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Kurt Regschek und die Wiener Schule

Vorbemerkung
»Die Wiener Schule des phantastischen Realismus ist - neben der Malerei Hundertwassers, die ihr nicht unmittelbar zuzurechnen ist - wohl die bedeutendste Manifestation Österreichischer Kunst nach dem zweiten Weltkrieg. Sie ist der eigene und eigenartige Beitrag Österreichs zur modernen Malerei nach 1945« (Wieland Schmied - in: Die Furche 47/1964).

Der Ausgangspunkt der später »Wiener Schule des Phantastischen Realismus« genannten Malergruppe war das gemeinsame Studium von Arik Brauer, Ernst Fuchs, Wolfgang Hutter, Anton Lehmden und anderen an der Akademie der bildenden Künste auf dem Wiener Schillerplatz unmittelbar nach Kriegsende 1945. Rektor war Herbert Boeckl, der beliebteste Lehrer aber war Albert Paris Gütersloh. Während die wichtigste Wurzel der Malerei der späteren »Phantasten« der französische Surrealismus der Zwischenkriegszeit war, hatte Gütersloh Elemente des Jugendstils bewahrt, die er seinen Schülern weitergab. Neben Gustav Klimt waren es auch Alfred Kubin, Rudolf Wacker und Oskar Kokoschka, die die Nachkriegsgeneration der Wiener Maler beeinflussten - nicht zu vergessen Edgar Jene, der längere Zeit in Wien weilte, und der Doyen der Wiener Schule, Charles Lipka.

Charakteristisch für diese Künstlergruppe war die Pflege der altmeisterlichen Maltechnik, insbesondere der Lasur nach dem Vorbild der altdeutschen und flämischen Malerei, und das Studium der Werke des Manierismus - zum Kunsthistorischen Museum waren es ja nur wenige Schritte - abgesehen von den Bildern in der Galerie der Akademie selbst. So finden sich bei den jungen Wiener Malern deutliche Anklänge an Hieronymus Bosch und Pieter Brueghel, Albrecht Altdorfer und Giuseppe Arcimboldo.

»Auffallend für alle Maler der Gruppe ist der Traditionalismus, dem sie verpflichtet sind, eine Begeisterungsfähigkeit für das Historische, ein Eklektizismus, der von der assyrisch-babylonischen Kunst bis zum Surrealismus reicht. Kennzeichnend ist femer die besondere Vorliebe für die Feinmalerei und die Fähigkeit, eher das kleine, miniaturhafte als das große Format künstlerisch zu bewältigen. Die Schöpfungen sind vorwiegend mehr graphisch betont, eine literarisch-erzählerische Note ist es, die vorherrscht. International gesehen stehen sie am ehesten in einer Bewegung, die man als Neo-Surrealismus bezeichnet.« (Robert Waissenberger)

Vom Surrealismus unterschied sich der phantastische Realismus aber nicht nur in der Anlehnung an frühere Vorbilder in Technik und Motivauffassung, sondern auch durch die stärkere Verwendung von Symbolen und ein Maß von Humor und Heiterkeit - Eigenschaften, die den Österreichern trotz der furchtbaren Erlebnisse, die ihnen der Krieg beschert hatte, nicht verloren gegangen sind. Zwar wurden tragische Schicksale, Krieg und Tod, oft bestürzend real zum Ausdruck gebracht, »doch die Trauer, der zornige Aufschrei, das Grübeln um apokalyptische Visionen wichen den Träumen einer Zukunft, die besser als das Vergangene werden sollte« (Gerhard Kisser).

Der Kunstkritiker Johann Muschik, der für sich in Anspruch nimmt, den Begriff »Wiener Schule des phantastischen Realismus« geprägt und den fünf (von ursprünglich sieben) Künstlern der Gruppe schon 1947 zugeordnet zu haben, weist auf Wien als den Ausgangspunkt der Psychoanalyse hin und stellt diese Kunstrichtung in einen größeren Zusammenhang, wenn er schreibt:

»Dieses Land im Zentrum Europas, dieses Reich an der Scheidelinie zwischen Orient und Okzident, das in sich selber, über ein Jahrtausend lang, eine der phantastischsten Existenzen darstellte, war dem Merkwürdigen, Sonderbaren jederzeit aufgeschlossen und reagierte mit einem schöpferischen und gesunden Sinn darauf. Sigmund Freud, Österreicher, Entdecker des Unbewussten, Erforscher des Irrationalen, dessen Weiten er erst so richtig durchmaß, was war sein Anliegen? Jenes gefährlich brodelnde Reich in die Gesamtpersönlichkeit zu integrieren, es unter die Herrschaft von weniger anarchischen Kräften zu bringen... Was sie in ihrer Gesamtheit malen, was einzelne von ihnen, die besten, jeder in seinem Werk darstellen, ist eine runde Welt, die über dem Erschreckenden, Grauenhaften das Tröstliche nicht vergisst, in der nicht nur Ernst, sondern auch Grazie und Heiterkeit wohnen und das Erstaunliche, Phantastische der Steigerung des Wirklichkeitserlebnisses dient. Deswegen wurden die Künstler ja phantastische Realistem genannt, weil sie in phantastischer Szene sehr wirkliche Dinge darstellen. Der bloße Niederschlag des Unbewussten genügt ihnen nicht. Sie führen ihre Einfalle weiter, formen aus ihnen etwas sinnvoll Durchdachtes.«

