!!! Claudia Lehner-Jobst: Ewig schön 

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''Claudia Lehner-Jobst: Ewig schön. 300 Jahre Wiener Porzellan. Residenz Verlag Salzburg. 192 S., ill., € 35,- '' \\ \\

Die Kunsthistorikerin Claudia Lehner-Jobst lädt zu einer Zeitreise mit zwölf Stationen ein. Anlass ist das Jubiläum "300 Jahre Wiener Porzellan". Das prächtige Buch entspricht perfekt seinem Thema. Für die Kuratorin und Konsulentin war es, wie sie einleitend schreibt, "eine herausfordernde Aufgabe" die vergangenen drei Jahrhunderte in ihrem Zeitgeist und mit den künstlerischen Erzeugnissen der Manufaktur auf knapp 200 Seiten darzustellen. Sie hat diese Aufgabe ebenso phantasievoll gelöst, wie es der Porzellanfabrik mit ihren Produkten gelungen ist und wieder gelingt. Dazu trägt die graphische Gestaltung mit Fotoinszenierungen des Designers Sebastian Menschhorn wesentlich bei. Jedem der zwölf Kapitel ist ein "Gasttext" vorangestellt, unter anderem von namhaften Leihgebern der Jubiläumsschau im Porzellanmuseum, wie Johann Kräftner (LIECHTENSTEIN. The Princely Collections) oder Christian Witt-Dörring (MAK).

Am 27. Mai 1718 verlieh Kaiser Karl VI. dem Hofkriegsratsagenten Claudius Innocentius du Paquier das Privileg zur Herstellung von Porzellan. Die Wiener Manufaktur war nach Meißen die zweite in Europa, die sich dieser "geheimen Kunst" widmete. Die Rezeptur war ein streng gehütetes Geheimnis.  Doch nicht einmal die Androhung hoher Strafen konnte die Abwerbung von Experten und Werksspionage verhindern. Obwohl deutsche Mitarbeiter, die sich nach Wien verlocken ließen,  nach einiger Zeit im Zorn schieden (nicht ohne die Manufaktur zu verwüsten), erhob sich diese wie Phönix aus der Asche. Sie übersiedelte und expandierte. Künstlerisch war Wiener Porzellan so wertvoll, dass man es allein an seiner Qualität - noch ohne Herkunftszeichen - erkannte

Dieses wurde erst unter Maria Theresia eingeführt, die die Manufaktur verstaatlichte. 1744 hatten die Kaiserin und ihr Gemahl samt Hofstaat der Fabrik in der Rossau einen Besuch abgestattet. Die Majestäten zeigten sich beeindruckt von den  Porzellanfiguren als Abbilder des Alltags, wie der Wiener Kaufrufe, der Commedia dell'arte oder der antiken Mythologie. Die Manufaktur beschäftigte damals 60 Maler und 16 Bossierer.

"Bequem" war ein Lieblingswort jener Epoche, es stand für "nützlich" und "passend". Der Werkstoff Porzellan kam diesem Ideal entgegen. Heiße Schokolade oder Kaffee schmeckte aus Porzellantassen einfach besser. Dekoriert wurden die Gefäße mit edlen Blumenmustern, die plastisch auch andere Erzeugnisse, wie Vasen, zierten. Hatte man bei Hof bisher Tafeldekorationen aus Zucker verwendet, traten nun echte oder Porzellanblumen an deren Stelle. Purpur und Gold waren bevorzugte Farben.  Der Mitarbeiterstand erhöhte sich bis 1770 auf 200, die Zahl der Brennöfen auf 18. In den Kronländern  bestanden Niederlassungen und der Export blühte.

