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!!!15. Dezember - ''Süße Sachen - Freude machen''

%%small © [Dr. Helga Maria Wolf|User/Wolf Helga Maria]%%

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Lange Zeit war Honig (fast) der einzige Süßstoff in Europa. In den
Klöstern verstand man sich auf die Lekuchenherstellung, und die Zünfte
der Wachszieher und Lebzelter waren schon im
13. Jahrhundert bekannt. Sie hatten ihre Standorte in der Nähe von
Kirchen, wo man Wachsvotive kaufte,
auf Jahrmärkten Kirtagen. Modelgeformte Gebäcke waren beliebte
Mitbringsel von deren Besuch und Geschenke zu Jahres- und Lebensfesten.
1770 gab es allein in Niederösterreich an 60 Orten 85 Lebzelter-Meister,
die an 904 Marktorten mit ihren Produkten vertreten waren.

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Den Niedergang des Gewerbes bedeuteten im 19. Jahrhundert Verordnungen,
die den Verkauf an Sonn- und Feiertagen nicht mehr erlaubten. Süße
Sachen aus Fabriken verdrängten die Handwerkskunst, Marktlieferanten
boten Waffeln, "Schnitten" und Schaumrollen feil.

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Inzwischen hatte der Zucker den Honig abgelöst. Dieser war zwar schon
seit Kreuzfahrerzeiten bekannt, aber ein exotisches Luxusgut. Beispielsweise unterhielten die Johanniter in Zypern
eine Zuckerfabrik, die um 1450 jährlich 18 Tonnen Zucker exportierte,
vor allem nach Venedig. Der von weit hergebrachte Zucker war
Spezialität, Gewürz und Heilmittel. Man erhielt ihn in der Apotheke.

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Illustrierte Bücher des 15. und 16. Jahrhunderts zeigen Konfekt in einer
buchförmigen Bonbonniere und verraten die Rezepte: "Erst theyl des
Confect-büchlins oder Hauß
Apoteck / Von gemeynen bräuchlichen Latwergen und Confecten / künstlich
und recht zu bereyten / behalten und nützlich zu gebrauchen."

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1568 stellte Jost Ammans Ständebuch einen Apotheker vor, in dessen
Angebot sich nicht nur bittere Pillen, sondern
auch Zuckerhüte, Gläser mit Eingemachtem, Torten sowie Kuchenschachteln
befanden. Hans Sachs reimte dazu: "Ich hab in meiner Apoteckn / Viel
Matery die lieblich schmeckn / Zucker mit Würtzen ich conficier..." Nach
langen Auseinandersetzungen mit den Konfektmachern verloren die
Apotheker Ende des 16. Jahrhunderts ihr Vorrecht zur
Süßwarenherstellung. Lange Zeit waren die "Zuckerpacher" zugleich die
"Zuckermacher", da sie den in den europäischen Häfen ankommenden
Rohzucker in kleinen Raffinerien verarbeiteten.


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Der deutsche Pastor und Chemiker Franz Karl Achard entdeckte 1747 den
Zucker in der Rübe und errichtete 1802 die erste Zuckerfabrik. 1806-1813
verhängte Napoleon ein Handelsverbot für Industrieprodukte und
Kolonialwaren über Großbritannien. Diese wurden während der
Kontinentalsperre zwar nach Europa geschmuggelt, doch förderte die Einschränkung
des Handels mit Rohrzucker den Aufschwung der Rübenzuckergewinnung. Bald
zählte Österreich mit seinen Fabriken in Hohenau, Leopoldsdorf, Tulln,
Enns und Siegendorf zu den Zuckerexportländern.


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Mit der Verfügbarkeit von Zucker nahm auch die Schokoladeerzeugung
Aufschwung. Essbaren Baumbehang gab es seit langem, doch die süßen
Christbaumstücke sind typische Produkte des 19. Jahrhunderts. Während um
1570 in den deutschen Zunftstuben die ersten Christbäume standen, die
die Kinder "abblümeln " durften, kochte man am spanischen Hof schon
Schokolade. 1528 brachte der spanische Eroberer Hernando Cortez die ersten Kakaobohnen nach Europa. In der
Barockzeit avancierte Kakao zum Lieblings- und Luxusgetränk der Reichen.
In den Klöstern schätzte man das Heißgetränk als Fastenspeise.
Hersteller des Pulvers waren Apotheker und Konditoren. Im 19.
Jahrhundert änderten sich die Ernährungsgewohnheiten, Kaffee und Tee
traten an die Stelle der Trinkschokolade. Schweizer Produzenten
vermarkteten dann als erste anstelle des Getränks Schokolade in fester
Form.

