Wir freuen uns über jede Rückmeldung. Ihre Botschaft geht vollkommen anonym nur an das Administrator Team. Danke fürs Mitmachen, das zur Verbesserung des Systems oder der Inhalte beitragen kann. ACHTUNG: Wir können an Sie nur eine Antwort senden, wenn Sie ihre Mail Adresse mitschicken, die wir sonst nicht kennen!
unbekannter Gast

Weiser Varon, Benno#

eigentlich Benno Weiser


*4. 10. 1913 Czernowitz (Chernovtsy, Ukraine)

† 5. 10. 2010, Brookline (Massachusetts, USA)


Journalist, Schriftsteller, Diplomat


Benno Weiser wurde 1913 in Czernowitz geboren, kam gegen Ende des Ersten Weltkriegs nach Wien, wo er ein Medizinstudium begann und im jüdisch-politischen Kabarett auftrat.


1938 emigrierte er über die Niederlande nach Ecuador, wo er in Quito als Journalist für die führenden Zeitungen des Landes arbeitete und einer der meistgelesenen Kolumnisten des Landes wurde.


Benno Weiser - der auch den Namen Varon annahm - betätigte sich intensiv für die Zionistische Weltbewegung und wurde 1948 in New York als Diplomat in verschiedenen Funktionen für Israel tätig (zunächst bei den Vereinten Nationen).

1960 ging er nach Israel und war 1961 Berichterstatter im Eichmann-Prozess.


Von 1964 bis 1972 war er als Botschafter Israels in der Dominikanischen Republik, Jamaika und Paraguay im Dienst. Ab 1986 lehrte er als Professor für Judaistische Studien an der Boston University, war auch als und Theaterkritiker tätig. und publizierte Gedichte, Essays und Romane in deutscher, spanischer und englischer Sprache.

2008 erschien sein autobiografischer Roman "Yo era europeo"(1943) in der Übersetzung von Reinhard Andress und Egon Schwarz unter dem Titel "Ich war Europäer. Roman einer Generation" auf deutsch.


Leseprobe#

aus Benno Weiser Varon - "Ich war Europäer."

Eine neue Welt ist im Entstehen. Wer wie wir die Schmerzen erleidet, die dieser Geburt vorausgehen, sollte beten: Möge sie wirklich neu sein. Sonst war die ganze Geschichte des letzten Jahrzehnts eine Lektion, aus der man nichts gelernt hat, und die Leiden der Menschheit waren vergeblich. Es genügt nicht, zum Alten zurückzukehren; man muss in neuen Begriffen denken.


Ich, für meinen Teil, will nicht zurück. Europa zieht mich noch an: Das Land, in dem man geboren wurde, die Sprache, in der man die ersten Worte lallte, zum ersten Mal ausrief, das ist schön, sich zum ersten Mal bewusst wurde, das ist Liebe! Doch zurückkehren? Wird das alles nicht von frischeren, stärkeren Erinnerungen an das Gejagtwerden überdeckt? Würden nicht beim ersten Gang durch bekannte Straßen die Erinnerungen an die teuflischen Instinkte geweckt werden, die damals erwachten? Soll ich wieder mit jenen zusammenleben, die mich erniedrigten, ausplünderten, beraubten und so viele meiner Lieben ermordeten? Nein. Vielleicht kehre ich noch einmal zurück, um mich umzusehen, nicht aber, um dort zu leben. Ich sitze am Schreibtisch vor offenen Fenstern, und meine Blicke fallen auf den großartigen Pichincha, der ein Sonnen- und Schattenspiel zur Schau stellt, vielfältig strahlende und angenehm schöne Farbtönungen zeigt. Es hat in der Nacht geregnet, und eine dünne schicht Schnee bedeckt den erloschenen Krater. Der Himmel ist blau mit kleinen, treibenden Wolken. Ich bewundere und genieße das Panorama. Tief atme ich das Aroma der Willensfreiheit, der Gastlichkeit, Herzlichkeit und all des Guten ein, das durch böse Erinnerungen und Bitterkeit nicht getrübt werden kann. Manchmal frage ich mich: Endet ein Tag oder fängt ein Tag an? Und plötzlich weiß ich es: Es ist ein Ende und ein Anfang. Ich war Europäer und werde es nie wieder sein ...
(Seite 212)


© 2008 Picus Verlag, Wien.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.
LITERTURHAUS

Werke (Auswahl)#

  • El Mirador del Mundo, 1941 (Essay)
  • Yo era Europeo, 1942 (Roman)
  • Visitenkarte, 1957 (Gedichte)
  • Roman einer Generation", 2008
  • Professions of a Lucky Jew, 1992 (Autobiographie)

Quellen#



Redaktion: I. Schinnerl