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!!!7. Dezember - ''Ambrosius: Honig, Wachs und Zelten''

%%small © [Dr. Helga Maria Wolf|User/Wolf Helga Maria]%%

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Ambrosius, "der Göttliche", im 4. Jahrhundert Bischof von Mailand, ist
einer der vier lateinischen Kirchenlehrer. Als berühmter Prediger und
"Vater des Kirchengesanges" prägte er wesentlich die Kultur des
christlichen Abendlandes. Sein Attribut, der Bienenstock, steht als
Sinnbild der Gelehrsamkeit. Es ließ den Theologen zum Patron jener
Berufe werden, die sich mit Bienen und ihren Produkten beschäftigen.

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Wachszieher und Lebzelter war ein doppeltes Handwerk.
Von den Imkern kauften die Lebkuchenbäcker mit Honig gefüllte
Bienenwaben, um sie zu verarbeiten. Sie erhitzten diese in großen
Kesseln, gossen den Honig ab, pressten und wuschen die Waben aus. Das
Wachs, mehrfach geschmolzen und aufbereitet, kam zum Bleichen in die
Sonne. Nach etlichen Wochen hatte es die für Kirchenkerzen
gewünschte weiße Farbe. Weiß galt als rein und heilig. Außer für Kerzen
bestanden zahlreiche Verwendungsmöglichkeiten für das edle Material,
von dem es 1550 hieß: "So brauchen die menschen das wachs zu vilen
dingen zur artznei vnd notturfft / zum gotsdienst zum bracht vnd hoffart
/ was für gepreng in der kirchen vnnd in der welt sol angestelt werden /
als bald muß das edel wachs vornen daran sein / darauß machen die
weltkinder kertzen. vnd liechter groß und klein ... geben dem wachs aller hand
farben / es muß weiß, schwartz, rot, gro, blo, grün werden, wie es die
menschen gelust / da würt weder gelt noch arbeit gespart."

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"Wachs ist Geld", diese Gleichung stimmte lange Zeit. Wachs diente als
Naturalabgabe für die geistliche oder weltliche Obrigkeit. Barocke
"Lebzelter" wussten Amtspersonen durch Geschenke ihrer Zunft günstig zu
stimmen. In den Kirchen ersetzten Kerzenopfer und Wachsvotive die
Geldspenden. Diese Weihegaben versinnbildlichten das Anliegen, für das
man Dank und Bitte sagte. Symbole und stilisierte Körperteile waren in
zwei Teilen plastisch in Modeln gegossen. Beine, Augen, Zähne, Herzen,
Lungen und Kröten - bei Frauenleiden oder Kinderlosigkeit - gab es aus
weißem oder rotem Wachs. Wer Bedarf hatte, konnte sie beim Wachszieher
kaufen oder beim Mesner "mieten". Man unternahm damit einen Opfergang um
den Altar, wo man die Votivgabe deponierte. Dies war bis in die
Siebzigerjahre des 20. Jahrhunderts u. a. bei der Leonhardiwallfahrt in
Unterolberndorf (Niederösterreich) Brauch.

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[{Image src='Dez_07_003.jpg' caption='Die Salzburger Firma Weinkamer produzierte Heilige in allen Größen aus Wachs' height='300' class='image_left' alt='Heilige aus Wachs' width='167'}]
Neben der Serienproduktion durch Gießen ließen sich Formen und Gestalten
durch Bossieren herstellen. Diese Technik fand bei Ziergegenständen,
Figuren im Wachsfigurenkabinett und Wallfahrtsandenken Verwendung. Zu
den bei den Verkaufsständen der Pilgerorte angebotenen Devotionalien
zählten Wachsstöcke mit religiösen Motiven und - ab der 2. Hälfte des
19. Jahrhunderts - Heiligenfiguren unter Glasstürzen. Ihre Erzeugung in
großen Auflagen, allen Formaten und vielen Sujets besorgte der
Wachszieher Ignaz Weinkamer in Salzburg. Seine illustrierten Preislisten
geben Aufschluss über das reiche Angebot, darunter "Jesulein", "Geburt
Christi", "Flucht nach Ägypten", Madonnen und "Die Heilige Familie". Ein
Holzkern war mit drapierten, farbigen Wachsfolien verkleidet, der Kopf
aus Wachs gegossen und bemalt. Mit Attributen und Zierat versehen,
standen die Figuren auf einem gedrechselten Holzpostament oder einer
schwarzen Kartonscheibe. Die aufgesetzten Glasstürze - von 8 bis 66 cm
Höhe - kamen tonnenweise aus einer
oberösterreichischen Glashütte. Außer der Serienproduktion gab es
individuelle Anfertigungen. "Wir sind in der Lage, innerhalb einer Woche
jede gewünschte, einfache Statue
nach uns eingesandten gemalenen Bildern zu erzeugen",
warb die Salzburger Firma 1893. Ihre Wachs-Devotionalien erfreuten sich
großer Beliebtheit als Firmungs- und Hochzeitsgeschenk. Wallfahrer
kauften sie als Andenken. Der Vertrieb war gut organisiert.
Wanderhändler brachten sie in die Dörfer, und auch ins Ausland wurde
exportiert.

