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[{Image src='wagner01.jpg' class='image_left' caption='»Der Wagner«. Kupferstich von Jost Amman. Aus: Hans Sachs und Jost Amman. »Eygentliche Beschreibung aller Stände auff Erden …«. Frankfurt am Main 1568\\© Brandstätter Verlag' width='200' alt='Wagner' height='308'}]

Wagner (auch Stellmacher) stellten die Holzarbeiten an Wagen für die Güter- und Personenbeförderung sowie an Ackergeräten her und waren früher als Gestell- und als Radmacher getrennt. In der Landwirtschaft verwendete man relativ leicht gebaute Karren sowie Leiter- und Kastenwagen, während die im Ferntransport eingesetzten Frachtwagen
größer und schwerer waren. Betrug die Ladung zu Beginn des 17. Jahrhunderts im Durchschnitt bei vier bis sechs Pferden etwa vier Tonnen, so beförderte man im 18. Jahrhundert beispielsweise in England auf guten, ebenen Straßen schon etwa acht Tonnen, allerdings mit bis zu zwölf Zugpferden. Die Grundkonstruktion der Lastfuhrwerke – ein Langbaum, der Vorder- und Hinterachse verband -blieb über Jahrhunderte fast unverändert, und erst die Einführung eiserner Schmierachsen im 19. Jahrhundert belebte die Entwicklung.


[{Image src='wagner02.jpg' class='image_right' caption='Stell- und Radmacher. 1820. Kolorierte Radierung. Aus: »Gallerie der vorzüglichsten Künste«. Zürich – Leipzig 1820\\© Brandstätter Verlag' width='400' alt='Wagner' height='250'}]


Im Mittelalter galt das Reisen mit dem Wagen als unmännlich und war ausschließlich adeligen Frauen, Kindern, Alten, Gebrechlichen und hochgestellten Geistlichen vorbehalten. Noch 1588 untersagte der Herzog von Braunschweig seinem Adel das »Gutschenfahren«, da es zur Verweichlichung führe. Doch die rasche Verbreitung des Kutschwagens als Fahrzeug für den Adel und schließlich auch für das Bürgertum ließ sich trotz Verboten nicht aufhalten.

Seit dem späten Mittelalter benützte man für die Personen- und Warenbeförderung den sogenannten Kübelwagen, bei dem ein Kobel (Verschlag) auf den Wagenboden aufgesetzt war, der keinen Schutz gegen Erschütterungen bot. Die Aufhängung des Wagenkastens mittels Ketten, Seilen oder Lederriemen an Vorder- und Hintergestell war ein erster Schritt, dem Bedürfnis nach größerer Bequemlichkeit nachzukommen. Im Jahr 1457 gelangte als Geschenk unter Königen ein leicht gebauter, leicht zu lenkender und mit Riemen abgefederter Wagen nach Paris, der in dem ungarischen Dorf Kocs bei Raab (Györ) angefertigt worden war. Alsbald bezeichnete man ähnliche Fahrzeuge nach dem Herkunftsort als Gotschiwagen, Coach, Coche oder Kutsche.


[{Image src='wagner03.jpg' class='image_left' caption='Wagner. Um 1860. Kolorierte Lithographie. Aus: »30 Werkstätten von Handwerkern «. Schreiber: Eßlingen o.J.\\© Brandstätter Verlag' width='300' alt='Wagner' height='251'}]


Im späten 17. Jahrhundert tauchte ein neuer Wagentyp auf, der von einem italienischen Wagenbauer in Berlin entwickelt worden sein soll und der das eigentliche Zeitalter der Kutsche als Verkehrsmittel einleitete: die Berline. Der Wagenkasten hing nicht mehr an Lederriemen zwischen hohen Gestellbrükken, sondern ruhte mit seiner Unterseite auf Riemen, die an einem Querholz des Vordergestells fest verankert waren, am Hintergestell hingegen über Zahnwinden nachgespannt werden konnten. Die Berline war aufgrund ihrer Konstruktion recht beweglich und wurde in vielen Varianten gebaut. Vom anfänglichen Reisewagen wandelte sie sich mit der Zeit zum bevorzugten Stadtwagen. Ab der Mitte des 18. Jahrhunderts kam es zu beachtlichen Verbesserungen im Kutschenbau. Schmiedeeiserne Achsen ersetzten allmählich die bruchanfälligen hölzernen; bessere Stahlqualitäten führten zur Herstellung von widerstandsfähigen elastischen Blattfedern, die den Fahrkomfort um vieles erhöhten. Als die am meisten verwendete Feder kann die doppelte Druckfeder oder Quetschfeder (Elliptikfeder) angesehen werden, die zwischen Kasten und Radachsen die Stöße abfing. Bei Luxuswagen wurden auf diese Federung oft noch zusätzlich vier C-förmige Blattfedern aufgesetzt, an denen dann der Kasten hing und die durch einen Langbaum zusammengehalten wurden.


