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Die Technische Universität Graz - ein Jubiläum#

Erzherzog Johann - Visionär und Wegbereiter#




Stolz auf sein Erbe und das mit Recht


von
Ines Hopfer




Die Familie Meran


Franz Ludwig Johann Baptist Graf von Meran (1839-1891) war der einzige Sohn von Erzherzog Johann (1782-1859) und Anna Plochl (1804-1885).
Er war seit 1882 mit Theresia Gräfin von Lamberg (1836-1913) verheiratet, mit der er sieben Kinder hatte. Der älteste Sohn des Paares, Johann Stephan (1867-1947), ist gemeinsamer Vorfahre aller in der Steiermark lebenden Erzherzog Johann Nachkommen.




Franz Harnoncourt-Unverzagt
Franz Harnoncourt-Unverzagt)
© Robert Frankl

150 Jahre nach seinem Todestag hat Erzherzog Johann nichts von seiner Faszination verloren. In der Steiermark werden unterschiedliche Bilder des Erzherzogs transportiert – sein Ururenkel, Franz Harnoncourt-Unverzagt, wehrt sich allerdings vehement gegen diverse Einordnungen. Erzherzog Johann war in erster Linie ein Menschenfreund, so Harnoncourt-Unverzagt. Das oberste Prinzip des Erzherzogs war es, in jedem Menschen die volle Persönlichkeit anzuerkennen und zu würdigen – egal aus welcher gesellschaftlichen Schicht er stammte.



Sehr geehrter Herr Harnoncourt-Unverzagt: Ihr Ururgroßvater Erzherzog Johann wird gern unterschiedlich eingeschätzt. "Rebell", "Steirischer Prinz", "Visionär", um nur einige Bezeichnungen zu nennen. Was sagen Sie dazu?

Die Einordnung von einer Persönlichkeit in eine vorgefertigte Schublade ist grundsätzlich immer falsch. Das lehne ich ab. Erzherzog Johann hat auf den gesunden Menschenverstand gezählt, hat auf Vernunft und vor allem auf Zeit vertraut. Menschen von etwas zu überzeugen, von dem sie vorher nicht angetan waren, erfordert sehr viel Zeit und vor allem Geduld.

Also von Revolutionärem keine Spur?

Ein Revolutionär muss ja zuerst zerstören, um dann wieder aufzubauen. Erzherzog Johann hat nichts zerstört. Er hat nie alles Bestehende verworfen, um dann eine völlig neue Struktur daraufzusetzen. Für ihn war es wichtig sich die Fragen zu stellen, was können wir brauchen, was sind die Erfahrungen der Alten, was ist die Erfahrung aus der Vergangenheit und was können wir daraus machen.

Was war das Besondere an der Persönlichkeit von Erzherzog Johann?

Man kann ruhig sagen, dass er sich wirklich und redlich um Tugenden bemüht hat: seine Treue, sein Pflichtbewusstsein und seine wirklich große Zuneigung zum Menschen. Nachdem das Wort Liebe heutzutage schon so strapaziert ist, würde ich es lieber als Zuneigung bezeichnen. Vor 20 Jahren hätte ich sicher noch Liebe zum Menschen gesagt. Aber da muss man furchtbar aufpassen.

Hätte der bürgernahe Menschenfreund Erzherzog Johann die Abschaffung des Adels befürwortet?

Er hat nie das Gottesgnadentum, nie die gesellschaftlichen Strukturen in Frage gestellt. Er hat sich gelegentlich über die Dummheit und die Unwissenheit diverser Adeliger mokiert. Als Deutscher Reichsverweser wollte er auch in der Verfassung einige Privilegien und Vorrechte des Adels beschneiden. Aber den Adel abschaffen, nein, das wollte er nicht. Er hat die traditionellen, hierarchischen Ordnungen so genommen, wie sie waren – mit allen Schwächen und Stärken. Er hat natürlich Ungerechtigkeiten, die sich daraus ergeben haben, sehr verurteilt. Aber für seine Vorhaben war ihm sein Stand sicher sehr sympathisch. Aus dieser Position heraus konnte er ja mehr bewegen.

Franz Harnoncourt-Unverzagt
Franz Harnoncourt-Unverzagt)
© Robert Frankl

Erzherzog Johann hat sehr viel bewegt – welche Errungenschaften sehen Sie als bedeutendste an? Oder ist ein derartiges Ranking gar nicht möglich?

Nun, da haben sie Recht, dass Sie diese Frage so formulieren. Stellen Sie sich vor, Sie hören eine Symphonie von Beethoven und dann fragen Sie, welcher Satz ist der wichtigste. Erzherzog Johanns Lebenswerk ist ein Gesamtwerk. Allerdings, wenn ich die Frage auf die zwischenmenschliche Komponente herunterbrechen darf, würde ich sagen, dass für den Erzherzog seine innerste Lebensbeziehung Johann-Anna, dann die Beziehung mit Sohn Franz, die wohl größte Bedeutung hatten. Aber das ist eine Interpretation aus weiter Ferne. Aber sonst ist sein Gesamtwerk, das Ganze, wichtig! Ich möchte hier ungern eine Wertung machen.

Gibt es bestimmte Anekdoten vom Erzherzog, die Ihnen bereits als Kind erzählt wurden?

