!!!BADENS  BESUCHER






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Die Kurstadt Baden einst kaiserliche Sommerresidenz mit  ihren weltoffenen  historischen Charme und ihrem eleganten Flair  zieht nach wie vor  all die Besucher  in ihrem Bann.

Baden kann sich rühmen stets Anziehungspunkt nicht nur für Mitglieder aus dem Kaiserhaus, sondern für all jene aus der  Künstlerwelt  und Persönlichkeiten der Politik gewesen zu sein.

Es war Mitte Juli des Jahres 1838 als Ludwig Uhland über Ischl nach  Wien kam und im Hotel „Zur Stadt Frankfurt“ abstieg.  Sein erster  Besuch  galt seinem Freund in der Ambraser Sammlung, die damals in der Hofbibliothek untergebracht war, und seine  ganze Aufmerksamkeit  im höchsten Grade in Anspruch nahm. Besonders die altdeutschen Handschriften, und vor allen das König Ortnit Buch. Uhland  betrachtete und studierte hier nicht allein, er wusste auch zu gelehrter Forschung anzuregen. Das „Ambraser Liederbuch vom Jahre 1582“, das Bergmann später  herausgab und das seinen Ruhm vermehren half, verdankt Uhland die Veröffentlichung, der in  wiederholten Gesprächen zu derselben aufmunterte.

Eines Abends versammelte Herr Bergmann in seinem Haus einen Kreis von Verehrern um den Dichter. Es erschienen unter anderen  die greise Karoline Pichler, Pauline von Koudelka, die nachmalige Gattin des Ministers Anton Ritter von Schmerling, mit welcher Bergmann Homer und Sophokles in der Ursprache zu lesen pflegte und die wegen ihrer  ausgezeichneten Blumengemälde die österreichische Rachel Ruysch genannt wurde. Alle waren gespannt auf die Erscheinung und das Wort des edlen Dichters, und alle waren auf die  unangenehmste Weise überrascht,  denn beides entsprach gleich wenig dem Bilde, das die   Fantasie von Dichtern gerne zu entwerfen pflegt.

Gleich zu Beginn wurde ihm Karoline Pichler  vorgestellt. Uhland sagte ihr wörtlich: „Es freut mich, Ihre persönliche Bekanntschaft  zu machen; besonders wird es meine Frau, die Ihre Werke gerne liest, freuen, wenn sie hört, dass ich Sie kennen gelernt habe.“
Wahrscheinlich hatte Uhland nie eine Zeile  von Karoline Pichler gelesen und war in seiner schlichten, schwäbischen Weise nicht unredlich genug, eine Salon Lüge  zu sagen. Die Gesellschaft fühlte aber das Peinliche,  und Uhlands Benehmen war nicht  geeignet,  den Eindruck zu verwischen.  Er benahm sich  eigentlich gar nicht, er schwieg, aber er schien auch  nicht einmal zu hören.  Nur mühsam war ihm ein Wort, eine Äußerung abzuringen.  Sein Auge mochte,  wie er in einem seiner Lieder sagt, „nach innen strahlen.“

Der kaiserliche Rat Bergmann  unterrichtete damals  den jüngsten Sohn des Erzherzogs Karl, den Prinzen Wilhelm. Der berühmte Feldherr forderte Bergmann auf, den von ihm hochgehaltenen  Dichter zur Tafel nach dem Schloss Weilburg bei Baden zu bringen. Da gab es harte Arbeit mit Uhland. So sehe er sich durch eine solche Aufmerksamkeit  geehrt fühlte, überwog  fast die Schüchternheit und  die Unbeholfenheit des kleinstädtischen deutschen  Professors, und  er sann darüber nach,wie er die ehrende, aber ihn peinigende Einladung ablehnen könnte. Die  freundlich dringende  Zusprache Bergmanns, die  Mitteilung, wie  einfach und leutselig die ganze fürstliche Familie sei, bewogen den offenbar sehr bedrängten Dichter zur Zusage. Am 21. Juli, einem Samstag fuhren Bergmann und Uhland nach der Weilburg. Damals führte noch nicht die Eisenbahn dahin und gewöhnlich machten die Fiaker Wiens in Neudorf,  auf dem halben Weg, Halt, um die Pferde zu tränken und den Reisenden Zeit zu gönnen, nach gut österreichischer Sitte die hier berühmten „Würstel mit Kren“ zu frühstücken. Auch unsere Reisenden kehrten ein, und wir würden dieses  geringfügigen Umstandes nicht erwähnen, wenn hier nicht ein  zufälliges Zusammentreffen Uhlands mit Konradin Kreutzer  stattgefunden hätte. Uhland hatte seinen Landsmann, der  vielleicht die schönsten seiner Lieder durch echt nachempfindende und tragende Musik erst recht populär gemacht hat, nie gesehen. Es ging ein Strahl angenehmer Überraschung über Uhlands  starre Züge, und der lebhafte Komponist pries laut und freudig das Glück, das ihm durch die Begegnung mit dem verehrten Dichter  aufging. Es fehlte nur ein Klavier, er hätte ihm so gerne „Der gute Kamerad“,  „Schäfers Morgenlied“, wenn auch nur mit schüchtern andeutender Komponisten Stimme, vorgesungen.






