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!!!Glockengießer

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Glocken und ihr Geläute sind seit langem mit dem Alltagsleben der Menschen verbunden: Kirchenglocken riefen zu Gottesdienst und Gebet, verkündeten Hochzeit und Sterben, warnten vor drohendem Unwetter, Feuer, Krieg; auch Rathäuser und Schulen hatten eigene Glocken.

Spezielle Läutordnungen regelten die Klangfolge für die jeweiligen Läutanlässe.


Die meisten Glocken werden - wie es seit dem 12. Jahrhundert üblich ist - aus Glockenbronze (oder ''Glockenspeise'') gegossen. Glockenbronze ist ein Gemisch aus 22% Zinn und 78% Kupfer.


In Österreich ist das Glockengießergewerbe in Tirol seit Mitte des 14. Jahrhunderts nachweisbar. Innsbruck gehörte zu den bedeutendsten Gussstätten Österreichs, aber auch in Brixen und Bozen, Trient und Mühlen im Tauferertal waren über Jahrhunderte Glockengießer ansässig.


Die Herstellung einer Glocke ist noch immer Handarbeit; für den traditionellen Glockenguss sind eine ganze Reihe verschiedener Arbeitsschritte nötig:

* Der Klang der Glocke als Idee wird auf einem Holzbrett, der sogenannte "''Rippe''", konstruiert: der Glockengießer errechnet nach Ton, Durchmesser und Gewicht das Profil der künftigen Glocke und zeichnet es auf ein Buchenbrett, das als Schablone dient. 

* Mit Hilfe dieser Schablone entsteht nun eine dreiteilige Glockenform, bestehend aus ''Kern'', ''falscher Glocke'' und ''Mantel'':
** Der Formenbau beginnt mit dem Aufmauern des Kerns aus Ziegelsteinen, der Schicht für Schicht mit Lehm umkleidet wird.
** Nach dem Trocknen der letzten Schicht der Glockeninnenform (des Kerns) wird diese mit einer Schicht Fett als Trennmittel überzogen und darauf die falsche Glocke, ebenfalls aus mehreren Lehmschichten modelliert. Dieses 1:1 Modell wird wieder mit einer dünnen Trennschicht aus Fett überzogen und Verzierungen, Inschriften und das Gießerzeichen außen auf der (falschen) Glocke mit Wachs aufgebracht.
** Für den ''Mantel'' wird nun wieder feiner Lehm (nach Spezialrezepten aus verschiedenen Lehmmehlen und Zusätzen) in vielen Schichten dünn aufgetragen. Dieser feine Lehm wird mit starken Mantellehmschichten stabilisiert. 

* Nach Wochen der Trocknung kann die so entstandene dreiteilige Form in ihre einzelnen Teile zerlegt werden. Die mittlere Form  - die falsche Glocke – wird entfernt, Kern und Mantel wieder zusammengesetzt. Zwischen ihnen ist der Hohlraum für die Bronzeglocke entstanden.

* Diese hohle Glockenform wird nun in Erde eingegraben und der Glockenguss vorbereitet.

* Der Schmelzofen wird aufgeheizt und mit der ''Glockenspeise'' beschickt. Bei etwa 1100 °C hat die Bronzeschmelze die erforderliche Gusstemperatur und fließt durch zuvor eigens gemauerte Kanäle in die Form, die nur noch 3 Löcher als Öffnungen hat. In der Mitte fließt das Metall hinein, außen (bei den 2 "Windpfeifen") schlagen Flammen heraus. Dort verbrennen die Gase, die während des Glockengusses entstehen, die Luft entweicht aus der Form und die flüssige Bronze kann ungehindert hineinfließen.
 
* Erst Tage später können die nur langsam erkaltenden Formen aus der Erde geborgen, der Mantel abgeschlagen und die fertigen Glocken geprüft werden. Erst jetzt wird deutlich, ob die Glocke den vorher bestimmten Ton auch wirklich wiedergibt.


