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Viola Rosa Semper und Charlotte Schwarz: Verlockende Oasen#

Bild 'Semper'

Viola Rosa Semper und Charlotte Schwarz: Verlockende Oasen. Parks, Grünräume und malerische Gärten in Wien. Falter-Verlag Wien. 272 S., ill., € 29,90

Mehr als die Hälfte des Wiener Stadtgebiets ist begrünt. Die Stadtgärtner der MA 42 pflegen 17 km². Dazu kommen Wälder, Wiesen und Weingärten, die der Forst- und Landwirtschaftsbetrieb der Gemeinde (MA 49) betreut. Große Flächen machen auch die Bundesgärten und öffentlich zugängliche Anlagen in Privatbesitz aus. Viola Rosa Semper hat für dieses Buch rund 60 von mehr als 1000 Wiener "verlockenden Oasen" ausgewählt. Die vielseitige Autorin - sie absolvierte das Studium der Meteorologie, besuchte Vorlesungen für angewandte Kunst und betätigt sich literarisch - ist auf Vielfalt bedacht. Es sollen alle Bezirke, alle Varianten von Grünflächen und - so möglich - alle Vorlieben und Bedürfnisse abgedeckt werden. Das heißt, dass pompöse Schlossgärten und typische Tourismusmagnete genau so einen Platz gefunden haben wie kleine Parks im Grätzl oder weitläufige Waldstücke am Stadtrand.

Zur Gliederung hat sich Viola Rosa Semper ein eigenes System ausgedacht. Zehn Beispiele fallen in das Kapitel Englische Landschaftsgärten, sieben sind Schlossgärten, 13 bieten Exempel für Schwerpunktparks und Themenräume. Vier Schau- und Schulgärten zeigen Gartenvielfalt. Die meisten Wiener Grünanlagen (16) sind Grätzelparks, Quartierparks und städtische Parkanlagen. Den Abschluss bilden neun naturbelassene Parkanlagen, Wälder und Schutzgebiete Meisterhaft ins Bild gesetzt werden alle von der Fotografin Charlotte Schwarz. Mit ihrer ausdrucksstarken Bildsprache war sie Co-Autorin der im Falter-Verlag erschienenen Bände "Geheime Pfade (2019) und "Faszinierende Wege" (2021)

Englische Landschaftsgärten findet man auch in Wien. Ihre charakteristischen Elemente sind geschwungene Wege, ovale Rasenflächen, Gebüsch, Bäume und verstreute Blumenbeete. Dazu kamen dem Zeitstil entsprechend Seen, Haine, Aussichtspunkte, Sichtachsen Pavillons und Skulpturen. Die meisten Landschaftsgärten entstanden im 18. Jahrhundert. Den ältesten und bedeutendsten Österreichs, den Schwarzenbergpark in Neuwaldegg ließ der Hofkriegsratspräsident Franz Moritz Graf Lacy gestalten. Prominente Beispiele aus dem 19. Jahrhundert sind der Stadtpark und der Rathauspark in der City. Der Türkenschanzpark im Währinger Cottageviertel war der erste aus privater Initiative entstandene "Volkspark". Das 20. Jahrhundert verfolgte die Ideale des Landschaftsgartens im Floridsdorfer Wasserpark (1928) und im Maurer Rathauspark (1937). Dort fand 1934 der Magna-Mater-Brunnen seinen neuen Platz. Anton Hanak hatte ihn als symbolhaften Mittelpunkt der Kinderübernahmsstelle im 9.Bezirk geschaffen.

Parkanlagen bei Schlössern wirken stets besonders prächtig. Die kaiserlichen Gärten, Burggarten, Augarten und Schönbrunn, sind die berühmtesten Wiens. Dass prominente Adelige dem Herrscherhaus in dieser Hinsicht nicht nachstehen wollten, zeigen u. a. das Belvedere und das Gartenpalais Liechtenstein. Um 1700 ließ Fürst Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein zuerst das Gartenpalais und danach den Garten errichten. Für die Gestaltung zuständig war Jean Trehet, der den Park im zeittypischen Stil gestaltete: große Broderieparterres mit vielfältigen ornamentalen Bepflanzungen, Wege flankiert von Kastanien- und Tannenbäumen sowie ein zentrales Brunnenbecken mit Fontäne auf der Mittelachse. Mehrfach umgestaltet und umgenutzt - in der Nachkriegszeit als "Bauzentrum" mit Musterhäusern - brachte die Revitalisierung des Palais auch eine Neugestaltung des Parks. Cordula Loidl-Reisch kombinierte dabei gekonnt barocke und romantische Elemente.

Schwerpunktparks und Themenräume hat die Autorin in ganz Wien aufgespürt. Jeder Park und jede Naturfläche trägt seine Seele in sich, oft sind es versteckte Orte, schreibt sie. Ob Therapie- und Ruhegarten in Mariahilf oder Motorikpark in der Donaustadt, Weingärten auf dem Nussberg oder "Jazzlingen" in Essling - jeder findet seinen Sehnsuchtsort. Sogar eine Japanreise kann man mit öffentlichen Verkehrsmitteln unternehmen. Die Straßenbahnlinie 37 hält direkt beim Setagayapark auf der Hohen Warte. Von einem japanischen Gartenarchitekten geplant, von japanischen Gärtnern und Handwerkern authentisch ausgeführt, geht er auf ein Freundschafts- und Kulturabkommen zurück. 1990 hat der damalige Döblinger Bezirksvorsteher, Adi Tiller, dieses mit dem Stadtteil Setagaya in Tokyo geschlossen. Nachempfundene asiatische Gärten gibt es im Schulgarten Kagran und in den Blumengärten Hirschstetten. Dort ist ein indischer Park mit Bananenstauden und künstlicher Ruine einer von 20 Themenparks. In der schönen Jahreszeit kommen 200.000 BesucherInnen in den ehemaligen Reservegarten der Gemeinde Wien, und ebenso viele zur Weihnachtsausstellung.

Städtische Parkanlagen sind manchmal ausgedehnt, wie der Prater oder winzig wie ein Beserlpark. Der Begriff ist heute meist nicht mehr abwertend gemeint.Ursprünglich aber verglichen die spottlustigen Wiener die jungen Bäume mit in die Erde gesteckten Besen. Grundsätzlich verschieden von den kleinen Grätzel-Oasen sind die weitläufigen Schutzgebiete wie der "Tote Grund" auf der Donauinsel oder das 123 ha umfassende Erholungsgebiet Wienerberg. Dessen Trockenrasen wurde bereits 1976 zum Naturdenkmal erklärt. Im Lainzer Tiergarten leben 1000 Wildschweine, 700 Mufflons, 200 Damhirsche, 100 Rothirsche sowie Auerochsen. Diese galten seit 1627 in freier Wildbahn als ausgerottet, 300 Jahre später hat man sie im Lainzer Tiergarten zurückgezüchtet. Ein Teil des Ottakringer Waldes wird seit zwei Jahrzehnten nicht mehr bewirtschaftet, sodass sich ein Urwald entwickeln kann. Mit der naturparkgerecht betreuten Lobau verlässt man das Wiener Stadtgebiet. Sie ist ein Teil des Nationalparks Donau-Auen, der zu den letzten Aulandschaften Europas zählt. Auf 2.300 Hektar kann man sich hier auf Naturlehrpfaden und im Nationalparkhaus über Fauna und Flora informieren. Die jüngste Errungenschaft ist der renovierte Josefsteg, der als Beobachtungsplattform dient.

hmw