1951 bis 1953 noch im Kellerlokal »Strohkoffer« zusammengedrängt, wuchs der Kreis der Künstler, die man im weiteren Sinn zur Wiener Schule rechnen kann, in den Jahren 1958 bis 1962 beträchtlich an. Zu den Neuzugängen zählten vor allem Kurt Regschek, Helmut Kies, Michael Coudenhove-Kalergi, Peter Proksch und Peter Klitsch, aber auch Helmut Leherb, Robert Doxat, Karl Hodina und Karl Korab.

Vom 10. März bis 4. April 1965 veranstaltete die Kest-ner-Gesellschaft in Hannover eine Ausstellung mit dem Titel »Die Wiener Schule des phantastischen Realismus« mit den fünf Wiener Malern Brauer, Fuchs, Hausner, Hutter und Lehmden. Diese Ausstellung war ein großer Erfolg und wurde anschließend in weiteren Städten Deutschlands gezeigt.

Im April desselben Jahres beschloss Kurt Regschek, sich von der Wiener Schule wieder zu trennen. Er war zu der Erkenntnis gekommen, dass jeder Künstler seinen Weg letztlich allein gehen muss. Kurt Regschek hatte bis zu diesem Zeitpunkt viel mit den Phantasten und für die Phantasten gemacht. Er hatte im Dezember 1959 an der ersten Ausstellung, die den Titel »Wiener Schule des phantastischen Realismus« trug, in der Wiener Galerie Fuchs mit einem Dutzend anderer Maler teilgenommen. Danach war er auf Gemeinschaftsausstellungen der Gruppe in Wien, Linz, Rom, Warschau, Düsseldorf und Sao Paulo vertreten.

1962 gründete er mit Peter Klitsch und Richard Matouschek die »Galerie zur Silbernen Rose«. 1963 organisierte er gemeinsam mit Klaus Lin-gens und Rudolf Hausner die Ausstellung »Wiener Schule des Phantastischen Realismus« in der Galerie »Zum Basilisken«, wobei er bei der Katalogerstellung peinlich genau darauf achtete, dass jedem der 23 Künstler eine Katalogseite mit einer Abbildung zugestanden wurde (»demokratisches Prinzip«).

1964 veranstaltete Regschek mit Miljeva Böck-Greissau und Albert Fuchs die Ausstellung »Bregenz -phantastische Malerei«.

Im selben Jahr erschien im Wiener Forum-Verlag das Buch »Malerei des phantastischen Realismus, die Wiener Schule, Brauer, Fuchs, Hausner, Hutter, Lehmden«, in dem der Direktor der Kestner-Gesellschaft, der Wiener Kunstkritiker Wieland Schmied, über Kurt Regscheks Bild »Zentrum Wien« u.a. schrieb, dass dieses programmatisch für Tendenzen und Inhalt der ganzen Wiener Schule stehen könnte:

»Kurt Regschek malt ein Wien, das von oben gesehen ganz unversehrt ist, da ist der Stephansturm, da sind die Dächer in unantastbarer Solidarität, Wolken ziehen vom Wienerwald her über den Feiertagshimmel. Aber unter den Dächern, da ist nichts mehr, da ist alles ausgehöhlt, grottenartig, gruftartig ...in dieser programmatischen Dichte haben weder Hausner noch Hutter, weder Fuchs noch Lehmden ihre Beziehung zu Wien formuliert«.

Dieses 1961 entstandene, herausragende Bild ist bezeichnender Weise weder im genannten Buch noch im Ausstellungskatalog für Hannover 1965 enthalten. Kurt Regschek, der sich sehr für seine Kollegen engagiert hatte, insbesondere bei der Vorbereitung von Ausstellungen, der Zusammenstellung von Katalogen und Büchern, fühlte sich von einigen seiner Kollegen ungerecht behandelt. So sah er nicht ein, warum er immer nur dann eingeladen werden sollte, wenn die Ausstellungsräume zu groß waren, aber bei wichtigen Anlässen nicht berücksichtigt wurde.

