!!!MOLSPEC-ID: Entwicklung von quantitativen und qualitativen molekularbiologischen Methoden zum Nachweis von Tier- und Pflanzenarten in Lebensmitteln
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Von

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__O.Univ.-Prof. Dr.phil. Werner Pfannhauser__

__Dipl.-Ing. Dr.techn. Ursula Mülleder__\\

Institut für Lebensmittelchemie und -technologie


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[{Image src='0203_CHEM_MOLSPEC-ID1.jpg' alt='O.Univ.-Prof. Dr.phil. Werner Pfannhauser' class='image_right' caption='Werner Pfannhauser' popup='false' width='87' height='110'}]
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[{Image src='0203_CHEM_MOLSPEC-ID2.jpg' alt='Dipl.-Ing. Dr.techn. Ursula Mülleder' class='image_right' caption='Ursula Mülleder' popup='false' width='87' height='110'}]
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''© Forschungsjournal WS 2002/2003''
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__Das Ziel des MOLSPEC-ID-Projekts ist die Entwicklung von molekularbiologischen Detektionsmethoden zur Identifizierung
spezifischer Tier- und Pflanzenarten in Lebensmitteln. Dies ist wichtig für die Aufdeckung des missbräuchlichen Ersatzes von Nahrungsmittel-Komponenten (Täuschung) und der Vermeidung von negativen Reaktionen auf unerwartete Inhaltsstoffe (Allergene).__

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Ausgehend von der hohen Erwartung, die von den Konsumenten
in die Lebensmittelqualität gesetzt wird, ist die eindeutige Identifizierung
von Tier- und Pflanzenarten in Lebensmitteln ein wichtiger
Schritt in Richtung Transparenz, Information und Sicherheit. Die Lebensmittel
werden immer raffinierter verarbeitet, man erkennt nicht
mehr auf den ersten Blick, was alles in den Lebensmitteln enthalten
ist. Das macht die Lebensmittelkennzeichnung zunehmend wichtiger.
Andererseits gibt es große Qualitätsunterschiede bei den einzelnen
Inhaltsstoffen und daher auch große Unterschiede bei den Produktionskosten
von Lebensmitteln. Das führt zur Versuchung, Lebensmittel,
die Inhaltsstoffe minderer Qualität enthalten, höherwertiger
zu deklarieren als sie sind. Verfälschungen bzw. Falschdeklarationen
von Fleischprodukten stellen im Vergleich zu anderen Lebensmitteln
eine seltene, aber seit Jahrhunderten vorkommende Täuschung der
Verbraucher dar. Der Hauptgrund für eine Falschdeklaration von
Fleisch, welche durch ähnliche Eigenschaften wie Aussehen und
Geschmack ermöglicht wird, liegt in der Preisdifferenz der verschiedenen
Tierarten. In Zeiten von BSE ist es für viele Verbraucher
wichtig zu wissen, dass als rindfleischfrei deklarierte Fleischprodukte
tatsächlich kein Rindfleisch enthalten. Auch religiöse und gesellschaftliche
Gründe können eine Rolle spielen, warum Konsumenten
Fleisch einer bestimmten Tierart meiden. Verbraucher zahlen teilweise
hohe Summen, um eine Delikatesse wie z.B. eine Gänseleberpastete
zu genießen, und erwarten sich dann auch diese hohe Qualität,
die nicht durch die Beimengung von Entenleber verringert sein darf.
Ganz allgemein ist die Möglichkeit der Sortenidentifizierung
eine Voraussetzung für die Überprüfung der Kennzeichnung von
Lebensmitteln. Damit soll der Konsument vor Betrug und versteckten
Lebensmittelbestandteilen, die ein großes Gesundheitsrisiko
darstellen (versteckte Allergene), geschützt werden. Gerade auf
dem Gebiet der potentiellen Allergene, die dafür bekannt sind, dass
sie schwere anaphylaktische Reaktionen bis hin zum Tod auslösen
können (Erdnuss, Soja, Sellerie), gibt es bis jetzt noch kaum validierte
Nachweismethoden auf PCR (Polymerasenkettenreaktion) – Basis.
Diese Methoden würden zu einer Verbesserung der Lebensmittelüberwachung
und auch zur Qualitätssicherung von Rohmaterialien
in der Produktion von hochqualitativen Produkten führen. Bis jetzt
basieren die offiziellen Methoden zur Überprüfung von Tier- und
Pflanzenarten hauptsächlich auf Proteinanalytik (z.B. isoelektrische
Fokusierung, PAGE, immunologische Verfahren). Bei verarbeiteten
Produkten ist das allerdings problematisch, da viele Proteine bei der
Verarbeitung verändert oder zerstört werden. Deshalb haben sich in
den letzten Jahren in der Lebensmittelanalytik immer mehr Methoden
auf Nukleinsäure (DNA) - Basis etabliert.

