Wir freuen uns über jede Rückmeldung. Ihre Botschaft geht vollkommen anonym nur an das Administrator Team. Danke fürs Mitmachen, das zur Verbesserung des Systems oder der Inhalte beitragen kann. ACHTUNG: Wir können an Sie nur eine Antwort senden, wenn Sie ihre Mail Adresse mitschicken, die wir sonst nicht kennen!
unbekannter Gast

Design Science in Architecture#

von


Vertrags.-Prof. BSc(Hons) CEng MCIBSE Brian Cody

Institut für Gebäude und Energie


Vertrags.-Prof. dipl.Architekt ETH Urs Hirschberg

Institut für Zeitgenössische Kunst


Vertrags.-Prof. Dipl.-Ing. Architekt Roger Riewe

Institut für Architekturtechnologie


Vertrags.-Prof. BSc(Hons) CEng MCIBSE Brian Cody
Brian Cody

Vertrags.-Prof. dipl.Architekt ETH Urs Hirschberg
Urs Hirschberg

Vertrags.-Prof. Dipl.-Ing. Architekt Roger Riewe
Roger Riewe



© Forschungsjournal WS 03/04


“Design science is the effective application of the principles of science to the conscious design of our total environment in order to help make the Earth´s finite resources meet the needs of all humanity without disrupting the ecological processes of the planet.” Buckminster Fuller

Technische Entwicklungen können heute nicht mehr unabhängig von gesellschaftlichen und kulturellen Fragestellungen betrachtet werden. Insbesondere für die Gestaltung unseres Lebensraumes ist das komplexe Ineinandergreifen unterschiedlicher Systeme zur eigentlichen Herausforderung geworden. Das von Buckminster Fuller formulierte Postulat, gestalterische und wissenschaftliche Vorgehensweisen zu einer Design Science zusammenzuführen, ist heute aktueller denn je und entspricht dem Profil und dem Standort der TU Graz in hohem Maße. Die Forschung in der Architektur kann dabei eine wichtige Führungsrolle einnehmen.

“There are many solutions, good, bad and indifferent. The art is to arrive at a good solution. This is a creative activity, involving imagination, intuition and deliberate choice” Ove Arup Die Architektur hat seit je eine besondere Stellung innerhalb der technischen Disziplinen. Während in den meisten Ingenieurswissenschaften die numerischen und deterministischen Verfahren im Vordergrund stehen, sind in der Architektur schwach strukturierte funktionale und gestalterische Prozesse, topologische, räumliche und kulturelle Eigenschaften, multidimensionale Visualisierungen und die Kommunikation prägend. Die Architektur hat dafür ihre eigenen, von anderen technischen Disziplinen durchaus verschiedenen Herangehensweisen entwickelt. So ist z.B. der Umgang mit dem „Nichtwissen“ ein für Architekten seit geraumer Zeit vertrauter, findet jedoch erst gegenwärtig Einzug in Managementbriefings nationaler und internationaler Konzerne. In jüngster Zeit, da die sogenannten „Creative Industries“ zu einem immer größeren und wichtigeren Wirtschaftsfaktor werden, sind diese auch für andere Disziplinen interessant geworden. Die Anwendung von rein numerischen und deterministischen Methoden ist durch die Informationstechnologie enorm viel effizienter und einfacher geworden. Neue Bereiche lassen sich aber nicht durch Effizienzsteigerung, sondern nur durch Innovation erschließen.

Folgerichtig leisten sich viele Firmen sogenannte think tanks, um in Forschung und Entwicklung neue Wege zu beschreiten. In vielen solchen Einrichtungen findet man ein Programm, welches das Verbinden von technischem Wissen aus unterschiedlichen Bereichen mit ästhetischen, gesellschaftlichen und kulturellen Fragestellungen verfolgt, nicht anders als es in der Architektur seit je Tradition hat. Die Architektur hat also das Potential in diesem gesellschaftlich und wirtschaftlich wesentlichen Bereich eine Führungsrolle einzunehmen, indem sie ihre Arbeitsmethodik auf andere Bereiche anwendbar macht.

