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!!!Am Unterlauf der Ach

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[{Image src='Martinsruh03-1940-Bauamt427-1939-1942.jpg' class='image_left' caption='Martinsruh\\© Stadtarchiv Dornbirn' alt='Martinsruh' width='300' height='228'}]


Mit der Verwuhrung der Dornbirner Ach unter drei Rhomberg-Ammännern[1] zwischen 1830 und 1833 wurde die Gefahr, dass Wohnstätten beidseits der hohen Fluten beschädigt werden, endgültig beseitigt, wobei das Wort „endgültig“ 170 Jahre später wohl erlaubt ist. Damit blieben aber die landwirtschaftlichen Grundstücke unterhalb der Schmelzhütter Brücke unverändert bedroht und die Aufhebung des Gemeinwerkes oder Frondienstes um 1844 war nicht dazu angetan, die Verbauung
der unteren Strecke zu fördern. Es ist allbekannt, dass die Dornbirner Ach (abgeleitet von einem vordeutschen Wort) einst Fußach genannt wurde. Neben dem Flussnamen selbst, kennen wir die abgeleiteten Bezeichnungen Fußachtal am First, wissen dass auch andere Zuflüsse Fußach genannt wurden, kennen die Fußenegg, über die der alte Alpweg führte und uns den Personennamen Fußenegger beschert hat. 


Weiter abwärts gibt es rechts die Fußenau und links das Ried Fußig und schließlich den ehemaligen Mündungsort am Bodensee. Über den Daumen gepeilt wird gelernt, dass sich das 30 km lange Gerinne der Ach zur Hälfte auf das Gebirge und zur Hälfte auf das Tal erstreckt und dass das Wasserdarbieten bei Hochwasser tausendfach größer sein kann als nach
langer Trockenheit. 


Schon bei der innerörtlichen Regulierung zur Zeit Negrellis wurden großräumige Überlegungen angestellt, trug doch unser wertvoller sogenannter Negrelliplan von 1826 offiziell den Titel „Rheinkartenwerk“. Der berühmte Staatsvertrag mit der Schweiz aus dem Jahre 1892 stellte die ganze Regulierung in einen noch größeren Rahmen. Damals wurden die beiden Begradigungen des alten Vaters Rhein und die Anlegung von Vorflutern vereinbart, da die Einmündung von Nebenbächen immer die größte Gefahr für die Rheindämme darstellte. Es ist dem damaligen Rheinbauleiter Philipp Krapf zu verdanken, dass die natürlichen Mäander (einheimisch als Werben oder Bügen bekannt) großteils nicht begradigt wurden, um die Fließgeschwindigkeit auch bei Hochwasser abzubremsen.[2] Lediglich eine Schlinge oberhalb des Möckle und zwei größere Bügen ob der Hofsteigbrücke wurden abgeschnitten. 


Heute ist diese Landschaft gemeinsam mit dem alten Unterlauf der Schwarzach und dem Staldenbach in Lustenau ein Naturschutzreservat oder sollte es wenigstens sein. Von der Flora seien die einzigartigen blauen Lilien genannt und in der Fauna gibt es seltene Vogelarten, derentwegen das Brutgebiet vom April bis zum August streng gesperrt ist. Da ist es grotesk, wenn 50 Meter daneben in einer alten Achschlinge ein Motocrossplatz erlaubt ist mit dem unablässigen Gedröhne und den giftigen Abgasen. Wo früher einmal das Vieh geweidet hat und Streue gemäht wurde, will nun jeder in der groß gewordenen Stadt seine „Rechte“ haben und alle wollen sich auf ihre Art erholen. Dabei sind die ruhigen Griller fast oder ganz ohne Kleider noch ein kleines Übel, wenn man bedenkt, dass die Rheintalautobahn mitten durch die schönste
Riedlandschaft gezogen wurde. Hier grenzen rechts der Ach die Gemeinden Wolfurt, Lauterach und Hard an, links die Gemeinden Lustenau und Fußach. 


Die Ausdehnung von Lustenau bis zur Ach ist aber nicht selbstverständlich. Wir haben bei der Kliener Führung gehört, wie die Emser Grafen den Lustenauern im Süden des Reichshofs eine große Grundfläche legal abgeluchst haben.[3] Als Ersatz dafür hat man ihnen zu Lasten der Höchster etwa gleich viel Grund im Norden zugeschanzt, um den bis in die bayerische Zeit herauf gestritten werden musste. Noch vor 100 Jahren hat Ludwig Rapp festgestellt, dass die Pfarre Dornbirn (damals St. Martin mit der Expositur Haselstauden) direkt an die Pfarre St. Johann-Höchst grenzt.[4] Beim Versuch einer Klarstellung hat sich gezeigt, dass es im Diözesanarchiv keine Landkarte mit den Pfarrgrenzen gibt. Wo diese von
den politischen Grenzen abweichen, wurde immer auf alte Urkunden oder Gepflogenheiten Bezug genommen.


