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!!!Wien, 12. Bezirk

!Murlinger, Meidlinger und Römer

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[{Image src='Wien-12.jpg' caption='Erntepause im 19. Jh., als auch Meidling und Nachbarorte Felder hatten. – Rechts Szenen aus 1830ern und 1840ern (oben die noble Vergnügungsstätte Tivoli; unten Sturm Hungernder auf Gaudenzdorfer Bäckerei bzw. Blick ins Volk).\\© Repros: Moritz Ziegler (13) und Stefan Koch' class='image_left' width='400' alt='Wien, 12' height='208'}]


Wiens 12. Bezirk entstand 1892. Sein Boden sah bereits Steinzeitmenschen. 

Auch winzige Tagblattnotizen können den Blick hunderte, ja tausende Jahre zurückschweifen lassen. 

Am ''__Dienstag, den 25. Juli 1911__'', meldete die „Wiener Zeitung“ Brände in der Kaiserstadt; u. a. hieß es:'' __Auf den Feldern zwischen Favoriten und Meidling brannte gestern nachmittag abgemähtes Getreide (Gerste) in einem Flächenausmaße von 180 Quadratmeter ab.__'' 

Landwirtschaft noch vor 101 Jahren im Grenzbereich von 10. und 12. Bezirk – das sagt einiges über die Donaumetropole von einst aus. Die Gerste deutet im Übrigen auf Braukunst hin. Führen Spuren gar nach Gaudenzdorf, zum Bezirk Meidling?

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Das gute alte Heimatbuch „Meidling. Der 12. Wiener Gemeindebezirk in Vergangenheit und Gegenwart“ aus 1930 hebt die Bedeutung des Ortes und späteren Bezirksteils Gaudenzdorf in Sachen Gerstensaft hervor, klärt aber auch auf. 

[{Image src='Wien-12_1.jpg' caption='V. ob.: Meidling um 1740, Pfann’sches Bad, CHAIPEVilla, altes Bezirkswappen.\\© Repros: Moritz Ziegler (13) und Stefan Koch ' width='200' class='image_right' alt='Wien, 12' height='466' popup='false'}]

Nur unter Hofbraumeister Josef Leopold Gierster (um 1800–1863; 1850ff Bürgermeister) florierte die Bierproduktion im Dorf. Danach ging’s bergab mit dem 1836 gegründeten Brauhaus (Areal nach heutigen Verkehrsbezeichnungen: Schönbrunner Str. 149 den Gaudenzdorfer Gürtel entlang bis zur Arndtstraße). Es sperrte im späten 19. Jh. zu. 

Die 1911 erwähnten Gerstenfelder mag man also ursprünglich für die nahe Brauerei angelegt haben, im frühen 20. Jh. muss die Ernte freilich für andere Betriebe bestimmt gewesen sein. Bleibt die Frage, ab wann es Gerste im Raum Meidling überhaupt gab. 

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Genau kann man das natürlich nicht eruieren. Mit einiger Vorsicht darf man allerdings annehmen, dass bereits vor rund viertausend Jahren dieses Getreide auf dem Boden des nunmehrigen 12. Bezirks gedieh. Funde belegen, dass Steinzeitmenschen damals im Gebiet anwesend waren bzw. wahrscheinlich dort sogar wohnten. Und von den Siedlern dieser Epoche weiß man, dass sie neben Roggen und Weizen auch Gerste anbauten . . . 

Die um 400 v. Chr. aus dem Westen kommenden Kelten bestellten jedenfalls mit Sicherheit schon Gerstenfelder. 

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Die Römer, die ab 15 v. Chr. an die Donau vordrangen, betrieben und förderten bekanntlich den Getreideanbau. Wie sie es in dem Gebiet, das jetzt auf gut Wienerisch den 12. Hieb bildet, mit Gerste hielten, wissen wir nicht. Dafür besitzen wir andere Kenntnisse. 


1853 barg man im Wienflussbett einen Altarstein, den ein römischer Hauptmann den Schutzgeistern der Quellen, den Nymphen, weihte – er nutzte wohl die lokalen Heilquellen, die im 18. Jh. wiederentdeckt wurden. Bei ihnen entstanden Theresienbad wie Pfann’ sches Bad (Niederhofstraße 14; es existierte bis 1976). 

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Ebenfalls mit den Römern zusammenhängen könnte der Name Meidling – er ging aus der um 1140 urkundlichen Form MURLINGEN (auch: MEVERLINGEN) hervor. Murlingen bedeutet laut Etymologen einen Ort „bei den Leuten, die an einer kleinen Mauer (Lehnwort; lat. murus = Mauer) wohnen“; einiges spricht dafür, dass es sich bei dem Mäuerchen um einen antiken Baurest handelte. Die Siedlung dürfte es bereits um das Jahr 1000 gegeben haben. 

Ihre Gründung sowie das Schicksal des Gebiets nach dem Abzug der Römer im 5. Jh. verlieren sich jedoch im Dunkel der Geschichte. 

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Damit noch Seitenblicke auf Gerste bzw. Gerstensaft. Denn Vergnügungsstätten, in denen Bier floss, machten Meidling im 19. Jh. zum Ziel der Wiener. Genannt seien das zeitweise mit Rutschbahn ausgestattete Tivoli (das u.a. der Tiroler Franz Lechner führte) und Weigls Dreherpark. Sie verschwanden ebenso wie das Weinlokal „Häuserl am Roan“. Ein Kulturmagnet, in dem u.a. Beethoven improvisierte, grüßt hingegen noch auf Grünbergstraße 2, freilich nicht mehr im Bezirk: Die VILLA CHAIPE (sprich: chaire; altgriech. für „Sei gegrüßt!“) kam per Grenzbegradigung 1959 zu Hietzing. 

[{Image src='Wien-12_2.jpg' caption=' Lokale Größen (v. l.) J. Gierster, F. Lechner, J. Wastl; daneben Römerstein; rechts: 1902 aufgelassene Weinschenke „Häuserl am Roan“ (Tivoligasse).\\© Repros: Moritz Ziegler (13) und Stefan Koch ' width='600' class='image_left' alt='Wien, 12' height='109' popup='false'}]

Ob allem Glanz darf man das einstige Elend im Raum Meidling nicht vergesssen. Dass 1848 Hungernde Bäckereien stürmten, sagt viel. Der rasche Zuzug tausender Menschen infolge der Industrialisierung machte die Lage drückend, die Wohnungssituation war katastrophal. 

Erst die nach dem Ersten Weltkrieg errichteten zahllosen Gemeindebauten brachten dem 1892 Wien einverleibten Gebiet Aufschwung, den etliche Bildungseinrichtungen mittrugen. Die erste höhere Schule entstand übrigens 1883 in Unter-Meidling auf Kosten dieser selbständigen Gemeinde als Kommunalgymnasium. Das k.k. Unterrichtsministerium verweigerte wegen budgetärer Sparmaßnahmen immer wieder die Übernahme. Erst 1889, unter Direktor Hofrat Johann de Matha Wastl (im Amt bis 1911), gelang die Umwandlung in eine staatliche Anstalt.

!Quellen
* [www.wienerzeitung.at|http://www.wienerzeitung.at/?pid=1_3]

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Redaktion: Alfred Schiemer
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[{Metadata Suchbegriff='Murlinger, Meidlinger und Römer'}]