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Petrik, Dine #

* 3. 9. 1942, Unterfrauenhaid, Burgenland


Schriftstellerin

Dine Petrik
Dine Petrik (2013)
Foto: Wolfgang H. Wögerer. Aus: Wikicommons, unter CC BY-SA 3.0

Dine Petrik wurde am 3. September 1942 in Unterfrauenhaid im Burgenland geboren.

Nach einer harten Kindheit (verlor im Krieg einen älteren Bruder und den Vater) übersiedelte sie 1959 nach Wien, wo sie die Handelsschule und die Wiener Kunstschule in Abendkursen besuchte und später Malerei bei Prof. Matejka-Felden studierte.

Neben verschiedenen "Brotberufen" (Bürolehrling, Fakturistin, Apothekenhelferin, Sekretärin) veröffentlichte sie ab Mitte der 1980er Jahre Lyrik und Prosa in Anthologien und Literaturzeitzeitschriften. Seit 1990 veröffentlicht sie eigene Buchpublikationen, v. a. Lyrik und Reiseliteratur.

Dine Petrik hat zwei Kinder großgezogen und lebt als freie Schriftstellerin in Wien. Sie erhielt mehrere Preise und Stipendien und ist auch als Reiseschriftstellerin und Essayistin hervorgetreten; für Aufsehen sorgte Petriks literarische Hertha Kräftner-Biographie, daneben sind weitere Arbeiten über Hertha Kräftner erschienen.


Dass lyrische Gedichte heutzutage keineswegs antiquiert sein müssen, beweisen Dine Petriks "Sonaten für Wasser und Wind"... Ein Zeilenumbruch mit ungewöhnlichem Enjambement ist charakteristisch für Petriks Sprachstil.
Ihre Texte – Hybride aus Essay und Reisebericht, kreisen höchst anregend um eine alte und immer aktuelle Frage: jene, was das Fremde sei. Dies freilich geschieht nicht abstrakt und aphoristisch, es geschieht im Entdecken, das sich im Reisen und Nachlesen vollzieht. Das Fremde ist dabei nicht zuletzt der oftmals zur Herausforderung „wahrer Kultur“ stilisierte Islam, das Eigene jenes Abendland, dem Dine Petrik Bigotterie und pragmatisch definierte Moral nachweist.

Auszeichnungen, Ehrungen (Auswahl)#

  • Anerkennungspreis des Landes Niederösterreich, 1992
  • Arbeitsstipendium des Bundesministeriums für Wissenschaft und Kunst, 1996 und 1999
  • Förderungspreis der Theodor Kery Stiftung, 1997
  • Österreichischer Buch Preis, 1997
  • Theodor Körner Preis (Wissenschaft), 1998
  • BEWAG Lyrik Preis, 1998
  • Reisestipendium, Kunstsektion Wien, 2003
  • Hermes Literaturpreis (Lyrik, 1. Platz), 2006
  • FAST forWORT Poesiepreis, 2. Platz, 2008
  • 2. Preis des Lyrikwettbewerbes VKSÖ, 2015
  • Forum Land, Sonderpreis 2013: Prämierter Prosabeitrag, 2013

Werke (Auswahl)#

  • Sonaten für Wasser und Wind. Gedichte, 1990
  • Kindheit. Die fremden Länder mein eigenes Leben. Sechs Lyrikzyklen und ein Materialienband (Hrsg.: Barbara Neuwirth), 1991
  • Die Hügel nach der Flut. Was geschah wirklich mit Hertha K.?, 1997
  • Befragung des Zorns. Gedichte, 1999
  • Jenseits von Anatolien. Eine Reise ins Oströmische Reich, 2002
  • Bibliotheca Alexandrina. Unterwegs auf Weltwunderboden, 2005
  • Ausgewählte Gedichte, 2007
  • Ich war nicht immer so, Biografische Arbeit über Hertha Kräftner: "Alles ist in mir", 2007
  • wortreich.verschwiegen, Gedichte, 2009
  • Die verfehlte Wirklichkeit, Biografie über Hertha Kräftner, 2011
  • Flucht vor der Nacht, Roman, 2015
  • Funken.Klagen, Gedichte, 2016

zahlreiche Beiträge in Anthologien, Literaturzeitschriften, Texte zu Radiosendungen

Leseprobe#

aus Dine Petrik - "Jenseits von Anatolien"

1923, Republiksgründung der Türkei

In der blutjungen türkischen Republik wird Ankara zur Haupt- und Residenzstadt gekürt und der darin residierende Staatspräsident zum "Ata" (arabisch Aba). Atatürk, der als Vaterlandsretter die Macht zentriert, schwebt ein "europäisch moderner Staat" vor. Er reformiert radikal darauf los und lässt ein entsetzliches Chaos entstehen. Die junge Republik fällt vom Aufruhr in Ablehnung oder in Depression und schließlich in eine überwiegende Bejahung. Atatürk steht zwischen Verträgen, Geboten, Verhandlungen und Verboten, sodass er auf seine "Brüder" [die Kurden] und sein Versprechen [ein eigener Staat und nationale Rechte] total vergisst. Es gibt Wichtigeres: Ein Völkeraustausch ist über politische Bühnen zu ziehen und findet danach tatsächlich statt. 1,5 Millionen Griechen haben ihre alteingesessenen Heimplätze und unschätzbaren Kultur -denkmäler zu verlassen, sie haben Griechenland aufzusuchen, wo sie nicht willkommen sind. Heimplätze gibt es dort nicht beziehungsweise sind diese erst mal zu schaffen. Die neue Heimat ist ihnen fremd. Bevor sie betreten werden darf, sind tausende tot. Umgekehrt haben 600.000 Türken Griechenland zu verlassen und zum Vater heimzukehren, wo sie gemachte Betten erwarten. Nur eine Wurzel des gegenseitigen Hasses, der bis heute blüht.

© 2002, Promedia Verlag, Wien
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags
LITERATURHAUS

Was bei Dine Petriks Gedichtband "Befragung des Zorns" ins Auge springt, ist die Absicht der Autorin, bereits mit der "Zuschnitzung" des Textblockes ein bestimmtes Umriß-Bild zu erzeugen: so rinnt etwa beim Regengedicht "shit" (S. 15) tatsächlich gegen Ende das Wasser durch die Zeilen und verfrachtet den letzten Sinn in ein großes, buchstabenloses Gewässer. Ein Pokalgedicht richtet sich nach den Konturen dieses Gefäßes, und wenn der Flattersatz hinten arg ins Zittern gerät, heißt das Gedicht "nervous" (S. 73)…


Leseprobe#

aus Dine Petrik - "Befragung des Zorns"


in pokalen

langsam wird das land ab
getragen der stein frisst es
aus monochromen bild grün
den spult luft ins gesicht kalt
und glühend ich wie die sichel
zum vollmond wird un-anfecht
bar gewohnt glatt rinne ab an
mir ich verliere die hüllen löse
mich aus der pasterze frei vom
stechgewand krachen gegang
ner gespräche legenden zer
hächelt vom storch - aus der
zeit fehlt die zwietracht ich
geb auf das in schwebe ge
haltne: geköchert im mo
lekül tropfender ado
leszenzen gelingt
noch staunen:
anziehend ist
fabulieren mit
rinnsalen lied
giften fluiden
zum paukenschlag
blanken schweigens
das ich er hören soll
(S. 79)

© 1999, Otto Müller, Salzburg, Wien.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

LITERATURHAUS

Quellen#

Redaktion: I. Schinnerl