!!!DER MUTTERTAG





[{Image src='fraumu mutter 1926 Bild.png'class='image_left'height='300' caption='Mutterliebe' alt='Harmonie' width='243'}]


In den Nachwehen des Ersten Weltkrieges gab es plötzlich einen neuen Festtag – den Muttertag, der eine einzigartige Stelle einnimmt, denn er ist von  tiefer ethischer Bedeutung und adelt die Beziehung zwischen Mutter und Kind, die das Wunderbarste im Menschenleben sein sollte. Ein Tag an dem man der Mutterschaft mehr Beachtung schenkt . Es  wird  noch geraume  Zeit dauern bis  man sich klar darüber wird  welche Bedeutung  diesem Festtag zukommt. Die Masse begreift nicht, dass der Muttertag die heiligsten Gefühle anregt, weil er doch die große  Manifestation der Liebe ist; und nicht das Beschenkt werden.

In Amerika  begriff man rascher, welchen Zweck der  Muttertag erfüllte. Im Jahr 1910 fasste Miss Anna Jarvis, in Philadelphia, den Gedanken und setzte ihn sogleich in die Tat um. Die Neuigkeit fand sofort in vielen amerikanischen Städten  Anklang. Am zweiten Sonntag im Mai wurden die Mütter mit weißen Nelken  geschmückt, ebenso die Gräber der verstorbenen Mütter. Alle Konfessionen hielten Gottesdienste  für Vater und Mutter,  die Familie, ab. Der Muttertag wurde  ein Nationalfeiertag. Präsident Wilson proklamierte im Mai 1914, dass derselbe als solcher  von der Regierung anerkannt sei und dass ab nun jeden zweiten Sonntag im Mai die öffentlichen Gebäude  mit  der amerikanischen Flagge  versehen werden müsse. 

Die skandinavischen Länder übernahmen diesen schönen  Brauch, doch der Erste Weltkrieg hinderte die übrigen Länder daran sich mit dem Muttertag  zu befassen. So zog der Muttertag  erst im Jahr 1924 in Deutschland ein. Eine in Wien lebende Reichsdeutsche, Käthe Steinhoff, regte den Muttertag hier an. Dem Zusammenwirken  eines opferbereiten, begeisterten Komitees ist es gelungen  den Festtag  auch hier in Österreich einzubürgern. Allerdings, dass alle noch nicht erfassten welche tiefe ethische Bedeutung dieses Fest  hätte. Es ist die Anerkennung der Mutterliebe und dass es die Kinderliebe  festigen und steigern sollte, dem Familienleben diene und zur Selbstlosigkeit anrege. Auch die maßgebenden Kreise konnten der Bedeutung nicht folgen, dass der Muttertag eine bedeutende Hilfe der Erziehung sei.  Goethe  bemisst  den Grad der Kultur nach dem Maß von Dankbarkeit, die einem Menschen innewohnt und wie können Kinder zu mehr Dankbarkeit angeregt werden, als wenn sie mit dem Liebesopfer der Mutter konfrontiert werden. Die führenden Kreise müssten endlich erkennen, dass Mutterschaft der Beachtung und Fürsorge bedarf. Diese Beachtung wurde bisher vermisst und man hofft, mit der Ausstellung „Frau und Kind“ damit eine Änderung herbei zu führen.

Die Regierungen bedauern  den Rückgang der Geburten, und erkennen nun offenbar, dass hier etwas unternommen werden müsse, sollte das Land nicht entvölkert werden.

Jedes Kind kann sich glücklich schätzen,  in der Geborgenheit einer Familie aufzuwachsen und besonders von der Mutter umhegt und gepflegt werde.

Die Lehrerschaft tat ein übriges dazu, die Kinder auf den Muttertag vorzubereiten, und ihnen die Bedeutung dieses Tages plausibel zu machen. Zeitschriften und Ravag bemühten sich dem Ehrentag  die richtige Geltung zu verleihen, damit es am zweiten Mai-Sonntag nur glückliche Mütter gäbe.

Schon seit einer Reihe von Jahren wird in vielen Kulturländern, am zweiten Sonntag im Mai der Muttertag gefeiert. Er ist ein Tag, gewidmet  der Verehrung für die liebende, sorgende  Mutter. Das müsste doch selbstverständlich sein? Nein, denn auch zur Dankbarkeit muss man erzogen werden. Allzu  selbstverständlich werden die Opfer der Mutterliebe  hingenommen, und gerade in der heutigen  der Ideale so sehr beraubten Zeit  fehlt es an  Muße und Vertiefung zur Pflege bewusster Dankbarkeit.

