!!!ALOIS HANS SCHRAM



[{Image src='Alois Hans Schram.png'class='image_left'height='300' caption='Alois Hans Schram' alt='Maler' width='223'}]


Im Herbst des Jahres 1882 arbeitete in der Porträtklasse der allgemeinen Malerschule der Wiener Akademie ein erst unlängst eingetretener Schüler der die drei ersten Jahrgänge teils übersprungen, teils in ganz kurzer Zeit  absolviert hatte, ein Zeichen, dass seine Lehrer viel von ihm hielten. Er war ein auffallend hübscher und eleganter Mensch  den man für 25 Jahre oder mehr hätte geben mögen, obwohl er damals kaum 18 zählte. Der brünette  Kopf von südlichem Typus mit den edel geschnittenen,  blassen  Zügen, den Vergissmeinnicht blauen, dunkel umränderten   Augen, dem schwarzbraunen, kurz geschnittenen Haar, spitzem Vollbart und kühn aufgezwirbeltem Schnurrbärtchen hätte für den Abkömmling eines spanischen Granden weit besser gepasst als für den Sohn eines Wiener Oberpostrates, was H. A. Schram tatsächlich, war. In seltsamem Widerspruch zu den eben aufgezählten Merkmalen seiner Erscheinung stand nun allerdings die anspruchslose Heiterkeit und Natürlichkeit seines  Gehabens, die nachlässig vorgebeugte Haltung, der eigentümlich schlurfende Gang und die gemütliche Sprechweise, die schon nach dem ersten Wort den Wiener verriet. So wusste sich Schram auch gleich mit seinen Mitschülern auf guten Fuß  zu stellen; er war ein angenehmer Kamerad, für jeden Spaß zu haben und von einer so ungezwungenen und echten Liebenswürdigkeit, dass die mehr oder minder unfrisierte Kollegenschar mit ihren Schlapphüten und Samtröcken, ansonsten leicht geneigt, sich über  einen derart soignierten, nach der Mode gekleideten „schönen Mann“ lustig zu machen, ihm diese Äußerlichkeiten leicht verzieh und aufrichtige Sympathien entgegenbrachte. Bei alldem wusste er doch eine gewisse Zurückhaltung zu bewahren, so dass keiner von uns, der Schreiber dieser Zeilen arbeitete damals in derselben Klasse, ihm eigentlich innerlich näher kam; er hatte aber auch weder Feinde noch Neider, und man bewunderte die verblüffende Geschicklichkeit, mit der er, oft in zwei bis drei Stunden, das lebensgroße Brustbild eines Modells  mit breitem Pinsel effektvoll  auf die Leinwand warf. Die  weitere Durchführung stand wohl zumeist nicht auf derselben Stufe wie der brillante Anfang, sie verlor sich nicht selten ins Süßliche, Flaue; immerhin waren es Leistungen, die ganz und gar nichts Schülerhaftes an sich hatten, vielmehr Äußerungen eines glänzenden Talentes, das manchem wegen seiner Neigung zu äußerlich gefälligen Wirkungen nicht   sympathisch  sein mochte, dessen Leichtigkeit, Vielseitigkeit und Frühreife aber von jedermann anerkannt werden mussten.

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[{Image src='Fürstin.png'class='image_block'height='400' caption='Olga Fürstenberg' alt='Schram' width='277'}]
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Schram blieb nur ein Jahr in der Porträtklasse. Er kam dann in die Spezialschule zu Makart, und als dieser starb, zu Trenkwald, einem strengen Zeichner, der etwa auf den von Führich gewiesenen Bahnen wandelte und kaum irgendwelche innere Beziehungen zu seinem Schüler haben konnte, ihn aber frei  gewähren ließ.

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Dass eine Begabung von der bríllanten Art, wie sie  Schram besaß, rasch zu großen Erfolgen führen musste, war selbstverständlich. Schon in der allgemeinen Malerschule hatte er für eine Komposition  „Vertreibung aus dem Paradies“  die goldene Fügermedaille erhalten. Noch als Spezialschüler stellte er im Wiener „Kunstverein“ und im Künstlerhaus, aber auch in Berlin und Budapest aus, erhielt zahlreiche Porträtaufträge, vornehmlich aus aristokratischen Kreisen  (Fürstin Henriette Paar-Liechtenstein, Baronin Pinelli, Prinz Georg von Preußen, Graf Alfred Paar, Gräfin Alice Hardegg, Graf Max Hardegg und viele andere; er malte allerlei Dekoratives, Paravents und Deckenbilder (für den Grafen  Harnoncourt), verkaufte viele Genrebilder teils an Kunsthändler, teils an Private. Wie fleißig er war, geht aus einem in seinem Nachlass gefundenen Verzeichnis hervor, das für die Zeit, die er an der Wiener Akademie verbrachte, also bis Anfang 1887, an 60 verkaufte Gemälde  anführt. Den glanzvollen Abschluss  dieser Periode bildete das große Historienbild „Der Tod der Bianca Capello“, für das er den Spezialschulpreis erhielt und das später  vom Museum von Denver  (Nordamerika) erworben wurde.