Im Zuge des Fußacher Rheindurchstichs musste die Dornbirner Ach über eine Strecke von zweieinhalb Kilometer umgelegt werden und fließt jetzt neben dem neuen Rhein in den See. Lange vorher hat die Schweizer Textilfirma Gysi bei der Fabrik im Birkenfeld ein drei Meter hohes Schwellwuhr angelegt, das die landwirtschaftliche Qualität des Bodens im unteren Rheintal sehr nachteilig beeinflusst hat.[5] Wenn die Industrie schon vor 400 Jahren in der Schmelzhütte allen Vorrang hatte, darf man sich nicht wundern, wenn zu Metternichs Zeiten lang gegen das Wuhr gekämpft werden musste. Die Schweizer Firma hat es ja auch zustande gebracht, dass um 1870 die geplante Eisenbahn Dornbirn-St. Margrethen von Lauterach über Hard und Birkenfeld umgelegt wurde.


Durch die Regulierung der Ach wurde beidseits Boden gewonnen. Der Uferstreifen an der Höchsterstraße vom Altersheim bis zur Landessportschule hat der Stadt manchen Vorteil verschafft, um den uns andere Gemeinden beneidet haben. Der großzügige Sportplatz Birkenwiese wurde um 1930 dort angelegt. Der sogenannte Dorfer Damm führte sichtlich quer durch die Ach, da die untere Höchsterstraße ganz genau die Fortsetzung der Rohrbachstraße ist. Da die Lustenauer Holzmühle von der Staldenquelle im späteren Emser Ried abgeschnitten wurde, musste Wasser aus Dornbirner Riedquellen zugeleitet werden.[6] Es steht mehrfach zu lesen, dass dieses Wasser aus der Dornbirner Ach abgeleitet wurde. Es ist ja denkbar, dass bei Überschwemmungen Wasser nach Lustenau floss und dass man bei Trockenheit die Ach angezapft hat. Das war aber keine Lösung von Anfang an und auf Dauer. Die Ableitung wäre dann entlang der heutigen Heimgartenstraße erfolgt.[7]



[{Image src='Birkenwiese-HJSportfest-07-1941-Bauamt1939-1942-577-StAD.jpg' class='image_right' caption='Birkenwiese\\© Stadtarchiv Dornbirn' alt='Birkenwiese' width='300' height='219'}]

Auf der rechten Achseite wurde vor etwa 100 Jahren der Fußenauer Kanal gebaut, der vor allem den Fischbach, Steinebach und Stiglbach aufnimmt. Die Schwarzach, in vielen Landkarten als Rickenbach bezeichnet, fließt direkt in die Ach. Das namengebende, bei Trockenheit dunkle Wasser stammt von den Mösern am Bödele und in Alberschwende. Weil das Haselstauder Ried über die Ach reichte, bestand an der Stelle der jetzigen Autobahnbrücke der Haselstauder Steg. Das Vieh wurde an einer noch sichtbaren Stelle durch die Ach getrieben. Die Hofsteigbrücke am unteren Ende des Dornbirner Gemeindegebiets wird in der Umschreibung des Reichshofs Lustenau als Hechenfurt, richtiger wohl als Hochenfurt, bezeichnet.[8] Die jetzige Brücke führte früher über den Rhein bei Schmitter. Die dortigen Fähren und Übergänge wurden bei einer anderen Führung besprochen. Nahe der Hofsteigbrücke mündet der Dornbirner Landgraben in die Ach. Im gleichen Gerinne fließt über etwa 2 km der Vorfluter Rheintalbinnenkanal, volkstümlich als Kobler bezeichnet.


Weil die Ach mitten durch das Ried fließt, soll auch dieses Thema noch behandelt werden. Es ist verständlich, dass das Achwasser in vorgeschichtlicher Zeit seinen Weg planlos gesucht hat. Ein alter Achlauf ist durch das Hatler Feld, die sogenannte „Eich“ und durch die Riedparzelle „Grund“ zu erkennen. Unterhalb des Moosbruggerhofs sind die Flußschleifen mit freiem Auge zu sehen. 


