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!!!21. Dezember - Traditioneller Thomastag 

%%small © [Dr. Helga Maria Wolf|User/Wolf Helga Maria]%%


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[{Image src='Dez_21_001.jpg' caption='Der Apostel Thomas aus Dürers "Kleiner Holzschnittpassion", um 1510.' height='300' class='image_left' alt='Apostel Thomas' width='232'}]
Bis zur Kalenderreform des Zweiten Vatikanums war der 21. Dezember der
Festtag des "ungläubigen Thomas". Thomas, genannt Didymus (Zwilling),
war einer der zwölf Jünger. Mit dem Apostel, der am längsten an der
Auferstehung zweifelte, wurde die längste Nacht des Jahres in Verbindung
gebracht. Die Apostelverzeichnisse erwähnen ihn mehrfach (Mt 10, 3, Lk 6,
15, Apg 1, 13). Im Johannesevangelium tritt er als Wortführer der Jünger
auf (Joh 14, 5). Die berühmte Szene, nach der Thomas Berichte der
Auferstehung Jesu nicht für wahr halten und seine Wunden berühren will,
bildete ursprünglich Höhepunkt und Abschluss dieses Evangeliums (Joh 20,
24-29).

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Nach der Überlieferung missionierte Thomas im Iran und in Indien, wo er
den Märtyrertod erlitt. Die Thomas-Christen in Kerala an der Südwestküste
Indiens berufen sich auf diese Tradition. Das Winkelmaß als Attribut
verweist auf den legendären Beruf des Apostels als Baumeister des
himmlischen Palastes für den indischen König. Die syrisch-orthodoxe
Kirche führt ihre Entstehung auf Thomas zurück. Seine Reliquien
werden seit frühchristlicher Zeit im syrischen Edessa verehrt. Weil
deren Translation an einem 3. Juli stattfand, gilt dieses Datum seit
1969 als neuer Festtag.

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Der alte Termin am 21. Dezember war mit Orakeln verbunden. Die
Thomasnacht als längste des Jahres zeigt Ähnlichkeit mit der
Jahreswende, wo man einen Blick in die Zukunft werfen will. "Unter
Orakel verstehen wir jeden
Brauch, mit Hilfe eines außerhalb der menschlichen Willenstätigkeit
erfolgten Begebnisses, das als Zeichen oder Antwort aufgefasst wird,
eine schwebende Angelegenheit zu entscheiden oder noch verhüllte
Bezogenheiten und Verflechtungen von Geschehnissen zu enthüllen, um
demgemäß sein Verhalten einzurichten", lehrt das Handwörterbuch des
deutschen Aberglaubens. Als beliebteste Orakeltage nennt das
Standardwerk Andreas (30. 11.), Thomas (21. 12.), Weihnachten, Silvester und Dreikönige. Am günstigsten für
die Zukunftsforschung sollten die Zeit zwischen Sonnenuntergang und
-aufgang, im Zwielicht, die Mittags- oder Mitternachtsstunde sein. Von
besonderem Interesse waren Ernte, Liebe, Glück, Ortsveränderung, Tod und
Wetter. Nahezu unerschöpflich schienen die Mittel und Gegenstände, die
als Zukunftskünder dienten. Im Hinblick auf das bäuerliche
Wirtschaftsjahr wählte man gerne Pflanzen
(wie Barbarazweig, Luzienweizen oder Thomasgerste).
Aus deren Wachstum zog man Schlüsse auf die Erträge des kommenden
Jahres.

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In der Stadt schienen Lottozahlen für das "Lösseln" interessant: In
Knödel knetete man Zettel mit Nummern ein und kochte sie. Der Knödel,
der als erster an die Wasseroberfläche kam, sollte die Glückszahl
enthalten. Um 1760 schrieb der Philologe Johann Sigismund Popowitsch:
"Lösseln, verkleinert von Losen, ist nach der österreichischen Mundart
so viel wie losen. Es sollte löseln geschrieben werden, allein das Volk
spricht lösseln. Die Hauptbedeutung dieses Wortes ist, durch unzulässige
Losungen in den Lössnächten zukünftige Dinge zu erfahren suchen,
welche zumal die dummen,
abergläubischen Dienstmägde treiben und da
ihr größtes Augenmerk dahingeht, inne zu werden, ob sie endlich bald
einen Mann bekommen werden, hernach was das für einer sein soll, so
hoffen sie dieses zuverlässig durch das Lösseln zu erfahren. Der
Thomasabend, der Christabend und der Neujahrsabend sind die drei
gewöhnlichen Lösselnächte."