Neben der hohen Empfindlichkeit und Spezifität ist die exzellente
Möglichkeit der Standardisierung einer der größten Vorteile dieser Methoden. Die DNA ist in allen Zellen einer Spezies gleich. Der Informationsgehalt der DNA ist aufgrund der Degenerierung
des genetischen Codes höher als der von Proteinen. DNA ist sehr
stabil und übersteht die meisten Verarbeitungsschritte viel besser
als Proteine. Immunologische Methoden sind immer abhängig von
der hohen Qualität der Antikörper. PCR-Primer können leicht in
adäquater Qualität von verschiedenen Herstellern erhalten werden.
Außerdem wird zurzeit eine Vielzahl von DNA-Methoden zur Steigerung
des Probendurchsatzes entwickelt (multiplex-PCR, PCR-ELISA,
Chip-Technologie). Trotz allem ist auch die Proteinanalytik nicht aus
dem biochemischen Alltag wegzudenken. Sie ist leicht handhabbar
und relativ günstig durchführbar. Bis jetzt gibt es jedoch noch keine
systematischen Vergleiche von Proteinmethoden (Limitierungen,
Anwendungsbereiche) mit Methoden, die auf DNA-Basis beruhen.
Ein solcher Vergleich im Rahmen des EU-Projektes MOLSPEC-ID
soll neue Erfahrungswerte auf diesem Gebiet bringen und auch zu
Empfehlungen in der praktischen Anwendung führen, wann z.B.
welche Methode bevorzugt werden soll.

Das Hauptziel des Projektes ist die Entwicklung von Methoden,
die geeignet sind für die Überwachung von potentiell allergenen
Lebensmittelbestandteilen und von Ersatz von Arten und Arten-
Zumischung, um eine korrekte Lebensmittelkennzeichnung zu
garantieren. Dafür wird eine Reihe von Arten (tierisch und pflanzlich)
in Lebensmitteln untersucht, die in dieser Beziehung besonders relevant
sind. Das zu untersuchende Material wird in verschiedener Zusammensetzung
und Verarbeitungsart von einem Projektpartner (der
Bundesanstalt für Fleischforschung in Kulmbach in Deutschland) zur
Verfügung gestellt. 14 Projektpartner aus 11 europäischen Ländern
entwickeln Nachweissysteme für die verschiedenen Organismen.

Das Projekt beinhaltet zwei Aspekte:\\
(1) Die Entwicklung von qualitativen Methoden, die es ermöglichen,
eine breite Palette von verschiedenen Tier- und Pflanzenarten
(inklusive exotischer Tierarten und Arten von regionalem Interesse)
und versteckte potentiell allergene Stoffe nachzuweisen.\\

(2) Die Entwicklung von quantitativen Methoden mit besonderem
Augenmerk auf die Nachweisgrenze, um die Möglichkeiten der
gesetzlichen Überwachung der Lebensmittel zu verbessern.

Zusätzlich wird eine Datenbank entwickelt, in der alle Informationen,
die im Rahmen des Projektes erarbeitet werden, gesammelt
werden und die nach Projektabschluss dem interessierten Publikum
(Lebensmittelkontrolle, Qualitätsmanagement) zur Verfügung stehen
soll.