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Zum weiteren Angebot Weinkarners zählten Wachs-Galanteriewaren mit
weltlichen Motiven, wie Herzen, Störche, Wiegen mit "Fatschenkindern"
sowie Christbaumschmuck und Saisonwaren für Weihnachten und Ostern. Ende
des 19. Jahrhunderts verzeichneten die Kataloge Jesulein in 20 Größen,
mit lockigem Seidenhaar, vergoldetem Heiligenschein, mit einem
Lendentuch, Stoff oder Seidenkleidern bedeckt, in der Krippe,
einem Körbchen oder auf einem Polster
liegend. Dazu kamen Engel und Krippenfiguren sowie Nachbildungen der
gnadenreichen Jesuskinder von Salzburg oder Prag.

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[{Image src='Dez_07_004.jpg' caption='Seit 1650 verehren die Kapuzinerinnen ihr "Lorettokindlein im Stammhäuschen".' height='300' alt='Lorettokindlein' class='image_right' width='137'}]
Während die industrielle Fertigung zunehmend auf
Rationalisierung bedacht war - später wurden die Figuren aus
Papiermaschee gepresst - unterlagen Klosterarbeiten nicht diesem Druck.
Sie wurden von Nonnen, Bossierern oder in Heimarbeit aus Wachs mit
wertvollem Zubehör wie Perlen, Silber und Goldborten hergestellt.
Besonders im 17. und 18. Jahrhundert entstanden aufwändig eingerichtete
Glaskästchen und "Christkindln". Hauptmotiv war das Jesulein in
verschiedenen Darstellungen, als Wickelkind, liegend, sitzend, stehend,
segnend und mit vielerlei Attributen.
Manche Klöster, wie die Salzburger Kapuzinerinnen, die ihr
Lorettokindlein seit dem 17. Jahrhundert verehren, vertreiben
Nachbildungen davon. So gibt es bis in die Gegenwart
spannengroße, violett bekleidete Figuren mit Wachsköpfchen, Kreuzstab
und Blume in einem Kästchen zu kaufen. Dazu heißt es: "Dieses
Lorettokindlein im Stammhäuschen ist eine getreue Nachbildung des
Salzburger Gnadenkindleins, wie es war, als es beim ehrwürdigen
Kapuziner P. Johan. Chrysostomos Schenk von Castell gewesen. Dieser
fromme Diener Gottes hatte seinem Kindlein ein solch violettes Kleidchen
angetan und ihm, um es immer und überall bei sich
haben zu können, ein solch hölzernes Kästchen machen lassen. In diesem
hat dann auch unsere liebe Schw. M. Euphrasia ihr hl. Kindlein
zurückerhalten. Das Originalkästchen, "Stammhäuschen" genannt, samt
Kleidchen etc. wird noch pietätvoll in unserem Kloster St. Maria Loretto
in Salzburg aufbewahrt. Dieses Figürchen ist geweiht und am
Gnadenkindlein anberührt."

