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!!!2. Dezember - ''Saure Wochen, frohe Feste''

%%small © [Dr. Helga Maria Wolf|Infos_zum_AF/Editorial_Board/Wolf_Helga_Maria_(Volkskunde)]%%

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Feste akzentuieren den Alltag und den Lebenslauf. Sie geben dem
täglichen Einerlei die Würze. Sie sorgen für den Rhythmus, den Menschen
immer brauchen wie Atmen, Herzschlag, Spannung und Entspannung. Jahr und
Tag haben ihren Rhythmus und Feste ihre Zeiten. "Alles hat seine Stunde.
Für jedes Geschehen unter dem Himmel gibt es eine bestimmte Zeit",
wusste der Philosoph Kohelet im 3. vorchristlichen Jahrhundert:
"... eine Zeit zum Pflanzen und eine Zeit zum Abernten der
Pflanzen. ... eine Zeit für die Klage und eine Zeit für den Tanz."

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Jahresfeste betonen wichtige Zeiten. Wer in seinem Überleben von der
Natur abhängig ist, beobachtet (und feiert) den Wechsel der
Jahreszeiten. Solstitien (Sonnenwenden) - um den 21. Juni und 21.
Dezember, wenn sich das Verhältnis von Tag und Nacht
umkehrt - und Tag- und Nacht-Gleichen
(Äquinoktien) um den 21. März und 23. September sind markante Termine.
Alte Kulturen ordneten ihre Kalender nach den Gestirnen: Ägypter und
Römer nach der Sonne, Griechen und Muslime nach dem Mond, Juden und
Chinesen nach Mond und Sonne.

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Bei den Christen entstand neben dem bürgerlichen das - seit 1589 so
genannte - Kirchenjahr mit seinen Feiertagen. Nachdem im 4. Jahrhundert
das Christentum von einer verfolgten Sekte zur Staatsreligion
aufgestiegen war, bemühten sich Theologen, das Heilsgeschehen
historisierend zu entfalten. Dabei gingen sie vom Hochfest Ostern aus,
dessen Gedächtnis zudem jeden Sonntag gefeiert wird. Die Perioden des
Kirchenjahrs - so auch der Weihnachtsfestkreis - folgten der
dramaturgischen Kurve von Vorbereitung, Höhepunkt und Nachklang.

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Die Gegenwart hat das "Weihnachtsquartal" als neue Jahreszeit
geschaffen. Sie beginnt im Herbst, wenn das Angebot der Supermärkte von
den Schultüten-Süßigkeiten zu den Schokoladenikoläusen wechselt und
endet abrupt unmittelbar nach den Feiertagen. Viele brechen in den
Skiurlaub auf, die nächsten Höhepunkte im Jahreslauf - wie der
"Silvesterpfad" in Wien oder die Ballsaison - ziehen schon die
Aufmerksamkeit auf sich. Der Umtausch von Geschenken und der
Schlussverkauf beginnen. Für die Geschäftswelt ist der Nachklang
uninteressant, aber die Seele braucht ihn. Der deutsche Theologe und
Psychotherapeut Hans Gerhard Behringer weist in seinem Buch
"Die Heilkraft der Feste" auf die Bedeutung der "Nachfreuzeit" hin. Er meint,
dass man bei einem wichtigen Ereignis der Freude danach gleich viel Zeit
einräumen sollte wie der Vorbereitung.


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Zeit ist als einziges Gut der Welt gerecht verteilt, und doch wird sie
individuell unterschiedlich erlebt. Während Erwachsenen die Zeit für
Weihnachtsvorbereitungen oft zu kurz wird, können Kinder kaum erwarten,
bis das Christkind kommt. In diesen Wochen liefert der Adventskalender
kleine Höhepunkte. Jeden Tag ein Fenster zu öffnen, ist ein Ritual und
steigert die Vorfreude auf das große Fest. 1903 gilt als Geburtsjahr des
Adventskalenders. Ein junger Münchener Unternehmer druckte "ein
reizendes Spielzeug... eine rechte Vorweihnachtsfreude, ... die den
Kindern das lange Warten verkürzen" sollte. Der Kalender bestand aus
zwei Bögen mit je 24 Feldern. Auf dem einem waren Gedichte aufgedruckt,
auf dem anderen passende Bilder. Jeden Tag konnte man ein Bild
ausschneiden und auf den entsprechenden Text kleben,
bis zu Weihnachten ein bunter Bilderbogen
entstanden war. Der Vers für den 6. Dezember lautete: "Heut geht Knecht
Ruprecht in den Wald / Hat Handschuh an, denn es ist kalt / Er holt den
Baum für's Weihnachtsfest / Den er im Himmel schmücken läßt / Und
schleppet gar noch mancherlei / In seinem großen Sack herbei: / Bringt
Nüsse für die Guten / Und für die Bösen Ruten."