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Mit einem Staatsstipendium ausgezeichnet wandte er sich  nun nach Italien. Ein dekorative Auftrag rief ihn bald zurück; er hat  nun alle Hände voll  zu  tun, malt schöne Frauen, große und kleine Bilder historischen und genrehaften Inhalts, Einzelfiguren, Landschaften, Stillleben, kurz alles Erdenkliche, versucht sich in allen Techniken, beschäftigt sich auch mit Architektur, für die er eine ungewöhnliche  Begabung zeigt. Große Reisen führen ihn nach  Albanien, Griechenland, der Türkei, Syrien, Palästina und Ägypten, kürzere und längere Ausflüge nach Holland, Frankreich, England und Spanien. In London richtet er sich auch ein Atelier ein und bleibt ein halbes Jahr dort. Überall erntet er Beifall und Anerkennung. In Wien erhält er  die silberne und goldene  Staatsmedaille, die Karl Ludwig Medaille und schließlich  den Franz Josephs Orden das Ausland ehrt ihn durch den russischen St. Annen Orden, den bayerischen Michaelsorden, den italienischen Kronenorden, selbst die Ehrenlegion bleibt nicht aus.

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Außer dieser äußerlichen Ehrungen hatte er auch große materielle Erfolge. Dass seine gefällige und effektvolle Malerei beim Publikum und bei den Kunsthändlern Anklang finden musste, war ja selbstverständlich. Bezeichnend dafür ist die folgende Begebenheit: Schram hatte einmal in Hamburg eine große Sonderausstellung eröffnet, die er   übrigens in  seiner an Makart Traditionen anknüpfenden Art selbst arrangiert und mit schönen  Möbeln, Gobelins, Teppichen, Truhen udgl. Aus eigenem Besitz prunkvoll ausgestattet hatte. Ein  bedeutender amerikanischer Kunsthändler, der damals eben nach  Hamburg kam, wollte auf dem ersten Blick die ganze Ausstellung mitsamt den Möbeln und allen Einrichtungsgegenständen erwerben. Das war aber  unmöglich, weil schon fast alle Bilder verkauft waren, abgesehen davon, dass Schram  die Einrichrichtungsgegenstände natürlich nicht hergegeben hätte.

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Von seiner  raschen Konzeption und verblüffenden Schnelligkeit der Ausführung mag die folgende Episode einen Begriff geben. Im Jahr 1906 hatte der Architekt Decsey den Bau eines Pavillons auf der Ausstellung in Bukarest übernommen und für die malerische Ausschmückung – es handelte sich um  einen im Halbkreis umlaufenden Fries von 16 Meter Länge! - den Maler Joanovits engagiert. Dieser erkrankte plötzlich, und Decsey verfiel gleich auf Schram als einen der wenigen, die in der kurzen  noch zur Verfügung  stehenden Zeit eine solche Arbeit  auszuführen imstande wären. Schram war damals eben in  London, kehrte  aber auf ein Telegramm  Decseys sofort nach Wien zurück, begann die Komposition zu entwerfen und führte das Gemälde, Handel und Industrie darstellend - nämlich im Mittelpunkt, ein Dampfer der gerade entladen wird, Gruppen von Matrosen, Hafenarbeiter und Handelsherren, zusammen an 20 überlebensgroße Figuren  umfassend -, in der Zeit von  vier Wochen aus. Seine ausseordentliche Gewandtheit in der Behandlung dekorativer Arbeiten war bekannt, und er war beständig  mit Aufträgen solcher  Art beschäftigt. Zu den bemerkenswerten gehören die  für das Palais Vivante in Triest, für einen Mosaikfries Lodz,  für das Justizgebäude in  Salzburg, für die Wiener Jagdausstellung, zuletzt für das Wiener  Parlamentsgebäude und die neue Hofburg; daneben war er immer noch als Bildnismaler in der Aristokratie gesucht und verbrachte viele Wochen als Gast auf Schlössern oder Landsitzen, wo er die schönen Frauen porträtierte.