Nein, eigentlich nichts. Sie werden in all den Büchern kaum irgendwelche Anekdoten oder Schnurren finden. Er war ein sehr ernster Mensch, sehr zielorientiert und geradlinig. Er war sehr umgänglich mit all seinen Leuten, aber ich bin mir nicht sicher, ob er Ihnen einen Witz erzählt hätte. Ich glaube, das hat seiner Rolle, seiner Funktion als Erzherzog nicht entsprochen. Er war ja auch ein Mitglied des Hauses Habsburg.

Wie wurde Ihnen Ihr persönliches Erbe, Nachkomme des Erzherzogs zu sein, näher gebracht?

Meine Großmutter hat uns Kindern die Lebensgeschichte vom Erzherzog erzählt. Uns wurden keine Anekdoten übermittelt, sondern man versuchte stets darauf hinzuweisen, dass der Erzherzog eine große Persönlichkeit war. Seine Wichtigkeit für das Land wurde uns Kindern dadurch bewusst. Natürlich war für uns damit auch ein gewisser Stolz verbunden, ein Nachkomme des Erzherzogs zu sein. Aber neben diesem Stolz spürten wir auch eine Verpflichtung, diesem Namen keine Schande zu machen. Das hat uns geprägt. Ich kann Ihnen aber nicht sagen, wie uns das vermittelt wurde.

Abgesehen von Ihrem persönlichen Erbe, das Sie in sich tragen und Ihnen weitergegeben wurde, haben Sie auch Erbstücke zuhause – vom Erzherzog Johann oder von Kaiserin Maria Theresia?

Franz Harnoncourt-Unverzagt
Franz Harnoncourt-Unverzagt)
© Robert Frankl
Nein, ein direktes Erbstück habe ich nicht. Erbstücke werden in der Primogenitur, also in der Linie des Ältesten, vererbt. Und das ist auch gut so, sonst ist irgendwann einmal alles zerstreut. Und dann wissen Ururenkel in der 8. oder 9. Generation nicht einmal mehr, was es damit für eine Bewandtnis hat. Und das wäre doch schade, Erbstücke aus dem Zusammenhang zu reißen.

Gibt es eine Persönlichkeit, die Ihrer Meinung nach mit Erzherzog Johann vergleichbar ist?

Das ist schwierig. Ich denke manchmal an Mahatma Ghandi, was seinen Wertebezug angeht. Vielleicht kann man es so sagen: Der Erzherzog Johann war in dem, was er in Angriff genommen hat, so erfolgreich und gut wie Mahatma Ghandi, der in Indien sehr vieles bewegt hat. Aber im Grunde genommen sollte man doch versuchen nicht zu qualifi zieren. Das wäre auch im Sinne des Erzherzogs.

Wie feiert die Nachkommenschaft, rund 1.000 Personen, den Todestag ihres berühmten Ahnherrn?

Es gibt ein großes Familientreffen, das im regelmäßigen Rhythmus von fünf Jahren stattfindet: Eine Familienwallfahrt vom Brandhof[1] nach Mariazell. Diese Familientreffen, insbesondere die Mariazell-Wallfahrt, haben eine sehr spirituelle Komponente. Rund 600, 700 Personen werden erwartet.

Wenn ich den Bogen zur TU Graz spannen darf, Ihr Vater hat an der TU Graz studiert?

Ja, so ist es. Mein Vater war zuerst k.k. Marineseeoffizier im Ersten Weltkrieg. Nach dem Krieg hat er auf der TU Graz Bauingenieurwesen studiert und hat bei einer Baufirma in Berlin gearbeitet. Später ist er mit der Familie wieder nach Graz zurückgekehrt, hat noch Jus studiert und hatte in den 50er Jahren an der TU Graz einen Lehrauftrag für Baugesetzkunde inne.

Der Erzherzog hat Tagebuch geführt. Gibt es bestimmte Einträge, schriftliche Aufzeichnungen, Zitate, die Sie besonders faszinieren?

Ja, es gibt ein Zitat, das mich besonders anspricht: "In der Eintracht Vieler liegt die Kraft, die das Gute bewirkt. Dazu beizutragen ist eines Jeden Aufgabe." Diesen Spruch halte ich für außerordentlich wichtig. Wir haben dieses Zitat auch als Kernsatz für das Leitbild der Grazer Wechselseitigen Versicherung genommen.

Was können wir heute, 150 Jahre nach seinem Todestag, von Erzherzog Johann lernen?

Ich glaube, das ist durch dieses Zitat von vorher am besten spürbar. Was wir wirklich lernen können, ist erstens, sich überzeugt zu Werten zu bekennen und sich nicht von oktroyierten Sachzwängen bestimmen zu lassen. Also eine wirklich deutliche Wertebezogenheit. Zweitens, dass Veränderungen notwendig sind und Zeit erfordern. Und als oberstes Prinzip: Jeden Menschen als eine vollwertige Persönlichkeit anzuerkennen, egal aus welcher gesellschaftlichen Schicht er stammt. Erzherzog Johann hat in jedem Menschen die volle Persönlichkeit gesehen, anerkannt und gewürdigt.


[1] Der Familiensitz in der Obersteiermark war einst Residenz des Erzherzogs und wird heute von Friedrich Meran, Franz Harnoncourt-Unverzagts Neffe 2. Grades, verwaltet



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