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Josef Gober: Heimatbuch der Marktgemeinde Weissenbach#

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Josef Gober: Heimatbuch der Marktgemeinde Weissenbach. 406 S., ill., Kral Verlag Berndorf. € 39,90,-

Ortsjubiläen sind immer ein Anlass zum Feiern und für Heimatbücher. In Weißenbach ist dies in den 1-er-Jahren der Fall. Anlässlich des 750 Jahre Neuhaus-Jubiläums wurde im Lauf des Jahres 2001 eine Reihe von Veranstaltungen abgehalten. Namhafte Historiker sind allerdings der Meinung, dass das 1251 erwähnte "novum castrum" nicht mit unserem Neuhaus identisch ist, schreibt Josef Gober im neuen Heimatbuch. Doch ließen es sich die Bewohner auch 1951 nicht nehmen, einen Umzug mit historisch kostümierten Gruppen zu veranstalten, zwar in nachkriegsbedingt einfacher Form, aber "sehenswert". 2021 ist ein echtes Jubiläumsjahr. Vor einem halben Jahrhundert, 1971, schlossen sich Weissenbach Neuhaus und Schwarzensee zu einer Großgemeinde zusammen. Vor 40 Jahren, 1981, folgte die Markterhebung von Weissenbach an der Triesting mit der Verleihung des Gemeindewappens. Es zeigt drei silberne Wellenbalken und drei goldene Sterne.

2021 erschien das Heimatbuch der Marktgemeinde Weissenbach. Es ist, wie Bürgermeister Johann Miedl zum Geleit schreibt, natürlich in erster Linie für unsere Gemeindebürgerinnen und Gemeindebürger geschrieben worden. Sein Autor, Josef Gober, Graveurmeister und Kunstmaler, ist deren ehrenamtlicher Archivar und veröffentlichte zahlreiche heimatkundliche Beiträge. Für das neue Buch konnte er auf das 1986 erschienene Heimatbuch, auf Chroniken und Dokumente zurückgreifen. So ist ein detailreicher, mehr als 400-seitiger Band entstanden. Er ist reich illustriert und folgt der traditionellen Gliederung wie Ortsname, Geographie und Landschaft, Werden des Ortes, Grundherrschaft, Siedlung und Katastralgemeinden, Gemeindewesen und soziale Einrichtungen, Kriegsereignisse, Wirtschaft, Infrastruktur, Bevölkerungsentwicklung, Kirche, Bildung, Kultur und Vereine, Sagen und Anekdoten.

Weissenbach an der Triesting verdankt der Wasserkraft seine Entwicklung vom Bauerndorf zum Industriestandort, der zu einem wirtschaftlichen Zentrum des Triestingtales avancierte. Die Spiegelfabrik in Neuhaus zählte - wie die Linzer Wollzeugfabrik und die Wiener Porzellanmanufaktur - zu den wichtigsten österreichischen Unternehmen des 18. Jahrhunderts. Der merkantilistische Staat hatte größtes Interesse, die Einfuhr von Luxusartikeln zu verhindern. Da kamen zwei Venezianer gerade recht, die dem Kaiser versprachen, Kristallspiegel herstellen zu können. Diese Vorspiegelung falscher Tatsachen brachte den Betrügern beachtlichen Gewinn. Die in der Burg geplante Fabrik stellten sie nicht fertig, regionale Glasmeister erwarben die in Bau befindliche Anlage. Sie strebten ein zwanzigjähriges Privileg an, doch die Hofkammer, die schon viel investiert hatte, verlor das Interesse. Sie überließ dem Fabrikanten Johann Christoph Rechberger die Herrschaft Neuhaus. Nach seinem Tod wurde die Spiegelfabrik zum Staatsbetrieb, um 1800 gab sie hundert Menschen Arbeit. Die bis 5 m² großen Spiegel fanden international Absatz, ihre Qualität konnte mit der von Venedig konkurrieren. Nach der Verlegung der Produktion in den 1830er Jahren stellte die Fabrik 1844 ihren Betrieb ein.

