!!! Patrick Schicht - Stefanie Grüssl: Im Blickwinkel Gottes [{Image src='Gruessl.jpg' height='200' class='image_left' }] '' Patrick Schicht - Stefanie Grüssl: Im Blickwinkel Gottes. Niederösterreichs Kirchen, Klöster und Kapellen aus der Luft. Kral Verlag Berndorf. 316 S. ill., € 45,-'' \\ \\ Wenn sich ausgezeichnete Fachleute eines vermeintlich bekannten Themas annehmen, darf man mit überraschenden Ergebnissen rechnen. Das jüngste Beispiel ist ein faszinierendes Buch über Sakralbauten in Niederösterreich. Die Fachleute, die sich zu diesem Werk zusammengefunden haben, sind der Kunsthistoriker und Architekt Patrick Schicht und die Fotografin Stefanie Grüssl. DDr. Ing. Patrick Schicht leitet das Landeskonservatorat für Niederösterreich, das zu den größten Abteilungen des Bundesdenkmalamts zählt und mehr als 11.000 Objekte betreut. Er publizierte u. a. über Burgen und Schlösser in Österreich. Mag. art. Stefanie Grüssl studierte an der an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Sie spezialisierte sich auf Luftbildfotografie. 2016 legte die Post eine Briefmarkenserie mit ihren Motiven auf. 2018 war ihr Bildband ["Höhenflüge"|Kunst_und_Kultur/Bücher/Bücher_über_Österreich_2018/Grüssl_-_Höhenflüge] offizielles Gastgeschenk im Rahmen der EU-Präsidentschaft. 2022 erschien der Jubiläumsband [Niederösterreich|Kunst_und_Kultur/Bücher/Bücher_über_Österreich_2022/Grüssl_und_Leggatt-Hofer_-_Niederösterreich] mit Texten von Renate Leggatt-Hofer. "Gott thront im Himmel und schaut von dort auf die Erde", zitiert Patrick Schicht eine traditionelle Vorstellung und fragt: Sind Kirchen, Klöster und Kapellen tatsächlich zum Himmel orientiert und sind sie auf einen Blick von oben ausgerichtet ? Antworten geben die Luftbilder, die Stefanie Grüssl auf Hubschrauberflügen angefertigt hat. In rund 100 Orten hat die Fotografin Sakralbauten von Ordensgemeinschaften, Pfarr- und Wallfahrtskirchen, Burg-, Schloss- und Spitalskapellen, Friedhöfe, evangelische Gotteshäuser und Synagogen aus dem "Blickwinkel Gottes" betrachtet. Aufschlussreiche Texte von Patrick Schicht informieren einleitend über "Architektur als Bedeutungsträger", "Vermessung und Orientierung", "Götter und Menschen - oben und unten". (Anregung für eine Neuauflage: Die Formulierung "Seit seiner Himmelfahrt zu Pfingsten…" ist irreführend. Der Absatz sollte besser entfallen.) Neben Burgen und Schlössern prägten Pfarrkirchen bis ins 19. Jahrhundert die Kulturlandschaft. Vom 9. bis zum 12. Jahrhundert waren es Holzbauten mit rechteckigem Langhaus und kleinerem Rechteckchor. Danach dominierten Steinbauten mit Apsiden, Seitenschiffen und Kapellenanbauten. "Vor allem wurde der Turm Teil des Pfarrkirchenbaus. … Eine besondere Bedeutung wird der zweitürmigen Westfassade zugeordnet." Sie zeichnete Bischofs- und Stadtpfarrkirchen aus. Die Einzeldarstellungen - mit Text, Flugaufnahmen, ergänzenden Bildern und Plänen - beginnen in Hollenburg (Gemeinde Krems). "Hollenburg zählt zu den ältesten Besiedlungen entlang der Donau. Die Kirche steht über Fundamenten römischer Gebäude." Die gotische Form zeigt sich "weitgehend authentisch mit steilem, wuchigem Dach, das kaum für einen Blick von oben gedacht gewesen sein dürfte." Dass der "Blickwinkel Gottes" nicht im Fokus lag, zeigt sich auch beim jüngsten Beispiel, der in der Zwischenkriegszeit errichteten Christkönigs-Kirche von Gloggnitz. Bei der Planung orientierte sich Clemens Holzmeister an frühchristlichen Formen, die er als modernen Stahlbetonbau ausführte. Niederösterreich ist von einem dichten Netz an Kirchen und Klöstern der Ordensgemeinschaften überzogen. Augustiner, Benediktiner, Dominikaner, Franziskaner, Jesuiten, Kapuziner, Karthäuser, Karmeliten, Klarissen, Pauliner, Prämonstratenser, Piaristen, Serviten, Steyler Missionare, Zisterzienser und kleinere Gemeinschaften prägten dasvielm zitierte "Klösterreich". Die markantesten Anlagen entstanden wohl in Altenburg, Ardagger, Dürnstein, Göttweig, Heiligenkreuz, Herzogenburg, Klosterneuburg, Lilienfeld, Melk, Seitenstetten, Zwettl und den Klosterstädten Wiener Neustadt und Krems. Besondere religiöse, aber auch wirtschaftliche und soziale, Bedeutung kam seit jeher den Wallfahrtsorten