Das herangeführte Geschiebe hat den alten Rhein von der sogenannten Diepoldsauer Kurve gegen
den Mondstein auf Schweizer Seite abgelenkt.[9] Das Ried, also das ganze ebene Gelände unterhalb der öffentlichen Felder, diente ursprünglich als Viehweide. Lange Jahrhunderte galt es als unerschöpflich und niemand hat sich daran gestoßen, wenn die Herden von Lustenau oder Lauterach nahe gegen Dornbirn kamen oder das Dornbirner Vieh weit hinunter. Das Anwachsen der Dörfer machte um 1400 den Boden knapper. Dies zwang zu Grenzbereinigungen in Anwesenheit fremder Schiedsrichter, mit Lustenau 1444, mit Hofsteig 1484 und mit Hohenems unter dem mächtigen Grafen Jakob Hannibal 1568.[10] Zu jener Zeit war es auch notwendig, innerhalb des Gemeindegebiets von Dornbirn den Viehtrieb besser zu regeln.


Jedes Viertel erhielt den angemessenen Riedboden und als Zugang für die Herden wurden sogenannte Dämme oder Tratte angelegt. Damals war aber auch das eigene Ried nicht mehr ausschließlich Viehweide. Fürs erste gab es dort schon im 14. Jh. Mühlen an ergiebigen Riedquellen, die mit konstanterem Wasserdarbieten ohne große Flutgefahr arbeiten konnten. Im Schwefel und in Erlosen unter dem Hatlerdorf finden sich die ersten Aussonderungen vom Riedboden.[11] Die Vermehrung der Bevölkerung, aber auch die klimatisch bedingte Verlagerung des Schwerpunktes auf die Viehwirtschaft zwangen zur intensiveren Nutzung guter Riedböden. Heute fragt man sich, warum man nicht einfach die alten Feldgrenzen gesprengt oder jedem Einheimischen ein Riedmahd zugeteilt hat. Damals war aber der Unterschied zwischen Reich und Arm schon beträchtlich und damit war einer unabsehbaren planlosen Entwicklung Tür und Tor offen, umso mehr als die Erlöse in die Kassen der Viertel flossen und damit wahrscheinlich in die Hände der Bewohner, die das Geld für Steuern und Abgaben, aber auch zum Ankauf von fehlendem Getreide notwendig brauchen konnten. Es ist nicht nachweisbar aber wahrscheinlich, dass die Vergabe von Seimähdern im Ried besonders durch denAnbau der amerikanischen Früchte Kartoffel und Mais ab etwa 1700 stark zugenommen hat.[12]


Die Schwemmböden beidseits der Ach haben sich als Einfang zu Äckern und Heumähdern besonders geeignet. Die einstigen Mähder Forach und Wieden auf der rechten Achseite sind heute schon großteils mit Häusern verbaut. Darunter lag die Au bei der jetzigen Möcklebrücke, der Weiher, wo jetzt der städtische Gutshof Martinsruh steht, dann die Langwies zwischen der Ach und dem Fußenauer Kanal und schließlich der naturgeschützte Schwarze Zagel, der dem Namen nach lang unkultiviert war. Auf der linken Seite kennen wir noch Schoren, Heinzenbeer, Neugrüt, Achmähder, Werben, Klockersmahd, die Metzgere und Mittelbergere, die auf einstigen Bregenzer Besitz schließen lassen. Das wird ja auch vom Möckle vermutet, weil auch die Mock eine reiche Bregenzer Familie war. Es würde viel zu weit führen, wenn wir uns über die Namen der vielen Mähder unterhalten würden, denn im rekonstruierten Plan von 1800 sind es allein 44 einzelne große Flächen, wobei schon früher einige durch Zusammenschluss dem Namen nach untergegangen sein dürften. Am nordwestlichsten Zipfel des Gemeindegebiets gab es das kleine Schweizer- oder Bildstockmahd. Dort stand 1686 noch das „Hämmerlisbild“, einer der ältesten
nachgewiesenen Bildstöcke in Dornbirn.[13]


Als um das Jahr 1800 das gemeinsame Dornbirner Ried ausgeteilt wurde, war das nicht einmal die Hälfte der ursprünglichen Fläche von etwa 25 Quadratkilometern. Feldmesser Kaspar Mäser vom Oberdorf musste alle Rieder in allen Vierteln vermessen und in Gemeindeteile zerlegen, die gleichwertig sein mussten. Am einfachsten war das in den Gleggen, die noch das größte zusammenhängende Ried der ganzen Gemeinde darstellte. Da musste er den Komplex nur in gleichmäßige Gelege abspalten, also in die Gleggen.