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Viktor Schmidt war Zuckerbäcker in Budapest. In seiner Fabrik in
Wien-Wieden arbeiteten bis zu 1.000 Dienstnehmer. 1874 veröffentlichte
er eine Preisliste mit köstlichen Weihnachtswaren, darunter
"Gold-Konfekt", "Kandiertes Konfekt", "Likör-Figuren-Konfekt" oder
"Windbäckerei". Eine komplette Christbaumkollektion mit 20 Sorten
Behang versandte er für 4 Gulden, mit 30 Sorten für 6,50 Gulden "franco
ohne alle sonstigen Spesen". Die seit 1886 bestehende Filiale auf dem
Wiener Stephansplatz bot von November bis Weihnachten ausschließlich
Saisonwaren an. Man konnte sie zwischen 7.30 und 21 Uhr aussuchen und
bekam sie am folgenden Tag geliefert.

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Um die Jahrhundertwende eröffneten die Brüder Gustav und Wilhelm Heller
in Wien-Favoriten eine moderne Zuckerwarenfabrik. Sie beschäftigte 2.000
Arbeiter und war für ihre Likörfläschchen und in buntes Stanniolpapier
gewickelten Behang bekannt. Dekorbonbons hießen spannengroße Gebilde aus
mit Blümchen und Reinseidenbändern verzierter Papierspitze. Sie
enthielten "Zuckerperlen".
Nach dem Ersten Weltkrieg versandte die Firma komplett geschmückte
kleine Christbäume.

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Seit 1890 bürgt die Schutzmarke mit Silhouette des Stephansdoms auf rosa
Grund für Qualität. Mit 3.000 Arbeitern entwickelte sich "Manner" bis
zum Ende der österreichisch-ungarischen Monarchie zu deren größter
Schokoladenfabrik. Um 1900 lieferte sie Christbaumstücke aus Schokolade,
die in Seiden-, Stanniol- oder Kreppfransenpapier eingewickelt waren.
Hohlglasformen als Tannenzapfen, Nüsse oder Birnen mit Schraubdeckel,
mit feinen Bonbons gefüllt, galten als Spezialität für den
Weihnachtsbaum.

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[{Image src='Dez_15_003.jpg' caption='Weihnachtsbäckerei, 1987' class='image_left' height='300' alt='Weihnachtsbäckerei' width='213'}]
Während die Schokoladenfabriken ihre Produkte verlockend verpackten,
konnte man auch leere Behälter kaufen und selbst füllen. Bei Eduard
Witte gab es Füllbehälter in allen Preiskategorien. Kleine Hüte,
Taschen, Körbchen,
Lampions, Musikinstrumente, Tiere, Dampfschiffe und Lokomotiven finden
sich in den Katalogen. "Der Wert derselben liegt in der künstlerisch
vollendeten, naturgetreuen Ausführung und bezweckt, das Kind mit der
wirklichen
Beschaffenheit des Gegenstandes und Gestalt der Tiere und Figuren
bekannt zu machen", lautete der Werbetext. Ein Schmetterling kostete 30,
ein "Aeroplan" 50, ein "Grammophon" 60 Heller.
Am teuersten waren das Dampfschiff oder der Jagdwagen
samt Pferd und Fahrer zu 80 Heller. Als Bonbonnieren verwendbare
Tierfiguren gab es auch billiger. Sie waren nicht handbemalt, sondern
"mittels maschineller Vorrichtung, wodurch eine bedeutende
Preisermäßigung möglich war" (6 Stück um 80 Heller bis fl. 1,80)
hergestellt.

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Außerdem erzeugen die Zuckerbäcker in der Weihnachtszeit Keks,
Patiencebäckerei - aus Eiweiß, Zucker, Mehl und Vanille in den
charakteristischen Formen verziert - Lebkuchen, Weihnachtsstriezel,
Gugelhupf, Christstollen und Früchtebrot. Sie hüten ebenso die
Spezialrezepte wie viele Hausfrauen. Alle Jahre wieder backen sie ihre
Weihnachtskekse mit viel Erfahrung und verstehen es, mit süßen Sachen
Freude zu machen. Schon der Geruch von Zimt und Weihnachtskeksen zählt
zu den unvergesslichen Genüssen dieser Jahreszeit.    

          
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