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Ein Maler von bedeutendem Talent, großem Geschmack und erstaunlicher Fertigkeit, hat Schram gleich wohl im künstlerischen  Leben seiner  Vaterstadt ebenso wenig eine  entsprechende Rolle gespielt als in   der Wiener Gesellschaft, wofür er doch durch seine ungewöhnlich einnehmende Erscheinung, sein liebenswürdiges Wesen, vorzügliche Manieren und nicht zuletzt durch seine sehr günstigen pekuniären Verhältnisse, er verdiente nicht nur viel, sondern war von Haus aus vermögend, prädestiniert erschien. Die Ursache lag in seiner Persönlichkeit. Obwohl gesellig, war  er doch kein Gesellschaftsmensch; für Repräsentation, Inszenierung seiner Persönlichkeit, kurz  für das, was der Wiener „Pflanz“  nennt, war er nicht geschaffen, Er hatte ausgesprochenes Glück bei  Frauen, aber er war nichts weniger als ein Don Juan Natur, vielmehr ein weicher und gemütvoller Mensch, in jeder Beziehung mäßig und zurückhaltend. Sein ganzes Interesse war der Kunst gewidmet. Er war unglaublich fleißig und wenn er, was häufig vorkam, den ganzen Tag im versperrten Atelier und bei ausgeschaltetem Telefon gearbeitet hatte, fühlte er sich am wohlsten im Kreis einiger Kameraden, meist Mitglieder der Künstlergenossenschaft, die in dem bescheidenen Klublokal der sogenannten „Alten Welt“ so ziemlich allabendlich gemütlich plaudernd und kneipend beisammen saßen. Dieser Klub gab auch in der Künstlergenossenschaft eine Zeit lang den Ton an. Die jüngere, meist von München oder Paris heimgekehrte  Künstlergeneration stellte sich feindlich dagegen, und als die Spaltung unter den Wiener Künstlern eintrat, der „Hagenbund“ und die „Sezession“ gegründet wurden, hielt sich Schram,  der vermöge seiner Begabung eben so gut wie irgendein anderer sich zu diesen neuen Gruppen hätte schlagen können, aus persönlichen Gründen und weil er ein Feind alles Polemischen in der Kunst war, zu den alten Freunden. So kennzeichnete er sich selbst als Konservativer und Altgläubiger.


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Er verlor dadurch jenen sehr ausschlaggebenden Teil des Publikums und der Fachkritik, der sich stets allem Neuen zuwendet, nicht weil es gut, sondern weil es neu ist und darum konsequenterweise  alles übrige verachtet. So stellte Schram immer seltener aus, und gar wenige wussten von diesem  unermüdlichen Schaffen, von dem nur hie und da an die Öffentlichkeit  gelangte. Es  muss nun freilich auch gesagt werden, dass Schram infolge der großen Leichtigkeit, mit der er produzierte keineswegs in allen seinen Arbeiten das bot, was er eigentlich zu leisten imstande gewesen wäre. Manches rutschte ihm so aus dem raschen Pinsel, das dann im Schaufenster eines minderen Kunsthändlers oder sonst wo  zutage kam und denen recht zu geben schien, die ihn oberflächlich und  konventionell nannten. Dann aber überraschte er wieder  durch Arbeiten, wie z. B.  Das für den Festsaal des Wiener Rathauses bestimmte große Gemälde „Karl VI., besichtigt die im Bau begriffene Karlskirche“, oder durch seine große „Grablegung“, vielleicht am meisten durch seine malerisch und architektonisch wirklich bedeutenden und originellen Konkurrenzentwürfe für ein „Heldendenkmal“  am Leopoldsberg, Und wer seinen prächtigen Plafond im Zeremoniensaal der neuen Burg gesehen hat, der musste zugeben, dass hier eine Begabung sich kund gab,  die es mit manchem alten  Barockmeister aufzunehmen imstande gewesen wäre.

So war Schram, der am 20. August 1864 zur Welt kam, 55 Jahre alt geworden, ein  blühender und kräftiger Mensch, unablässig arbeitend und auf der Höhe seines Schaffens  angelangt, als er  eines Abends im  gewohnten  Kreis  seiner Kollegen  von der  „Alten Welt“ plötzlich über Unwohlsein klagte und nach  kurzer Zeit eine Leiche war. Niemand,  nicht einmal seine nächsten Freunde, hatten geahnt, dass es mit seiner Gesundheit irgendwie schlecht stünde. Er selbst  muss es,  vielleicht  erst am Tag seines Todes, selbst gefühlt  haben, denn er verwendete diesen Tag  dazu in seinem Atelier Ordnung  zu machen, Papiere zu verbrennen und seinem Diener einige wichtigen Aufträge zu geben.

In seiner Hinterlassenschaft fand sich ein Testament vor,  in welchem er seinen gesamten künstlerischen Nachlass sowie die Möbel, Teppiche und Kunstgegenstände in seinem Atelier der Wiener Künstlergenossenschaft vermachte mit dem Vermerk, dass alles zu veräußern sei und der Ertrag in irgendeiner Form der Förderung künstlerischer Bestrebungen dienen solle.

__QUELLE:__ Moderne Welt, Nachruf Seligmann,1920, Jg. 2,Heft 2, S 14, daraus Bilder,ANNO Österreichische Nationalbibliothek.



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