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Daniela Horvath – Michael Martinek: Vintage Vienna#

Bild 'Vintage'

Daniela Horvath – Michael Martinek: Vintage Vienna. Die Bilder unserer Kindheit / When we were young Deutsch-Englische Ausgabe. Metroverlag Wien 2013. 160 S., durchgehend vierfarbig ill., € 19,90

Daniela Horvath und Michael Martinek sind keine Historiker, aber sie lieben ihre Großeltern und das Wien, wie es diese kannten. Ihre Faszination am Thema Zeitreise teilten sie zunächst im Internet mit Freunden und Gleichgesinnten. „Mittlerweile ist es ein globaler nostalgischer Streifzug durch die Geschichte der Stadt geworden,“ schreiben sie, „Und es ist kein Ende der aufregenden Reise in Sicht.“ Vintage Vienna ist ein einzigartiges Projekt, das mittels sozialer Netzwerke und dank der Wiener Bevölkerung erstmals Zugang zu privaten Zeitdokumenten und erstaunlichen Stadtimpressionen erhält und diese einer breiten Öffentlichkeit zugänglich macht. Die Auswahl aus der Fülle der vielen Foto- und Videoaufnahmen von 50.000 Einsendungen in einem Jahr - muss schwierig gewesen sein. Dieses ganz besondere Buch ist in sechs Kapitel gegliedert, jeweils mit einem kurzen Text zur Einstimmung und präzisen Beschreibungen der Werke aus der persönlichen Sicht zahlreicher Hobbyfotografen, manchmal sind auch historische Profiaufnahmen darunter.

„Willkommen in Wien“ illustriert die imaginäre Ankunft in Schwechat, als Flugreisen noch etwas aufregend Neues waren. Damals gab es Zuschauertribünen, von denen man prominente Passagiere, Abflüge und Landungen beobachten konnte. Offene Fahrgastwagen brachten die Reisenden zu und von den Maschinen, und nur wenige warteten in der Empfangshalle. Weiter zurück in die Geschichte der Aeronautik weisen die Bilder vom Zeppelin über der City, anno 1929. Noch andere Verkehrsmittel findet man in diesem Kapitel: Motorräder mit „Weißen Mäusen“, die einen Staatsbesuch über die Ringstraße eskortieren, oder die Elektrische Tramway.

Als Zaungast eines historischen Festzugs mit Teilnehmern hoch zu Ross ist der Betrachter „im Herzen der Stadt“ angekommen. Die Galerie der Sehenswürdigkeiten des imperialen Wien beginnt mit der Staatsoper, führt zum Musikverein, zur Votivkirche, in den Volksgarten, zum Parlament und zum Stephansplatz, wo sich bis in die 1990er Jahre der Friedensapostel Waluliso in Szene setzte. Ring, Karlsplatz und Kärntner Straße sind einige weitere Erinnerungspunkte – nicht zu vergessen, die bunten Leuchtreklamen, die als seltene nächtliche „Bilder unserer Kindheit“ beeindruckten.

Außerhalb der City waren Großbauprojekte, U-Bahn, Westbahnhof oder Stadthalle interessierten Zeitzeugen Fotos wert. Dass Vorhandenes dem damals Modernen weichen musste, wird auch dokumentiert. Das Bogenportal des historistischen Westbahnhofs wurde ebenso abgerissen wie die alte Graphische Lehr- und Versuchsanstalt. Nostalgisch zeigt sich eine (für den 1. Mai ?) geschmückte Straßenbahngarnitur der Linie 5, während sich in Transdanubien die UNO-City der Vollendung näherte. Blicke auf und über die Donau werden von souvenirhaften Bildern aus Schönbrunn gefolgt.

Zu den Wien-Touristen zählte 1976 ein Herr Yukata Fujii. Ihm und seiner Familie scheint es besonders der Prater angetan zu haben. Dessen Attraktionen und Besuchern ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Und weiter geht es mit Menschen. Sie stellen sich in der WIG 64 (mit Donauturm und Sessellift) dem Fotografen. Ob an der Arbeit, bei der Hochzeit oder Firmung, die Kamera war immer für Schnappschüsse bereit.

Noch einmal stehen abschließend Verkehrsmittel im Fokus. „Von A nach B“ mit Straßenbahn, Auto – „Amerikaner“ und Goggomobil nebeneinander parkend – dem knallroten städtischen Autobus und der ebensolchen Stadtbahn. Das Finale bildet ein Verkehrspolizist mit handgesteuerter Ampel.

Vieles ist hier zu entdecken, Winkel und Perspektiven, die es heute nicht mehr gibt. Die Alltagskultur des letzten Jahrhunderts wird lebendig: Geschäfte, Mode, Bauten, Personen. Jüngere Menschen mögen Style und Charme einer Großstadt entdecken, ältere werden sich an vieles erinnern, was doch erst „gestern“ gewesen ist. Das vorliegende Bilder-Buch ermöglicht nun auch Facebook-Verweigerern den Blick in vergessene Ecken und verwandelte Straßenzüge. Dafür gilt Daniela Horvath und Michael Martinek ein besonders großes Danke. Sie sehen ihr Buch als Liebeserklärung an Wien und die Wiener/innen. „Wenn wir mit diesen Bildern vergessen geglaubte Erinnerungen wecken können, freut uns das. Denn dann haben wir unser Ziel, eine Zeitmaschine zu bauen, erreicht. Zumindest einmal in Buchform", sagen sie.