!!! Roman Sandgruber: Habsburg [{Image src='Sandgruber.jpg' height='200' class='image_left''}] ''Roman Sandgruber: Habsburg. Die wichtigste Dynastie der Welt. Molden Verlag Wien. 320 S. ill., € 38,- '' \\ \\ Von Rudolf I. (1218-1291), dem Grafen, der zum König wurde, bis Otto (von) Habsburg-Lothringen (1912-2011) reicht die Ahnenreihe der "wichtigsten Dynastie der Welt". Keine andere übertrifft sie an Zeitdauer und Vernetzung. Zahlreiche AutorInnen haben sich schon an Geschichte und Geschichten der Habsburger versucht, wenige Bücher überzeugen so wie dieses. Kein Wunder, wenn Roman Sandgruber der Verfasser ist. Der emeritierte Professor für Wirtschafts- und Sozialgeschichte und Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften hat im Moden-Verlag etliche erfolgreiche und prämiierte Publikationen veröffentlicht. Zuletzt erschienen "[Rothschild. Glanz und Untergang des Wiener Welthauses|Kunst_und_Kultur/Bücher/Bücher_über_Österreich_2019/Sandgruber_-_Rothschild] (Wissenschaftsbuch des Jahres 2019), "Hitlers Vater. Wie der Sohn zum Diktator wurde" (SPIEGEL-Bestseller) und ["Pretty Kitty und die Frauen der Rothschilds|Kunst_und_Kultur/Bücher/Bücher_über_Österreich_2023/Sandgruber_-_Pretty_Kitty]", das für den Wissenschaftsbuchpreis des Jahres 2024 nominiert wurde. Mit der ihm eigenen gelungenen Mischung von Seriosität, Weitblick und Humor stellt der Professor siebeneinhalb Jahrhunderte Herrschergeschichte vor. ''Vor 750 Jahren begann der weltpolitische Aufstieg der Habsburger. Im Jahr 1273 wurde Rudolf von Habsburg zum deutschen König gewählt. 1278 besiegte er seinen gefährlichsten Gegner, den Böhmenkönig Przemysl Ottokar in der Schlacht auf dem Marchfeld, und 1282 begann mit der rechtswirksamen Belehnung mit Österreich, Steiermark und Krain die bis 1918 dauernde Herrschaft der Habsburger in Österreich. … Sie sind auch unauslöschlich in das kulturelle Gedächtnis ganz Europas eingetragen.'' Die ersten 30 der mehr als 300 Seiten widmen sich der Sozialgeschichte. Die Habsburger waren ''eine Familie mit vielen Kronen''. Die Zahlen sind beeindruckend, auch wenn sich die Zählungen unterscheiden, sind darunter 22 deutsche Könige und römische Kaiser - von 800 bis 1806 -, vier österreichische Kaiser - von 1804 bis 1918 -, sieben spanische Könige, 18 (19) Könige von Ungarn, 19 (20) Könige von Böhmen. Habsburgerinnen wurden in alle Staaten Europas verheiratet. Von einer ''Dynastie'' war bei den Habsburgern im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit selten die Rede. Sie bezeichneten sich als das "Haus Österreich" oder die "Casa d'Austria". Zur ''Legitimation durch Herkunft'' schreibt Sandgruber: ''Eine Monarchie ist eine "Familie an der Macht". Eine Dynastie ist eine innerhalb einer Familie weitergegebene Herrschaft. Doch diese Weitergabe ist sehr stark dem biologischen Zufall unterworfen. … Eine Dynastie ist keine rein biologische Realität, nicht nur eine Abstammungslinie von einem Herrscher zum anderen - sondern etwas, das sozial konstruiert ist. … Der König oder Familienchef als derjenige mit der größten Entscheidungsgewalt konnte über das Schicksal seiner Verwandtschaft bestimmen. Doch diese Verwandten waren nicht völlig machtlos.'' Eine Dynastie ist ebenso ''die Gemeinschaft der Toten. '' Lange hatten die Habsburger keine gemeinsame Grablege. ''Herzog Rudolf der Stifter war der erste, der einen zentralen Ort der habsburgischen Sepulkralkultur schaffen wollte. … Die Wiener Habsburger entwickelten einen dreifachen Begräbniskult: die Körper in der Kapuzinergruft, die Herzen in der Loretokapelle der Augustinerkirche und die Eingeweide in der Gruft des Stephansdoms. Das sicherte dreifache Präsenz und dreifache Erlösung.'' Über ''die Weitergabe der Herrschaft'' schreibt der Autor, dass Kinder nicht nur die Dynastie weiterführten, sondern auch als "Pfänder und Geiseln" von Bedeutung waren. ''Habsburgerkinder bekamen, vor allem wenn sie männlich waren, ein beträchtliches Startkapital in die Wiege gelegt … Für Mädchen fiel dieses Kapital wesentlich kleiner aus. Sie waren vor allem politisches Kapital