!Weierführendes
> [Glocke|Wissenssammlungen/ABC_zur_Volkskunde_Österreichs/Glocke] (ABC zur Volkskunde Österreichs)
> [Guss|Thema/Guss] (Thema)
> [Historische Bilder zu Glocken|Bilder_und_Videos/Historische_Bilder_IMAGNO/Glocken] (IMAGNO)

!Quellen
* [Glockengießerei Grassmeyer|http://www.grassmayr.at]

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''__Das Lied von der Glocke__

\\
Fest gemauert in der Erden\\
Steht die Form, aus Lehm gebrannt.\\
Heute muss die Glocke werden!\\
Frisch, Gesellen, seid zur Hand!\\
Von der Stirne heiss\\
Rinnen muss der Schweiss,\\
Soll das Werk den Meister loben;\\
Doch der Segen kommt von oben.\\
\\
Zum Werke, das wir ernst bereiten,\\
Geziemt sich wohl ein ernstes Wort;\\
Wenn gute Reden sie begleiten,\\
Dann fliesst die Arbeit munter fort.\\
So lasst uns jetzt mit Fleiss betrachten,\\
Was durch die schwache Kraft entspringt;\\
Den schlechten Mann muss man verachten,\\
Der nie bedacht, was er vollbringt.\\
Das ists ja, was den Menschen zieret,\\
Und dazu ward ihm der Verstand,\\
Dass er im innern Herzen spüret,\\
Was er erschafft mit seiner Hand.\\
\\
Nehmet Holz vom Fichtenstamme,\\
Doch recht trocken lasst es sein,\\
Dass die eingepresste Flamme\\
Schlage zu dem Schwalch hinein!\\
Kocht des Kupfers Brei,\\
Schnell das Zinn herbei,\\
Dass die zähe Glockenspeise\\
Fliesse nach der rechten Weise!\\
\\
Was in des Dammes tiefer Grube\\
Die Hand mit Feuers Hilfe baut,\\
Hoch auf des Turmes Glockenstube\\
Da wird es von uns zeugen laut.\\
Noch dauern wirds in späten Tagen\\
Und rühren vieler Menschen Ohr\\
Und wird mit dem Betrübten klagen\\
Und stimmen zu der Andacht Chor.\\
Was unten tief dem Erdensohne\\
Das wechselnde Verhängnis bringt,\\
Das schlägt an die metallne Krone,\\
Die es erbaulich weiterklingt.\\
\\
Weisse Blasen seh' ich springen;\\
Wohl! die Massen sind im Fluss.\\
Lasst's mit Aschensalz durchdringen,\\
Das befördert schnell den Guss.\\
Auch von Schaume rein\\
Muss die Mischung sein,\\
Dass vom reinlichen Metalle\\
Rein und voll die Stimme schalle.\\
\\
Denn mit der Freude Feierklange\\
Begrüsst sie das geliebte Kind\\
Aus seines Lebens erstem Gange,\\
Den es in Schlafes Arm beginnt;\\
Ihm ruhen noch im Zeitenschosse\\
Die schwarzen und die heitern Lose;\\
Der Mutterliebe zarte Sorgen\\
Bewachen seinen goldnen Morgen. -\\
Die Jahre fliehen pfeilgeschwind.\\
Vom Mädchen reisst sich stolz der Knabe,\\
Er stürmt ins Leben wild hinaus,\\
Durchmisst die Welt am Wanderstabe.\\
Fremd kehrt er heim ins Vaterhaus.\\
Und herrlich, in der Jugend Prangen,\\
Wie ein Gebild aus Himmelshöhn,\\
Mit züchtigen, verschämten Wangen\\
Sieht er die Jungfau vor sich stehn.\\
Da fasst ein namenloses Sehnen\\
Des Jünglings Herz, er irrt allein,\\
Aus seinen Augen brechen Thränen,\\
Er flieht der Brüder wilden Reihn.\\
Errötend folgt er ihren Spuren\\
Und ist von ihrem Gruss beglückt,\\
