Wir freuen uns über jede Rückmeldung. Ihre Botschaft geht vollkommen anonym nur an das Administrator Team. Danke fürs Mitmachen, das zur Verbesserung des Systems oder der Inhalte beitragen kann. ACHTUNG: Wir können an Sie nur eine Antwort senden, wenn Sie ihre Mail Adresse mitschicken, die wir sonst nicht kennen!
unbekannter Gast

Die Plätten gehören zu den Salzkammergut-Seen...#

...wie die Gondeln zu Venedig

Logo ServusTV
"Heimatlexikon - Unser Österreich"
Ein Projekt von ServusTV in Zusammenarbeit mit dem Austria-Forum

Plätte
Die Plätte - harmonisches Bindeglied der Menschen des Salzkammerguts mit ihren Seen.
© Hilde und Willi Senft

... könnte man sagen. Tatsächlich haben beide eines gemeinsam: Sie werden im Stehen gerudert und gleichzeitig gekonnt gesteuert. Der Unterschied besteht nur darin, daß der Steuermann der Plätte seinen Platz auf der Backbordseite (links) hat, während der Gondoliere von der Steuerbordseite aus rudert.

Das Rudern einer Plätte mittels der charakteristischen Stoß- und Drehbewegung ist übrigens ein unvergleichlich harmonischer, alle Körpermuskeln einbeziehender Kraftakt, der einen ästhetischen Anblick vermittelt.

Der Vorläufer der Plätte auf den Salzkammergut-Seen war der Einbaum, ein aus einem einzigen mächtigen Stamm herausgearbeitetes Boot, das aber ebenfalls schon die Form der heutigen Plätte hatte. Es wies einen flachen (= „platten") Boden auf und war mit hochgezogenem Bug und Heck ausgestattet. Bis vor etwa einhundert Jahren beherrschte der Einbaum das Bild der Seen.

Die allmählich überall Einzug haltenden mechanischen Möglichkeiten der Holzbearbeitung verdrängten aber um die Jahrhundertwende die äußerst mühsame Arbeit des händischen Aushackens eines Einbaums, und es werden seit damals nur mehr Plätten gebaut. Wie der Einbaum ist auch die Plätte ein Zweckfahrzeug, das heute zwar nur noch zum Fischen und zu Vergnügungsfahrten herangezogen wird, bis vor Jahrzehnten aber auch vor allem zum Transport von Heu, Brennholz, Salz usw. diente. Der lange Rumpf und die flache Bauweise verleihen den Plätten eine stabile und ruhige Lage auf dem Wasser, und die nach vorne aufgebogene Kante ("Gransel" oder "Gansing") erlaubt ein Auffahren auf flache Uferbereiche. Bei starkem Wellengang allerdings haben die Plätten auf den Seen nichts verloren, da die Wellen nicht, wie bei Kielbooten geschnitten werden können.

Lassen wir einen der wenigen Plättenbauer des Salzkammerguts, Herrn Josef Amon, Tischlermeister in Gaiswinkel/Grundlsee, erzählen, wie eine Plätte heute gebaut wird: „Der wichtigste Rohstoff ist wintergeschlägertes, wenigstens drei Jahre sorgfältig luftgetrocknetes Fichtenholz. Auch Lärchenholz wird verwendet, aber die Lärche hat ein höheres Eigengewicht, sinkt tiefer ins Wasser ein und neigt eher zu Rissbildungen; allerdings ist die Haltbarkeit von Lärchen-Plätten bei bester Pflege etwas größer. Aber auch Fichten-Plätten können bei guter Pflege ein Boots-Leben von zwanzig bis dreißig Jahren erreichen. Fichtenholz lässt sich leicht bearbeiten, und vor allem der 'Kranzling' (am Grundlsee 'Gransing'), der Bug, lässt sich leichter als bei der Lärche die notwendigen 80 Zentimeter nach oben biegen, auch der Heckteil, die sogenannte ,Steuer', ist aufgebogen, aber nur 30 Zentimeter.

Der Boden besteht aus drei Brettern von rund 9 Metern Länge und 25 bis 35 Millimetern Stärke. Die Breite einer Plätte beträgt etwa 95 Zentimeter, die Bordwandhöhe 40 Zentimeter. Seitenbretter mit Scheuerleisten verhindern Beschädigungen beim Anstreifen an Felsen. Die erforderliche Stabilität erhält die Plätte durch die ,Kipfen', wie die Spanten genannt werden. Sie sind grundsätzlich aus Lärchenholz gefertigt und mit Stahlblechwinkeln verschraubt. Alle 90 Zentimeter wird ein Kipfenpaar eingesetzt.

Früher einmal bestanden die Kipfen aus entsprechend geformten Wurzelteilen, und es gab eigene ,Kipfengraber'. Sie wurden von den Waldbesitzern als ‚arge Schädlinge des Waldes' bezeichnet, da die Bäume durch die Wurzelentnahme großen Schaden erlitten. Die Ruderstange wird aus Buchenholz, das Ruderblatt aus Kirschenholz gefertigt.

Abgedichtet werden die Bodenbretter auf Wunsch auch heute noch durch ein ganz spezielles Moos, das „Mias" (Rhytiadelphus triquetrus), welches sich auf wasserüberronnenen Felsen findet. Es wird zu einem Strick gedreht und zwischen einer Dreikant- und einer Rundleiste in die Fugen eingebracht. Die modernere Art ist allerdings das Abdichten mit Silikon, das kaum zum Austrocknen neigt und auch hervorragend hält. Ein weiterer uriger Werkstoff sind die Schlingen zur Ruderhaltung, die ,Rein'. Sie wurden früher aus der ,Rein-Staude', dem Wolligen Schneeball (Viburnum lantana), einem elastischen Holz, hergestellt, das eine Art Eigenschmierung hatte, wie die Leute sagten. Heute übernehmen meist ein Seil oder Textilband diese Aufgabe. Sitzbretter werden nach Bedarf eingelegt, sie werden ,Reitbänke' genannt. Am Heck ist es die ,Steuer-Reitbank' und vorne die ,Zieler-Reitbank'; auf letzterer sitzt - wenn es notwendig erscheint - ein zweiter Ruderer, der ,Zieler', der zur Verstärkung der Ruderleistung beiträgt. Für die Passagiere werden manchmal auch Längsbänke mit Lehnen eingesetzt."

Im Winter werden die Plätten im Bootshaus oberhalb des Wasserspiegels aufbewahrt, damit das „Mias" wieder trocknen kann. Im Sommer sollte der Plättenboden im Wasser verbleiben, aber während der Stehzeiten von oben Schatten haben, damit sich im Holz keine Risse bilden.

Wir können uns glücklich schätzen, dass nicht Rennboote oder gar grässlich lärmende Scooter auf den Gewässern des Salzkammerguts ihr Unwesen treiben, sondern vor allem die still über das Wasser gleitenden Plätten. Aus heimischem Holz nach uralter Erfahrung gebaut und mit den charakteristischen Bewegungen gerudert, sind sie ein harmonisches Bindeglied der hier lebenden Menschen mit ihren Seen.

Quellen#

  • Hilde und Willi Senft: Geheimnisvolles Salzkammergut. Magisches, Besonderes, Kurioses und Unbekanntes. Leopold Stocker Verlag, Graz 2002; 2. Auflage 2003.


Redaktion: Hilde und Willi Senft