!!!HELFERTS  BROSCHÜRE



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Über die Revision des ungarischen Ausgleichs hatte der bekannte tüchtige österreichische Geschichtsschreiber Freiherr von Helfert eine Broschüre  geschrieben, welche mit Recht großes Aufsehen erregte. Baron Helferts Ansichten in diesem Punkt sind ungefähr  folgende: 

Die im Jahr  1526 erfolgte Vereinigung der Kronen von Ungarn und Böhmen in dem Hause Habsburg  hat für beide  unter gleichen Bedingungen stattgefunden; keine Sonderstellung Ungarns war paktiert. Bei den Verhandlungen über die Pragmatische Sanktion waren es die Ungarn selbst, welche die Einheit der Monarchie und den untrennbaren Zusammenhang  ihrer Länder betonten und im gemeinsamen Staatsrat des  Monarchen vertreten sein wollten. Die Sonderstellung, welche sie sich ausbedungen, bestand lediglich darin, dass sie nicht in den Formen des erbländischen Absolutismus  regiert sein wollten. Als daher eine konstitutionelle  Regierungsform für das Gesamtreich geschaffen war, war auch der Grund des staatsrechtlichen Dualismus weggefallen. Das Gegenteil brachte jedoch die ungarische Bewegung des Jahres 1848, und Helfert spricht, den ungarischen Gesetzen dieses Jahres noch heute, nach dem Ausgleich von 1867, die  Rechtsgültigkeit  ab, indem er ihnen speziell folgende drei Dinge zum Vorwurf  macht: sie seien entstanden, ohne dass die ungarischen Reichstagsmitglieder über dieselben zuvor die nach der avitischen Verfassung gebotene Instruktion der Komitaten eingeholt hätten; es habe keine geregelte Beratung stattgefunden; endlich seien jene Gesetze ungültig  „wegen der  teils unlauteren Erwirkung, teils  anfechtbaren Rechtskraft  der Zustimmung des Monarchen“; zudem Einwurf  aber, dass alle diese Gebrechen, wenn sie bestanden, ja durch die 1867er Ausgleichsverhandlungen saniert seien, macht Helfert die Bemerkung , dass sich 1867  zu  1848  nur verhalte wie die Frucht zum Keime!

Aus der Periode der Fünfziger Jahre rekapituliert  Helfert die zahlreichen Kundgebungen hervorragender Ungarn, wie  Eötvös, Dessewffy im Sinne einer gemäßigten, die Prinzipien eines Reich gemeinsamen Konstitutionalismus festhaltenden Politik, und mit besonderer Befriedigung registriert er die berühmte Adresse von 131 ungarischen  Adeligen aus dem Jahr  1867. An dem  nun folgenden Oktober Diplom  hat Helfert nur das eine  auszusetzen, dass der darin  niedergelegte  große Gedanke nicht zugleich als  vollendete Tat“ ins  Leben  trat. Dem Umstand, dass die Achtundvierziger Gesetze  in dem Diplom zwar nicht als bestehend anerkannt, ihre förmliche Abschaffung aber dennoch erst dem  ungarischen Landtag  überlassen, ihre Legalität also doch  wiederum anerkannt war, schreibt Helfert alle später erfolgten Wirren zu.

Diese Wirren aber haben mit dem Jahr 1867  noch nicht ihr Ende  erreicht: Helfert bemerkt ganz richtig „dass jener gefährliche Großmachtswahn, der im Jahr 1848 zum tollen Ausbruch gekommen war und in den verhängnisvollen  Unabhängigkeits Erklärung; vom  14. April 1849 seine Spitze gefunden hatte, jenseits der Leitha noch immer in den  Köpfen spuke und die Geister umstricke.“  Er gerät in Harnisch über die von den  gewesenen  ungarischen Minister Präsidenten Andrassy  und Wenkheim zur Entschuldigung der schwarz-gelben Fahne auf dem Ofener Königschloss abgegebenen Erklärung und wir können uns nicht versagen, zur Charakterisierung der Schrift aus der hierauf  bezüglichen Stelle wörtlich  einiges mitzuteilen: „Nein, Herr Graf Andrassy Gyula und Baron Wenkheim  Bela, Schwarz-Gold ist weder die  „Privat“ Farbe  Eures Kaisers und Herrn, noch die Farbe der Dynastie. Schwarz-Gold sind die Farben  jenes Großstaates, dem Ihr seit  vierthalbhundert Jahren das Glück habt anzugehören, jenes gewaltigen, schwarzen Doppeladlers im goldenen Felde, dem Ihr beide Herren  es vielleicht zu danken habt, dass Eure gräflichen und freiherrlichen Geschlechter heute noch aufrecht sind und blühen; dem der weitaus größere Teil Eurer Landsleute es zu danken hat, dass sie nicht, heute eine von dem fanatischen Muselmann gedrückte und geschundene Rajah sind und gleich den armen Herzegowinern und Bosniern um eine menschliche  Existenz  ringen müssen, dem es Euer Land  endlich zu danken  hat, dass es mit seinen partibun annexis groß und mächtig  da steht  und fähig ist, den anderen Erbstaaten Eures Monarchen, die um  Euretwillen Jahrhunderte hindurch  Geld und Blut  beigesteuert  haben, jetzt ein Paroli zu bieten. Das, Ihr Herren und eure Nachfolger im ministeriellen Ehrensitz, wollet Euch ein für allemal ins Gedächtnis rufen, und wenn wieder einmal ein X oder Y oder Z mit einer an etwas Anderes streifenden Impertinenz sich erlauben sollte, zu fragen, was das schwarz-goldene Ding auf dem  geordneten  Steinhaufen, den man  die  Ofener Königsburg nennt, zu bedeuten habe, so werdet ihr die Gefälligkeit haben, ihm jene Verhältnisse auseinanderzusetzen und ihm dabei  zu sagen, dass dankbares Erinnern an empfangene Großtaten niemals verunehrt, dass aber  Undank unter allen Umständen schändet!“