Dennoch ließ der Geschäftserfolg zu wünschen übrig. Joseph II. wollte die Fabrik verkaufen, und fand keine Interessenten. So holte der Kaiser einen  klugen Sanierer, den Kaufmann Conrad Egidius Sörgel, der schon einen anderen Staatsbetrieb, die Linzer Wollzeugfabrik, reformiert hatte und für seine Verdienste mit dem Prädikat "von Sorgenthal" geadelt wurde, zu Hilfe. Sorgenthal kümmerte sich um die Ausbildung der Mitarbeiter und richtete ein chemisches Laboratorium ein. Das dort von Joseph Leithner entwickelte "Leithnerblau" und die Platinglasuren sind bis heute berühmt.

Aufgrund Leithners Forschungen, auch was das matte Biskuitporzellan betraf, traten dem Zeitgeschmack entsprechend, ab 1800 klassizistische Formen und Dekors in den Vordergrund. Materialimitationen, wie Amethyst, waren sehr gefragt und wurden mit höchster Perfektion ausgeführt. 1808 lieferte die Manufaktur ein kostbares Service  für 24 Personen an den Kaiser. Die Teller zeigten Kopien berühmter Gemälde und Veduten. Ein anderes, mit "botanischen Tellern" zeigte minitiöse Pflanzenportraits auf schwarzem Grund. Der Wiener Kongress  brachte ausländische Diplomaten in die Stadt - und in die Fabrik in der Vorstadt Rossau. Andenken und Freundschaftstassen fanden ihren Weg in die europäischen Metropolen. Der Porträtist Moritz Michael Daffinger stieg vom Porzellanmaler zum gefragtesten Miniaturisten und Porträtisten auf. Joseph Nigg, "der ausgezeichnetste unter allen Emailblumenmalern" gelang mit seinen großen Bildtafeln bisher Unerreichtes. 1835 bedachte man die Manufaktur mit höchstem Lob. Sie hatte nun 500 Arbeiter, verfügte über 54 Öfen und eine Dampfmaschine. 1862 präsentierte sie sich auf der Weltausstellung in London. Doch im selben Jahr plädierte das Abgeordnetenhaus für die Schließung des Staatsbetriebes. Zwei Jahre später stimmte Kaiser Franz Joseph "sehr ungern" dem Ende der traditionsreichen Firma zu. 

Genau 60 Jahre später, 1924, erfolgte ein Neubeginn im Augarten. Da sich Vorlagen und Restbestände im Museum für Angewandte Kunst erhalten hatten, konnte die Firma an die Tradition ihrer Vorgängerin anknüpfen. Zugleich setzten Mitglieder der "Wiener Werkstätte" wie Vally Wieselthier oder Josef Hoffmann moderne Impulse. Es entstanden Figuren und Service, wie die Hoffmanns "Melonenform". Auch über den Zweiten Weltkrieg hinweg wurde produziert. Die 1950er Jahre erwiesen sich wieder als Aufbruchszeit, Vertreter der Wiener Schule des Phantastischen Realismus lieferten Entwürfe. 

Die Jahrtausendwende brachte auch eine Wende in der Geschichte des Unternehmens. Der Unternehmer Dr. Erhard F. Grossnigg (Laut "Wikipedia" hat er "den Ruf als Österreichs Paradesanierer") erwarb die Konkursmasse und eröffnete die "Neue Wiener Porzellanmanufaktur Augarten". Die Produktion wurde restrukturiert, das denkmalgeschützte Saalgebäude restauriert und 2011 das "[Porzellanmuseum im Augarten|Wissenssammlungen/Museen/Porzellanmuseum_Augarten]" eingerichtet. Nach wie vor in Handarbeit, setzt Augarten Entwürfe zeitgenössischer Designer um. Als Bestseller erweist sich die Champagnerschale mit 24k Vergoldung. "Sie mag Ausdruck für den Zeitgeist sein, dem eine luxuriöse Einfachheit gefällt", schließt die Autorin den Kreis zu den historischen Porzellanen, "deren Aufgabe es war,  in unbedingter Schönheit zu formulieren, was die Gegenwart bewegt."












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