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Slatin, Rudolf Karl Freiherr von#

* 7. 6. 1857, Ober St. Veit, Wien

† 4 . 10. 1932, Wien


Entdecker, Forscher

Sudan-Kenner

Rudolf Karl Slatin
Rudolf Karl Slatin. Foto, um 1914.
© Österr. Institut f. Zeitgeschichte, Wien (Bildarchiv), für AEIOU
Schon in seiner Jugend unternahm er auf eigene Faust eine Forschungsreise nach dem damals noch unerforschten Dschebel Nubar (südwestlich von Khartum) und war später zwei Jahrzehnte als Militärgouverneur im Sudan tätig.

Als junger Kaufmann kam Slatin nach Ägypten; er kehrte nach Österreich zurück, um seinen Militärdienst abzuleisten und geographische Studien zu betreiben.

1878 folgte er einem Ruf Gordon Paschas nach Ägypten und stieg bereits 1881 in das hohe Amt eines Militärgouverneurs der Provinz Darfur im Sudan auf. In diesem Jahr brach der Mahdi-Aufstand aus. (Im "Mahdi" glaubten die Muslime einen von Allah gesandten Messias zu sehen, der die Ungläubigen vernichten und eine gerechte Verteilung aller Güter herbeiführen würde.)

Slatin war in 27 Gefechten gegen die Mahdisten siegreich, musste sich aber im Juni 1883 ergeben. Die englische Regierung sandte Generalmajor Charles Gordon nach Khartum. Dieser glaubte, Verhandlungen aufnehmen zu können, was aber misslang.

Khartum wurde im Januar 1885 durch den Mahdi erobert, Gordon wurde dabei getötet. Den gefangenen Slatin hatte der Mahdi jedoch unter militärischen Ehren empfangen und nach Omdurman gebracht, wo der Österreicher nach einem misslungenen Fluchtversuch zehn Monate lang in Ketten gehalten wurde. Nach mehreren weiteren Fluchtversuchen und fast elf Jahre dauernder Gefangenschaft konnte Slatin 1895 endlich Omdurman heimlich verlassen und gelangte nach Assuan.

Der Khedive (Vizekönig von Ägypten) ernannte ihn zum Pascha. Als Leiter des militärischen Nachrichtenwesens nahm Slatin unter Lord Kitchener an der Rückeroberung des Sudan teil, stieg in den Rang eines britischen Generalmajors auf und war von 1900 bis 1914 englischer Generalinspektor des Sudan.

Im Ersten Weltkrieg kehrte er nach Österreich zurück und leitete als Leutnant die Kriegsgefangenenhilfe des österreichischen Roten Kreuzes.


Weiterführendes#

Leseprobe#

Titelblatt von Slatins Hauptwerk 'Feuer und Schwert'
Titelblatt von Slatins Hauptwerk
"Feuer und Schwert"
© Archiv Senft

aus Feuer und Schwert im Sudan

[...] Am lebhaftesten wird der Sklavenhandel betrieben, der von der Religion und vom Chalifa erlaubt ist, doch beschränkt er sich auf die dem mahdistischen Regimente unterstehenden Länder, da die Ausfuhr nach den ägyptischen Provinzen oder nach Arabien strengstens verboten ist, der Chalifa will durch dieses Verbot eine Schwächung seiner Länder und eine Verstärkung des Feindes hintanhalten.

Er kann zwar nicht verhindern, daß ab und zu einzelne Sklaven von Arabern durch die Steppe an die ägyptische Grenze geschmuggelt werden, aber es ist den Menschenhändlern wenigstens unmöglich gemacht, ihre Opfer in Karavanen massenweise zum Verkaufe zu bringen. Die Sklaven wurden früher durch Abu Anga von Abessinien und durch Seki Tamel von Faschoda, durch Etmanwoled Adam aus den im südlichen Kordofan gelegenen Nuba-Bergen und aus Darfur in großer Zahl nach Omderman gesandt, wo sie für Rechnung des Chalifa oder des Bet el Mal Amumi öffentlich versteigert wurden.

Mit derselben herzlosen Grausamkeit und denselben Scheußlichkeiten. die bei dem Raube der Sklaven angewendet werden, wird auch ihr Transport durchgeführt. Abu Anga zwang die in Abessinien erbeuteten, meist dem christlichen Stamme der Amhara angehörenden Weiber und Knaben, deren Männer und Väter über die Klinge springen mußten, ohne genügende Verproviantierung unter Peitschenhieben den weiten Weg von Abessinien bis Omderman zurückzulegen.

