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!!!11. Dezember - ''Wer klopfet an?''

%%small © [Dr. Helga Maria Wolf|User/Wolf Helga Maria]%%


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Der Duden, das Standardwerk der Rechtschreibung, setzt "heischen" mit
"fordern", "verlangen" im gehobenen Sprachgebrauch gleich. Das
Wörterbuch der deutschen Volkskunde erklärt das Heischerecht als
überliefertes Brauchrecht von Kindern und Jugendlichen, seltener
Erwachsenen, für gewisse Leistungen Geld oder Lebensmittel zu sammeln.
Hier wird das Tun in der Gruppe betont. Man wollte nicht einfach
betteln, sondern etwas darbieten, rund um die Jahreswende vor allem
Glückwünsche. Um nicht erkannt zu werden, waren die Umherziehenden
maskiert oder verkleidet. Die ältere Volkskunde wollte darin das
Weiterleben germanischer Toten- oder Vegetationskulte sehen. Solche
Deutungen sind zwar längst widerlegt, aber noch immer populär.
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Vielmehr geht es um Almosen in christlichem Sinn. Erst vor kurzem hat
eine historische Spurensuche in Salzburger Archiven diesen Zusammenhang
wieder gezeigt.

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Dramatisch lässt Matthäus Jesus beim Weltgericht zu den Gerechten sagen:
"Ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben, ich war durstig und
ihr habt mir zu trinken gegeben, ich war fremd und obdachlos, und ihr
habt mich aufgenommen. .. Amen, das sage ich euch: Was ihr für einen
meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan"
(Mt 25, 35-40). Die Gerechten erhalten das ewige Leben. Die Verfluchten,
die das nicht getan haben, die ewige Strafe. Dementsprechend legte ein
Salzburger Erzbischof schon 799 die Grundzüge der Fürsorge fest: Viermal
im Jahr, u. a. am Samstag vor Weihnachten, sollten Armenmähler gegeben
werden. Die Motivation lag vor allem in der Hoffnung, sich durch gute
Werke Eingang in ein besseres Jenseits zu verschaffen. Die Armen trugen
durch ihre Gebetsleistung für die Spender weiter dazu bei.


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[{Image src='Dez_11_002.jpg' caption='Gute Werke sollten Eingang in ein besseres Jenseits verschaffen.' height='300' class='image_right' alt='Gute Werk' width='127'}]
Die biblische Mahnung zur Umkehr ("... dann steht ihr
draußen, klopft an die Tür und ruft ..." Lk 13, 25-30) erklärt das
Auftreten der "Klöpfler" oder "Klöckler". Sie ziehen an den drei
Donnerstagen vor Weihnachten von Haus zu Haus, klopfen an, wünschen
Glück und werden dafür belohnt. Der älteste bekannte Beleg aus einem
Augsburger Kloster geht auf das Ende des 15. Jahrhunderts zurück: "Der
Adventt pringet dir hohen mutt / das ein ander zeitt nit tutt / wann die
Clöpflinsnächt für ware / pringet dir glück und hayl zu diesem Jare /
darumb magst du wol sein frisch und
gail / Dann dir wirt vil freud zutayl ..." Sebastian Franck schildert
den Brauch 1534 in seinem Weltbuch: "Drei Donrstag vor Weihnacht
klopffen die maydlin und knaben von hauß zu hauß / durch die statt an
den thüren an / die zukunft der Geburt des Herren verkündigende / unnd
ein glückseliges jar den einwonern wünschende / darvon entpfahen sy von
deq haussessigen öpfel, biren, nuß und auch pfennig zulon." Während die
gelehnen Reformatoren solches Heischen" ablehnten, bestand es in den
katholischen Gebieten Bayerns. Als der Brauch zu Raufereien führte,
wurde er auch hier verboten. Die Jugendlichen rächten sich
für den Verdienstentgang, indem sie einem besonders strengen Amtmann die
Fenster einschlugen.

