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Paul Mahringer (Hg.): Adolf Loos Symposium 2021#

Bild 'BDA Loos'

Paul Mahringer (Hg.): Adolf Loos Symposium 2021. Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege Heft 1/2022. Bundesdenkmalamt / Verlag Berger Horn. 184 S., ill., € 10,-

Die vierteljährlich erscheinende Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege behandelt in ihrer ersten Ausgabe 2022 das Adolf Loos Symposium des Vorjahres. Unter dem Motto Bewahren - Ergänzen - Erneuern wurde es von der Initiative "Loos 2021" und dem Bundesdenkmalamt veranstaltet. Am Beginn der Tagung standen die "Zeitzeugenberichte" von Burkhardt Rukschcio und Hermann Czech über die Restaurierung prominenter Werke von Adolf Loos (1870-1933), in der Wiener Innenstadt, vor allem das Wohn- und Geschäftshaus Goldman & Salatsch auf dem Michaelerplatz 3 und die American Bar, Kärntner Straße 10.

Der Architekt und Kunsthistoriker Burkhardt Rukschcio widmet seit den frühen 1970er Jahren einen großen Teil seiner wissenschaftlichen Tätigkeit dem Leben und Werk des Architekten und Kulturpublizisten Loos. Aus reiner Neugierde habe ich fast 20 Jahre an einem Rekonstruktionsplan gearbeitet und diesen immer wieder aktualisiert. …. Dabei gab es viele positive Zufälle und das eine oder andere Wunder. Das größte Wunder war wohl der Wille eines Bankdirektors, das gesamte Geschäftshaus in seinem ursprünglichen Zustand wieder herzustellen. Dies gelang in hervorragender Weise, nicht zuletzt dank des persönlichen Engagements des Autors: Man arbeitet auf so einer Baustelle ja nicht als Architekt, sondern sozusagen als Bauleiter des ursprünglichen Architekten. Das einst umstrittene Loos-Haus ist ein Hauptwerk der Zeit um 1910, andere harren noch der Restaurierung. Hier spricht Rukschcio ein grundlegendes Problem an: Immer mehr Bauwerke des 20. Jahrhunderts gehören renoviert, aber wir haben immer weniger Handwerker, und gar keine Architekten, die speziell dafür ausgebildet sind.

Hermann Czech hat ab 1977 die Restaurierung der American Bar im Kärntner Durchgang im Auftrag des Bundesdenkmalamtes vorbereitet und 1985 den Portalkopf für die Ausstellung "Traum und Wirklichkeit" rekonstruiert. das Lokal selbst wurde erst 1989 renoviert. Hermann Czech hat seinen Beitrag im Tagungsband, Authentitätsfragen der Loos-Bar, als Bildessay mit vielen Plänen, Skizzen und Fotos gestaltet. Die aktuellsten zeigen das heutige Aussehen des Inneren. Manches hat dabei aber nichts mehr mit irgendeinem authentischen Zustand zu tun.

Der international tätige Wiener Architekt Ralf Bock hat im Vorjahr das Loos-Symposium des Bundesdenkmalamts organisiert. Von ihm stammt der Beitrag Die Bedeutung der Interieurs von Adolf Loos - Erläutert am Beispiel der Wohnung Emil Löwenbach. Löwenbach (1869-1934) entstammte einer Textilfabrikantenfamilie. 1913 beauftragte er Adolf Loos mit der Gestaltung seiner 450 m² großen Wohnung im Eckhaus Reischachstraße 3. Derzeit an den Bridge Club Wien vermietet, hat sie Ralf Bock restauriert.

Die Wohnung Löwenbach war eine der letzten von 60, die Loos zwischen 1899 und 1913 ausstattete. Mit dem Thema Adolf Loos und das Einrichten beschäftigt sich Eva B. Ottillinger, Kuratorin am Kaiserlichen Hofmobiliendepot in Wien. Ihr aufschlussreicher Artikel bringt viele Originalzitate des Kulturjournalisten und zeigt u. a. die englischen Vorbilder. Sie inspirierten Loos zu Möbeln, die er beim traditionsreichen Ausstattungsunternehmen Friedrich Otto Schmidt anfertigen ließ. Er wandte sich ebenso gegen die alten Dogmen der Ringstraßenzeit, wie gegen die neuen der aufkommenden Moderne. Loos bezeichnete sich als "Wohnlehrer" seiner Kunden. Kein Architekt oder Künstler würde ihre Wohnbedürfnisse besser kennen als sie selbst, daher sollten sie sich nichts aufoktroyieren lassen.

Fünf weitere Beiträge erschienen zum Schwerpunktthema: Loos-Interieur - Erhaltung durch Restaurierung (Stefan Voglhofer), Zwei Wohnungen Boskovits - Spurensicherungen (Sylvia Mattl-Wurm und Gerhard Murauer), "Klassisches Altertum" für eine moderne Wohnungskultur (Andreas Vass), Die Villa Müller in Prag (Maria Szadkowska) und Die Adolf-Loos-Villa des Direktors der Rohrbacher Zuckerraffinerie (Jana Korinkova und Dagmar Cernouskova).

Außer den Symposiumsberichten enthält das Heft die Rubiken Denkmal erforscht und Denkmal diskursiv. Daniel Resch stellt Modernes Möbeldesign Otto Wagners vor. Als Beispiel dient ein Toilettetisch im damals neuen Raumtyps "Badezimmer". Er stand 1898 im Mittelpunkt eines Pavillons der Jubiläumsausstellung in der Rotunde. Als Kaiser Franz Joseph diese besuchte, zeigte er besonderes Interesse an dem vom Hoflieferanten Franz X. Schenzel ausgeführten Interieur. Wagner gestaltete es als multifunktionalen Rekreationsraum mit Sitzmöbeln und Stoff, kombinierte Funktionalität und Komfort. Später wurde seine Glasbadewanne berühmt.

Gertrud Zowa, Mariia Bakhareva und Robert Linke haben Die Polychromie der Dienstbotenmadonna in St. Stephan erforscht. Die gotische Steinskulptur zählt zu den bedeutendsten Bildhauerarbeiten des Doms. Das aus dem 13./14. Jahrhundert stammende Kunstwerk musste innerhalb der Kirche mehrfach übersiedeln und wurde im Zusammenhang damit einige Male überarbeitet. Die mit dunkler Farbe und einer Wachsschicht überzogene Skulptur ließ nicht ahnen, dass sie ursprünglich rot, blau, grün und weiß gefasst und teilweise vergoldet war. Die im Zuge der Konservierung durchgeführten naturwissenschaftlichen Untersuchungen ergaben fünf Fassungen.

In der Rubik Denkmal diskursiv referiert Andreas Lehne über das Denkmal zwischen östlicher und westlicher Welt-Anschauung: Alois Riegl, Arthur Schopenhauer und Hannah Arendt. Rezensionen und Aktuelles runden das Heft ab, dessen Lektüre über die Zielgruppe der Fachleute hinaus, allen an Architektur und Denkmalpflege Interessierten zu empfehlen ist.

hmw