoffen, nur durch eine von ihm konstruierte starke Presse, maschinell gefertigte Ziegel herzustellen: "Quadersteine von 18 Zoll Länge, 12 Zoll Breite und 9 Zoll Höhe, die im Laufe der Zeit zu einer Steinmasse größter Härte zusammensinterten und allen Witterungseinflüssen bestens standhielten."


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Diese Steine fanden ihre Verwendung bei der Errichtung der Mauer des Tiergartens in der Liechtensteinschen Herrschaft Feldsberg, die eine Fläche von 268 Hektar umspannte und ganz aus den „Hardtmuthschen Quadern" erbaut war. Damals galt der Tiergarten in Feldsberg als der größte der Welt.


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Waren diese Erfindungen oder „Patente" mehr oder minder der beruflichen Tätigkeit als Baumeister der Liechtensteins entsprungen, so war eine weitere bahnbrechende Erfindung auf den ureigensten Bedarf Hardtmuths zurückzuführen. Von 1802 bis zur Aufnahme der Produktion 1804 beschäftigte er sich mit dem Problem, einen für ihn tauglichen „Bleistift" zu entwickeln. Die damals zur Verfügung stehenden Stifte genügten keinesfalls seinen zeichnerischen Anforderungen. Qualitativ hochwertige Stifte musste man aus England beziehen, was entsprechend teuer war.


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Fast gleichzeitig mit dem französischen Maler und Mechaniker Nicolas Jacques Conte (einem Pariser) entwickelte er ein spezielles Verfahren zur Herstellung geeigneter Bleistifte. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Anfertigung von Bleistiften ein rein handwerkliches Verfahren. Graphit wurde im Mörser zerstampft, mehrmals durch immer feinere Siebe passiert und auf diese Weise von groben Verunreinigungen befreit. Dann wurde Schwefel oder Antimon, oftmals auch beides, zugesetzt, geschmolzen, auf etwa 60 Grad Celsius abgekühlt, anschließend wurden aus dieser gewonnenen Masse flache Kuchen geformt und in quadratische Stäbchen zugeschnitten. Dieses fertige und nicht immer zufriedenstellende neue Produkt war dann die Bleistiftmine.


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Hardtmuth erkannte bei seinen Versuchen, daß Schwefel und Antimon durch ein geschmeidigeres Material ersetzt werden sollten. Es musste eine knetbare, sich gut mit Graphit verbindende Masse sein, und eben diese Masse kannte er aus seiner Steingutfabrikation.


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Der plastische Ton wurde nach seiner Vermengung mit dem Graphit nass geschlämmt. Hardtmuth entwickelte dann eine Maschine, die die feuchte Masse durch die Matrize eines Preßzylinders drückte und auf diese Weise gleich dicke Stäbchen erzeugte. Durch verschiedene Brenndauern der Stäbchen war man auch in der Lage, verschiedene Härtegrade der Mine herzustellen. Mit dieser neuen „Wiener Methode" schlug er auch die Nürnberger Konkurrenz aus dem Feld.


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Durch die Kontinentalsperre Napoleons wurde Hardtmuth gezwungen, auf inländischen Graphit zurückzugreifen. Er bezog den Rohstoff aus Böhmen, den plastischen Ton aus der Umgebung von Budweis und das notwendige Holz aus der Nachbarschaft. Durch den Einsatz heimischer Rohstoffe wurde Österreich auf diesem Gebiet autark, ja die "echt Hardtmuth'schen Bleistifte", wie sie in den Ankündigungen genannt wurden, erwiesen sich bald als österreichische Exportartikel, die nach Deutschland, Holland, Italien, Russland, ja sogar nach England ausgeführt wurden.\\
Von der Qualität erwiesen sie sich den englischen Fabrikaten gegenüber durchaus als gleichwertig, jedoch kostete ein Dutzend dieser Stifte nur soviel wie ein einzelner englischer Bleistift.


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Aber nicht nur Bleistifte bewegten den künstlerischen Geist des Erfinders, sondern es gelang ihm auch, "''durch rastlose Anstrengung und ungemeinen Kosten-Aufwand einen feinen schwarzen Tusch zu erfinden, der den ausländischen am nächsten kömt und selben größtentheils schon entbehrlich machte''".


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Durch dieses neue Produkt wurde die bisher gebrauchte, sehr teure chinesische Tusche nahezu vollständig verdrängt.