Auch der vereinsamten Mutter werde gedacht. Wie viele werden in ihrem Bekanntenkreis, eine solche Verlassene  wissen, der sie an diesem Tag Freude bereiten können. In Versorgungshäusern und Altersheimen lebt so manche Verlassene.

Unter den Müttern gibt es auch einen wirtschaftlichen Unterschied,: Die wirtschaftlich  sorgenfrei lebende Mutter, die auch das ganze Jahr  nicht an Überarbeitung leidet, die von dienstbaren Geistern  unterstützt wird, oder eine Mutter die bei der geringsten Krankheit alle Möglichkeiten besitzt, rasch wieder gesund zu werden in einem Kurort, die Kinder besitzt, aber zu deren Aufzucht in den meisten Fällen Amme, Kindermädchen und Lehrer  verschiedenster Art zur Verfügung stehen, muss doch ganz entschieden von einer  anderen Mutterkategorie unterschieden werden, die auch  existiert  und die  den Großteil aller Mütter überhaupt bildet.


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[{Image src='hordensien.png'class='image_block'height='400' caption='Blumen für die Mütter' alt='bevorzugtes Geschenk' width='565'}]
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Es sind diejenigen Mütter, die tagaus, tagein, Nacht über rackern und darben, um den Kindern  das Notwendigste zu bieten; es sind jene Mütter, die den Mann und Ernährer auf dem sagenhaften „Feld der Ehre“ opferten und nun  ihren Kindern auch den Vater ersetzen müssen. Kennt ihr diese Mütter, diese früh  gealterten,  selten sich freuenden, müde  einhergehenden, die nach  der sehnlichst gesuchten Erwerbsarbeit auch noch  den armseligen Haushalt versehen, die sich bemühen,  aus den Kindern Menschen zu machen, so weit  es in ihren schwachen Kräften steht? Kennt ihr diese  Frauen,  die schon mit dem ersten Zug, der Straßenbahn in die entfernt liegende Fabrik fahren, oder die schon  um 2 Uhr  früh aus dem Haus gehen, um die Zeitungen zum Austragen zu übernehmen? Und die vielen anderen arbeitenden Frauen, die ein mehrfaches Joch auf  ihre Schultern geladen haben, um den Hunger der Kinder zu stillen? Ob an der Nähmaschine für wenige Groschen Heimarbeit verrichtend, ob an der Schreibmaschine um elendes Monatsgehalt schuftend, ob mit  Hand oder Kopf, leisten sie  doch     ein           Vielfaches     dessen  unter       den quälendsten     Bedingungen, was normalerweise die bürgerliche Frau auch nicht   annähernd imstande ist.

Wir fordern  menschenwürdige Gesetze,  in deren Schutz die Frauen und Mütter sich sicher und wohl  behütet fühlen, und wir fordern Gleichberechtigung für die Frauen überhaupt, für die kommenden  Mütter; auf allen Linien gibt es  noch eine Unmenge an Wünschen und Forderungen, an  Schulden, die den Frauen zurück zu zahlen sind.

Das bedeutet für uns  sozialistische Frauen der Muttertag. Kein Getändel, keine Komödie für einen kurzen Tag, dem der weitaus längere der Robot folgt; für uns bedeutet der Muttertag die Ablegung eines Gelöbnisses für eine Besserstellung der Frau im allgemeinen, der  Mutter im besonderen, , ganz besonders auch der ledigen Mütter, die rechtlich den Schutz des  Mannes entbehrt, für die  vaterlosen Kinder  - die man  umehelich nennt – Gleichstellung mit  denjenigen deren Mutter den Trauschein besitzt.

Muttertag 1828: Als eine  der natürlichsten  Reaktionserscheinungen des gesunden Instinktes lebenskräftiger Völker ist der Gedanke  der jährlichen  Feier des Muttertages entstanden, welcher einer,  den Staat und das Volk  gefährdenden Lockerung  der Familie entgegenarbeiten will. Diese Lockerung ist als Folge der furchtbaren Kriegs- und Nachkriegsjahre vielfach in Erscheinung getreten.

Muttertag 1929: Zahllos  sind  die Zuschriften, die uns anlässlich des Muttertages  zugekommen sind. In erste Linie waren es Ansuchen alter Mütterchen um Zahnprothesen. Da wir  heute die Zahnaktion nicht durchführen, haben wir alle diese Ansuchen an die Standesvertretung der befugten Zahntechniker, I. Elisabethstraße 9, weitergeleitet. Es waren mehr als hundert Gesuche um Zahnersatzstücke  und noch immer kommen  uns solche Gesuche zu.......
 