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Der Adventskalender-Erfinder Gerhard Lang (1880 bis 1974) nahm damit
zwei Traditionen auf, die allgemeine der beliebten Münchener
Ausschneide-Bilderbögen und eine ganz persönliche: Zwei Jahrzehnte zuvor
hatte seine Mutter einen Adventskalender für ihn gebastelt, indem sie 24
Weihnachtskekse auf einen Karton aufnähte. Jeden Tag durfte er einen
herunternehmen und essen. Bis sich der gedruckte
Adventskalender durchsetzte, dauerte es mindestens fünf
Jahre, und erst in der Zwischenkriegszeit wurde er richtig populär. Der
Erfinder, der 94-jährig starb, sah den späteren Erfolg, konnte aber
davon nicht profitieren. Er hatte versäumt, seinen Adventskalender als
Patent anzumelden.

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Zahlreiche Firmen produzieren die vorweihnachtlichen "Stundenfresser".
Dabei sind der Phantasie der Gestalter keine Grenzen gesetzt: Die
Produkte sind nicht auf den deutschsprachigen Raum beschränkt geblieben.
Schon vor dem Ersten Weltkrieg exportierte sie eine Druckerei aus dem
Schwarzwald nach England und Amerika. Nach dem Zweiten Weltkrieg druckte
ein Stuttgarter Verlag ein "Adventsdorf", dessen Geschäfte englische
Aufschriften trugen, für die Familien der Besatzungssoldaten.
Eine Generation später fand die
Firma Abnehmer in den USA, Kanada, Argentinien, Brasilien, Paraguay,
Großbritannien, Irland, Finnland, Dänemark, Schweden, Niederlanden,
Belgien, Luxemburg, Spanien, Italien, Griechenland, Australien,
Neuseeland, Singapur, Hongkong und Südafrika.

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Eine Ausstellung im Niederösterreichischen Landesmuseum zeigte 1980
einen Querschnitt der historischen und aktuellen
Adventskalender-Produktion. Nach Motiven geordnet sah man da
"Weihnachtsvorbereitungen und Gabenbringer" wie Christkind, Engelein und
Wichtel, Weihnachtsmärkte samt "Volkstypen" wie Nachtwächter oder
Maronibrater, Winterbilder von Städten, Dörfern, Häusern, Bräuche,
Märchenmotive (inklusive damals moderner Gestalten wie Schlümpfe oder
Muppets) und "Besonderheiten" wie klingende Adventskalender oder eine
Adventskerze. Diese, mit 24 Teilstrichen verziert, sollte täglich
angezündet werden. Anders als beim Adventskranz, wo die Lichtfülle
zunimmt, schwindet die Adventskerze und hat sich zu Weihnachten völlig
abgebrannt.

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Zeit und Mode sind nicht stehen geblieben. Die Adventskalender werden
immer größer: Editionen im Format von 55 x 135 cm finden sich im
Angebot. Zeitschriften geben Anleitungen, wie man aus Jute, Filz und
anderen Materialien wandfüllende Anhänger mit Überraschungen bastelt. Im
Internet kann man virtuelle Fenster öffnen. Wie der "Christbaum für
alle" ist der "Adventskalender für alle" zum Brauch geworden. Ganze
Ortschaften verkleiden sich als
Adventsdorf, indem in den Häusern die Fenster entsprechend gestaltet und
zunehmend Tag für Tag beleuchtet werden. 

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Eine Sonderstellung nehmen religiöse Adventskalender ein. Sie zeigen
Darstellungen wie das "Adventschiff", eines der ältesten kirchlichen
Motive. Andere Modelle enthielten Vorschläge für die Andachtsgestaltung
oder "gute Taten". Diese pädagogische Zielrichtung hatten schon die
Vorläufer der Adventskalender. In den Klosterschulen war es Brauch, für
jedes kleine Opfer einen Strohhalm in die Krippe zu legen. Zu
Weihnachten konnte dann das Christkind warm und weich darin liegen. 

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!Leise rieselt der Schnee (Text und Musik)\\

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Leise rieselt der Schnee\\
Still und starr ruht der See\\
Weihnachtlich glänzet der Wald\\
Freue dich, Christkind kommt bald\\

In den Herzen ist's warm\\
Still schweigt Kummer und Harm\\
Sorge des Lebens verhallt\\
Freue dich, Christkind kommt bald\\

Bald ist die heilige Nacht\\
Chor der Engel erwacht\\
Hört nur wie lieblich es schallt\\
Freue dich, Christkind kommt bald\\
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%%coolborder-110
[{Audio src='Leise_rieselt_der_Schnee.mp3'}] (4.5 MByte, MP3)
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%%small Musikarrangement\\
© Dr. Wolfgang Schinagl, Graz.%%
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