!!!DIE KRIEAU



[{Image src='Meierei Krieau.png'class='image_left'height='300' caption='Meierei Krieau' alt='Prater' width='193'}]


1919: Wie  aus den Tageszeitungen zu erfahren ist, hat die Gemeinde Wien die Absicht aus der habsburgischen Konkursmasse Krieau  für sich zu gewinnen, allerdings nicht geschenkt, sondern für  einige Millionen, um die  unsere Stadtkasse offenbar zu viel und die Erben Kaiser Franz Joseph zu wenig haben.

Ein Drittel des Praters, wohl der schönste Teil, nimmt damit Abschied von hofärarischer  Vergangenheit, in denen die Krieau bereits jedermann gehört hat,  aber bis auf Widerruf; denn man kann auch diese verbauen, so wie vor dreißig Jahren nicht weniger  schöne Teile des kaiserlich-königlichen Praters verbaut wurde.

Schon vor fast 50 Jahren, hat Ferdinand Kürnberger über die verschiedenen Verschandelungen des Praters  zu klagen, so hatte er der Gemeinde Wien die Erwerbung des Praters nahegelegt. Der Prater, so  meinte er, ist fast schon ein Nationaleigentum und gehört geschützt. Er meinte die Unternehmer die im Weltausstellungsjahr mit dem Prater nicht glimpflich umgegangen waren. Die Wiener lassen sich ihre Wälder links und rechts wegschlagen und den Prater demolieren lassen. Nicht einmal der seinen Wald- und Wiesegürtel träumende  Dr. Lueger, für seinen grünen Gürtel um Wien den Prater als Abschlussstück zu verlangen. Er konnte nicht einmal  den Fürsten Schwarzenberg  zur Demolierung der hässlichsten Mauer  Wiens. Jener des Schwarzenberggartens auf der Wieden bewegen; er war  natürlich noch viel weniger imstande und ein viel zu loyal-gemütlicher Wiener,  die Parzellierung und Verbauung des Praters zu verhindern.

Es musste erst ein  Weltkrieg verloren werden, bis es der Gemeinde Wien, die  vor 50 Jahren, nach Kürnberger „halt daran vergessen“ hatte, einfiel, den Prater zu reklamieren.

Die Krieau deren grüne Bäume immer etwas abseits und vornehm dem Trubel des Volkspraters entrückt, ihre weißen Blüten über die nicht minder weiß-gedeckten Tische der  besten Wiener Frühstücks und Jausengesellschaft schneien ließen. Mehr noch als die Hauptallee in die  vor 30 Jahren der dröhnende Schritt der  maifeiernden Arbeiterschaft einbrach, hat sich die Krieau ihre aristokratischen Traditionen bewahrt. Die schönsten Bäume der Praterlandschaft oft in Gemälden wiedergegeben, sah man die kleine Erzherzogin  Erzsi hier vor allem bei Gugelhupf der traditionellen Hausbäckerei der  Meierei Krieau.

Mit Krieau war meist die Meierei Krieau gemeint, oder im Frühling in die Praterdependance der Frau Sacher.

Aber es gab auch andere Besucher, die die Ruhe, die Schönheiten und vor allem die Einsamkeit  suchten und genießen wollten. Dichter und Maler, Naturforscher an einem kühlen Maimorgen umgeben von all den Kastanienblüten,  Rudolf von Alt, Adalbert Stifter, Tina Blau, nicht sie waren  die berühmten Stammgäste sondern die Morgenreiter  aus der Hauptallee, Spazierfahrten  der Adeligen, die Prinzessinnen Croy, Mitglieder des Jockeyklubs, oder aus der Theaterwelt,  Georg Reimers, auf einem ausgeborgten Pferd, aber auch aus der Diplomatie  und Regierung, wie Julius Andrassy dem Ideen  bei seinen Morgenritten so richtig  in den Sinn kamen.

Die Krieau  war ein Salon , ein mondäner Fünf-Uhr-Tee im Grünen und durchaus eine geschlossene Gesellschaft. Jeder Fremde wurde als Eindringling betrachtet oder vielmehr ignoriert, als nicht hierhergehörend bedacht.

Nun sozialisiert sich die Krieau, Schlagoberskaffee gibt es ohnehin nicht mehr, kommt ein Graf  vom Morgenritt,  der Titel ist nun wertlos und verboten. Die Krieau in ihrer wunderbaren Schönheit für sie ist eine neue Zeit angebrochen.

1919:  In der heutigen Stadtratsitzung berichtete Stadtrat Körber über die Erwerbung der Krieau von den Erben Kaiser Franz Josephs. Die Angelegenheit, über deren  Einzelheiten wir bereits berichtet haben, wurde mit der Kaufsumme von 4.3 Millionen Kronen genehmigt.

