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!!!8. Dezember - ''Der missverstandene Feiertag''

%%small © [Dr. Helga Maria Wolf|User/Wolf Helga Maria]%%

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Das "Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter
Maria" (Mariä Erwählung) ist das am meisten missverstandene Fest des
Kirchenjahrs. Der Feiertag hat nichts mit der immer währenden
Jungfräulichkeit der Muttergottes zu tun, die seit dem 4. Jahrhundert
lehramtlich festgelegt ist, sondern mit ihrer Erbsünde-Freiheit.
Gegenstand des Festes ist der Glaube, dass Maria "durch ein
einzigartiges Gnadenprivileg des allmächtigen Gottes im Hinblick auf die
Verdienste Christi Jesu, des Erlösers des Menschengeschlechtes, von
jedem Makel der Erbschuld unversehrt bewahrt worden ist", wie es Pius
IX. 1854 definiert hat.

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Die Christen im Osten feierten um das Jahr 700 ein Fest der Empfängnis
der heiligen Anna am 9. Dezember. Gemeint war damit die wunderbare
Mutterschaft der betagten Anna. Das Fest kam über das damals
byzantinische Unteritalien nach England und Frankreich. In diesen
Ländern erhielt es bald den Akzent des Lebensbeginns Marias ohne
Erbsünde. Obwohl bekannte Theologen des Mittelalters Bedenken geäußert
hatten, approbierte Sixtus IV 1476 das Fest der "Empfängnis der
Unbefleckten Jungfrau Maria". Clemens XI. dehnte es 1708 auf die ganze
römisch-katholische Kirche aus. Das Dogma der Erbsündefreiheit
untermauerte später die Festfeier.

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Kaiser Ferdinand III. schrieb das Ende des Schwedenkrieges der
Immaculata zu. Deshalb gelobte er 1647, dass in seinen Ländern das Fest
der Unbefleckten Empfängnis am
8. Dezember öffentlich als Feiertag zu begehen sei. Im 17. Jahrhundert
wurden Gnadenbilder mit der Darstellung der Immaculata vor allem durch
den Jesuitenorden weit verbreitet. "Es sind sozusagen Lehrbilder des
großen mystischen Geheimnisses, das gerade in der Gegenreformation
besondere Bedeutung gewann", stellt der Kunsthistoriker Hans Aurenhammer
fest. 

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[{Image src='Dez_08_003.jpg' caption='Von den Händen der Unbefleckten gehen Segen spendende Strahlen aus.' height='300' class='image_right' alt='Die Unbefleckte' width='190'}]
Vorbilder findet er gegen Ende des 16. Jahrhunderts beim Italiener
Guido Reni, dessen Gemälde im 19. Jahrhundert zu den beliebtesten
Motiven des populären Wandschmucks zählten, und Bartolome Murillo, dem Maler der
katholischen Vorstellungswelt Spaniens. Der Typus der Immaculata zeigt
die stehende Maria ohne Kind. Ihr Vorbild ist die Madonna im Ährenkleid,
wie sie ab 1387 in Mailand verehrt wurde. Die jugendliche Frau mit langem,
blondem Haar trägt ein dunkelblaues Kleid mit Ährenmuster.
Ihr Hals und die Gelenke der gefalteten Hände sind von einem
Strahlenkranz umgeben. Im 17. Jahrhundert erhielt der Kult der
Ährenkleid-Madonna, im Sinne der Immaculata-Verehrung von Spanien
ausgehend, neuen Aufschwung. Nachfolgerin ist die "unbefleckt
Empfangene" wie sie Murillo malte. Ihre Attribute sind eine Schlange,
die sie zertritt, und die Weltkugel. So triumphiert die himmlische
Jungfrau über das Böse, worunter in der damaligen Vorstellungswelt das
reformatorische Denken ebenso fiel wie die barocke Lebenslust. Nachdem
der Papst die Feier des Immaculata-Festes für die ganze Welt angeordnet hatte,
stellten sich, wie schon zuvor die Ritterorden, nun die Marianischen
Kongregationen in den Dienst der Verbreitung.


