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Das Wiener Looshaus #

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Looshaus am Michaelerplatz
Looshaus am Michaelerplatz
© P. Diem

Das Looshaus am Michaelerplatz Wien, Michaelerplatz nimmt in der Architekturgeschichte Wiens einen besonderen Platz ein. Als das Haus errichtet wurde (1909 bis 1911), brach sogleich ein Sturm der Entrüstung über das schmuck- und ornamentlos geplante Gebäude herein, der sogar zu einem vorübergehenden Baustopp führte.

Die Firma Goldmann und Salatsch als Bauherr hatte dem Architekten Adolf Loos freie Hand bei der Gestaltung des neuen Firmensitzes gewährt und der hatte im bewussten Gegensatz zu den überladenen Fassaden des Historismus einen besonders schlichten Baustil gewählt. Lediglich in der Sockelzone sollte durch kostbare Marmorverkleidungen ein vornehmer Eindruck vermittelt werden. Dem Geschäftsbereich ist ein Säulengang mit toskanischen Säulen vorgebaut - vielleicht als Anspielung auf den Portikus der gegenüberliegenden Michaelerkirche.

Das Schneider- und Handelsunternehmen Goldmann & Salatsch war 1879 gegründet worden und befand sich zunächst im 1. Wiener Bezirk am Graben Nr. 20. Es erzeugte mit ca. 100 Bediensteten Herrenkleider, Wäsche und Modewaren in gediegener Qualität. Durch die elegante und aparte Ausführung seiner Kleidungsstücke, die den modischen Zeitgeschmack traf, erlebte das Unternehmen einen großen Aufschwung und exportierte alsbald nicht nur ins übrige Europa, sondern auch nach Übersee.

Der gute Ruf der Firma, der durch internationale Auszeichnungen noch gesteigert wurde, zählte nicht nur den kaiserlichen Hof in Wien zu seinem Kundenkreis, sondern machte auch andere hochstehende Persönlichkeiten auf sich aufmerksam. Seit 1899 besaß die Firma den Titel eines k.u.k. Hofschneiders, der 1909 erneuert und um die Führung des kaiserlichen Wappens erweitert wurde. Der Jahresumsatz von einigen 100.000 Kronen und der geschäftliche Erfolg bewogen das florierende Unternehmen schließlich, an weitere Expansion zu denken und einen neuen, repräsentativen Firmensitz in Wien zu errichten.

In exponierter Lage, vis-a-vis ihres Hauptkunden - dem Kaiser -, bezog das Unternehmen 1911 sein neues Geschäftshaus. Ob die Diskussionen über den Neubau sich eher geschäftsschädigend auf die betuchte Kundschaft auswirkten, oder vielleicht insgeheim, heute würde man wohl sagen, eine gelungene Marketingstrategie der Unternehmer darstellten, um neue Käuferschichten anzulocken, müsste wohl noch eingehender untersucht werden.

Jedenfalls sind an der Fassade trotz aller Bescheidenheit doch Verzierungen angebracht worden, Wappen und Embleme, die mit dem Unternehmen in engem Zusammenhang stehen. Nicht hoch oben als Bekrönung der Fassade, wie es bei den historistischen Bauten üblich ist, sondern in dezenter gleichförmiger Ausführung als Bronzeguss-Applikationen in der Sockelzone und in konzentrierter Form rund um das Eingangsportal. Die Auswahl der Wappen bezieht sich auf die Hauptkunden der Firma, die beträchtlich zum Umsatz beigetragen haben: das Unternehmen war königlich bayerischer Hoflieferant, Kammerlieferant des Erzherzogs Joseph, Lieferant der k.u.k. Marine und des Yachtgeschwaders und des österreichischen Automobilklubs.

1947 wurde das Haus unter Denkmalschutz gestellt. In den 1960er Jahren befand sich ein Möbelhaus im Hauptgeschäft des Gebäudes. 1987 kaufte die Raiffeisenbank Wien das Gebäude und renovierte es grundlegend.