Das Schönste sucht er auf den Fluren,\\
Womit er seine Liebe schmückt.\\
O zarte Sehnsucht, süsses hoffen!\\
Der ersten Liebe goldne Zeit!\\
Das Auge sieht den Himmel offen,\\
Es schwelgt das Herz in Seligkeit;\\
O, dass sie ewig grünen bliebe,\\
Die schöne Zeit der jungen Liebe!\\
\\
Wie sich schon die Pfeifen bräunen!\\
Dieses Stäbchen tauch ich ein,\\
Sehn wir's überglast erscheinen,\\
Wird's zum Gusse zeitig sein.\\
Jetzt, Gesellen, frisch!\\
Prüft mir das Gemisch,\\
Ob das Spröde mit dem Weichen\\
Sich vereint zum guten Zeichen.\\
\\
Denn wo das Strenge mit dem Zarten,\\
Wo Starkes sich und Mildes paarten,\\
Da gibt es einen guten Klang.\\
Drum prüfe, wer sich ewig bindet,\\
Ob sich das Herz zum Herzen findet! \\
Der Wahn ist kurz, die Reu' ist lang.\\
Lieblich in der Bräute Locken\\
Spielt der jungfräuliche Kranz,\\
Wenn die hellen Kirchenglocken\\
Laden zu des Festes Glanz.\\
Ach! des Lebens schönste Feier\\
Endigt auch den Lebensmai,\\
Mit dem Gürtel, mit dem Schleier\\
Reisst der schöne Wahn entzwei.\\
Die Leidenschaft flieht!\\
Die Liebe muss bleiben;\\
Die Blume verblüht,\\
Die Frucht muss treiben.\\
Der Mann muss hinaus\\
Ins feindliche Leben,\\
Muss wirken und streben\\
Und pflanzen und schaffen,\\
Erlisten, erraffen,\\
Muss wetten und wagen,\\
Das Glück zu erjagen.\\
Da strömet herbei die unendliche Gabe,\\
Es füllt sich der Speicher mit köstlicher Habe,\\
Die Räume wachsen, es dehnt sich das Haus.\\
Und drinnen waltet\\
Die züchtige Hausfrau,\\
Die Mutter der Kinder,\\
Und herrschet weise\\
Im häuslichen Kreise,\\
Und lehret die Mädchen\\
Und wehret den Knaben,\\
Und reget ohn' Ende\\
Die fleissigen Hände,\\
Und mehrt den Gewinn\\
Mit ordnendem Sinn,\\
Und füllet mit Schätzen die duftenden Laden,\\
Und dreht um die schnurrende Spindel den Faden,\\
Und sammelt im reinlich geglätteten Schrein\\
Die schimmernde Wolle, den scheeichten Lein,\\
Und füget zum Guten den Glanz und den Schimmer,\\
Und ruhet nimmer.\\
\\
Und der Vater mit frohem Blick,\\
Von des Hauses weitschauendem Giebel\\
Ueberzählet sein blühend Glück,\\
Siehet der Pfosten ragende Bäume\\
Und der Scheunen gefüllte Räume\\
Und die Speicher, vom Segen gebogen,\\
Und des Kornes bewegte Wogen,\\
Rühmt sich mit stolzem Mund:\\
Fest, wie der Erde Grund,\\
Gegen des Unglücks Macht\\
Steht mir des Hauses Pracht!\\
Doch mit des Geschickes Mächten\\
Ist kein ew'ger Bund zu flechten,\\
Und das Unglück schreitet schnell.\\
\\
Wohl! Nun kann der Guss beginnen,\\
Schön gezacket ist der Bruch;\\
Doch, bevor wirs lassen rinnen,\\
Betet einen frommen Spruch!\\
Stosst den Zapfen aus!\\
Gott bewahr' das Haus!\\
Rauchend in des Henkels Bogen\\
Schiesst's mit feuerbraunen Wogen.\\
\\
Wohltätig ist des Feuers Macht\\
Wenn sie der Mensch bezähmt, bewacht,\\
Und was er bildet, was er schafft,\\
Das dankt er dieser Himmelskraft;\\
