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Manfred Novak (Hg.): Theorien des Planyversums#

Bild 'Plany'

Manfred Novak (Hg.): Theorien des Planyversums. Gedanken, Artikel, Kompositionen. Peter Planyavsky zum 65. Geburtstag. LIT Verlag (Reihe Musik: Forschung und Wissenschaft, Bd. 4), 2012,. 280 S. € 29.90

Wer nicht viel von Musik versteht, hat das Buch schnell gelesen, musik-affine Menschen finden zahlreiche detaillierte Studien. Anregend ist die Lektüre jedenfalls. Dafür sorgt schon die Persönlichkeit des durch diese ungewöhnliche Festschrift Geehrten, Peter Planyavsky (P.P.). Manfred Novak beginnt mit einer facettenreichen Aufzählung von dessen Tätigkeiten: Organist, Improvisator, Pädagoge, Kirchenmusiker, Komponist, Dirigent, Juror, Autor, Humorist. Der Herausgeber konnte 20 "Beiträger" zur Mitarbeit gewinnen. Neben Fachartikeln verfassten sie Grußworte an den Jubilar, schilderten persönliche Begegnungen mit ihm, veröffentlichten ihm gewidmete Kompositionen und humoristische Beiträge. Letztere würde man bei einem ehemaligen Dommusikdirektor von St. Stephan weniger vermuten, doch "das Planyversum besteht zu 99 % aus Humor!" (Bernhard Heiller).

"Was Peter Planyavsky angreift, tut, sagt, fragt, komponiert, spielt, wird entweder tierernst und wunderschön, oder es wird zum Ausgangspunkt für einen großen Raum aus Scherz, Parodie … Noten und Worten", schreibt Bernhard Heiller. Der Sohn des Komponisten Anton Heiller blieb in der Musikszene verankert, obwohl seine Profession Strategisches Marketing und Kommunikationswissenschaft ist. Folgerichtig widmet er sich der "ungemein strahlkräftigen Eigenmarke 'Plany'" und den unterschiedlichen Pseudonymen wie "P. P. Bach". Als solcher schrieb P. P. 2004 die Kantate "Cactus tragicus", eines aus einem Dutzend parodistischer Werke.

Damit beschäftigt sich Manfred Novak, indem er in wissenschaftlicher Diktion dessen Zahlensymbolik zu entschlüsseln trachtet. Derartige Anliegen wurden an den Werken des "echten" Bach in den zwanziger und dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts ernst gemeint durchgeführt. So schließt die augenzwinkernde humoristische Analyse mit der Feststellung "… dass man in der Lage ist, Erstaunliches in Musik zu finden, wenn man nur lange genug sucht, zählt und rechnet und bereit ist, seine Arbeitsweise und seinen Interpretationsrahmen für die Erzielung eines (erwünschten) Ergebnisses günstig zu gestalten."

Nach dem Studium an der Musikhochschule in Wien, u.a. bei Anton Heiller, wurde P.P. 1969 Domorganist, 1983 - 1990 Dommusikdirektor, 1991 - 2005 wieder Domorganist zu St. Stephan in Wien. Seit 1980 lehrt er als Professor an der Musikuniversität, wo er auch die Abteilung für Kirchenmusik leitete. Konzertreisen und Meisterkurse führten ihn in alle Kontinente. Er hat zahlreiche Werke komponiert, CDs aufgenommen und Preise erhalten - die lange Liste findet sich in der Festschrift.

Die Mehrzahl der Beiträge beleuchtet musikwissenschaftliche, aufführungstechnische pädagogische und liturgische Fragestellungen. So beschäftigt sich Franz Karl Praßl, Professor für Gregorianik in Graz, mit der Geschichte und Entwicklung der Orgelbegleitung von Gregorianischen Gesängen. Rudolf Pacik gab seinem wissenschaftlichen Beitrag einen launigen Titel: "Von Reisetaschen und anderen Betonungsproblemen des liturgischen Rezitativs". Dem Artikel des Professors für Liturgiewissenschaft an der Universität Salzburg liegt die Überzeugung zugrunde: "Kantillation und Psalmodie geschehen idealerweise nach allen Regeln der Vortrags-Kunst, wie sie für das nuancierte gehobene Sprechen gelten. Es braucht also neben musikalischer auch sprachliche und rhetorische Kompetenz." Qualitäts- und Authentizitätsanspruch an die gesprochene und gesungene Verkündigung in der Liturgie sind auch Inhalt der Überlegungen von Johannes Ebenbauer, als ehemaliger Domkapellmeister langjähriger direkter Arbeitskollege von P.P., und des Brixener Domorganisten Franz Comploi. Sein Thema sind Begriffsbestimmungen und Begriffsverwirrungen der Musikberieselung. Er fragt: "Wie kann Musik von einer Kunst der Ästhetik, des Wohlklangs, des Tröstens, zu einer Quelle der Belästigung und des Streites werden ? Diese Mutation verändert selbst die Auffassung von Musik und rückt sie - fast unbemerkt - in die 'Konsumabteilung'. Die Allgegenwart von Musik lässt diese aus dem Bewusstsein schwinden." Damit das nicht so ist, sollte man dieses Buch lesen - auch (und gerade) wenn man nicht viel von Musik versteht. Für musik-affine Menschen empfiehlt es sich ohnehin als Pflichtlektüre.