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Die Marienerscheinungen des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts und die
technische Reproduzierbarkeit brachten diesen Darstellungen bisher
ungekannte Popularität. Nach den Angaben von Catharina Laboure entstand
die "Wunderbare Medaille". Maria steht, mit gesenktem Haupt und
ausgebreiteten Händen, von denen
Strahlen ausgehen, zu ihren Füßen die Schlange. Die Umschrift der
Medaille, ein "Gnadenbild" in jedermanns Besitz, lautet: "Maria ohne
Erbsünde empfangen, bitte für uns, die wir zu dir unsere Zuflucht
nehmen. 1830." Dieser Typus diente als Vorbild für viele weitere, die in
den Zeiten des Kulturkampfes entstanden. 1894 approbierte Papst Leo
XIII. ein eigenes Fest von "Unserer Lieben Frau von der Wundertätigen
Medaille".

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[{Image src='Dez_08_004.jpg' caption='Bernadette sah Maria von Lourdes anders, doch der fromme Gestus setzte sich durch.' height='300' class='image_left' alt='Bernadette' width='170'}]
[{Image src='Dez_08_005.jpg' caption='Ein Gebetszettel vom Annaberg, Niederösterreich, zeigt auf einer Seite "Anna Selbdritt" mit Tochter und Enkel. Die andere- hier abgebildete - Seite bezieht sich auf die "Annahand", eine in Wien hoch verehrte Reliquie.' height='300' class='image_right' alt='Gebetszettel vom Annaberg' width='189'}]
1858, vier Jahre nach der Dogmen-Verkündigung, erschien Maria der
14-jährigen Bernadette Soubirous in Lourdes. Die "Dame" offenbarte sich
der Seherin als "Unbefleckte Empfängnis". Abgebildet wurde sie in einem
weißen Kleid mit blauem Gürtel und bodenlangem Schleier bzw. Umhang und mit
einem Rosenkranz, den Blick himmelwärts erhoben, die Hände gefaltet.
Bernadette wandte sich zeitlebens gegen diese Art der Darstellung. Sie
hätte die Geste der ausgebreiteten Arme bevorzugt, die sie von der
Medaille und aus ihrer Pfarrkirche kannte. Dennoch entstanden in der
Folge massenweise Gipsfiguren und Lourdesgrotten im frommen Gestus des
19. Jahrhunderts.
Die nach den - im Ersten Weltkrieg erfolgten - Erscheinungen in Fatima
produzierten Madonnen sind ähnlich gestaltet, nur mit gesenktem Haupt
und ohne Rosenkranz.

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Sowohl im Codex luris Canonici 1917, der bis 27. November 1983 in
Geltung war, als auch im neuen Kirchenrecht zählt der 8. Dezember zu
jenen Hochfesten, an denen die Gläubigen - außer bei einem
schwerwiegenden Verhinderungsgrund - zur Teilnahme an der Messfeier
verpflichtet sind. 

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Das Konkordat (1933/34) schrieb Mariä Empfängnis
als einen der sieben staatlich anerkannten kirchlichen Feiertage für
Österreich fest. Die NS-Zeit unterbrach die Geltung dieses Vertrags
zwischen Staat und Kirche. In der Folgezeit wurde er wieder akzeptiert
und Mariä Empfängnis 1955 erneut als
Feiertag festgesetzt. 1,5 Millionen Menschen beteiligten sich damals an
der Unterschriftenaktion zur Wiedereinführung eines arbeitsfreien Tages.
Eine Gesetzesänderung erlaubt seit 1990 das Offenhalten der Geschäfte.
"Marie" bedeutet im Wiener Dialekt auch Geld, "Mariä Empfängnis" kann
doppelsinnig verstanden werden.
                                            

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!"Maria durch ein Dornwald ging" (Volkslied, 17. Jh.) (Text)

''Maria durch ein Dornwald ging,\\
Kyrie eleison.\\
Maria durch ein Dornwald ging,\\
er hat in sieben Jahr kein Laub getragen.\\
Kyrie eleison.\\ \\
Was trug Maria unter ihrem Herzen?\\
Kyrie eleison.\\
EIn kleines Kindlein ohne Schmerzen,\\
das trug Maria unter ihrem Herzen,\\
Jesus und Maria.\\ \\
Da haben die Dornen Rosen getragen,\\
Kyrie eleison.\\
Als das Kindlein durch den Wald getragen,\\
da haben die Dornen Rosen getragen.\\
Jesus und Maria.''
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