Wenn sie der Fessel sich entrafft,\\
Einhertritt auf der eignen Spur,\\
Die freie Tochter der Natur.\\
Wehe, wenn sie losgelassen,\\
Wachsend ohne Widerstand,\\
Durch die volkbelebten Gassen\\
Wälzt den ungeheuren Brand!\\
Denn die Elemente hassen\\
Das Gebild der Menschenhand.\\
Aus der Wolke\\
Quillt der Segen,\\
Strömt der Regen;\\
Aus der Wolke, ohne Wahl,\\
Zuckt der Strahl.\\
Hört ihr's wimmern hoch vom Turm?\\
Das ist Sturm!\\
Rot wie Blut\\
Ist der Himmel;\\
Das ist nicht des Tages Glut!\\
Welch Getümmel\\
Strassen auf!\\
Dampf wallt auf!\\
Flackernd steigt die Feuersäule,\\
Durch der Strasse lange Zeile\\
Wächst es fort mit Windeseile;\\
Kochend, wie aus Ofens Rachen,\\
Glühn die Lüfte, Balken krachen,\\
Pfosten stürzen, Fenster klirren,\\
Kinder jammern, Mütter irren,\\
Tiere wimmern\\
Unter Trümmern;\\
Alles rennet, rettet, flüchtet,\\
Taghell ist die Nacht gelichtet;\\
Durch der Hände lange Kette\\
Um die Wette\\
Fliegt der Eimer; hoch im Bogen\\
Spritzen Quellen, Wasserwogen.\\
Heulend kommt der Sturm geflogen,\\
Der die Flamme brausend sucht.\\
Prasselnd in die dürre Frucht\\
Fällt sie, in des Speichers Räume,\\
In der Sparren dürre Bäume,\\
Und als wollte sie im Wehen\\
Mit sich fort der Erde Wucht\\
Reissen, in gewalt'ger Flucht,\\
Wächst sie in des Himmels Höhen\\
Riesengross!\\
Hoffnungslos\\
Weicht der Mensch der Götterstärke,\\
Müssig sieht er seine Werke\\
Und bewundernd untergehn.\\
\\
Leergebrannt\\
Ist die Stätte,\\
Wilder Stürme rauhes Bette.\\
In den öden Fensterhöhlen\\
Wohnt des Grauen,\\
Und des Himmels Wolken schauen\\
Hoch hinein.\\
\\
Einen Blick\\
Nach dem Grabe\\
Seiner Habe\\
Sendet noch der Mensch zurück -\\
Greift fröhlich dann zum Wanderstabe.\\
Was Feuers Wut ihm auch geraubt,\\
Ein süsser Trost ist ihm geblieben:\\
Er zählt die Häupter seiner Lieben,\\
Und sieh! ihm fehlt kein teures Haupt.\\
\\
In die Erd is'ts aufgenommen,\\
Glücklich ist die Form gefüllt;\\
Wird's auch schön zutage kommen,\\
Dass es Fleiss und Kunst vergilt?\\
Wenn der Guss misslang?\\
Wenn die Form zersprang?\\
Ach, vielleicht, indem wir hoffen,\\
Hat uns Unheil schon getroffen.\\
\\
Dem dunkeln Schoss der heil'gen Erde\\
Vertrauen wir der Hände That,\\
Vertraut der Sämann seine Saat\\
Und hoffe, dass sie entkeimen werde,\\
Zum Segen nach des Himmels Rat.\\
Noch köstlicheren Samen bergen\\
Wir trauernd in der Erde Schoss\\
Und hoffen, dass er aus den Särgen\\
Erblühen soll zu schönerm Los.\\
\\
Von dem Dome,\\
Schwer und bang,\\
Tönt die Glocke\\
Grabgesang.\\
Ernst begleiten ihre Trauerschläge\\
Einen Wandrer auf dem letzten Wege.\\
\\
Ach! die Gattin ist's, die teure,\\
Ach! es ist die treue Mutter,\\
Die der schwarze Fürst der Schatten\\
Wegführt aus dem Arm des Gatten,\\
Aus der zarten Kinderschar,\\
Die sie blühend ihm gebar,\\
Die sie an der treuen Brust\\
Wachsen sah mit Mutterlust -\\
