!!! Burkhard Pöttler, Katharina Eisch-Angus, Johann Verhovsek (Hg.): Fundstücke europäisch-ethnologischen Forschens.

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''Burkhard Pöttler, Katharina Eisch-Angus, Johann Verhovsek (Hg.): Fundstücke europäisch-ethnologischen Forschens. Eine Festschrift für Helmut Eberhart. Mit Beiträgen von Gárbor Barna,  Karl C. Berger,  Beate Binder,  Hande Birkalan-Gedik,  Olaf Bockhorn,  Brigitte Bönisch-Brednich,  Rolf Wilhelm Brednich,  James R. Dow,  Katharina Eisch-Angus,  Michael J. Greger,  Elke Hammer-Luza,  Ulrike Kammerhofer-Aggermann,  Karl Kaser,  Helmut Konrad, Konrad Köstlin,  Katharina Krenn,  Judith Laister,  Herlinde Menardi,  Herbert Nikitsch,  Burkhard Pöttler,  Johanna Rolshoven,  Martin Scharfe,  Adelheid Schrutka-Rechtenstamm,  Karl Stocker,  Johann Verhovsek,  Ulrika Wolf-Knuts,  Snježana Zorić. Waxmann Verlag Münster - New York. 408 S, ill.,  € 39, '' \\ \\

Festschriften für verdiente Universitätsprofessoren sind eine österreichische Spezialität, schreibt der Historiker Helmut Konrad  im ersten Beitrag der Festschrift für Helmut Eberhart. Der angehende (Un-)ruheständler ist, so die HerausgeberInnen ''"der Wissenschaftler, der Volkskundler und Europäische Ethnologe, der Hochschullehrer, der Studiendekan und  Universitätspolitiker, der regionale Kulturaktivist, der Sozialdemokrat, der Museologe und Radiomitarbeiter, Ausstellungsmacher und Publizist, der Sammler und Kunstverständige, der Europäer, der Weltgereiste, der Netzwerker, der herzliche Kollege und Freund." '' 27 KollegInnen und FreundInnen haben für den Band Fundstücke des europäisch-ethnologischen Forschens gesammelt.  Die HerausgeberInnen haben sie in vier Kapitel mit je sechs bis acht Beiträgen sortiert.

In "Wissen und Schaffen" stellt Michael J. Greger eine eher unbekannte Aktivität von Viktor Geramb (1884-1958) vor. Der Pionier der steirischen universitären und musealen Volkskunde, Volksbildner und Heimatschützer, war im Ersten Weltkrieg als Schriftleiter der "Heimatgrüße" tätig. Mehr als 50 Ausgaben dieser "Kriegsflugblätter" wurden an die Soldaten verschickt. Darin ersuchte Geramb über Mitteilungen "von Sitten und Bräuchen im Kriege".  Der Fragebogen umfasste Kriegsvorzeichen, -witze, - schutzmittel, -sagen, Heilmittel und Partentexte. Gegen Kritik an dem Vorhaben argumentierte er mit einer "pionierhaften Kriegsvolkskunde von unten, entgegen der üblichen Aufzeichnung der Jahreszahlen von Schlachten und Daten der Feldherren, Kaiser, Päpste etc."

Der Abschnitt "Diesseits und Jenseits" nimmt auf die Wallfahrtsforschung Bezug, in die der Jubilar neue Sichtweisen eingebracht hat. Helmut Eberhart hielt mehrere Lehrveranstaltungen und Feldforschungen zum Thema  ab. Sein Forschungsprojekt "Wallfahrt in der Nachmoderne" beschäftigte sich mit neuen Formen der Spiritualität und dem Pilgern als Tourismusfaktor. Olaf Bockhorn, mit ihm in über vierzigjähriger kollegialer Freundschaft verbunden, schildert den Heiligenbluter Kreuzgang aus wissenschaftlicher und persönlicher Perspektive. Die Gelöbniswallfahrt von Heiligenblut nach Obermauern findet (vermutlich seit dem 17. Jahrhundert) am Jakobstag oder am letzten Samstag im Juli statt. Um 4 Uhr früh treffen sich die Pilger bei der in 1300 m Höhe gelegenen Pfarrkirche von Heiligenblut. Bei der nächsten Station Bergertörl (2640 m) empfängt man sie mit Krapfen und Blasmusik. Weiter gehen sie zum Kals-Matreier-Törl (2200 m), dann 1200 m tiefer, bis zur Waldkapelle. Das letzte Stück wird mit Autos zurückgelegt, weil der traditionelle Fußweg nicht mehr existiert. Die beiden Professoren, damals 30 Jahre jünger, waren seither nicht mehr mitsammen wallfahrten, "schade eigentlich", meint Olaf Bockhorn.