Den von der Gruppe zusammen mit Johann Muschik geprägten Ausdruck »Wiener Schule des Phantastischen Realismus« hielt er für zu »minima-listisch« und »im Grunde provinziell«. Es bestand aber nicht nur das Problem, dass sich Regschek unkollegial behandelt fühlte. Es gab auch eine Reihe inhaltlicher Unterschiede. Lassen wir den Künstler selbst über den Vorgang sprechen:

»Der Anlass zu meiner Trennung von der Wiener Schule war eigentlich ein Zufall. Arthur Peithner-Lichtenfels besaß eine Galerie in der Spiegelgasse und bereitete eine Ausstellung über Trompe d'oeils vor. Es ist dies eine typisch manieristische Idee, z.B. Gewölbe durch malerische Tricks höher erscheinen zu lassen als sie sind. In der Wachau gibt es eine wunderbare Kirche, Maria Langegg, die ist voll mit Trompe d'ceils, die Seitenaltäre sind alle so gemalt. Peithner-Lichtenfels hatte also diese Idee aufgegriffen und meinte, vielleicht gibt es auch moderne Trampe d'ceils. Der Problem beim Trompe d'oeils - das muss man dazu sagen, sonst versteht man das nicht - ist die Gelegenheit, der Vorwand, ein solches zu machen. Man benötigt z.B. ein Tafelbild, also auf ein flaches Bild, um darauf eine Kuppel oder ein Gewölbe zu malen. Man braucht irgendeine Grundlage, etwa ein schwarzes Brett, auf welchem sich >angereisnagel-te< Karten, Hinweise etc. befinden. Peithner-Lichtenfels hat nun diese Ausstellung gemacht und da hab ich ein schwarzes Brett zum Anlass genommen und darauf geschrieben, warum ich jetzt mit der Wiener Schule nichts mehr zu tun haben will. Meine Unzufriedenheit hatte sich aufgestaut und da habe ich mir gedacht, jetzt sage ich endlich einmal, was ich mir denke. Für mich war die Idee einer vereinsmäßig aufgezogenen >Schule< nicht zu verwirklichen und so, wie das lief, interessierte es mich nicht. Außerdem: eine Schule ohne Schüler ist keine Schule.«

Abschrift des in Maschinschrift gemalten Textes:

Kulturnachrichten
´Kulturnachrichten (1965/1978), Öl auf Holz, 76x61, PB


Kultur-Nachrichten

Kurt Regschek geb. 29.6.1923 in Wien, ord. Mitglied des Wiener Künstlerhauses seit 1962; Preisträger 1963 der Dr. Theodor Körner-Stiftung; Teilnehmer an der ersten Ausstellung der Wiener Schule, Galerie Ernst Fuchs, Wien, Dezember 1959 und in der Folge an vielen Expositionen dieser Gruppe in Wien, Linz, Rom, Warschau, Düsseldorf, Sao Paulo u.s.w.; gründet 1962 mit Peter Klitsch und Richard Matouschek die Galerie »zur silbernen Rose«, Wien; organisiert mit Klaus Lingens und Rudolf Hausner die Ausstellung »wiener schule des phantastischen realismus«, Mai-Juni 1963 in der Galerie »zum Basilisken«, Wien I und mit Miljeva Böck-Greissau, Wien und Primarius Albert Fuchs, Bregenz die Ausstellung »Bregenz 1964 - phantastische malerei«; beschließt im März 1965, sich von der »Wiener Schule« zu trennen, weil er die Überzeugung gewinnt, dass

  1. diese im Sinn einer statutarischen Vereinigung aller ihrer Mitglieder nicht legalisierbar ist und
  2. die Mehrzahl ihrer derzeitigen Exponenten teils aus menschlich-weltanschaulichen, teils aus künstlerischen Gründen nur sehr schwer tragbar scheint.
  3. Jeder muss seinen Weg letztlich ganz allein gehen!

Wien, im April 1965 Wb.g.d.W.Sch.

Seite 3 ... absolut unrichtig erwiesen, wie auch die an sich schon ebenso problematische wie abgedroschene Theorie der wellenförmigen Entwicklung der »Wiener Schule« - zu-mindestens in der gewohnten Interpretation - zurechtfrisiert werden musste. Wenigstens zwei von fünf Exponenten wurden auf diese Art in eine erste Welle manövriert, obwohl dies den Tatsachen geradezu ins Gesicht schlägt.

Dies Unterabteilung begann dann Exklusivitätspolitik zu betreiben, direkt und vor allem mittels persönlicher Freunderln anmaßende Zensuren erteilen zu wollen und ihr wichtig erscheinende Unternehmungen, wenn irgendwie möglich, allein durchzuführen, um damit glauben zu machen, es gäbe nichts als sie, bzw. ihre, gerne im Trüben fischenden Angehörigen. Vorschläge zur Legalisierung wurden immer abgelehnt, ernsthafte Versuche um Gleichberechtigung und Koordinierung der beruflich treibenden Kräfte scheiterten kläglich. So bleibt die Wiener Schule eine niemals realisierte (nach wiederholter Aussage unserer vielen Taufpaten ja auch ungewollte) Institution, die - von wenigen ewigen Sitzenbleibern abgesehen - nur noch aus 5 Vorvätern und Gründern besteht. Sterilisierende Selbstherrlichkeit, etliche Intrigen gegen die Kollegen aus welchen Gründen auch immer, kurzsichtige Kämpfe um ein fragwürdiges Primat berauben sie ihrer Möglichkeiten selbst mehr und mehr. Wenn auch eine bestimmte Presse von einem angeblichen Erfolg berichtete, die Ausstellung in Hannover und ihre Auswirkung zeigen dies.



© Bild und Texte Peter Diem und Anton Wladar