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[{Image src='Dez_07_005.jpg' caption='Lebzeltherzen sind nach wie vor eine beliebtes Kirmes-Souvenir.' width='300' alt='Dez_07_005.jpg' class='image_left' height='107'}]
Das zweite Grundmaterial der Lebzelter, Honig, war vor der Einführung
des Rübenzuckers Mitte des 19. Jahrhunderts hierzulande der überwiegende
Süßstoff. Aus ihm erzeugten sie Met und Lebkuchen. Nach dem Kochen und
Putzen der Waben ließ sich aus dem Wasser mit den Resten Honigseim (Met)
herstellen. Lebkuchenteig musste "gesotten" werden. Man kochte Honig mit
Wasser oder Milch und mischte die abgekühlte Flüssigkeit mit Mehl. Der
Teig rastete einen Tag bis ein Jahr, um einen Fermentierungsprozess
durchzumachen. Dann gab man Gewürze, Eier, Fett, Mandeln und anderes
dazu und knetete ihn kräftig. Schließlich sollte er bis zur vierfachen
Höhe aufgehen.


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Jeder Lebzelter hatte seine erprobten Rezepte, die er als
Betriebsgeheimnis streng hütete. Es gab Pfefferkuchen und Pfeffernüsse,
in Modeln geformte, ausgeschnittene und ausgestochene Ware. Lebkuchen
zählen zum typisch (vor-) weihnachtlichen Angebot. Bilder zeigen
Nikolaus, der runde Nürnberger und rechteckige, mit fünf Mandeln
verzierte "Lebzelten" bringt. Großes Rätselraten herrschte um die
Herkunft des Wortes. Nach einer Theorie hat es mit Leben zu tun, nach einer anderen kommt es vom lateinischen Libum, da schon in den mittelalterlichen Klosterküchen der "Bruder Lebküchner" am Werk war. Libum würde so viel wie Fladen oder Opferkuchen bedeuten. Auch vom Laib (geformtes Brot) soll sich der Name ableiten. "Zelten" meinte ein flaches Gebäck. Honigkuchen spricht für sich, aber Pfeffer ist keiner drinnen.
Dies wird so erklärt, dass Pfeffer für "teures Gewürz" stehe.

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[{Image src='Dez_07_006.jpg' caption='"Knusper, knusper, knäuschen..., wer knuspert am Lebkuchenhäuschen?"' width='300' class='image_right' alt='Lebkuchenhäuschen' height='202'}]
Nicht nur der Geschmack macht den Lebkuchen seit jeher beliebt, sondern auch seine Form und Auszier. Man kennt die Jahrmarktherzen, die beklebt und mit Sprüchen aus gespritzer Glasur verziert sind. Ähnlich hatten die Lebkuchen-Nikoläuse und Krampusse Köpfe aus bedrucktem Papier, so genannten Oblaten. Die geschnitzten Model, die den Lebkuchen die Form gaben, wurden als "hölzerne Zeitung" bezeichnet - in Aachen gibt es "Printen". Seit dem 15. Jahrhundert wurde diese besindere Art von Lebkuchen in Modeln mit Bildern von Heiligendarstellungen hergestellt. Dies verweist auf die Bilderbogen-Funktion des Backwerks.

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Rückblickend lässt sich sogar die Entwicklung der Mode aufgrund von
Lebkuchenmodeln rekonstruieren. Religiöse Motive aus der Bibel - mit
Vorliebe Adam und Eva - und zu den Jahresfesten nehmen breiten Raum ein.
Nikolaus und Krampus, Krippendarstellungen mit Maria und Josef, Ochs und
Esel, der Besuch der Hirten und der Weisen fanden Vorbilder in der
zeitgenössischen Druckgrafik.

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Die meisten Model, die sich in Museen und Privatsammlungen befinden,
entstanden im 17. und 18. Jahrhundert. Die ersten Hersteller waren
Formenschneider, später geschickte Lebzeltergesellen, die mit ihrer Kunst auf
Wanderschaft gingen. Das älteste datierbare Model stammt aus dem 13.
Jahrhundert und befindet sich im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe.
Es ist aus Kalkstein geschnitten. Die erste Nachricht von gemodeltem
Lebkuchen geht auf 1487 zurück. Damals ließ Kaiser Friedrich anlässlich
des Reichstages in Nürnberg die Kinder mit "Bletzlein von Lebkuchen"
beschenken, die sein Bild trugen: "Der Bletzlein waren viel, aber der
Kinder noch viel mehr ..."
                                            

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