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!!!Schiffleute

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[{Image src='schiffleute01.jpg' class='image_left' caption='Matrosen und Kutscher auf einem Boot an der Donau. 1804–1812. Kolorierter Kupferstich von Benedikt Piringer nach Zeichnung von Georg Emanuel Opitz. Wien, bey Joseph Eder. Aus: »Wiener Szenen und Volksbeschäftigungen«\\© Brandstätter Verlag' alt='Matrosen und Kutscher - 1804-1812' height='250' width='200'}]


Schiffleute war die allgemeine Bezeichnung für jene Personen, die in den vielfältigsten Professionen in der Flussschiffahrt auf der Donau und ihren Nebenflüssen tätig waren. Der große Aufschwung, den die Handelsschiffahrt im 13. Jahrhundert nahm, förderte die Ausbildung eines eigenen Schifferberufes, der nach Art der Tätigkeit und der Rangordnung aufgespalten war. Jeder Mann auf dem Schiff hatte seine bestimmte Aufgabe, die er nur erfüllen konnte und durfte, wenn er sie erlernt hatte. Die älteste Bezeichnung für einen Schiffmann war Ferg (der verge des Nibelungenliedes, der ferig der Passauer Mautbücher um 1400) oder Förg, später nannte man ihn Schefmann, Schefknecht und Schiffknecht.


Der Führer eines stromabwärts (nauwärts) fahrenden Schiffes hieß im allgemeinen Nauförg, Naufahrer oder Nauführer. Der zweite Mann war der Steurer, gewöhnlich Stoirer genannt, der an der Stoir, dem Heck des Schiffes, stand und für die Steuerung verantwortlich war. Die Schiffstype und die Eigenart des Flusses bestimmten die weitere Schiffsbesatzung, die zum Beispiel auf der Strecke Hallstatt – Gmunden noch aus dem Fahrer, den zwei Mehringern, zwei Knechten und drei Mietknechten bestand.

Die Fahrt gegen den Strom (Gegenzüge) unterschied sich ganz wesentlich von der Naufahrt; sie war mühseliger und zeitraubender, aber auch gefährlicher und erforderte viel mehr Personal. Gewöhnlich bestand ein Schiffzug aus drei beladenen Schiffen, die der Reihe nach als Hohenau, Nebenbei und Schwemmer bezeichnet wurden. Alle drei Schiffe waren äußerst robuste Zillen, die Hohenau von der Bauart stets ein Kehlheimer, die anderen beiden waren Gamsen, die den Kehlheimern ähnlich, aber etwas kleiner waren. Dazu kamen noch einige Nebenschiffe: der Seilmutzen, der zur Manipulation des Zugseiles (Buesens) diente und an der Hohenau angehängt war; die Einstellplätten (meist drei), mit denen die Pferde an den Ausgangspunkt der Reise und während des Zuges von einem Ufer an das andere geführt wurden; eine Futterplätte, die ebenfalls an der Hohenau angehängt war, und drei Waidzillen für den Verkehr mit dem Land und für Rettungszwecke, die an einem der anderen Hauptschiffe festgemacht waren. Der ganze Schiffzug wurde von dreißig, vierzig und mehr kräftigen und großen Pferden (»Hochenauer Rosse«), die von Schiffreitern geritten wurden, vom Ufer aus gezogen. Für eine Reise von Pest (Budapest) nach Regensburg benötigte man unter günstigen Bedingungen zwölf bis vierzehn Wochen, von Wien nach Linz im Sommer vierzehn Tage, von Linz nach Passau im Spätherbst sechs, sieben und acht Tage.


[{Image src='schiffleute02.jpg' class='image_right' caption='Schiffleute an der Donau in Niederösterreich. Um 1910. Handkoloriertes Glasdiapositiv\\© Brandstätter Verlag' width='300' alt='Schiffleute um 1910' height='219'}]