[{Image src='0203_CHEM_MOLSPEC-ID4.jpg' alt='Gefärbtes Agarosegel mit Produkten einer PCR mit „Huhnspezifischen“ Primern' class='image_left' caption='Abb.1: Gefärbtes Agarosegel mit Produkten einer PCR mit „Huhnspezifischen“ Primern. Ganz links ist der Längenstandard aufgetragen, danach Huhn-DNA in verschiedenen Konzentrationen (im Bereich von 1 ng/μL bis 1 pg/μL)' width='400' height='139'}]

Die Arbeitsgruppe „biochemische Lebensmittelanalytik“ (Leitung
Dipl.Ing. Dr. Ursula Mülleder) des Institutes für Lebensmittelchemie
und –technologie der TU Graz ist aktiv in vier Arbeitsbereichen
dieses EU-Projektes tätig. Im ersten Bereich geht es um die Entwicklung
von qualitativen und quantitativen PCR-Methoden zur Detektion
von verschiedenen Tier- und Pflanzenarten. Unsere Aufgabe ist
dabei die qualitative Detektion von Truthahn, Huhn und Ente und die
Entwicklung quantitativer Systeme für Ente und Truthahn. Mit den
dabei erstellten Methoden wird in der Folge ein „Multiplex-PCRTUG System“ entwickelt. Dabei geht es ganz einfach um die simultane
Detektion von mehreren Tierarten in einem Versuchsansatz. Der
dritte Arbeitsbereich, in dem unsere Arbeitsgruppe mitwirkt, befasst sich mit dem Vergleich der neu entwickelten PCR-Methoden mit
den bisher zum Nachweis von Tierarten üblichen Methoden auf
Proteinbasis. Dabei werden von uns kommerziell erhältliche Testkits
und Systeme anderer Projektpartner durchgetestet. Am Ende des
Projektes werden schließlich einige der von den Projektteilnehmern
entwickelten molekularbiologischen Methoden in Ringversuchen
validiert.

[{Image src='0203_CHEM_MOLSPEC-ID3.jpg' alt='Amplification-Plot einer Real-time PCR mit einem Truthahn-spezifischen System' class='image_right' caption='Abb.2: Amplification-Plot einer Real-time PCR mit einem Truthahn-spezifischen System. Gezeigt sind Ansätze mit Truthahn-DNA in verschiedenen Konzentrationen' width='300' height='174'}]

Alle von uns entwickelten Methoden beruhen auf der Polymerasekettenreaktion
(PCR). Diese ermöglicht es, große Mengen an
spezifischer DNA mit definierter Länge und Sequenz aus einer
kleinen Menge an Ausgangs-DNA herzustellen. Dadurch können
auch extrem kleine Mengen der Ziel-DNA nachgewiesen werden.
Das Prinzip der PCR ist einfach. Sie umfasst 3 Schritte, wobei nach
Hitzedenaturierung der DNA Oligonukleotide (Primer) an die beiden
Einzelstränge anlagern und ausgehend von deren 3’-Ende die
DNA-Polymerase neue DNA synthetisiert. Diese Schritte werden in
Form eines Zyklus immer wieder durchlaufen, bis genug Produkt vorhanden ist (30 bis 45 Zyklen).
Die Primer werden so gewählt, dass exakt nur ein kurzes
DNA-Stück einer ganz bestimmten Tier- oder Pflanzenart vervielfältigt
wird. Üblicherweise wird das Produkt dann mittels Agarose-
Gelelektrophorese nachgewiesen. Die DNA wandert je nach
Molekülgröße eine bestimmte Distanz im elektrischen Feld und
kann dann mit verschiedenen Farbstoffen sichtbar gemacht werden.
Durch Vergleich mit den Banden eines Größenstandards kann die
Fragmentgröße bestimmt werden (Abb. 1). Mit der PCR können
qualitative und semi-quantitative Nachweise durchgeführt werden.
Für die quantitative Bestimmung von Truthahn und Ente werden
von uns „Real-time PCR“ Methoden entwickelt. Bei der „Realtime PCR“ können die PCR-Produkte in Echtzeit gleich online durch das Messen eines Fluoreszenzsignals verfolgt werden. Es ist keine
Gelelektrophorese der PCR-Produkte mehr notwendig. Je höher
die Konzentration der Ziel-DNA in der Lösung ist,
desto früher misst man das exponentiell ansteigende
Fluoreszenzsignal (Abb.2). Mit dieser Methode
können auch exakte quantitative Bestimmungen
durchgeführt werden.

Am Ende des Forschungsprojektes sollen alle in
diesem Rahmen entwickelten Methoden in einer
Datenbank, die von einem der Projektteilnehmer
erstellt wird, gesammelt vorliegen. Diese soll eine
Anlaufstelle für z.B. Organe der amtlichen Lebensmittelüberwachung
und andere interessierte
Personen werden und zu einer weiteren Verbesserung
der Kontrolle der Lebensmittelkennzeichnung
und der Qualitätssicherung führen.

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