Nach dem damaligen lang und klug durchdachten Verteilungsschlüssel erhielten
# ein Ehepaar einen ganzen
# ein Witwer oder eine Witwe einen halben
# ein großjähriger Waise ein Drittel
# ein minderjähriger Waise oder ein großjähriger Halbwaise ein Viertel
# eine minderjährige Waise und ein großjähriges Kind ein Fünftel sowie
# ein minderjähriges Kind ein Sechstel

eines ganzen Gemeindeteils. Da die Teile verkäuflich waren und einer Geld gehabt hat, der andere Schulden, hat es trotz dieses „Geschenks“ in kurzer Zeit mehr Arme und mehr Reiche gegeben.


Vorteilhaft war die bessere Pflege des Bodens in eigener Verantwortung. Auf der anderen Seite musste nun jeder den Viehtrieb selbst besorgen. Auch die Mühlebacher, die ihre Hirtschaft eine zeitlang beibehalten hatten, haben das bald aufgegeben. Noch in den Gemeindeblättern vor 100 Jahren wurden Seimähder neben Gemeindeteilen inseriert. Jetzt berücksichtigt nicht einmal der Flächenwidmungsplan den einstigen Jahrhunderte alten Unterschied.

!Quellen
* [stadtarchiv.dornbirn.at|http://stadtarchiv.dornbirn.at]


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''... mit freundlicher Genehmigung des Stadtarchivs Dornbirn.''
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[1|#1] Josef Anton II., Franz und Lorenz Rhomberg.\\
[2|#2] Felix Nesper, Die Regulierung der Dornbirner-Ache. In: Heimat 7 (1926), Sonderheft Dornbirn, S. 153-157.\\
[3|#3] Franz Kalb, Der Jahrhundertstreit zwischen Lustenau und Höchst. In: Jahrbuch des Vorarlberger Landesmuseumsvereins 1990, S. 117-130.\\
[4|#4] Ludwig Rapp, Topographisch-historische Beschreibung des Generalvikariates Vorarlberg, 4. Bd., Brixen 1902, S.
163.\\
[5|#5] Alois Niederstätter, Beiträge zur Dornbirner Fischereigeschichte. In: Dornbirner Schriften 27 (2000), S. 10 f.\\
[6|#6] Die Ableitung des Ermenbachs über die Seelache ist in die Zeit des Grafen Jakob Hannibal I. (+ 1587) zu datieren, da der Landgraben entlang der neuen Grenze zwischen Dornbirn und Lustenau zum Rhein floss.\\
[7|#7] Hier ist die kleinste Distanz zwischen Schorenquelle und Ach.\\
[8|#8] Hofmark 1510 nach Wartmann. In: Ludwig Welti, Geschichte der Reichsgrafschaft Hohenems, Innsbruck 1930, S.
187 und 319.\\
[9|#9] Anlässlich einer anderen Führung wurden die gut erkenntlichen Mäander besichtigt. Vgl. unveröffentl. Projektarbeit
für die Vorarlberger Naturschau von Thomas Klobassa, Die Altmäander der Dornbirner Ach und der Schwarzach,
Hohenems 1993.\\
[10|#10] Gebhard Fischer, Urkundenauszüge aus dem Dornbirner Archive, Sonderdruck aus 31. Jahresbericht d. k.k. Real- u.
Ober-Gymnasiums in Feldkirch, Innsbruck 1886, Nr. 9, 17, 19 und 42.\\
[11|#11] Franz J. Joller, Urkunden zur Geschichte der Edlen von Embs zu Hohenembs (1315 - 1537), Programm des
kaiserlich-königlichen Gymnasiums in Feldkirch für das Schuljahr 1860, Nr. 21 und Franz Kalb, Die Mühle zur
Erlosen, In: Dornbirner Schriften 7 (1989), S. 41.\\
[12|#12] Aus den Mäser-Plänen von 1800 (Stadtarchiv Dornbirn) ist das Alter der Seimähder nicht zu erkennen. S. auch den
Plan der Riedmähder in Franz Kalb, Die Dornbirner Bezirke. In: Dornbirner Schriften 18 (1995), nach S. 72.\\
[13|#13] Kalb (wie Anm. 12), S. 60-77. Plan von Lustenau des Merkh Khuoen 1686 im Lustenauer Heimatbuch, 1965, vor S.
201.




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