zu, "Von wundertätigen Stätten versprachen sich auch Christen sichtlich eine besondere Gunst des Himmels, für die sich eine Reise lohnte." Im Mittelalter waren Jerusalem und Rom Ziele von Fernwallfahrten. Parallel dazu begann die Verehrung von Heiligengräbern, Reliquien und Gnadenbildern. Die Pilgerziele waren "perlenkettenartig" miteinander verbunden. "Die Wallfahrt ins steirische Mariazell verlief von Wien über Heiligenkreuz, Kaumberg, Lilienfeld und Annaberg." Nachdem das Wallfahrtswesen in der Reformationszeit zum Erliegen gekommen war, erlangte es im Barock neue Beliebtheit. "Architektur, Malerei und Plastik ermöglichten gemeinsam mt Musik, Weihrauch und aufwändigen Prozessionen ein unvergessliches Schauspiel. In dieser Zeit gab es im Gebiet des heutigen Niederösterreich rund 500 Wallfahrtsstätten. … Dabei wirkten die besten Künstler ihrer Zeit mit … und als Bauherren traten die bedeutendsten Adeligen, Kirchenfürsten und Klöster auf. " Während die meisten Wallfahrtsorte der Muttergottes geweiht waren, verehrt man in der weithin sichtbaren Kirche am Sonntagberg die hl. Dreifaltigkeit und den hl. Michael. Die großformatigen Wand- und Deckenmalereien, ein Hauptwerk des Malers Daniel Gran, entstanden 1738-43. Das Zentrum des Hochaltars bildet das Gnadenbild aus dem Jahr 1614. Im Buch näher vorgestellt werden u. a. die Basilika Maria Taferl, die Wallfahrtskirche Hafnerberg an der Via Sacra nach Mariazell und Kaltenleutgeben - mit einem heilsamen Brunnen, Kopie der Schwarzen Madonna von Altötting und barockem Kreuzweg. Kreuzwege, Kalvarienberge und Heiliggrabkapellen erfreuten sich großer Popularität. Eindrucksvolle Luftbilder zeigen den Kalvarienberg von Gumpoldskirchen, den Weg zum Wetterkreuz mit seinen Kapellen, den Retzer Kalvarienberg und den Prozessionsweg zur Auferstehungskapelle in Heiligenkreuz. Burgen und Schlösser verfügten über eigene Kapellen. Oberranna im Waldviertel aus dem 11. Jahrhundert zeichnete sich durch eine große Burgkapelle mit dominantem Turm aus. Die Burg Gars-Thunau ließen die Babenberger als Residenz ausbauen. Das Luftbild zeigt den zentralen Rechteckbau und die tropfenförmige Ringmauer mit dem dominanten Achteckturm. In der Schallaburg ersetzte man schon im Mittelalter eine frei stehende Rotunde durch die erhaltene Kapelle. Die Schlosskapelle von Pottendorf übernahm die Funktion einer Pfarrkirche. Bis heute dominiert die Kapelle die Ruine der Burg Aggstein in der Wachau. Die Schlosskapelle von Schrattenthal ist seit dem 15. Jahrhundert unverändert, sogar die Dachziegel aus dieser Zeit blieben erhalten. Die Burg von Wiener Neustadt wirkt auf der Flugaufnahme besonders imposant. Kapellen wurden in den mittelalterlichen Spitälern als wichtig erachtet, weil der Spitalsalltag auf einer religiösen Grundlage beruhte. Die Insassen mussten religiöse Pflichten erfüllen, die streng überwacht wurden. Während ein Bürgerspital prinzipiell am Rand der Siedlung, in der Nähe eines Wasserlauf situiert waren, lag der Gottesacker ursprünglich rund um die Pfarrkirche. Im Zuge der Josephinischen Reformen wurden Friedhöfe aus hygienischen Gründen verlegt und mit Mauern umgeben. Kaiser Joseph II. erließ ein Toleranzpatent für Protestanten. Sie durften ihre Kirchen nur in unauffälliger Architektur und ohne Turm bauen. Das änderte sich erst 1861. Das Buch bringt eine Reihe von Beispielen und als Highlights die modernen Schöpfungen von Heinz Tesar in Klosterneuburg (1995) und die spektakuläre Lutherkirche in Hainburg, die der Stararchitekt Wolf D. Prix 2011 für seine Heimatstadt kostenlos plante. Das letzte Kapitel ist den Synagogen gewidmet und schließt die Geschichte der Juden seit dem Mittelalter ein. Als Beispiele werden Bauten aus Baden, Bruck an der Leitha, Korneuburg, Tulln und St. Pölten vorgestellt. Dieser Kuppelbau im Jugendstil fungiert seit den 1980 er Jahren als Veranstaltungszentrum im Herzen der Landeshauptstadt. "Nach umfangreichen Restaurierungen eröffnete die Synagoge 2024 wieder als eindrucksvolles Museum." \\ \\ [hmw|Infos_zum_AF/Editorial_Board/Wolf_Helga_Maria_(Volkskunde_und_Hauptherausgeber)] [{Metadata Suchbegriff='Bücher, Österreich, Niederösterrreich, Kirchen ' Kontrolle='Nein'}]