Ach! des Hauses zarte Bande\\
Sind gelöst auf immerdar;\\
Denn sie wohnt im Schattenlande,\\
Die des Hauses Mutter war;\\
Denn es fehlt ihr treues Walten,\\
Ihre Sorge wacht nicht mehr;\\
An verwaister Stätte schalten\\
Wird die Fremde, liebeleer.\\
\\
Bis die Glocke sich verkühlet,\\
Lasst die strenge Arbeit ruhn,\\
Wie im Laub der Vogel spielet,\\
Mag sich jeder gütlich thun.\\
Winkt der Sterne Licht,\\
Ledig aller Pflicht\\
Hört der Pursch die Vesper schlagen;\\
Meister muss sich immer plagen.\\
\\
Munter fördert seine Schritte\\
Fern im wilden Forst der Wandrer\\
Nach der lieben Heimathütte.\\
Blökend ziehen heim die Schafe,\\
Und der Rinder\\
Breitgestirnte, glatte Scharen\\
Kommen brüllend,\\
Die gewohnten Ställe füllend.\\
Schwer herein\\
Schwankt der Wagen,\\
Kornbeladen;\\
Bunt von Farben,\\
Auf den Garben\\
Liegt der Kranz,\\
Und das junge Volk der Schnitter\\
Fliegt zum Tanz.\\
Markt und Strasse werden stiller;\\
Um des Lichts gesell'ge Flamme\\
Sammeln sich die Hausbewohner,\\
Und das Stadtthor schliesst sich knarrend.\\
Schwarz bedecket\\
Sich die Erde;\\
Doch den sichern Bürger schrecket\\
Nicht die Nacht,\\
Die den Bösen grässlich wecket,\\
Denn das Auge des Gesetzes wacht.\\
\\
Heil'ge Ordnung, segenreiche\\
Himmelstochter, die das Gleiche\\
Frei und leicht und freudig bindet,\\
Die der Städte Bau gegründet,\\
Die herein von den Gefilden\\
Rief den ungesell'gen Wilden,\\
Eintrat in der Menschen Hütten,\\
Sie gewöhnt zu sanften Sitten\\
Und das teuerste der Bande\\
Wob, den Trieb zum Vaterlande!\\
\\
Tausend fleiss'ge Hände regen,\\
Helfen sich in munterm Bund,\\
Und in feurigem Bewegen\\
Werden alle Kräfte kund.\\
Meister rührt sich und Geselle\\
In der Freiheit heil'gem Schutz.\\
Jeder freut sich seiner Stelle,\\
Bietet dem Verächter Trutz.\\
Arbeit ist des Bürgers Zierde,\\
Segen ist der Mühe Preis,\\
Ehrt den König seine Würde,\\
Ehret u n s der Hände Fleiss.\\
\\
Holder Friede,\\
Süsse Eintracht,\\
Weilet, weilet\\
Freundlich über dieser Stadt!\\
Möge nie der Tag erscheinen,\\
Wo des rauhen Krieges Horden\\
Dieses stille Thal durchtoben,\\
Wo der Himmel,\\
Den des Abends sanfte Röte\\
Lieblich malt,\\
Von der Dörfer, von der Städte\\
Wildem Brande schrecklich strahlt!\\
\\
Nun zerbrecht mir das Gebäude,\\
Seine Absicht hat's erfüllt,\\
Dass sich Herz und Auge weide\\
An dem wohlgelungnen Bild.\\
Schwingt den Hammer, schwingt,\\
Bis der Mantel springt!\\
Wenn die Glock' soll auferstehen,\\
Muss die Form in Stücken gehen.\\
\\
Der Meister kann die Form zerbrechen\\
Mit weiser Hand, zur rechten Zeit;\\
Doch wehe, wenn in Flammenbächen\\
Das glühnde Erz sich selbst befreit!\\
Blindwütend, mit des Donners Krachen,\\
Zersprengt es das geborstne Haus,\\
Und wie aus offnem Höllenrachen\\
Speit es Verderben zündend aus.\\
Wo rohe Kräfte sinnlos walten,\\
Da kann sich kein Gebild gestalten;\\