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In Bayern hieß es in den Siebzigerjahren des 19. Jahrhunderts, dass arme
Leute und Kinder, "die sonst eben nicht betteln, vor den Häusern auf dem
Lande herumgehen und
indem sie mit hölzernen Hämmerchen oder sonst an die Thüren klopfen, und
einen gewissen Reimspruch hersagen, sich eine Gabe ausbitten, die
gewöhnlich aus Esswaaren, Brod Küecheln, Klötzen u. dgl. besteht. 1880
zogen im
Rauriser Tal die "Anglöckler" "schiach vermummt" von Hof
zu Hof Sie kritisierten die Bewohner, und wünschten ihnen dann dennoch
Glück. Nüsse waren ihr Lohn. Im Gasteiner Tal klopften die unkenntlich
gemachten "Glöckler" noch 1924 mit langen Stöcken an Fenster und Türen.

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[{Image src='Dez_11_003.jpg' caption='Die riesigen Glöckerkappen werden mit dem Auto zu ihrem EInsatzort transportiert.' height='300' alt='Glöckerkappen' class='image_left' width='204'}]
"Glöckler" heißen im Salzkammergut auch weiß gekleidete Burschengruppen,
die große, von innen beleuchtete Aufbauten ("Kappen") auf dem Kopf
tragen. Seit den Sechzigerjahren des 19. Jahrhunderts in Ebensee
nachweisbar, sind sie nicht nach den Glocken benannt, die sie an ihre
Gürtel hängen, sondern nach dem Anklopfen bei den besuchten Häusern. Vieles
spricht dafür, dass Not leidende Salinenarbeiter die Braucherfinder
waren. Sie trugen bei ihrem Beruf weiße Kleidung und Grubenlampen auf
dem Kopf Gläcklerkappen bestehen aus Holzgerüsten
in Form hoher Kronen, Türme oder Sterne, die mit schwarzem Karton
überzogen sind. Aus diesem sind
Motive ausgeschnitten, mit buntem Seidenpapier hinterklebt und von innen
beleuchtet. Die Burschen treten am Vorabend des Dreikönigstages in
Gruppen ("Passen") auf Vor den Häusern, in die sie anschließend zur
Bewirtung gebeten werden, laufen sie im Gänsemarsch Figuren wie Achter
oder Kreise. Der "Vorläufer" mit einem Stock, führt die Gruppe an. Damit
schafft er Platz, gibt an, welche Figuren zu laufen sind und klopft an
die Türen.

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Heischen im Advent ist aber auch ein moderner Brauch, man nennt ihn nur
anders, nämlich "Canvassing" (vom englischen umgangssprachlichen Wort
für "keilen", Stimmen fangen). "Da klappern wieder die Sammelbüchsen,
mit denen vor allem Schulkinder für allerlei gute Zwecke auf die Straße
geschickt werden. Sie geben uns dann kleine Aufkleber oder Abzeichen für
die Kleidung, die uns vor weiteren Anfragen schützen sollen und uns als
gute Menschen ausweisen. Die Postzusteller haben mit den Zahlscheinen
für karitative und manchmal auch dubiose Initiativen mehr zu tragen als
sonst. . . ", weiß der Wiener Volkskunde-Ordinarius Konrad Köstlin. "An
den Haustüren klingeln Menschen mit Sammellisten fürs Rote Kreuz.
Und es ist die Zeit
der ORF-gestützten Aktion 'Licht ins Dunkel', bei der sich die
Österreicher als Weltmeister im Spenden feiern können. Für alle
Organisationen scheint festzustehen, dass wir in diesem
Weihnachtsquartal besonders mild gestimmt sind, vielleicht auch ein
schlechtes Gewissen haben. Professionelle Agenturen sprechen auch vom
Drei-Königs-Prinzip, denn vom Sternsingen ist das abgeguckt".      


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!"O Tannenbaum" (Volkslied aus Westfalen) (Text)

''O Tannenbaum, o Tannenbaum\\
du trägst ein grünen Zwei,\\
den Winter, den Sommer,\\
das dau'rt die liebe Zeit.\\ \\
Warum soll ich nicht grünen,\\
da ich noch grünen kann?\\
Ich hab nicht Mutter noch Vater\\
der mich versorgen kann.\\
Und der mich kann versorgen,\\
das ist der liebe Gott;\\
der läßt mich wachsen und grünen\\
d'rum bin ich schlank und groß.''
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