Kulturdimensionen nach Geert Hofstede Kulturforscher wie Hall&Hall, Trompenaars oder Hofstede haben in Studien versucht, Kulturen zu kategorisieren. Kulturelle Dimensionen enstehen durch eine systematische Erforschung und Abstrahierung kultureller Unterschiede. Dazu hat Hofstede in den 70er Jahren über 116 000 Mitarbeiter des multinationalen Konzerns IBM aus insgesamt 64 Ländern befragt. Aus dieser Untersuchung identifizierte er zunächst vier Dimensionen nationaler Unterschiede: Machtdistanz, Individualismus, Unsicherheitsvermeidung und Maskulinität. Hofstedes Studien wurden in den 80er Jahren um eine fünfte Dimension, der Zeitorientierung, erweitert. Machtdistanz: Der Machtdistanzindex misst Einstellungen zur Ungleichheit bzw. dem Respekt gegenüber Autoritäten. Hofstede definiert diese Dimension als "das Ausmaß, bis zu welchem die weniger mächtigen Mitglieder von Institutionen bzw. Organisationen eines Landes erwarten und respektieren, dass Macht ungleich verteilt ist" (Hofstede, 1997, S. 32). Die Machtdistanz beschreibt daher die Art und Weise in wieweit eine Gesellschaft bereit ist, mit gesellschaftlichen, ökonomischen, rechtlichen und politischen Ungleichheiten zu leben. Dabei wird die emotionale Distanz zwischen Mitarbeiter und Vorgesetzten (Entscheidungsfindung, Führungsstil, etc.), Schüler und Lehrer (Respekt, Wissensübermittlung, etc.) sowie Kinder und Erwachsenen (Gehorsam, Respekt, etc.) ausgedrückt. Werte ausgewählter Länder: China 80 Frankreich 68 USA 40 Niederlande 38 Österreich 11 Österreich hat verglichen mit China eine sehr geringe Machtdistanz, d.h. Ungleichheit wird als ungerecht empfunden. Individualismus vs. Kollektivismus: Diese Dimension unterscheidet zwischen kollektivistisch und individualistisch geprägten Gesellschaften. Laut Hofestede steht in einer kollektivistischen Kultur die Gruppe im Vordergrund. Das Individuum ist Mitglied eines Kollektiv und die Interessen des Einzelnen werden unter jenen der Gruppe gestellt. Man strebt nach Harmonie und vermeidet direkte Auseinandersetzungen. In individualistischen Kulturen hat das Einzelstreben Vorrang, man kümmert sich um die eigenen Angelegenheiten. Der offene Meinungsaustausch wird erwünscht, denn Konfrontationen führen zu mehr Wahrheit. Werte ausgewählter Länder: USA 91 Großbritannien 89 Österreich 51 Portugal 27 China 15 Die USA weisen einen sehr hohen Wert auf und sind im Vergleich zu China eher individualistisch ausgeprägt. Unsicherheitsvermeidung: Diese Dimension wird definiert "als der Grad, in dem die Mitglieder einer Kultur sich durch ungewisse oder unbekannte Situationen bedroht fühlen" (Hofstede, 1997, S. 156). Kulturen mit einem schwachen Unischerheitsvermeidungsindex weisen einen geringen Widerstand bei Änderungen auf, vertrauen in die Selbstorganisation und haben daher weniger Regelungsbedarf. In Ländern mit einer hohen Unsicherheitsvermeidung hingegen sind Planung, Strukturen und Regelbildungen wichtig. Der Bedarf an Ordnung und Kontinuität ist hoch und das, was anders ist, wird als gefährlich gesehen (hohes Angstniveau). Werte ausgewählte Länder: Griechenland 112 Österreich 70 USA 46 Schweden 29 Singapur 8 Maskulinität vs. Femininität: Der Maskulinitätsindex misst den Grad, bis zu welchem die traditionellen Geschlechterrollen in einer Gesellschaft betont werden, wobei die Ausdrücke Maskulinität und Femininität nur als Synonyme für die jeweilige Grundeinstellung zum Leben dienen. Nach Hofstede ist eine maskuline Kultur dadurch gekennzeichnet, dass die Geschlechterrollen klar voneinander abgegrenzt sind, d.h. Männer müssen stark und leistungsorientiert und Frauen sensible und bescheiden sein. Femininität kennzeichnet eine Gesellschaft, in der es zu einer Vermischung der Geschlechterrollen kommt, d.h. sowohl Frauen als auch Männer sollen bescheiden und feinfühlig sein sowie über Durchsetzungskraft verfügen. Werte ausgewählter Länder: Japan 95 Österreich 79 Frankreich 43 Niederlande 14 Schweden 5 Eigenschaften einer feminin geprägten Kultur (z.B. Schweden) sind Gleichheit, Solidarität und Lebensqualität - arbeiten um zu leben. Maskuline Gesellschaften (z.B. Japan) streben nach Wettbewerb, Leistung und Anerkennung - leben um zu arbeiten. Zeitorientierung (Konfuzianische Dynamik): Die nachträglich ermittelte Dimension, die sich an den Lehren des Konfuzius anlehnt, definiert Besonderheiten einer langfristigen gegenüber einer kurzfristigen Lebensorientierung. Wertvorstellungen, die mit einer kurzfristigen Orientierung einhergehen, sind persönliche Stetigkeit und Stabilität, die Wahrung des "Gesichts" und der Respekt vor Traditionen. Die Empfindung "Zeit ist Geld, muss daher schnell genutzt werden" zeigt eine eher vergangenheits- bzw. gegenwartsorientierte Gesellschaft. Wertvorstellungen, die mit langfristiger Orientierung einhergehen, sind Fleiß, Durchsetzungsvermögen, Hierarchisierung von Beziehungen und Einhaltung dieser Ordnung sowie Sparsamkeit. Diese Werte sind eher auf die Zukunft ausgerichtet, sie sind dynamisch. Werte ausgewählter Länder: China 119 Japan 80 Brasilien 65 Österreich 31 Großbritannien 25 China ist mit einem Wert von 119 langfristig orientiert, Großbritannien hingegen eher kurzfristig. Kritik: Hervorzuheben ist zunächst, dass es Hofstede gelungen ist, mit seinen Untersuchungen eine große Anzahl an Ländern empirisch in eine Rangfolge bezügl. jeder Dimension zu setzen. Hinterfragt werden muss allerdings die Validität der Messinstrumente, da die Dimensionen nur indirekt abgefragt werden; Z.B. wurde zur Unsicherheitsvermeidung u.a. die Frage gestellt: Wie lange gedenken Sie noch in der Firma zu bleiben? Weiters wurden nicht nationale Kulturunterschiede sonder IBM-nationale Unterschiede gemessen. Dadurch besteht der Verdacht, dass die Unternehmenskultur starken Einfluß auf die Ergebnisse ausgeübt hat. Hofstede ging dennoch davon aus, dass die Unternehmenskultur die nationale Kultur nicht verdrängt, sondern bestenfalls ergänzen kann. Obwohl Hofstedes Untersuchungen auf die 70er Jahre zurückgehen, stellen sie eine wichtige Studie im Bereich der Kulturforschung dar. Zusätzliche Informationen und die Werte jeder Nation auf Hofstedes Homepage: www.geert-hofstede.com Hofstede, Geert: Culture and Organisations. Software of the Mind, New York 1997 Autor: Iana 207/07/17
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