Wenn sich die Völker selbst befrein,\\
Da kann die Wohlfahrt nicht gedeihn.\\
\\
Weh, wenn sich in dem Schoss der Städte\\
Der Feuerzunder still gehäuft,\\
Das Volk, zerreissend seine Kette,\\
Zur Eigenhilfe schrecklich greift!\\
Da zerret an der Glocke Strängen\\
Der Aufruhr, dass sie heulend schallt\\
Und, nur geweiht zu Friedensklängen,\\
Die Losung anstimmt zur Gewalt.\\
\\
Freiheit und Gleichheit! hört man schallen;\\
Der ruh'ge Bürger greift zur Wehr,\\
Die Strassen füllen sich, die Hallen,\\
Und Würgerbanden ziehn umher,\\
Da werden Weiber zu Hyänen\\
Und treiben mit Entsetzen Scherz;\\
Noch zuckend, mit des Panthers Zähnen,\\
Zerreissen sie des Feindes Herz.\\
Nichts Heiliges ist mehr, es lösen\\
Sich alle Bande frommer Scheu;\\
Der Gute räumt den Platz dem Bösen,\\
Und alle Laster walten frei.\\
Gefährlich ist's, den Leu zu wecken,\\
Verderblich ist des Tigers Zahn;\\
Jedoch der schrecklichste der Schrecken,\\
Das ist der Mensch in seinem Wahn.\\
Weh denen, die dem Ewigblinden\\
Des Lichtes Himmelsfackel leihn!\\
Sie strahlt ihm nicht, sie kann nur zünden\\
Und äschert Städt' und Länder ein.\\
\\
Freude hat mir Gott gegeben!\\
Sehet! wie ein goldner Stern\\
Aus der Hülse, blank und eben,\\
Schält sich der metallne Kern.\\
Von dem Helm zum Kranz\\
Spielt's wie Sonnenglanz.\\
Auch des Wappens nette Schilder\\
Loben den erfahrnen Bilder.\\
\\
Herein! herein!\\
Gesellen alle, schliesst den Reihen,\\
Dass wir die Glocke taufend weihen!\\
C o n c o r d i a soll ihr Name sein.\\
Zur Eintracht, zu herzinnigem Vereine\\
Versammle sie die liebende Gemeine.\\
\\
Und dies sei fortan ihr Beruf,\\
Wozu der Meister sie erschuf:\\
Hoch überm niedern Erdenleben\\
Soll sie in blauem Himmelszelt,\\
Die Nachbarin des Donners, schweben\\
Und grenzen an die Sternenwelt,\\
Soll eine Stimme sein von oben,\\
Wie der Gestirne helle Schar,\\
Die ihren Schöpfer wandelnd loben\\
Und führen das bekränzte Jahr.\\
Nur ewigen und ernsten Dingen\\
Sei ihr metallner Mund geweiht,\\
Und stündlich mit den schnellen Schwingen\\
Berühr' im Fluge sie die Zeit.\\
Dem Schicksal leihe sie die Zunge;\\
S e l b s t herzlos, ohne Mitgefühl,\\
Begleite sie mit ihrem Schwunge\\
Des Lebens wechselvolles Spiel.\\
Und wie der Klang im Ohr vergehet,\\
Der mächtig tönend ihr entschallt,\\
So lehre sie, dass nichts bestehet,\\
Das alles Irdische verhallt.\\
\\
Jetzo mit der Kraft des Stranges\\
Wiegt die Glock' mir aus der Gruft,\\
Dass sie in das Reich des Klanges\\
Steige, in die Himmelsluft!\\
Ziehet, ziehet, hebt!\\
Sie bewegt sich, schwebt!\\
Freude dieser Stadt bedeute,\\
F r i e d e sei ihr erst Geläute.\\
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(Friedrich Schiller 1759-1805) ''
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Redaktion: I. Schinnerl
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