Bezeichnend ist jedoch, dass diese Arbeitsmethodik bis jetzt eine nur sehr geringe theoretische Begleitung erfahren hat.

Der Forschungsschwerpunkt Design Science versteht sich als Grundlagenforschung in diesem Bereich: Anhand der Architektur werden Herangehensweisen untersucht und erprobt, wie mit komplexen, schwach strukturierten Fragestellungen im Spannungsfeld von Technik und Gesellschaft umgegangen werden kann, welche Methoden, Instrumente und Strategien es dafür gibt und historisch gegeben hat, vor allem aber auch welcher neuen Instrumente sich so ein generalistischer Ansatz heute bedienen kann.


Ziel
Ziel dieses Forschungsschwerpunktes ist es, eine Design Science für die Architektur zu entwickeln, um den gesellschaftlichen, kulturellen, wirtschaftlichen und multidisziplinären Ansprüchen einer nachhaltigen Umweltgestaltung (Environment) gerecht werden zu können.

Hierbei gilt es, den Umgang mit komplexen Phänomenen anschaulich darzustellen, insbesondere vor dem Hintergrund der ‚Creative Industries’. Dazu gehören Themenkomplexe an der Schnittstelle von Kultur und Wirtschaft, wie etwa ‚City Branding’, ‚Cultural Enterpreneurship’, ‚Networking’, ‚Environmental Impact’, ‚Design Philosophy’, ‚Intellectual Property’, ‚Design Ethics’ und andere mehr, in denen die Architektur bereits jetzt eine wichtige Rolle eingenommen hat.

„Phantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt.“
A. Einstein


Case Studies
Im folgenden sind Forschungsprojekte, bzw. Forschungsprogramme, gegliedert in die vier Schwerpunktbegriffe Culture, Space, Technology und Informatics aufgelistet, an denen die verschiedenen Instituten der Architekturfakultät arbeiten, oftmals in Zusammenarbeit mit Partnern. Wie an der Liste deutlich wird, ist Design Science nicht ein kohärentes Gesamtprogramm, sondern eine Herangehensweise, eine Verpflichtung zur Ganzheitlichkeit, der einzelne Fachgebiete je auf ihre Weise nachkommen. Charakteristisch für diese Herangehensweise ist das Arbeiten mit Case Studies, mit Fallbeispielen, welches in der Architekturforschung traditionell einen sehr hohen Stellenwert hat. Design Science verfolgt das systematische Erschließen von kontextuell gebundenem Erfahrungswissen anhand konkreter Beispiele.


Some buildings are agglomerations of light and float across the sky. In the end the city is in your mind and on your tongue branson coates architecture (GB)
Some buildings are agglomerations of light and float across the sky. In the end the city is in your mind and on your tongue branson coates architecture (GB)

  • Design Science in Architecture - Culture
Territory and Identity: Von welchen Phänomenen ist zu sprechen, wenn es um „lokale Identität“ geht, welche Rolle spielen diese für Planungen und Entwürfe in Architektur, Stadt- und Landschaftsplanung?

Perspektiven der Moderne: Moderne Architektur als Entwurf und Konstruktion auch geistiger Heimat muss eine geistige Stabilität aufweisen, die in der zeitgenössischen Architekturdiskussion fehlt. Kann die Architekturtheorie als geistige Statik ihres Bauens gesehen werden?

Studien zu Architektur und Siedlungsformen in außereuropäischen Kulturen können auch neue Lesarten und Fragen für unsere Situation aufwerfen. Das Rotterdam material project untersucht, inwieweit der Terminus “Transit” als neuer Kulturbegriff dienen kann.