Der dritte Teil "Begegnen und Fremdsein" verfügt über ein breites Themenspektrum und enthält auch englischsprachige Artikel. Adelheid Schrutka--Rechtenstamm liefert "Anmerkungen zu neuen Formen des Ehrenamtes". Österreich liegt bei der "Freiwilligentätigkeit" im europäischen Spitzenfeld. Fast die Hälfte der Jugendlichen und Erwachsenen zählen dazu, 28 Prozent engagieren sich in Vereinen und Organisationen, 28 Prozent helfen informell. Traditionell war das Ehrenamt durch langfristige Mitarbeit, feste Organisationsweisen und männliche Dominanz charakterisiert. Seit den 1970er  Jahren entwickeln sich neue, von sozialen Bewegungen beeinflusste Formen des freiwilligen Engagements. Sie zeichnen sich durch ein hohes Maß an Flexibilität, Selbstorganisation und politischen Veränderungswillen aus. Das Verhältnis von Männern und Frauen ist mittlerweile ausgeglichen. Die Grazer Kulturanthropologin interessierte sich vor allem für die Motive und die Beziehungen der Ehrenamtlichen. Immer sind es mehrere Motive, '' "meist eine Kombination von Wohltätigkeit und Eigennutz"'', stellt die Autorin fest.'' "Freiwillige ehrenamtliche Tätigkeiten sind eine Form des sozialen Handelns, die im Regelfall für alle Beteiligten hilfreich und sinnstiftend ist." ''

Im vierten Teil "Sammeln und Zeigen" findet Karl Stocker, Institutsleiter Design & Kommunikation in Graz, kritische Worte.   '' "Große Häuser, berühmte ArchitektInnen, großes Geld! So kann man zusammenfassen, wie heutzutage die aktuelle Museums- und Ausstellungsszene 'funktioniert'. Glänzende Oberflächen, gebürsteter Stahl und Glas sind jene Materialien, die Politik und KuratorInnen davon überzeugen, dass das viele Geld, das bei den diversen Neu- und Umbauten verprasst wurde, gut angelegt ist. Präsentation und Repräsentation. Darum geht es." ''Vor 15 Jahren war Graz Kulturhauptstadt Europas. Der Ausstellungsregisseur Karl Stocker konzipierte damals mit einem künstlerischen und wissenschaftlichen Team den "Berg der Erinnerungen". Schauplatz waren die, zuvor jahrzehntelang geschlossenen, Stollen des Schlossbergs. Das Interesse der GrazerInnen am Beistellen von Exponaten  war enorm. Viele erinnern sich noch heute an die Ausstellung, obwohl sie nur ein halbes Jahr lang geöffnet war.  Aus den zahlreichen Einsendungen wählten die KuratorInnen 2000 Exponate aus. 100.000 Gäste besuchten die Präsentation, die Datenbank verzeichnete fast 262.000 Zugriffe. Eine typische Besucherreaktion im Gästebuch: '' "Sehr lang, sehr gut … schade, dass es keine Dauerausstellung ist." ''

Das fast 400-seitige Buch ist ein würdiges Geburtstagsgeschenk für Helmut Eberhart. Es wurde ihm im Rahmen eines Festaktes beim internationalen Symposium "Neugier und Auftrag.  Kultur- und sozialwissenschaftliche Perspektiven auf den Umbau Europäischer Universitäten" überreicht. Man darf annehmen, dass sich der Jubilar darüber sehr gefreut hat.












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