Seit dem 18. Jahrhundert bestanden im Triestingtal metallverarbeitende Betriebe, wie eine Nürnberger Messingfabrik in Weissenbach, die "Flinserlfabrik", die vergoldete und versilberte leonische Waren herstellte, ein Walz- und Drahtzugwerk und die "Prym-Fabrik", deren Nadeln, Druckknöpfe und Reißverschlüsse bis in die 1980er Jahre im Handel waren. Als Industrie-Pionier und Förderer Weissenbachs tat sich Adolf Pittel (1838-1900) hervor. Sein Vater wurde wegen militärischer Verdienste in den Freiherrenstand erhoben. Adolf Pittel war Generalmajor und erhielt, wie sein Vater, den Maria-Theresien-Orden. Nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Militärdienst ließ er sich als Industrieller in Niederösterreich nieder. 1869 erwarb er eine Zementfabrik an der Triesting und modernisierte sie. Im folgenden Jahr gründete er die Firma "Adolf Baron Pittel & Comp.", dann das Unternehmen "Pittel & Brausewetter", das - von Brücken bis zu Grabsteinen und Pflasterplatten - Objekte aus Betonguss herstellte. Baron Pittel gilt als sozial denkender Arbeitgeber, mit seiner aus belgischem Adel stammenden Gemahlin war er auch gesellschaftlich und kulturell engagiert. Das Ehepaar stiftete in Weissenbach einen Kindergarten, die ursprünglich reichlich neogotisch dekorierte Pfarrkirche und den Friedhof, auf dem sich seine Gruft befindet.

Es mag verwundern, dass sich eine Industriegemeinde als Sommerfrische und Kurort profilieren konnte. Auch hier war Adolf Pittel, gemeinsam mit Simon Graf Wimpffen die treibende Kraft. Baron Pittel gründete 1882 den ersten Verschönerungsverein. Statt einer "Gstätten" wurden ein Park und eine Promenade gebaut. 1897 bekam Weissenbach als erster Ort im Triestingtal eine elektrische Straßenbeleuchtung, im folgenden Jahr eine Aussichtswarte auf der Ludwigshöhe. Um 1900 zählte man 1.000 Sommerfrischler und 10.000 Übernachtungen. Fiaker und Stellwagen brachten die Gäste vom Bahnhof in ihre Quartiere.

Der Aufstieg von Neuhaus zum Kurort ist untrennbar mit den Reichsgrafen von Wimpffen verbunden. Den ersten noblen Beherbergungsbetrieb, das "Hotel Neuhaus", eröffnete anno 1887 Anastasia Reichsgräfin von Wimpffen (1838-1889), die der Großhändler- und Bankiersamilie Sina entstammte. Ihr Sohn Simon (1867-1925) war Großgrundbesitzer in Ungarn und die treibende Kraft des Tourismus. 1893 ließ er die "Alten Villen" bauen, wo man sich um umgerechnet 5.000 bis 12.000 Euro pro Saison einmieten konnte. An Stelle sumpfiger Wiesen ließ er einen Teich - zum Kahnfahren bzw. Eislaufen - samt Park anlegen. Bis zum ersten Weltkrieg war Neuhaus mit seinen Luxushotels, Villen, Glassalon, Bad, Rollschuhbahn, Sportanlagen und Kuranstalt ein bevorzugter Urlaubsort für Adelige. 1880 lobte der Wiener Touristenführer die Umgebung von Weissenbach für ihre "herrlichen Wald- und Wiesenszenen" und "seltene Auswahl malerisch schöner Aussichtspunkte". 140 Jahre später schreibt Josef Gober: Die Marktgemeinde Weissenbach kann man heute nicht mehr als einen Fremdenverkehrsort bezeichnen. Für den Tagestourismus bietet sich vor allem der Peilstein an. Die mondänen Hotels wurden zu billigen Erholungsheimen und Flüchtlingsunterkünften. Das einst für seine Kunstschätze berühmte Hotel "D'Orange" ist seit 2011 ein Appartementhaus. Für den abgebrannten Jugendstil-Glassalon des Hotels Stephanie gab es ein Happy End: 2021 erhielt das neue Veranstaltungszentrum den Niederösterreichischen Baupreis. Mehr als ein Jahrhundert nach seiner Errichtung zitiert der Zubau die Geschichte. Er besteht aus Stahlbeton, dessen Pionier Adolf Pittel gewesen war, die verspiegelten Glasflächen verstehen die Architekten von Baukooperative als Referenz an die einstige k. k. Spiegelfabrik zu Neuhaus.

hmw