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Eugen Antalovsky (Hg.): Stadtkultur & Urbanität#

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Eugen Antalovsky (Hg.): Stadtkultur & Urbanität. Stadtkleider - Stadtkonsum - Stadtspeicher. edition seidengasse: Bibliothek urbaner Kultur. 124 S., € 18,00

Der Historiker und Anthropologe Hubert Christian Ehalt gründete und leitete als Wissenschaftsreferent der Stadt Wien die Wiener Vorlesungen, ein Dialogforum der Stadt. Der überaus aktive und kreative Gelehrte trat als Autor und Herausgeber mit einer Fülle von Publikationen an die Öffentlichkeit. Für den Verlag "Bibliothek der Provinz" erfand er die "Bibliothek urbaner Kultur." Darüber schreibt er im vorliegenden Band: "Alle Individuen, die die Geschicke der Welt in lokalen, nationalen und globalen Maßstäben gestalten, wurden und werden durch urbane Kulturen sozialisiert. … 'Stadtluft' und städtische Kultur haben in der Geschichte Chance und Möglichkeit von Freiheit und Unabhängigkeit geschaffen. Innovative und risikofreudige Persönlichkeiten gingen vom Land in die Stadt. Im 19. Jahrhundert wuchsen die Städte in Europa … um 1900 zählte Wien rund 2 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner."

Jetzt sind es fast ebenso viele, rund 1,9 Millionen. Das stellt die Stadt, ihre Regierung und die BewohnerInnen vor neue Herausforderungen. Einfach "von oben" bestimmen, geht nicht mehr. " Möglichkeiten … für eine durch bessere Argumente bestimmte Diskussion müssen täglich neu erarbeitet und erkämpft werden" , betont Ehalt. Dazu soll diese Buchreihe beitragen. Band 3 wurde vom Politologen Eugen Antalovsky herausgegeben. Er schreibt, " In der wissensbasierten Gesellschaft spielt die Qualität und Dichte des Netzwerks von universitären, außeruniversitären und kommerziellen Forschungseinrichtungen für den Fortschritt und die Standortattraktivität von Städten eine sehr bedeutende Rolle. … Die Arbeit der Wiener Stadtverwaltung wird derzeit in einer wachsenden Zahl von Projekten mit der Arbeit von innovativen WissenschafterInnen verbunden. " Das Buch, das solche Initiativen vorstellt, gliedert der Herausgeber in drei Schwerpunkte.

"StadtKleider" meint die Art, wie sich Wien präsentiert und inszeniert. Es geht um dauerhafte und temporäre Architektur, Design des öffentlichen Raums und Stadtentwicklung. Ein Vorzeigeprojekt in den 1990er Jahren war die Transformation des Gürtels von einem übel beleumundeten Straßenzug zum großstädtischen Szeneviertel. Die Gürtelstraße entstand Ende des 19. Jahrhunderts an Stelle des barocken Linienwalls, der die Vorstädte schützen sollte. Er trennte die heutigen Innenbezirke von den jenseits gelegenen Vororten und diente zuletzt nur noch als Steuergrenze für die Verzehrungssteuer. Charakteristisch für die Neugestaltung um die Jahrhundertwende waren Otto Wagners großzügige Stadtbahn-Anlagen. Der Architekt plante die Nutzung der Viadukte durch Gewerbebetriebe und Lokale. Mit dem Gürtelprojekt "URBION" beschäftigen sich der Urbanist Paul Rajakovics im Gespräch mit der Architektin Silja Tillner, und der Journalist Rüdiger Wischenbart. Der Stadtforscher Lutz Musner widmet dem "Habitus von Wien" - zwischen Geschichte und Inszenierung - einen Essay.

Der zweite Teil ist "StadtKonsum" übertitelt. Hier hat zunächst die Journalistin Erika Müller die Direktorin des Kindermuseums ZOOM, Elisabeth Menasse-Wiesbauer, interviewt. Sie stellen fest, dass sich das kulturelle Angebot für Kinder und die Kinderfreundlichkeit in Wien positiv entwickelt haben. Die "Falter"-Redakteurin Julia Ortner sieht Wien als "eine Stadt zwischen sanfter Aufwertung und unsanfter Kommerzialisierung". Der Zeithistoriker Siegfried Mattl beschäftigt sich mit der "Ware Stadt" als "Transformation konsumtiver Räume". Gunnar Landsgesell, außenpolitischer Redakteur, macht die "Politik der temporären Nutzung" zum Thema. Er stellt fest, dass unter dem Druck der Globalisierung Faktoren wie kulturelle Vielfalt, Lebensqualität und Freizeit für die konkurrierenden Städte von zentraler Bedeutung sind. Als Beispiele nennt er die Sommerstrände am Donaukanal und die Attraktionen auf dem Rathausplatz. "… Konsum und Unterhaltung werden zu Strategien der Stadterneuerung. Die Stadt festivalisiert sich, baut sich zur Erlebnislandschaft aus oder zur Bühne um und restrukturiert damit zugleich ihre Räume."

Schließlich geht es um "StadtSpeicher". Der Autor Oliver Lehmann beschäftigt sich kritisch mit dem Welterbe-Status Wiens. Der Medienberater Ritchie Pettauer untersucht die Auswirkungen digitaler, vernetzter Medien, die einen vielschichtigen Wandel der Institution Museum verursachen. Eva Blimlinger war Forschungskoordinatorin der Historikerkommission der Republik Österreich. Sie erläutert, wie man die Geschichte einer Liegenschaft anhand des Grundbuchs rekonstruieren kann. Als Beispiel nimmt sie das Objekt Schottenfeldgasse 60, in der sich ein jüdisches Bethaus und eine hebräische Sprachschule befanden.

Das Buch "Stadtkultur und Urbanität" beruht auf Ergebnissen der "Wiener Wissenschaftstage". Zehn AutorInnen unterschiedlicher Fachgebiete setzen sich mit Stadtkultur, Stadtidentität und Stadtdiskursen aus einer gesellschaftswissenschaftlich-urbanistischen Perspektive auseinander. Für den Herausgeber ist damit "eine spannende Melange höchst abwechslungsreicher Texte" entstanden.

hmw