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Um 9 Uhr morgens kamen die Herren in der  Weilburg an. Der Erzherzog  empfing  Uhland sogleich in der freundlichsten Weise und spazierte lange Zeit  mit ihm durch die schönen Parkanlagen, welche das Schloss umgeben. Vielleicht hat Uhland die Gespräche  mit dem „Überwinder des Unüberwindigen“  aufgezeichnet; seinen Wiener Freunden, schweigsam und  rückhaltend wie er war, hat er davon nichts mitgeteilt. Der Erzherzog führte ihn nach längerem Spaziergang  im Park den beiden Erziehern seiner Söhne zu: dem kaiserlichen Rat Ritter von  Köchel und dem Ritter von Scharfschmidt-Adlertreu, dem späteren Präsidenten des Niederösterreichischen Landesgerichtes. Sie geleiteten den Dichter auf die umliegenden, waldbewachsenen, mit Burgruinen verzierten Höhen. Bei der Tafel benahm sich Uhland wieder schweigend; man konnte merken, dass er, trotz des liebenswürdig einfachen Tones, der, vom geistvollen Wirte und seinen Kindern angeklungen, herrschte, sich unbehaglich fühlte. Uhland saß bei Tisch zur Rechten des Erzherzogs, die jugendliche  Prinzessin  Therese, nachmalige Königin von Neapel, neben Uhland. Sie versuchte auf die liebenswürdigste, anmutigste Weise, indem siw von einzelnen Gedichten des Poeten sprach, ihn ins Gespräch zu bringen. Vergebens! Er antwortete einsilbig. Bergmann, der ihm gegenüber saß, erzählte uns später, er wäre in unbeschreiblicher   Verlegenheit wie auf glühenden Kohlen gesessen.





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Von der Weilburg herab wanderten Uhland und Bergmann durch das schöne Helenental, dessen  waldige Höhen im Abendrot glühten. Immer munterer, wie  von einem Alpdrücken erlöst, wurde Uhland, Unter anregenden Gesprächen gelangten sie durch Wald und Tal nach dem anmutig gelegenen Zisterzienser Stift Heiligenkreuz und kehrten im Gasthaus ein, um daselbst zu übernachten. Bergmann hatte am folgenden Morgen im Kloster einen Besuch abzustatten. Kaum hörten die Mönche, dass Uhland in Heiligenkreuz sei,  baten sie den ihnen befreundeten Gelehrten, ihn ins Kloster zu führen. Bergmann kehrte zu Uhland zurück, um ihm die Einladung zur Tafel  des Prälaten Seidemann zu überbringen. Wieder nur langem Zureden gelang es, Uhland zu vermögen, die Einladung anzunehmen, indem Bergmann ihm vorstellte, dass es  „Ketzer“ immerhin interessieren könne, eine klösterliche Gesellschaft kennen zu lernen, zumal auch Alt Württemberg von der Reformation zahlreich, selbst berühmte Klöster, wie Hirschau, Maulbronn besessen habe. Auch  der „Dichter“ werde wohl gestimmt werden in den halbdunklen Gängen des Klosters, zwischen den Grabstätten der Herzöge aus dem Geschlecht der Babenberger, an der Gruft Friedrich des  Streitbaren, der im Kampf gegen die Ungarn gefallen. Uhland  speiste  im Refektorium an der Seite des durch den Gast geehrten und erfreuten Prälaten und schien sehr vergnügt; zu einer Äußerung kam es nicht, wie er denn auch hier, trotz des heiter geselligen Tons, kaum viele Worte sprach. Es mochte in dem in alten Burgen, geheimnisvolle Klosterhallen, in Königssälen  heimischen Balladen Dichter das lange Refektorium mit den vielen tafelnden  Mönchen einen eigentümlichen Eindruck erweckt haben. Nach der Tafel wanderten die Freunde, nachdem sie noch die Merkwürdigkeiten des Klosters betrachtet hatten, bei heiterstem Himmel „unter munterer Behaglichkeit“ über Sparbach in die Hinterbühl, an der Veste Liechtenstein vorbei nach Maria Enzersdorf, auf dessen Friedhof der „Bruder Unstät“, wie sich P. Ludwig Zacharias Werner nannte,  besucht wurde. Dann nahmen sie bei dem Schwager Bergmanns, Baron Adolf Pratobevera, dem späteren Justizminister, eine „Jause“ ein.  Uhland benahm sich auch hier, wie es in Goethes „Lilis Park“ heißt: „Genießet  stumm, blickt  ringsum“. In einem „Zeiselwagen“, einem einspännigen, kleinen, ungedeckten Wägelchen, kehrten die Freunde  spät abends nach Wien zurück.“

__Quelle:__ Feuilleton, Badener Zeitung: Ludwig A. Frankl, Bilder: Graupp I.Ch.

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