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Alice Teichova #

* 19.09.1920 in Wien
† 12. März 2015 in Cambridge

Wirtschaftshistorikerin

Titelbild
Buchumschlag
Alice Teichova geb. Schwarz stammte aus einer assimilierten bürgerlich-jüdischen Familie. Der "Anschluss" im März 1938 bedeutete für die ganze Familie eine einschneidende Zäsur.

Die erst knapp 18-jährige Alice setzte sich in einen Zug nach England, dort kam sie bei einer Familie als Haushaltshilfe unter. Zum Glück schaffte es später auch die restliche Familie zu emigrieren, wobei ihr zugutekam, dass der Vater als gelernter Uhrmacher Verwendung in der englischen Industrie fand. In Exeter begegnete Alice 1940 ihr späterer Ehemann Mikuláš Teich, dessen Familie aus Ružomberok in der Slowakei stammte. In London besuchte besuchte sie nebenberuflich die Abendschule und die Universität und erhielt 1942 ein Stipendium für die University of Leeds.

Das Ehepaar Teich entschloss sich nach dem Krieg, in die Heimat von Mikuláš, in die CSSR, zurückzukehren, wo Alice ihre Studien fortsetzte, nicht nur Tschechisch lernte sondern auch 1952 mit dem Prädikat summa cum laude an der Karls-Universität Prag promovierte, 1960 zum Kandidaten der Historischen Wissenschaften ernannt wurde, und sich an der Karls-Universität 1964 habilitierte. Alice wirkte fortan als Dozentin für Wirtschaftsgeschichte, während sich ihr Mann, der ursprünglich Medizin studiert hatte, als Wissenschaftshistoriker einen Namen machte. Das Ehepaar Teich, dem zwei Kinder geboren wurden, machte also Karriere in einem Land, in dem 1948 die Kommunisten die Macht übernommen hatten. Bei aller inneren Distanz zu manchen Vorgängen, etwa den Slansky-Prozessen, blieben sie zeitlebens einer geistigen Haltung verbunden, die man als einen "idealisierten Marxismus" charakterisieren könnte. Weil sie gleichzeitig stets eine große Liberalität in ihrem Denken, intellektuelle Redlichkeit, Offenheit im wissenschaftlichen Diskurs, Liebenswürdigkeit im Umgang mit anders Denkenden an den Tag legten, wurden sie auch von Menschen mit anderen weltanschaulichen Positionen geschätzt. Alice Teichova hat dies selbst auf folgende Formel gebracht: "Viele Kollegen und Freunde wundern sich zwar, respektieren aber, dass wir auch weiterhin über Formen des Sozialismus und eine Gesellschaft, die gerechter, egalitärer und menschlicher ist, nachdenken."

Die Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 eröffnete die Möglichkeit, nach Großbritannien zurückzukehren. Zunächst erhielt Alice Teichova Aufnahme am damals noch als reines "Frauen-College" geltenden Girton College in Cambridge und wurde bald darauf an die University of East Anglia in Norwich berufen, wo sie bis zu ihrer Emeritierung wirkte. Ihr Mann wiederum wurde Fellow am neu gegründeten Robinson College in Cambridge, wo das Ehepaar Teich auch seinen dauernden Wohnsitz nahm.

Zu ihren weiteren akademischen Ehren zählten Ehrendoktorate der Universität Uppsala (1985) und Universität Wien (1995). 2000 erhielt Alice Teichova den Anton-Gindely-Preis, und 2002 die Wiederverleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft. Sie ist bestattet in einem Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 33 G). Ihr Ehemann, der 2018 kurz nach seinem 100. Geburtstag starb, ist im selben Grab beigesetzt worden.

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