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Martina Bauer: Leopold Forstner #

Bild 'Forstner'

Martina Bauer: Leopold Forstner (1878–1936) Ein Materialkünstler im Umkreis der Wiener Secession. Böhlau-Verlag Wien 2016, 247 S., ill., € 40,-

Leopold Forstner, Grafiker, Designer, Mosaik- und Glaskünstler, Entwerfer für Denkmäler, Grabkunst, Innenarchitektur, stammte aus Leonfelden im oberen Mühlviertel. Sein Vater war gelernter Tischler, übte aber den Beruf nicht aus, sondern führte mit seiner Frau ein Gasthaus im späteren Kurort. Auch Leopold Forster legte die Meisterprüfung im Tischlergewerbe ab - allerdings erst im Alter von 50 Jahren und nach einer beachtlichen Karriere als Künstler und Kunsthandwerker, "der nicht müde wurde, sich immer wieder neu zu erfinden". So schreibt die Kunsthistorikerin Martina Bauer, die als Gründungsmitglied der Leopold Forstner Gesellschaft den Nachlass aufarbeitet: "Forstner war ein Universalkünstler, der die Kreativität eines Künstlers und die Perfektion eines Kunsthandwerkers in einer Person vereinte. Als Maler und Grafiker wäre er einer unter vielen gewesen, als Mosaik-, Glas- und Materialkünstler war er ein Visionär."

Leopold Forstner absolvierte eine Lehre in der renommierten Tiroler Glasmalerei- und Mosaikanstalt. Mit deren Empfehlungsschreiben kam er nach Wien und begann das Studium an der Kunstgewerbeschule. Dort unterrichteten um 1900 bedeutende Vertreter der Wiener Moderne: Kolo Moser leitete die Meisterklasse für Malerei, Josef Hoffmann war Professor der Meisterklasse für Architektur. Beide spielten nicht nur als Lehrer Forstners eine wichtige Rolle, sondern auch als Auftraggeber seiner 1908 gegründeten "Wiener Mosaikwerkstätte". Er richtete sie zunächst im Haus Althanplatz 6 ein, nachdem er in der Nähe am Alsergrund gewohnt hatte.

Das Zusammenspiel von Entwurf und Umsetzung zeichnete die Arbeiten von Leopold Forstner aus. "Er war als Künstler mit Materialverständnis und Kreativität nahezu der Einzige auf seinem Gebiet." Otto Wagner bescheinigte hochachtend, dass die Erzeugnisse der Wiener Mosaikwerkstätte "ganz meinen Intentionen entsprechen". Schließlich schuf Forstner für die Otto-Wagner-Kirche Am Steinhof das 85 m² große Altarmosaikbild. Martina Bauer eröffnet in dem aufschlussreichen Kapitel darüber auch einen "Blick hinter die Kulissen" des seinerzeit umstrittenen Bauwerks. Keine Probleme hatte der Mosaikkünstler bei der Gestaltung der Kirche am Wiener Zentralfriedhof. 1911 war Forstner Mitbegründer des Unternehmens "Wiener Friedhofskunst". Zeitlebens kämpfte der Designer gegen den "unästhetischen Geist" und "die Oberflächenkultur, die ebenso wenig sittlich wie künstlerisch ist". Da sich die "Geschmacklosigkeiten" auch im Totenkult zeigten, wollte er einzigartige Monumente als letzte Ruhestätten gestalten.

Der Bild-Text-Band über den "Materialkünstler" bringt davon ebenso Beispiele, wie für seine Ausstellungsbeteilungen um die Jahrhundertwende. Schon als junger Absolvent machten Forstners Arbeiten bei Ausstellungen der Secession Eindruck, später bei Kunstschauen in Wien, Rom und Berlin oder bei Großveranstaltungen wie der Internationalen Jagdausstellung und der Adria-Ausstellung.

Weltberühmt sind die goldschimmernden Mosaiken im Palais Stoclet in Brüssel, das Forstners Professor Josef Hofmann 1905-1910 plante. An dem sieben Meter langen Fries für das Speisezimmer, den Gustav Klimt entworfen hatte, scheiterten etliche Ausführende. In Leopold Forstner fand der Maler einen kongenialen Partner. Erst dessen Wissen und Erfahrung brachten dem Werk die Wirkung, die als "klimtisch" gerühmt wurde.

Der Erste Weltkrieg traf Forstners Firma in einer wirtschaftlichen Hochphase. Er hatte 1912 einen neuen Glasschmelzofen angeschafft und beschäftigte neun Mitarbeiter. 1915 entwarf und lieferte er unentgeltlich das "Kindermosaik" zur Unterstützung von Kriegerwaisen und -witwen. 1916 bis 1918 war der Künstler als "Sammeloffizier" in Montenegro, Albanien und Altserbien eingesetzt. Er erwarb für das Heeresgeschichtliche und das Volkskundemuseum Exponate. Außerdem sollte er mit den Einheimischen Kontakt pflegen, Landschaft und Gebäude studieren, zeichnen und fotografieren. Nach Kriegsende übersiedelte Forstner samt seiner Werkstätte nach Stockerau. Standort war die ehemalige Kavalleriekaserne, Schwerpunkt der Produktion die Erzeugung und Bearbeitung von Edelglas. Nach einigen Jahren zog er sich aus der Firma zurück. "Er konzentrierte sein eigenes Kunstschaffen auf das Entwerfen von Denkmälern und Inneneinrichtungen und widmete sein Wissen als Künstler Schülern und Jugendlichen." In seinen letzten Lebensjahren unterrichtete er am Bundesgymnasium Hollabrunn Zeichnen und Werken. Kurz zuvor hatte er noch die Meisterprüfung als Tischler abgelegt.

"Mit 58 Jahren war Forstner noch lange nicht am Ende seiner künstlerischen Karriere angekommen. Er hatte viele Ideen und Energie, diese Welt mit seiner Kunst und seinen Entwürfen noch ein Stück weit reicher und vielfältiger zu machen", schreibt Martina Bauer. Aber es kam anders. Drei Tage nach seinem 58. Geburtstag starb Leopold Forstner an Blinddarmdurchbruch.

Bauers Buch ist der Persönlichkeit des Universalkünstlers angemessen. Solid recherchiert, kompetent formuliert, passend illustriert und perfekt im Layout. Ein Anhang zeigt übersichtlich "Leopold Forstner im Kontext seiner Zeit". Außerdem gelingt es der Autorin, den Künstler als Privatmann zu porträtieren. Er legte großen Wert auf gute zwischenmenschliche Beziehungen, die er immer vor Profit und Reichtum stellte. So wie er sich für seine Kunst engagierte, sorgte er zugleich für seine Familie - was wirtschaftlich nicht immer leicht war. Martina Bauer schließt mit den Worten: "Es ist schön, dass wir mit diesem Buch der Kunstwelt einen Künstler näherbringen können und dazu beitragen, Leopold Forstner aus seinem Schattendasein ins strahlende Licht zu rücken. Nichts anderes hat er verdient."