1933:  Der Muttertag wird heuer  am 14. Mai  zum zehnten Mal in Österreich gefeiert, er ist bereits zu einer weit verbreiteten  Volkssitte geworden. Das von Marianne Hainisch gegründete Muttertags Komitee sieht seine  Hauptaufgabe darin, dieses Fest  nun davor zu bewahren, dass es  zu einem  bloßen Geschenkstag herabsinke. Muttertag  in der Familie,  im schönsten, idealsten Sinn zu feiern ist nicht durch das Geschenk bedingt, sondern durch das  - leider  allzu selten gesprochene – liebe, gute Wort  dankbarer Anerkennung, das Lebens  verschönernd wirkt und die Familienbande  fester knüpft. Für die armen Mütter in Asylen und Altersheimen werden Süßigkeiten verteilt. Blumen bekommen die Mütter in den Krankenhäuser. Und für ganz Arme werden Lebensmittelpakete verteilt

Ein Pfarrer aus Linz meint über den Muttertag folgendes: „Ich sage es offen: Ich bin kein Freund allzu vieler Festlichkeiten und werde,  je mehr ich  das Leben durchschaue, ein immer größerer Feind aller Jubiläen, Gedenktage und ähnlicher Feierlichkeiten. Mehr sage ich mit  Absicht nicht. Es ist so vieles nur Getue, Klimbim, Augenauswischerei und Selbstbetrug. 

Diese Gefahr besteht auch für den Muttertag. Darum schrieb ich im Vorjahr einen Artikel für die Männer des Inhalts: „Ehret  eure Frauen, aber nicht nur  einmal im Jahr am Muttertag!“....

Im Jahr 1933 wurde der Muttertag  unter  dem Ehrenprotektorat der Frau  Marianne Hainisch  zum zehnten Mal im Parkhotel  Hübner  gefeiert. Prominente Künstler der Bundes- und Privattheater stellten  sich zur Verfügung, um diese Akademie zu einem glanzvollen  Fest zu gestalten.....

1935 Muttertag: Das Fest der Mutter  zu feiern,  ist  ein schöner  Gedanke, dass man sich fast darüber wundern muss, wie spät es  der Menschheit  eingefallen ist,   die Mutter offiziell zu ehren und ihr im  Namen der Allgemeinheit zu danken. Die Mutter ist nicht nur die Gebärende , sondern auch die Hüterin der kommenden Generation, mehr als das -  sie ist es, die durch ihre Entsagung und Selbstentäußerung im Interesse der Kinder, durch ihr  ständiges Wirken zum Wohl und zur Wahrung des Heimes,  Großes für  die Familie und damit  der gesamten  Volksgemeinschaft leistet.

Die berühmte, schwedische Dichterin und Nobelpreisträgerin Selma Lagerlöf hat einmal in einem Vortrag , der zu Ehren der Frauen gehalten wurde,  die Kultur schöpferische Tätigkeit  von Mann und Frau  gegeneinander abgewogen. Der Mann hat zweifellos  ungeheure Leistungen auf diesem Gebiet vollbracht, das Werk der Frau aber ist und bleibt die Schaffung des Heimes. Durch ihr  Walten wurde die ehemals so primitive Wohnstätte allmählich zu einem Heim umgestaltet,  das die Familie  heimelig und  wohnlich  umschließt. Bei der Mutter finden die Kinder Beistand, Rat und Schutz.

Noch eine größere Herausforderung für Frauen ist der Ausbruch eines Krieges in dem sie  fluchtartig ihre gewohnte Umgebung, ihre Heimat verlassen müssen,  mit Kindern, Zuflucht schließlich in einem  Land,  wo sie vorerst Schutz finden.

All das was in den Anfängen des Muttertages befürchtet wurde, trat ein, geschäftstüchtig wird die Kinderliebe ausgenützt. Muttertag wurde  für Blumenhändler, Süßwaren und Restaurants ein Gewinn   bringender  Spitzentag.

__QUELLEN:__   Frau und Mutter  1926 S 1 Bild,, 1935, Heft 3, S 9,  Ill. Kronen Zeitung,  13. Mai  ^1929, S 3,  Hausfrau 1933, Mai  S 1, Arbeiterinnen 1. Mai 1929, S 5,  Elisabeth Blatt  1936, Mai S 6,  Freie Stimmen, 6. Mai  1926, S 4, Österreich Ill. Zeitung  13. Mai 1928, S  2,  Die Österreicherin  1933,  Nr. 5,  S 1,ANNO Österreichische Nationalbibliothek

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