in den Händen ihrer Eltern. … Die Tradition, innerhalb der Familie zu heiraten, sicherte den Habsburgern über Jahrhunderte die Herrschaft über Europa. Da waren sie großen Bauern nicht unähnlich. Dass die vielen genetischen Probleme der Habsburger, insbesonders die charakteristische, nicht nur die Schönheit und das Sprechen und Kauen beeinträchtigende Unterlippe, sondern auch die selbst für die damalige Zeit überaus hohe Säuglings- und Kindersterblichkeit auf Inzucht zurückzuführen waren, ist unbestritten. '' Der vielzitierte Spruch, andere mögen Kriege führen, das "glückliche Habsburg" hingegen heiraten, lautet im Original anders. Der ungarische König Matthias Corvinus spottete über Kaiser Friedrich III. '' "Bella gerant fortes, tu felix austria nube," dass die Starken Kriege führen, die Schwachen aber heiraten.'' Nicht zu vergessen, ''die Dynastie als Geldgemeinschaft'', denn die Habsburger zählten zu den reichsten Familien der Welt - was schwierig zu bemessen ist. Der Kaiser und seine Familie sahen sich von der 1898 eingeführten Einkommenssteuer befreit. Steuererklärungen wurden weder in den Archiven gefunden, noch scheinen sie in den - ab 1910 geführten - Listen der höchsten Einkommensbezieher auf. Aufgrund seiner eingehenden Forschungen nennt Roman Sandgruber drei Mythen, die die Dynastie umranken: der Frömmigkeitsmythos, der Heiratsmythos und der Musikmythos. Kein Alleinstellungsmerkmal waren ihre Lust am Jagen, Sammeln und Bauen und - als eine der großen Schattenseiten - der Antisemitismus. ''Wahrscheinlich waren die Habsburger unter den europäischen Dynastien am stärksten von diesem Virus infiziert, auch wenn sich der Antijudaismus durch alle katholischen Dynastien des Mittelalters hindurchzieht. … Lange Zeit waren die Habsburger Wegbereiter der kulturellen Moderne. Seit dem 19. Jahrhundert waren sie es jedenfalls nicht mehr. '' Friedrich III. (1415-1493), der erste Habsburger Kaiser, blieb mit 53 Regierungsjahren der am längsten regierende Herrscher im Heiligen Römischen Reich. ''Es gelang ihm, die … kirchenrechtliche Trennung Österreichs von Passau zumindest teilweise durchzusetzen und die … Wiener und Wiener Neustädter Bistümer zu gründen ''und er erreichte die Heiligsprechung des Babenbergerherzogs Leopold III. Seine geheimnisvolle Buchstabenfolge AEIOU erlaubt vielfache Deutungen. ''Die neueste … Interpretation ist "En, amor electis iniustis ordinor ultor", zu Deutsch "Seht, zur Liebe bin ich den Erwählten, den Ungerechten zum Bestrafer eingesetzt". '' Sein Hochgrab im Stephansdom ist ''eines der schönsten Grabmäler, das je ein Kaiser erhalten hat.'' Friedrichs Nachfolger auf dem römisch-deutschen Kaiserthron waren Maximilian I. (1459-1519), Karl V. (1500-1558), Ferdinand I. (1503-1564), Maximilian II. (1527-1576), Rudolf II. (1552-1612), Matthias (1557-1619), Ferdinand II (1578-1637), Ferdinand III, (1608-1657), Leopold I. (1640-1785), Joseph I. (1678-1711), Karl VI. (1685-1740), Joseph II (1741-1790), Leopold II. (1747-1792)und Franz II/I. (1768-1835). Ein Stammbaum der Habsburger aus dem späten 19. Jahrhundert zählt 1500 Namen auf, dabei müssten es doppelt so viele sein. Heute zählt die Großfamilie rund 700 Mitglieder, schreibt Roman Sandgruber. Sein Buch zeichnet sich durch Ausgewogenheit aus und ist gleichzeitig eine spannende Lektüre. Die Biographien zeigen die Personen in ihrem politischen und kulturellen Umfeld. ''Nicht alle Habsburger waren wirklich bedeutsam oder besonders begabt. Es waren genug schwarze Schafe darunter. Es gab skurrile, unfähige, ja sogar böse Habsburger. Auch ''die Macht der Frauen'' wird nicht vergessen, auch wenn die meisten Herrscherinnen nicht so populär wurden wie Maria Theresia oder Elisabeth. So lautete der Wahlspruch der Statthalterin der Habsburgischen Niederlande, Margarete von Österreich (1480-1530): "Fortune. Infortune. Fort une", zu Deutsch "glücklich - unglücklich - stark nur allein". \\ \\ [hmw|Infos_zum_AF/Editorial_Board/Wolf_Helga_Maria_(Volkskunde_und_Hauptherausgeber)] [{Metadata Suchbegriff='Bücher, Österreich, Habsburg ' Kontrolle='Nein'}]