Die lebhafte Aufwärtsentwicklung im Wagenbau äußerte sich nicht nur im Entstehen von Kutschenmanufakturen, sondern auch in einer verwirrenden Typenvielfalt. Es gab, um nur einige zu nennen, zweirädrige Wagen, sogenannte Velocipede, und einachsige Fuhrwerke, die vor allem in Frankreich, England und Amerika gerne gefahren wurden, wie das Gig (Dog-cart), die Charette, den Basket (ein Korbwagen), den Tilbury und die Wagonette. Es gab vierrädrige Phaetons und Amerikainen mit
abnehmbarem Verdeck, Kaleschen, Landauer und Landauletts, steifgedeckte Wagen wie die Berline, Omnibusse zur Beförderung mehrerer Personen, Gesellschafts- und Dressurwagen für Land- und Jagdpartien, Leichentransportwagen und Schlitten.


[{Image src='wagner04.jpg' class='image_right' caption='Wagner bei der Arbeit. Um 1915. Handkoloriertes Glasdiapositiv\\© Brandstätter Verlag' width='400' alt='Wagner' height='318'}]


An der Herstellung von Wagen und Kutschen waren immer mehrere Handwerker unterschiedlicher Profession beteiligt. Die Arbeit des Wagners bestand darin, die Räder – die aus Naben, Speichen und Felgen zusammengesetzt wurden –, die Gestelle und die Wagenkästen aus gut getrockneten Hölzern anzufertigen. Das zähe und elastische Eschenholz eignete sich vorzüglich für Gestellteile, Naben und Speichen, ebenso Ulmen-, Eichen- und das amerikanische Hickoryholz. Für den Wagenkasten und die Radfelgen griff man gern zum Holz der Buche; Fichte, Tanne und Kiefer lieferten die zum Wagenbau
nötigen Bretter und Verschalungen, und das Holz der Pappel, Linde und Weide wurde hauptsächlich zu Vertäfelungen benutzt.


Die Bearbeitung der einzelnen Bauteile sowie das Zusammenfügen derselben verlangten natürlich einige Geschicklichkeit, vor allem aber gutes und scharfes Werkzeug. Unentbehrlich war die Hobelbank zum Einspannen und Festhalten der Arbeitsstücke und der Radbock zum Eintreiben der Speichen in die Nabe. Ferner Sägen verschiedener Art, spezielle Hobel wie Stab-, Kehl-, Nut- und Falzhobel, Zugmesser mit gerader und gebogener Schneide, verschiedene Bohrer wie Schnecken-, Löffel- und Zentrumbohrer, die mit Hilfe der Drehleier oder der Bohrmaschine bewegt wurden, Stemmeisen, Schraubzwingen
und Schmirgelriemen.


[{Image src='wagner05.jpg' class='image_left' caption='Wagner bei der Arbeit. Um 1915. Handkoloriertes Glasdiapositiv\\© Brandstätter Verlag' width='300' alt='Wagner' height='359'}]

Die Achsen, Federn, Radreifen, Nabenringe, Schrauben, diverse Beschläge, das Schienen- und Stützenwerk und das Hemmzeug (Bremse) lieferte der Grobschmied; Scharniere, Schlösser, Winkel, Fußtritte, Kotschirme, Bänder, Böcke und Laternenstützen kamen vom Schlosser; der Sattler sorgte für die Draperie des Kutschbocks, für die »innere Garnierung« (Sitze und Lehnen), für das Verdeck aus lackiertem oder einfachem Leder, für den Bezug der Kotschirme mit Koppelleder und für das Riemenzeug; schließlich wurden Kasten und Gestelle vom Lackierer mit einem Anstrich versehen. Und im Katalog der renommierten Wagenbauer Dick & Kirschten aus Offenbach am Main wurde das Modell eines leichten, steifgedeckten Wagens dann so offeriert: »Zweisitziges Koupee. Blau lackiert. Der Kasten mit feinen, das Gestell mit breiten roten Strichen abgesetzt. Garnitur: Blauen Satin chagriné, feine rote Streifen in der Possamentrie, blauen Teppich mit roten Punkten (kleine Boukettchen). Blaue Stores. Vorn eine große Scheibe zum Herablassen. Bock mit blauem Tuch. Plattierung: Silber. Mit Cund Druckfedersystem.«

!Quellen
* Verschwundene Arbeit, R. Palla, Christian Brandstätter Verlag, 2010

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''... mit freundlicher Genehmigung des Christian Brandstätter Verlags.''
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