Genealogisches Wappen
Genealogisches Wappen
© P. Diem

Wappen der Erzherzoge und Erzherzoginnen
Erzherzögliches Wappen
© P. Diem

Wappen des Königreiches Bayern
Königreich Bayern
© P. Diem

Automobilklub
Automobilclub
© P. Diem

'k.u.k. Yachtgeschwader'
Yachtklub
© P. Diem
Genealogisches Wappen des Hauses HabsburgDer bekrönte Doppeladler mit überhöhter Kaiserkrone und Zepter und Schwert im heraldisch rechten und dem Reichsapfel im linken Fang ist mit dem von Habsburg-Österreich-Lothringen gespaltenen Herzschild belegt. Um den Schild sind die Kollanen des St. Stephans-Ordens, Eiserner Kronen-Ordens, Leopold-Ordens, Maria Theresien-Ordens und des Ordens vom Goldenen Vlies gehängt.
Wappen der österreichischen Erzherzoge und Erzherzoginnen (seit 1896)Der gevierte Schild ist mit einem von Habsburg-Österreich-Lothringen gespaltenen Herzschild (sog. genealogisches Wappen) belegt. Der Hauptschild zeigt die Wappen von Ungarn, Böhmen, Galizien und Lodomerien und das Alt-Österreichische Wappen (heute Niederösterreich). Um den Schild hängt die Kollane des Ordens vom Goldenen Vlies. Das Ganze ist unter ein mit Hermelin gefüttertes Wappenzelt gestellt und oben mit einer Königskrone (Erzherzogskrone) bekrönt.
Wappen des Königreichs Bayern:Der gevierte Schild ist mit einem von Silber und Blau schrägrechts geweckten Herzschild belegt (Wappen von Alt-Bayern). Der Hauptschild ist geviert: In 1 in Schwarz ein rot gekrönter und bewehrter, goldener, doppelschwänziger Löwe (Wappen der Pfalzgrafschaft am Rhein). In 2 von Rot über Silber durch drei Spitzen geteilt (Herzogtum Franken), in 3 von Silber und Rot sechsfach schräglinks gestreift und mit einem goldenen Pfahl belegt (Markgrafschaft Burgau = Bayerisch Schwaben), in 4 in Silber ein goldgekrönter blauer Löwe (Grafschaft Veldenz – Rheinpfalz). Der Schild wird von zwei gekrönten rücksehenden Löwen mit Doppelschwanz, auf Arabesken stehend, gehalten und ist mit der bayerischen Königskrone gekrönt. Um den Schild hängen die Ordenskollanen des Haus-Ritter-Ordens vom heiligen Hubertus, des militärischen Haus-Ritter-Ordens vom Heiligen Georg und des militärischen Max Joseph-Ordens. Das Ganze ist unter einen mit Hermelin gefütterten Baldachin gestellt, der oben mit der bayerischen Königskrone bekrönt wird.
Lieferant des österreichischen AutomobilklubsGeflügelte Räder, aus denen Blitze zucken, wurden schon seit dem 19. Jh. als Symbol für die Eisenbahn verwendet. Die geflügelten Räder stehen für Hermes, den Götterboten aus der griechischen und Merkur aus der römischen Mythologie. Sie symbolisieren Verkehr, Kommunikation, Warenaustausch und Handel schlechthin. Zu Ende des 19. Jh. zeichnete sich ab, dass die Epoche der von Pferden gezogenen Kutschen allmählich zu Ende gehen würde. Die Frage, welches der neuen Antriebsmittel – Dampf-, Elektro- oder Benzinantrieb – sich durchsetzen würde, war noch nicht ganz entschieden. In Österreich und Deutschland waren motorbetriebene Kraftfahrzeuge noch absolute Rarität. Sie waren auch extrem teuer, weshalb nur Adel und Großbürgertum derartige Fahrzeuge anschaffen konnten. Das Symbol des geflügelten Rades, aus dem die Blitze zucken, war auch für den 1898 neugegründeten österreichischen Automobilklub das klassische Vereinsabzeichen für Mobilität.
Lieferant der k. u. k. Marine und des YachtgeschwadersIn der zweiten Hälfte des 19. Jh. waren nach dem Vorbild westeuropäischer und skandinavischer Yachtclubs auch in der österreichischen Monarchie derartige Vereine entstanden. Ähnlich wie in Deutschland ging die Initiative dazu von aktiven Offizieren der k.u.k. Kriegsmarine aus. Sie vertraten die Auffassung, dass der Segelsport als eigentliche Schule der Seemannschaft zu betrachten sei und suchten nach Möglichkeiten zu einer seglerischen Betätigung in ihrer Freizeit. 1890 war es dann so weit und der Yachtklub mit dem Titel "k.u.k. Yachtgeschwader" konnte in Pola, dem Haupthafen der österreichisch-ungarischen Kriegsmarine, ins Leben treten. In seinen Uniformen und Emblemen war der Anker mit Ring und Tau überhöht von der österreichischen Kaiserkrone das zentrale Symbol. '

Umfangreiche Bild und Textdokumentation zu Adlof Loos im Bildband "Wien 1900" vom Brandstätter-Verlag als Teil eines Web-Books hier#

Quellen#


Redaktion: P. Diem, I. Schinnerl