Auf der Hohenau, dem ersten Hauptschiff, befanden sich der Sößstaller, er war der Kommandant, der Seilträger, der die Aufsicht über das Seilzeug hatte, der Bruckknecht, als Gehilfe des Seilträgers, der Stoirer oder Steuermann, sein Helfer, Hilfsruderer genannt, der Reserveschiffmann und der Koch. Den Nebenbei, der »an der Stoir der Hohenau gehalten« wurde, bedienten der Nebenbeifahrer als Steuermann, sein Helfer, der Nebenbei- Hilfsruderer, und der Bock, der mit Bremse und Hängseil die Steuerung des dritten Hauptschiffs, des Schwemmers, zu regeln hatte. Auf der Nebenbei saß noch der Schiffsschreiber als Vertreter des Schiffmeisters (der als Frächter oder Speditor das Recht hatte, Waren gegen Lohn zu transportieren). Der Schiffsschreiber übte die Kontrolle in allen wirtschaftlichen Belangen aus, führte die Kasse und besorgte die Einkäufe. Die Mannschaft des Schwemmers bestand aus dem Schwemmerferg, dem Schwemmersteurer und dem
Schwemmerhilfsruderer. Die im Rang gleich hinter dem Sößstaller kommenden Seilträger, Bruckknechte, Hohenaustoirer
und Schwemmerfergen hießen Mehringer. Die Nebenschiffe wurden von Zillenführern gerudert und gesteuert. In den Anfängen
der Flussschiffahrt gegen den Strom wurden die Schiffe von Menschen gezogen; aber nicht nur damals: Unter Kaiser Josef II.
wurden zum Tode verurteilte Verbrecher zum Schiffziehen »begnadigt«, eine äußerst grausame Strafe, die selbst die kräftigsten Delinquenten in wenigen Monaten hinwegraffte.


Zu den Schiffleuten gehörten auch die Zillenhüter, die an den Landestellen die beladenen wie die leeren Schiffe zu bewachen und nach Bedarf zu entwässern hatten. Die Schiffleute, die nicht bei den Gegenzügen beschäftigt waren, mußten vom Endpunkt ihrer Reise auf dem Landweg in die Heimat zurückkehren. Der Flötzersteig in Wien-Ottakring war zum Beispiel ein solcher uralter Verkehrsweg nach dem Westen, der von den heimkehrenden Schiffleuten und Flößern benutzt wurde.


[{Image src='schiffleute03.jpg' class='image_left' caption='Schiffmühlen an der Donau bei Wien, im Hintergrund die Stadlauer Brücke. Um 1905. Handkoloriertes Glasdiapositiv\\© Brandstätter Verlag' width='300' alt='schiffleute03.jpg' height='206'}]

Der Ruf der Schiffleute war kein allzu guter. Sie seien liederlich, boshaft und derb gewesen, waren öfters an gewaltsamen
Erhebungen (in Hallstatt, in Laufen und an der Traun) beteiligt und viele von ihnen der Trunksucht verfallen. Vom bayerischen Schiffsvolk wurde behauptet, dass es infolge der Trunkenheit unvorsichtig und tollkühn sei. Und in einem Gutachten der oberösterreichischen Schiffmeister vom 23. Januar 1808 hieß es, dass es Schiffleute gäbe, »die bei den Weinzügen die Fässer anbohren und mit Röhrlein den Wein aussaugen«. Viele Schiffe verunglückten auch, »weil die Schöffleut überweint und ganz bezecht gewesen sind«. Aber auch der Aberglaube bestimmte oftmals das Handeln der Schiffleute. So war man fest überzeugt, dass der Flussgott seine Opfer fordern mußte. Fiel einer der Kameraden ins Wasser und drohte zu ertrinken, überließ man ihn den Wellen, ja rief ihm noch zu, er möge sich in Herrgotts Namen ergeben, und war glücklich, nicht selbst vom Schicksal heimgesucht worden zu sein. Es klingt widersinnig, doch waren die Schiffmeister froh, wenn die Schiffer nicht schwimmen konnten, was die wenigsten konnten, denn nur dann würden sie ihr Äußerstes geben, das Schiff und sich selbst bei drohender Gefahr zu retten.


Zu den typischen Kleidungsstücken der Schiffleute, neben der Festtracht, die an den Flüssen jeweils
verschieden war, gehörten ein zwilchenes Wams, eine lederne Hose und Mütze und Wasserstiefel.

!Quellen
* Verschwundene Arbeit, R. Palla, Christian Brandstätter Verlag, 2010

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''... mit freundlicher Genehmigung des Christian Brandstätter Verlags.''
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