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Eine weitere Neuerung um 1810 war Hardtmuths Schultafel aus elastischem schwarzem Schiefer, "''worauf man mit Schiffersteinweis zeichnen und schreiben und sogleich naß auslöschen kann. Hiedurch werden die Raittafeln (Rechentafeln) oder die Schiffertafeln, die aus Sachsen hieher verschrieben wurden, ganz erspart … was dem Vaterlande unendliche Summen in der inneren Circulation erhält, die vorher in das Ausland wanderten''".


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Im gleichen Jahr gelang es ihm, nach einigen umfangreichen und zielführenden Experimenten "''einen künstlichen Pimsenstein (Bimsstein) nach vielfältigen und kostspieligen Proben zu erfinden, welcher den ausländischen Naturpimsenstein (Naturbimsstein) in jeder Hinsicht ersetzt".''


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In Gegensatz zu manch späterem Erfinder machten Hardtmuths Erfindungen diesen zu einem reichen und angesehenen Mann, dem auch von allerhöchsten Stellen Anerkennungen und Belobigungen zukamen.


\\So war aus dem fast mittellosen Maurergesellen ein wohlhabender Baumeister und Erfinder geworden, dem neben dem Werksgelände am Alsergrund auch die Häuser Nußdorferstraße 238, 239, 240 und 241 gehörten.


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Er war ein bedeutender Förderer Wolfgang Amadeus Mozarts und Franz Schuberts sowie selbst ein namhafter Repräsentant der Wiener Hausmusik.


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Am 23. Mai 1816 starb Joseph Hardtmuth als "Fürst Johann Liechtensteinscher jubilierter Baudirektor und Inhaber eine k.k. privilegierten Steingut- und Graphitstiften-Fabrik" an Wassersucht.


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Nach seinem Tod übernahmen seine Söhne Ludwig und Carl das Familienunternehmen, 1829 stellte die neue Fabrik bereits 200.000 Bleistifte pro Jahr her, auch Rotstifte und schwarze Kreide wurden produziert.


1848 wurde die Produktion nach Budweis (České Budějovice) verlegt, wo sein Enkel, Franz von Hardtmuth (1832-1896) später den „Koh-I-Noor“-Stift entwickelte, der in 17 (später 19) verschiedenen Härtestufen erzeugt wurde und zum Markenartikel dieser Firma wurde.
 

1910 war der Betrieb einer der größten Bleistifthersteller der Welt; über die Jahre wurde die Erzeugung um die Herstellung von Minenbleistiften, Kugelschreibern etc. erweitert, was schließlich zu einem umfangreichen Produktprogamm für Künstler, Schule und Büro führte.\\
Der Erste Weltkrieg und das Ende der Monarchie bedeutete Einbußen für das Unternehmen, nach dem zweiten Weltkrieg aber wurde der multinationale Betrieb in der Tschechoslowakei verstaatlicht.
 

Die österreichischen Besitzer konnten zwar die Bleistiftfabrik in Attnang wieder in Betrieb nehmen, allerdings ging die österreichische Koh-i-Noor Hardtmuth AG 1996 in Konkurs. Die Produktionsstätte in der Tschechoslowakei wurde 1992 wieder privatisiert und ist mittlerweile eine Aktiengesellschaft mit Töchterfirmen u. a in Liechtenstein, Österreich, Bulgarien, Rumänien, Polen und Italien.

!Werke (Auswahl)
* Wien: 
* Stadtpalais Liechtenstein, Herrengasse, 1789-91 (mit J. Meissl, abgebrochen 1913-17)
* Schwarzer Turm bei Mödling, 1810
* Eisgrub (Lednice,Tschechische Republik): 
* Türkischer Turm, 1797-1804
* Hansenburg, 1807-10
* Feldsberg (Valtice, Tschechische Republik): 
* Reistenkolonnade, 1810-12
* Lundenburg (Břeclav, Tschechische Republik): 
* Jagdschloss Pohanska, 1810-12

!Literatur
G. Wilhelm, J. Hardtmuth (1758-1816), 1990

!Quellen
* AEIOU\\
* [Koh-I-Noor Hartmuth|http://www.koh-i-noor.cz]
* [Liechtenstein Museum|http://www.liechtensteinmuseum.at/de/pages/artbase_main.asp?module=browse&action=ce_theme&lang=de&sid=7424906&config=T-2132005184727450,1,1,1,1,0,0]
* Österreichs große Erfinder: ihr Leben, ihre Arbeiten, ihre Schicksale. Heinz Jankowsky, Verlag Styria (2000), 240 S.


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Redaktion: I. Schinnerl
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