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Martin Vogg: Das Universum im Kleinen#

Bild 'Vogg'

Martin Vogg: Das Universum im Kleinen. Von einer Entdeckungsreise durch niederösterreichische Museen und Sammlungen. Hg. Kultur.Region. Niederösterreich. St. Pölten 2015. 176 S., ill. € 9,90

Im Kulturland Niederösterreich gibt es mehr als 760 Museen. Die NÖ-Card ("1 Jahr freier Eintritt um nur 55 €") hat ihnen in letzter Zeit viel Popularität verschafft. 130 davon stellt die neueste Publikation der Kultur.Region.Niederösterreich vor. Von Aggsbach bis Zwettl, von der Urgeschichte bis zur Gegenwartskunst führt die Entdeckungsreise. Martin Vogg, studierter Europäischer Ethnologe und Kulturmanager, hat gemeinsam mit der Profifotografin Katrin Vogg und der Grafikerin Nina Ober mit dem Band ein faszinierendes Kaleidoskop geschaffen.

Als Titel wählte der Autor treffend "Das Universum im Kleinen". So bezeichnete Ferdinand II. im 16. Jahrhundert seine Ambraser Sammlung. Mit dem ältesten Museum Österreichs wollte sich der Kaiser ein Bild der von ihm regierten Welt machen. Wie diese ist das Universum im Kleinen "keine Ansammlung von fix definierten Ist-Zuständen, sondern … einem Veränderungsprozess unterworfen." Völlig ungerecht wird "museal" häufig pejorativ gebraucht, mit erstarrt oder verstaubt assoziiert. Der vorliegene Band beweist einmal mehr das Gegenteil. Dafür kann man dem Museumsmanagement, der Kompetenz- und Servicestelle für die niederösterreichischen Museen, nicht genug danken.

Die Entdeckungsreise beginnt im "Heimatmuseum". Das erste Kapitel vereint so unterschiedliche Museen wie die bürgerliche Kunst-und Realitätenkammer Rollett-Museum in Baden und bäuerliche Sammlungen, in denen der Horror Vacui herrscht. Sie schildern "was anders war" und "was nicht mehr ist". Die zweite Station führt zur "Natur im Museum", etwa nach Orth, wo man sich der Donau widmet, zur faszinierenden Welt der Mineralien im Stift Melk oder in das Niederösterreichische Landesmuseum mit seinen Tierpräparaten. "Es war einmal in Niederösterreich" erzählt von Knochen, Steinen und Scherben. Man besucht u.a. das Krahuletz-Museum in Eggenburg mit dem Seekuh-Skelett, das Höbarth-Museum in Horn mit seinen paläontologischen Objekten, oder macht mit experimenteller Archäologie Ausflüge in die Bronzezeit und zu den alten Römern.

"Die Macht des Glaubens" manifestiert sich nicht nur in den Schätzen der Klöster, sondern auch in vielen anderen Sammlungen, wie dem Wallfahrtsmuseum Maria Langegg oder dem Krippenmuseum Vösendorf. Eine der neuesten Präsentationen sakraler Volkskunst hat Josef Geissler, der Begründer des Museumsdorfs Niedersulz, im ehemaligen Pfarrhof des Ortes eingerichtet. Neben der katholischen Kirche prägten die Grundherrschaften das alte Niederösterreich. Ihnen ist das nächste Kapitel gewidmet, u.a. mit Einblicken in Burg Kreuzenstein, Schloss Greillenstein oder in die Radetzky-Gedenkstätte Heldenberg.

Das Kontrastprogramm dazu stellt "Das Volk" dar. In erster Linie denkt man da an den "bäuerlichen Lifestyle" und landwirtschaftliche Arbeit, wie sie etwa im Mostviertler Bauernmuseum oder im Gutensteiner Waldbauernmuseum vorgestellt werden. Doch auch das Leben in der Stadt (z.B. Neunkirchen, Stockerau), der Zünfte und selten gewordener Gewerbe (Uhrmacher, Schuster, Schmiede, Glasmacher …) fallen in dieses umfangreichste Kapitel. So gelangt man fast automatisch in die "Modern Times". Hier erzählt Martin Vogg von gesellschaftlichen Umbrüchen, veränderten ökonomischen Rahmenbedingungen und der Politik. Neue Transportmittel und Arbeitsmethoden in Fabriken werden museal ebenso bewahrt, wie das inzwischen legendäre Lilien-Porzellan, Oldtimer oder Produkte der frühen Freizeitgesellschaft.

Nicht zu vergessen sind die Kunstsammlungen, von denen manche einzelnen Künstlern gewidmet sind. Stift Seitenstetten besitzt eine der umfassendsten Kollektionen, von der Antike bis in die Moderne. Schloss Rohrau zeigt Barock, das Stadtmuseum St. Pölten Jugendstil. Gegenwartskunst ist in drei Sammlungen in Klosterneuburg vertreten: Galerie der Moderne im Stift, Essl-Museum und Museum Gugging. In Herrnbaumgarten besteht seit mehr als 20 Jahren das "Nonseum", das vor kurzem, gemeinsam mit anderen Sammlungen, in eine neue Ausstellungshalle eingezogen ist. Das letzte Kapitel führt zurück zu den Anfängen im Leben eines Menschen, in die Kinderwelt, in der Spielzeug, Matador und Zinnfiguren eine Rolle spielten.

Das Leitmotiv, das sich Martin Vogg für seinen Museumsführer gewählt hat, heißt "Veränderung". Angst davor wäre "der schlechteste aller Ratgeber", wie er in seinem Resümee schreibt. Mit dem Band ist es ihm gelungen, die kleinen Museen des größten Bundeslandes sympathisch darzustellen, und die großen entsprechend zu würdigen. Dies geschieht im perfekten Zusammenspiel mit den Meisterfotos und der grafischen Gestaltung. Außerdem gibt es Kurzbiographien vieler Gründerpersönlichkeiten, die sonst meist vergessen werden. Der Band lässt keine Wünsche offen. Außer dem einen, die vorgestellten Sammlungen möglichst bald in natura zu sehen.