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Die Gegenwart aber sei für die Magyaren genau die Zeit von vor 150 Jahren, nur unter veränderten Formen. Wohl ihr Herren, der Türkennot wäret ihr  glücklich los. Nichts mehr hat der Magyar von dorther zu fürchten, und mit verschränkten Armen kann er zuschauen, wie sich eine arme Rajah um ihr Recht, zum Schutz gegen Menschenraub und Steuerdruck, um ein nur  halbwegs erträgliches Dasein  herumschlägt. Aber, Ihr Herren Magyaren, würde nichts, wenn auch das Unglück träfe, euren Wunsch nach Selbständigkeit und Unabhängigkeit erfüllt zu sehen, eine ungleich größere Gefahr euch an den Leib rücken? Wenn heute Österreich zerfiele, wäret ihr morgen eine Beute der Völker. Euer Volk würde auf den  Aussterbe Etat gesetzt werden und die von Jahr zu Jahr sich vermindernde Schaar seiner Kinder zigeunernd unter den Wohnplätzen anders sprechender Völker ein unbeneidendes Dasein fristen sehen,  bis sie von diesen ganz aufgesogen und verwischt wären. Ihr braucht uns bei weitem mehr, als wir euch brauchen. Wir brauchen euch nur um der Großmachtstellung unseres Gesamtstaates willen, aber ihr braucht und um eurer einfachen Existenz  willen!“

Nach diesem, wie man sieht, nichts weniger als einschmeichelnden Präludium entwickelt Helfert seine Ideen aber die Ausgleichsrevision. Es muss fallen vor allem die Honved Armee, folglich der ungarische Landesverteidigungs Minister, die Staatsschuld  muss wieder eine gemeinsame werden; ein drittes Postulat ist „die  ungeteilte  Einheit des Zolls und Handelsgebietes und die einheitliche Wahrung der dahin gehörigen Angelegenheiten  und Interessen“; besonders hebt Helfert hervor, „dass die ungeteilte Einheit der kaiserlichen Seemacht für immer unangetastet bleibe;“ der Titel „Österreich-Ungarn“ muss kassiert und das „Kaisertum Österreich“ wieder hergestellt werden; dass Revisionsprogramm  gipfelt aber in folgendem Verfassungsvorschlag für die Behauptung der gemeinsamen Angelegenheiten: „Die  beiderseitigen  Ministerpräsidenten im obersten Rat der Krone -  ein aus hervorragenden erprobten Regierungs Männern  aller Teile des Reiches zusammen gesetzten   mündigen Staatsrat … -  ein an die Stelle  des allseits angefochtenen Auskunftsmittels  der Delegationen gesetzter,  nach einem billigen Verhältnis  zusammengestellter, nach  gewissen mehrjährigen Zeitabschnitten wechselnder Reichsrat.“ Wie sich Helfert die Herbeiführung dieser Ausgleichsrevision denkt, darüber enthält er sich jeder  Andeutung -  Aber nicht bloß im Innern, auch für die auswärtige Politik Österreichs ist ihm der Separatismus  Ungarns ein Greuel. Ihm ist die Annexion des Gebiets zwischen der Unna Save und der dalmatinischen Grenze ein Gebot österreichischer Staatspolitik; „aber was fangen wir  mit dem Dualismus  an,“ ruft er verzweifelt  aus.

__Quelle:__  „Neue Tiroler Stimmen“1875, ANNO Österreichische Nationalbibliothek, Bilder: I.Ch. Graupp

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