Hochhaus Moskau Klimakonzept, B. Cody, 2002
Hochhaus Moskau Klimakonzept
B. Cody, 2002

  • Design Science in Architecture – Space

Öffentlichkeit und öffentlicher Raum ist eine Untersuchung der Wechselwirkungen zwischen dem Strukturwandel der Öffentlichkeit und des Raumes mit einer transdisziplinären Methode.

Kunst im öffentlichen Raum zeigt als aktive Versuchsreihe, wie gezielte Eingriffe die Wahrnehmung von Stadtraum verändern können.

Theory & Practice of Imagineering in Tourism mit einer Fokusierung auf temporary occupation of territory stellt eine Untersuchung des Phänomens des touristischen Raums als Ausdruck unserer Kultur, als Medium des Wechselspiels zwischen Individuum und Gesellschaft dar.

Innovation im Wohnungsbau und die Förderung von Modellvorhaben ist eine Evaluation von Erfolgen, Misserfolgen und Erfahrungen von innovativem Wohnbau der letzten 25 Jahre. Gibt es wiederkehrende Themen? Und wie steht es mit dem Impetus der „Erziehung durch Wohnbau“?

Wohnbau als Architektur des Alltags stellt die Frage, ob die gesellschaftlichen Änderungen in Europa nach einer grundlegenden Neuformulierung wichtiger Bereiche verlangen.

Stadt ohne Stadt? - Eine Neudefinition der europäischen Stadt ist eine Suche nach Darstellungsmodellen für gegenwärtig sich entwickelnde neue Formen von Stadt, für welche die Begriffe und Bilder fehlen.

Raum Licht Objekt erforscht das inszenatorische Potential, das Atmosphärische und die Raumwirkung in ihrer Abhängigkeit von technischen und materiellen Randbedingungen. Das Gewachsene und sein kultureller Transfer zeigt Raumideen und den Transport von räumlichen Bildern auf.

New York RESI-RESI Skyscraper Kolatan/MacDonald Studio (USA)
New York RESI-RESI Skyscraper Kolatan/MacDonald Studio (USA)

  • Design Science in Architecture – Technology

Rechnergestützte Produktionsmethoden verlangen neue, innovative Bau- und Entwurfsmethoden. Konstruktionsmittel und die Prinzipien ihres Einsatzes sowie die parametrisierten Leistungskriterien und der Prozess ihrer Verknüpfung sind wesentliche Aspekte im Bereich Building Construction and Design Methods.

Energy, Building Physics and Building Construction wird sich mit neuen Entwicklungen im Bereich energetisch aktiver Bauteile und deren architektonische Integration, laufende Weiterentwicklung konstruktiver System- und Detaillösungen auseinandersetzen.

Energy, Urban Design, Building Organisation setzt sich zum Ziel zu belegen, dass energetisch optimiertes Bauen eine wesentliche Einflussnahme auf den gesamten Entwicklungsprozess von Gebäuden, Siedlungen und Städten bedeutet. Es sollen neue Wege der Zusammenarbeit und Integration entwickelt werden, analoge und digitale Schnittstellen der Kommunikation sowie geeignete durchgehende Datenmodelle sollen im Schwerpunkt Integrated Building Design and Development, Sustainability erarbeitet werden.

Die technische Computersimulation soll eine ganzheitliche Planung durch Computersimulation, vom Städtebau bis hin zu „Cold Seats“ zur Temperierung von Gebäuden wesentlich beeinflussen.

Der Einfluss der Energieeffizienz in der Formfindung von Gebäuden wird in dem Schwerpunkt Form follows energy bearbeitet und aufgezeigt.

Bei der Modellierung von Gebäudehüllen aus Glas mit Finiten Elementen werden spezielle Effekte untersucht, die zeigen sollen, bis zu welcher Verformung man mit einem linearen Ansatz im Modell rechnen darf.

Die Architekturtechnologie soll exemplarisch von Holz bis hin zu tensile structures gespannt werden.