1920:  Vor dem Bezirksgericht Leopoldstadt war gestern  der Pächter der bekannten Meierei  Krieau, Franz Burger, wegen Preistreiberei angeklagt, weil er im August einem Gast die Portion Butter im Gewicht von etwa zwei Dekagramm mit vier Kronen und eine Schnitte Brot mit  1 Krone 50 berechnet hatte. Der Angeklagte suchte darzutun, dass die bestehenden Verkaufspreise keineswegs übermäßig hohe  waren,  da er mit Rücksicht auf die hohe Regie in dem Betrieb der Meierei, die ein Saisongeschäft sei,  keinerlei Gewinn  erzielt, vielmehr darauf gezielt habe. Der Richter verurteilte den Angeklagten zu acht Tagen Arrest, verschärft durch einmal  hartes Lager und zu einer Geldstrafe von fünftausend Kronen.

Die im Vorjahr gegründete Vereinigung der  Züchter und  Rennstallbesitzer hatte den großzügigen Plan gefasst, die Krieau von der Gemeinde zu pachten und dort einen neuen modernen Hindernisrennplatz zu schaffen. Die neue Vereinigung, deren Präsident Graf Johann Meran, und deren geschäftsführenden Vizepräsident und Rennstallbesitzer Friedrich  Münzer-Münzbruck ist vereint, in glücklicher Zusammensetzung in ihrem Vorstand Mitglieder des alten Jockeyklub, Vertreter des Wiener Patriziertums und die jüngere Generation aktiver Sportleute zu gemeinsamer Arbeit. Die Verhandlungen mit der Gemeinde sind,  nachdem die  üblichen Widerstände überwunden waren, in ein günstiges Stadium getreten, das heißt der Pachtvertrag für die Krieau ist nun in  allen Punkten festgelegt und seine  Perfektionierung hängt nur noch davon ab, dass die Abhaltung  von Rennen überhaupt noch möglich wird.

Durch den Hindernisrennplatz in der Krieau wäre  Wien um eine großstädtische Einrichtung reicher. Wenn das Projekt, wie es Münzer-Münzbruck ausgearbeitet hat zur Wirklichkeit werden sollte,  wäre auch schon in nächster Zukunft ein großer Erfolg zu verzeichnen. Zahlreiche Arbeitskräfte wären nötig und bekommen Beschäftigung. Auch die Jugendlichen sollten miteinbezogen werden.

1923: Die Hauptallee ist menschenleer, auch selbst an Renntagen, nur wenige Spaziergänger  findet man  auf der breiten geölten Fahrstraße.  So vereinsamt hatte man die Hauptallee noch nie gesehen, wie in dieser neuen Zeit.

Krieau  das war einmal für den Wiener Begriff  allerhöchster Vornehmheit. Da traf sich die Aristokratie an schönen Tagen und der gewöhnlich Sterbliche wagte sich  in dieses geheiligte Gebiet, nur, wenn er das Bedürfnis hatte, seine Portion Kaffee auf silbernen Geschirr serviert zu bekommen. Die  „Portion“, und zwar zu dem hohen Preis von 40 Kronen – betonte den Abstand zwischen der Krieau und gewöhnlichen Jausenstationen, in denen Kaffee glas- oder tassenweise ausgeschenkt wurde. Die „Portion“ und das Silbergeschirr sind nun  in der Krieau längst vergessen; verschwunden, wie jener undefinierbare Hauch kultiviertester Noblesse. Nur auf wenigen Tischen breiten sich Tücher, weil es überflüssig ist für die wenigen Gäste, die hier zufällig Station machen so viel Mühe zu machen. Statt den Gästen vergnügen sich zwischen den Tischen nun  eine Schar prächtiger Hühner, auch die Spatzen mischen sich darunter und kämpfen um die Brosamen die ihnen so mancher Gast  spendet. Auf dem ehemaligen Wagenplatz sieht man noch andere Tiere wie Kühe, Ziegen, Gänse und Schweine. Die Pferde haben sich auf den Trabrennplatz zurückgezogen. So verändert präsentiert sich die neue Zeit.

1924:  Um in die Krieau zu gelangen, wählt man am besten einen Fiaker, der am Graben zu finden ist. Das Wort Taxe ist in den Kreisen der Fiaker verpönt. Und damit beginnt der Genuss dieser Fahrt in die grüne Welt der Krieau.

Für die Fahrt zu den blühenden Kastanien der Krieau mit dem  zur  Tradition gewordenen Abstecher zum Lusthaus, drei Stunden Fahrt  mit Aufenthalt kostet rund 200.000 Kronen. Und hätte man  selbst 50.000 Kronen mehr zu bezahlen, so ist man  durch  das nicht überzahlte Bewusstsein  entschädigt, von seinem Fiaker mit einem wirklichen Kavalier verwechselt worden zu sein.

In der Krieau ist nichts  los, sie ist nichts weiter  als ein schönes Stück nobler Vergangenheit.Man merkt das schon an ihrer Zufahrtsstraße,  die eine Reitallee ist und ein Wagenweg, der für die Automobile auf Grund eines auch in der Republik  dienstlich wirkenden Hofdekrets ohne Nachsicht  gesperrt ist. Das segensreiche Walten vornehmer Tradition kommt solcher Art, da immer mehr Zeitgenossen auf sie verzichten, wenigstens einem  Gasthaus zugute, weil man in der Krieau die Errungenschaften  der neuen Gastgewerbeindustrie aus Überzeugung ignoriert. Die Gegenwart wird einfach nicht zur Kenntnis genommen.