C. E. Gordon-Pascha
C. E. Gordon-Pascha
© Archiv Senft

Barfuß, kaum bekleidet und schlecht genährt, eben ihren Familien entrissen, wurden sie wie Tierherden durch die Länder gepeitscht. Der größte Teil von ihnen ging zugrunde, während der Rest noch immer aus vielen Hunderten bestehend, in herzerbarmendem Zustande an dem Bestimmungsort anlangte, hier wurden sie teils vom Chalifa an seine Anhänger verschenkt, teils durch das Bet el Mal verkauft. Seki Tamel pferchte die nach der Niederlage der Schilluk erbeuteten Frauen und Kinder in Schiffe und Barken und schickte sie in Ladungen zu Tausenden nach Omderman. Der Chalifa nahm sämtliche jungen als sein Eigentum an sich, um sie aufziehen zu lassen und dann als Mulazemie einzureihen, die Weiber und Mädchen wurden verkauft. Tagelang dauerte die Versteigerung da immer neue Sendungen dieser Unglücklichen ankamen. Vor dem Bet el Mal lagen sie krank und hungernd, nur mit Lumpen bedeckt, viele ganz nackt. Als Nahrung wurde ihnen nur rohes Getreide und dieses in ganz ungenügender Menge verabreicht. Da die Stadt mit Schilluk-Sklaven überfüllt war; so wollte niemand die Kranken kaufen und auch nur einige Taler bei diesem Handel riskieren, sie verendeten so am Ufer des Flusses, und um sich die Mühe des Begrabens zu ersparen, warf man die Leichen einfach in den Nil. Am allermeisten hatten die aus Darfur geschickten Sklaven zu leiden. Der Weg war lang und beschwerlich, das Wasser selten und nur in Brunnen zu finden, die meistens weit entfernt voneinander lagen, das Land schlecht kultiviert und wenig bevölkert weshalb nur ganz unzureichender Proviant für diese Sklavenkolonnen zu bekommen war.

Rudolf Karl Slatin
Rudolf Karl Slatin
© Archiv Senft

Unbarmherzig wurden die Unglücklichen gezwungen, Tag und Nacht zu marschieren, um Kordofan zu erreichen. So oft eines dieser Weiber (es waren fast nur Frauen und Mädchen) vor Erschöpfung zusammenstürzte, wurden die scheußlichsten Mittel angewendet, um es zum Weitermarsch zu bewegen. War es durchaus nicht mehr möglich so wurden dem noch lebenden Geschöpfe die Ohren abgeschnitten, die der Transportleiter dann als Beweismittel an sich nahm, dass deren Besitzer tatsächlich umgekommen und nicht etwa unehrlicherweise von ihm unter der Hand verkauft worden sei. Einmal wurde ein solches ohrenloses Weib von zufällig des Weges kommenden Leuten, die mir nachher die Geschichte erzählten, aufgefunden und aus Barmherzigkeit gelabt. Sie erholte sich und war im Stande, ihren Rettern zu folgen und sich bis nach Fascher zu schleppen, während ihre Ohren zur selben Zeit in Omderman als Beweis ihres Todes vorgezeigt wurden. Jetzt haben die größeren Sklavensendungen aufgehört, da die Länder, denen sie früher entnommen wurden, entvölkert sind oder, wie im Westen Darfurs, sich erfolgreich gegen die Bedrücker verteidigen. Nur von Redjaf kommen einige Transporte, der lange beschwerliche Weg in Verbindung mit der gewohnten Behandlung der Unglücklichen dezimiert auch hier die Scharen dieser Opfer. Die jetzt noch in Gallabat, Kordofan und Darfur gewonnenen Sklaven werden bei ihrer geringen Anzahl mit Erlaubnis des Chalifa von den Emiren dieser Provinzen direkt an die herumziehenden Gelaba verkauft. Diese erhalten für jeden erstandenen Sklaven einen Passierschein mit der Bestätigung des bezahlten Preises und der Erlaubnis des Weiterverkaufs ausgestellt. In Omderman werden die Sklaven regelmäßig öffentlich an die Meistbietenden verkauft, jedoch nur die weiblichen Geschlechts, weil der Handel mit männlichen Sklaven, die der Chalifa ausschließlich in seinen Besitz bekommen wünscht, von ihm untersagt worden ist [...]

Gordons Haupt wird dem Mahdi überbracht
Gordons Haupt wird dem Mahdi überbracht
© Archiv Senft

Literatur#

  • Slatin, Feuer und Schwert im Sudan, 2 Bde., Leipzig 1896
  • Shepherd, G.-B., Slatin Pascha, 1972
  • Vogelsberger, H. A., Slatin Pascha. Zwischen Wüstensand und Königskronen, 1992

Quellen#

  • H.&W. Senft, Aufbruch ins Unbekannte, Stocker Verlag, Graz, 1999

Redaktion: Hilde und Willi Senft


Seine Ausbildung zum Reserveoffizer und seine Teilnahme an der Okkupation Bosniens-Herzegovinas 1878 waren grundlegend für seine militärischen Erfolge im Sudan..durchaus vergleichbar mit den Leistungen des Reserveoffiziers Lawrence von Arabien, der Arabien von den Türken befreite...

-- Glaubauf Karl, Samstag, 12. Oktober 2013, 14:51


Das Bild mit Gordons Kopf zeigt nicht den Mahdi, denn der kann nicht gefesselt sein...

-- Glaubauf Karl, Samstag, 12. Oktober 2013, 14:59