Sculpting Motion: Bewegung gestalten als räumliche Sprache
Sculpting Motion: Bewegung gestalten als räumliche Sprache

  • Design Science in Architecture – Informatics

Environments for Creative Collaboration: Welche neuen Formen kollektiver Autorenschaft und kreativer Prozesse gibt es in vernetzten Arbeitsumgebungen? Visualizing dynamic social networks: Wie kann die Interaktion in solchen vernetzten Systemen transparent gemacht werden? Eventspaces – Team Learning: Wie können sie in der Lehre und in der Praxis eingesetzt werden?

Databases in Design untersucht die objektorientierten Datenmodellierung für virtuelle Gebäudemodelle parallel mit der Konzeption neuer Benutzerinterfaces als Basis neuer Entwurfsmethoden.

In Sculpting Motion wird 3D Animationssoftware zum Wahrnehmungslabor. Gibt es eine Architektur der Bewegung? Was kann Bewegung ausdrücken, wenn es keine Naturgesetze gibt?

Bits and Spaces - Augmented Reality and Hybrid Environments: Wie kann man der Architektur die erweiterte Realität erschliessen, die sich beim fortschreitenden Zusammengehen von physischer und digitaler Wirklichkeit auftut?

Das no_Lab In_feld ist ein Medienlabor konzipiert als Mehrzweckraum, aber auch als label und als community: Wie sieht der Zeichensaal des Informationszeitalters aus?


Bürogebäude Singapur, Entwicklung der Dachform, B. Cody, 2002
Bürogebäude Singapur, Entwicklung der Dachform
B. Cody, 2002

Networking

Mit dem Forschungsschwerpunkt Design Science in Architecture an der TU Graz wird zum einen zukunftsweisendes Neuland in Europa betreten und zum anderen hat die TU Graz die Chance zu einem international beachteten research laboratory for architecture zu werden.

Das 2002 veranstaltete internationale Symposium „Space Condition“ und die 21. ECAADE Konferenz 2003 an der TU Graz haben eine wichtige Basis für ein internationales research networking geschaffen. Die Architekturfakultät ist ersucht worden, sich am Aufbau eines europäischen Forschungsnetzwerkes in Zusammenhang mit der Entwicklung und Abstimmung von Aufbaustudiengängen zu beteiligen. Verschiedene Aufbaustudiengänge (Master of Advanced Studies – MAS) werden zur Zeit erarbeitet.

Zur Etablierung einer internationalen, fachspezifischen Diskussionsplattform entsteht zur Zeit GAM (Grazer Architektur Magazin),ein buchähnliches, zweisprachiges Magazin der Architekturfakultät, dass im Frühjahr 2004 erstmalig erscheinen wird. Die „Creativ Wirtschaft Austria“ (Wirtschaftskammer Österreich) konnte für den Forschungsschwerpunkt Design Science in Architecture gewonnen werden.


Space condition International Architecture Symposium am 25.10.2002 an der TU Graz
Space condition International Architecture Symposium am 25.10.2002 an der TU Graz

Assoziierte Fakultäten und Institute TU Graz

Fakultät für Architektur, Fakultät für Bauingenieurwissenschaften (bes. Institut für Materialprüfung und Baustofftechnologie, Konstruktive Versuchsanstalt, Institut für Betonbau, Institut für Holzbau, Institut für Bauinformatik), Fakultät für Maschinenbau und Wirtschaftswissenschaften (Institut für Werkstoffkunde, Institut für Maschinenelemente und Fertigungsmethodik), Fakultät für Informatik

Partner außerhalb der TU Graz

Joanneum Steiermark, Karl Franzens Universität Graz, Creativ Wirtschaft Austria, Europan, Ove Arup, Pro Holz Austria, Holzcluster, Berlage Institute Rotterdam, Harvard Design School, MIT, ETH Zürich, TU Berlin, TU Stuttgart, SciArch

Fachorganisationen

ECAADE, CAAD futures, AK.AI Arbeitskreis Architekturinformatik