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[{Image src='Dez_21_002.jpg' caption='Der Zweifel wurde zum Vorbild im Glauben. Anachtsbild mit Gebet' height='300' class='image_right' alt='Andachtsbild' width='173'}]
Die Wiener Schriftstellerin Karoline Pichler kannte um 1830 in der
Mittwinterzeit "eine mysteriöse Feier nach der anderen". Selbst
aufgeklärte Bürger hatten, wenn auch nur im Spiel und Scherz, ihre
Freude an den Orakeln: "... viel Lachen erregten die Nussschalen, deren
jede ein kleines Lichtchen und den Namen von einer Person aus der Gesellschaft trug und die so als leuchtende Flotte auf den Teich eines Beckens
mit Wasser gesetzt wurden. Eine überzählige Nussschale hatte den Namen
des Pfarrers und es gab nun zu allerlei Scherz Anlass, wenn die rechten
oder auch die unrechten Schalen zusammen schwammen und vielleicht der
Zufall den Pfarrer mit einem dieser Pärchen vereinigte, was denn eine
sichere Heirat bedeuten sollte."

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Von der Thomasnacht berichtete Pichler, dass man in die Brunnen
hinabrief und von dort Antwort erhoffte. Das Bettstaffeltreten erwähnt
sie als Gepflogenheit der "untersten Stände". In Liebessachen vertraute
"frau" auf Träume, die ihr nach vorhergehendem Ritual unter Anrufung des
Heiligen zukamen: "Bettstatt ich tritt dich, heiliger Thomas ich bitt
dich, lass mir erscheinen den Herzliebsten meinen." Mägde und
Hausangestellte erwiesen sich als besonders einfallsreich um
herauszufinden, ob ein Dienstgeberwechsel oder eine Heirat bevorstand.
Für sie waren das wichtige Fragen, die ihre Lebenssituation verbessern
konnten. "Schuhwerfen", "Horchen auf Kreuzwegen", "Scheitergreifen",
"Bleigießen", "Zettellegen " oder "Apfelschalen werfen" dienten der
Zukunftsschau. Viel Unheimliches haftete der Thomasnacht an. Um
Mitternacht hoffte man, verborgene Schätze zu sehen. Auch Liebeszauber
und Beschwörung von Spukgestalten soll es gegeben haben.
Am Abend wurde das "Kletzenbrot" gebacken, ein großer Weihnachtszelten
für die Familie, kleinere für die Mägde. Mancherorts war es Brauch, mit
den Händen, an denen der Teig vom Kneten klebte, die Bäume zu umarmen.
Das sollte im kommenden Jahr gute Obsternte garantieren. In der langen Nacht
wurde durchgearbeitet oder ein Festmahl mir anschließendem Spiel und
Tanz veranstaltet. Sie galt als Rauhnacht, in der man "Rauchen und
Sprengen" musste. Wie zu Weihnachten oder Dreikönig gingen die Bewohner
mir Weihrauch und Weihwasser durch Haus und Hof und sagten "Glück herein
- Unglück hinaus". Das Kletzenbrot wurde dreimal geräuchert. Hornvieh
erhielt eine Maulgabe mir geweihtem Brot und Salz.

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In Teilen Deutschlands und Österreichs erschien als
Festtags-Personifikation der "Thama mitn Hammer", "Thomaszoll" oder
"Thomasnigl" als Kinderschreck. Die Figur erinnerte an einen
schwerfälligen, struppigen und zerlumpten Mann, ein "wildes Weib" mit
langen Haaren oder ein Tier mit Pferdefüßen. Leopold Schmidt hat
gezeigt, dass dies vor allem im Umkreis von Augustiner-Chorherrenstiften
der Fall war: "Die herrschaftlichen Verbindungen reichen vom frühen
Hoch- bis zum Spätmittelalter." Im Schulbrauch spielte der Tag eine
Rolle. Die Kinder brachten ihren Lehrern Geschenke, der Schüler der als
Letzter kam, wurde als "Domes-Esel" verspottet. In manchen Städten hielt
man Jahrmarkt, in Wien stand um 1600 der Thomasmarkt auf dem Graben. In
Nürnberg, wo man den Thomastag auf den 4. Adventssonntag verlegte,
durften die Geschäfte an diesem "Goldenen Sonntag" offen halten.   


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