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Bettina Nezval: Schloss Weilburg in Baden#

Bild 'Nezval'

Bettina Nezval: Schloss Weilburg in Baden. Symbol einer Liebe. Kral-Verlag Berndorf 2015, 152 S., ill., € 26,90

Ein halbes Jahrhundert nach ihrem gewaltsamen Ende ist die Weilburg ein "Badener Mythos". Das klassizistische Lustschloss befand sich zu Füßen der Ruine Rauheneck im Helenental. 1938 an die deutsche Wehrmacht vermietet, wurde es von dieser in den letzten Kriegstagen in Brand gesteckt 1964 erfolgte die Sprengung des traurigen Restes, des einst imposanten Portikus. Seither stehen gesichts- und geschichtslose Wohnhäuser an Stelle der Weilburg. Die Kunsthistorikerin Bettina Nezval nennt sie "Symbol einer Liebe".

Vor genau 200 Jahren heirateten Erzherzog Carl und Prinzessin Henriette von Nassau-Weilburg. Das Hochzeitsjubiläum war für die Stadtgemeinde Baden Anlass für das Erscheinen des Buches und eine Ausstellung im Museum Kaiserhaus. Der Habsburger ist als "Sieger von Aspern" berühmt, die deutsche Prinzessin als Innovatorin des Christbaumbrauchs in Österreich. Der Feldherr war 26 Jahre älter als seine Gemahlin, doch überlebte er sie um 18 Jahre. Die kaum 15 Jahre währende Ehe wird als überaus glücklich und harmonisch beschrieben. Dieses schöne Buch gibt die Korrespondenz der Verlobten umfangreich wieder. Kaum zu glauben, wie emotional der Sieger über Napoleon eine Woche vor der Hochzeit an seine Braut schrieb: "… so wie es bey uns zur zweyten Natur wird, in allem kräftig zu seyn, so sind wir es auch in den Gefühlen. Da hast Du nun ein Glaubensbekenntnis von mir, daß ich Dich von ganzer Seele überaus liebe." Um die Erziehung ihrer sieben Kinder kümmerten sich die Eltern selbst, für den Unterricht engagierten sie fortschrittliche Lehrer.

1820 beauftragte Erzherzog Carl den Stararchitekten des Biedermeier, Joseph Kornhäusel, um seinen Landsitz im idyllischen Helenental bauen zu lassen. Im folgenden Jahr machte er es Erzherzogin Henriette zum Weihnachtsgeschenk. Sie schätzte diese Gegend über alles, und er nannte das Schloss ihr zu Ehren "Weilburg". 1823 konnte die, damals aus sieben Personen bestehende, Familie ihre Sommerresidenz beziehen. Joseph Kornhäusel, der schon mehrere Häuser und das Theater in der Kurstadt Baden geplant hatte, löste die Aufgabe souverän. Die Anlage, die aus mehreren symmetrischen Gebäudeteilen bestand, hatte eine Länge von 187 m, 43 Fensterachsen und rund 200 Räume. Trotzdem wirkte sie "leicht und unbeschwert", schreibt die Autorin: " 'Weniger ist mehr' ist das Geheimnis der unvergleichlichen Wirkung dieses Lustschlosses!" Sie hat für ihr Buch zahlreiche künstlerischer Ansichten, Originalpläne, Dokumente und Fotos zusammengestellt.

Architekt und Bauherr zeigten sich fortschrittlich. Fließwasser, auch für Bäder und Toiletten, kam über eine 2,6 km lange Wasserleitung vom Kaltenberg. Abwässer wurden kanalisiert und gereinigt in die Schwechat geleitet. Die Weilburg hatte Blitzableiter und unter dem Kupferdach Wasserreservoirs als Brandvorsorge. Die Ausstattung war ebenso nobel wie das Gebäude selbst. Der Bildhauer und Akademieprofesssor Joseph Klieber schuf die Skulpturengruppen im Vestibül und das Wappen, das den Portikus bekrönte. Möbel und Einrichtungsgegenstände stammten von den besten Firmen. Joseph Danhauser lieferte die Mahagonimöbel mit Bronze-Applikationen, Stoffe kamen vom Seidenfabrikanten Hornbostel. Dafür erscheinen die Kosten von insgesamt umgerechnet rund 13 Millionen Euro bescheiden, inklusive Architektenhonorar von 600.000 Euro.

Die Familie genoss das Landleben in der Sommerfrische, empfing Besuche, der Hausherr ließ Musiker wie Lanner und Strauß konzertieren und diskutierte mit Schriftstellern wie Franz Grillparzer. Seine große Leidenschaft war der Garten, 1620 Rosensorten soll Erzherzog Carl eigenhändig kultiviert haben. Als Witwer widmete er seine ganze Energie dem Garten und der Erziehung der Kinder. Der älteste Sohn, Feldmarschall Albrecht, ließ neben der Weilburg eine neogotische Kapelle bauen, hielt sich aber lieber in seinen anderen Besitzungen auf. Besonders schätzte Erzherzogin Elisabeth, die Gattin des zweiten Sohnes, Carl Ferdinand, das Schloss. Sie verfügte sogar, in Baden, und nicht in der Kapuzinergruft, ihre letzte Ruhestätte zu finden.

1930 erlebte die Weilburg ihr letztes Fest. Anlass war das 450-Jahr-Jubiläum der Stadterhebung von Baden. Mit Zustimmung von Erzherzog Friedrich organisierte die Gemeinde eine Ausstellung, renovierte den Garten und organisierte einen Vergnügungspark. Bundespräsident und Bundeskanzler nahmen an den Feierlichkeiten teil. Der Besitzer hatte sich nach dem Ersten Weltkrieg auf seine ungarischen Besitzungen zurückgezogen. Er ließ Mobiliar aus der Weilburg wegbringen, hatte aber zumindest die Absicht, sie zu renovieren. Sein Erbe Albrecht, der auf der Weilburg geboren worden war, war an dieser nicht interessiert. Zumindest hatte er die wertvolle Bilder- und Waffensammlung seines Vaters im Keller einmauern lassen. Die Vermietung an die deutsche Wehrmacht war der Anfang vom Ende. Laut Auskunft des Schlossverwalters wurden an vier Stellen Feuer gelegt und die städtische Feuerwehr am Eingreifen gehindert.

Dieses Faktum, und viele weitere Details, die die Macht der Spekulanten und die Machtlosigkeit der Denmalpfleger durch zwei Jahrzehnte dokumentieren, hat Bettina Nezval aus den Akten des Bundesdenkmalamtes zusammengestellt. Die fotografische Gegenüberstellung der Pracht, noch um 1900, und der kläglichen Relikte in der Nachkriegszeit sind erschütternd. Man fühlt sich an einen Vers Heimito von Doderers erinnert: "Viel ist hingesunken uns zur Trauer, und das Schöne hat die kleinste Dauer."