Anderswo hat man sich der Gegenwart angepasst. Nur die Krieau blieb, was sie war.  Eine grüne Landschaft die in den Novellen  Arthur Schnitzlers vorkommt.

1926: An einem Sonntag im Juli, der nach einer langen Regenperiode vom Wettergott  besonders begünstigt schien, gab es ein großes Fest in der Krieau.  Bunte Fahnen flatterten im  hellen Sonnenschein und gaben der über  200 Kleingärten umfassenden Kolonie des Kleingartenvereines Krieau  ein festliches Gepräge. Dem verstorbenen Bürgermeister Neumann war dieser Tag gewidmet, denn die Kleingärtner haben ihm einen Neumann Brunnen errichtet.

Die Feier begann  um 10. Uhr zahlreiche Gäste und Reden wurden gehalten.

1930:  Im Prater blühen wieder die Bäume, die Firmlinge werden zuerst in die Meierei Krieau geführt und dann in den Wurstelprater. Heute noch erinnert die Meierei noch ein wenig an ihre Vergangenheit. Das  Gebäude war vor vielen Jahren ein Jagdschloss. Irgendwie war die Kaiserin Elisabeth, die täglich im Prater ihre Morgenritte absolvierte, auf das hinter den Bäumen versteckte Häuschen aufmerksam geworden und trank hier jeden Morgen ein von der Förstersfrau ihr serviertes Glas Milch. Diese Milch der Krieau wurde alsbald so berühmt, dass sich Gäste einzustellen begannen und  der Förster zur Kuh der Kaiserin noch einige Kühe dazu stellte. Elisabeth war ab dieser Zeit nicht wieder Gast in der Meierei.

Auch Pauline Metternich  beehrte die so berühmte  Meierei, doch an Sonntagen mied sie diese, denn da waren  ihr zu viele Leute. Sie wünschte auch keinen Kaffee sondern trank Tee zu dem ihr Kammerdiener das von zu Hause mitgebrachte Gebäck  servierte.

Auch das Burgtheater war durch  Georg Reimers vertreten. Damals als er noch nicht Hofrat und Professor, aber der berühmteste Komtessenliebling  von Wien war.

Aber die aristokratischen Reiter der Hauptallee und ihre Damen kehrten nun täglich hier ein und machten die Krieau populär. Sie blieb lange die Meierei der exklusiven Gesellschaft und demokratisierte sich später nur insofern, als sie nun auch von der guten Gesellschaft  besucht wurde. Das Schlagobers der Krieau war die aristokratische und gutbürgerliche Spezialität der wienerischen Vorkriegszeit

Frau Lenk weiß  viel über die historischen Zeiten ihrer Krieau  zu berichten.

Im Krieg und nach dem Krieg war die Krieau eine Zeitlang fast vergessen, aber langsam  fand das  was von der guten  Wiener Gesellschaft übriggeblieben war, in die wieder geöffnete Meierei zurück.  Damals kam  vorübergehend ein neuer Einschlag in die alte Eleganz. Gesichter tauchten auf, die man früher hier nie gesehen hatte.  Auf einmal schien die Krieau unter Leuten en vogue  werden zu wollen, die zur  Bestätigung ihres neuen Reichtums die Lokalitäten der alten Gesellschaft  benötigten. „Das Geschäft“, so Frau Lenk in schaudernder Erinnerung an den Einbruch des Kriegsgewinners in ihre Stätte hoher Ahnen ist glänzend gegangen, aber die neuen Leute  haben  mir die alten vertrieben.

Nun die Krieau hat auch das überstanden und heute steht ihr Stammpublikum jenem aus dem vergangenen Jahrhundert in nichts nach. Aus den Künstlerkreisen  kommen nun Piccaver mit  seinen Dackeln, einer der treuesten Stammgäste der Meierei, in der es zu seinem Bedauern  allerdings keine Drinks gibt. Von der Wiener Operette kommen viele Prominente, die halbe  Wiener Oper gastiert an schönen Nachmittagen in der Krieau und merkwürdigerweise sieht man auch viele der Parlamentarier.  Ihr, der Frau Lenk ist es zu danken, dass die Meierei keinerlei Veränderungen erfuhr und so könnte man Wien beinahe immer noch für jenes halten, das nicht mehr existiert.

__QUELLEN:__  Neues Wiener Journal 6. Mai 1919, S 3, 20. Juni 1924, S 6, 26. Jänner 1920, S 3, 24. Oktober 1923, S 4, 7,. Juni 1930, S 7, Illustrierte Kronen Zeitung 26. Juli 1926, S 5, 21. Jänner 1920, S6, Neues Wiener Tagblatt, 7. Mai 1919, S 27.ANNO Österreichische Nationalbibliothek

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