JOHANN  VON  CHLUMECKY 



[{Image src='Chlumecky.png'class=#image_left'height='300' caption='Freiherr von Chlumecky' alt='Politiker'}]


1926: Die  Stagnation  auf dem Realitätenmarkt und die Schwierigkeit, größere Häuser zu verkaufen, veranlassen die Hypothekargläubiger, die zu ihrem Geld kommen wollen, und die Hypothekarschuldner, die ihre Verpflichtungen zu regeln wünschen, bei der Realisierung der in Betracht kommenden Objekte die Hilfe der Gerichte in Anspruch zu nehmen. Die Versteigerungsämter haben auch mit solchen Transaktionen vollauf zu tun. 

So gelangt am 12 Juni eines der wertvollsten und bestgelegenen Häuser der Inneren Stadt zur öffentlichen  Zwangsversteigerung: Es ist das Haus Kärntnerstraße Nr. 1, Ecke Singerstraße gegenüber vom Graben, im Mittelpunkt der Stadt.

Der gegenwärtige Besitzer sieht sich veranlasst, an einer  öffentlichen Feilbietung Zuflucht zu nehmen. Der Eigentümer dieses Hauses, der Kaufmann  Moriz Zeisler, Besitzer mehrerer Modegeschäfte in der Inneren Stadt, war im vorigen Jahr infolge der schweren  Absatzkrise in der Luxuskonfektion gezwungen, den Weg des Ausgleichsverfahrens zu betreten. Er schloss mit seinen Quotengläubigern einen 25%igen Ausgleich, dessen Raten er fristgemäß  bezahlte. Nicht so einfach ist jedoch die Tilgung der Hypothekarschulden, die seine großen Häuser  in der Stadt belasten. Die Hypothekarzinsen des Hauses Kärntnerstraße Nr.1, das Moriz Zeisler im Jahr 1923 vom Baron Chlumecky erworben hat, erreichten bis zum heutigen Tag eine Höhe von vier bis fünf Milliarden, während die Einnahmen aus diesem  Haus, das einst zu den rentabelsten Objekten Wiens gehörte, der Bruttozins  im Jahr 1914 betrug  etwa  160.000 Goldkronen, gegenwärtig ganz minimal sind und kaum zur Deckung der notwendigsten  Betriebskosten ausreichen.

Unter solchen Umständen muss ein Hausbesitzer der überdies unter dem Druck seiner Gläubiger steht, die Realisierung seines Objektes anstreben, wenn er auch bei  dieser Realisierung nicht den vollen Substanzwert zu erreichen vermag.

Die gerichtlichen Sachverständigen, die in ihren Schätzungen sehr zurückhaltend sind, bewerten das ehemalige Chlumecky Haus  mit etwa 15 Milliarden  und setzen den Ausrufungspreis mit 7 ½ Milliarden fest.

Dieser an sich ansehnliche Betrag bedeutet nur einen Bruchteil des Friedenswertes des Hauses, dessen  Kaufpreis vor dem Krieg etwa 2  ½  Millionen Goldkronen betragen hat. Die hohe Wertzuwachsabgabe erschwert überdies den Verkauf eines erst vor einigen Jahren erworbenen Hauses, und so muss der Eigentümer zufrieden sein, wenn er bei der Realisierung auch nur einen kleinen Teil des wirklichen Wertes erzielt.

Herr Moriz Zeisler, der den Besitz  seines Objektes in der Kärntnerstraße preisgibt, hofft auf diese Weise seinen Hypothekargläubiger, es ist eine Wiener Großbank, zu befriedigen und eine festere Bais für seine kaufmännischen Unternehmungen in der Inneren Stadt zu schafen. Er besitzt vier Luxusgeschäfte in der Kärntnerstraße und in der Rotenturmstraße, wo er bereits  30 Angestellte mit einer Gesamtabfertigung von etwa 1 ½ Milliarden abbauen musste. Diese Geschäfte haben auch  heute begreiflicherweise  unter  der allgemeinen Stagnation zu leiden. Um sie halten zu können, muss Zeisler auf seinen Realbesitz  verzichten. Es bleibt ihm übrigens nach der Realisierung das Haus Kärntnerstraße Nr. 1 noch ein anderes Haus in der Kärntnerstraße, dessen Schicksal  allerdings von dem Ausgang der Versteigerung des ersten Hauses abhängig ist,


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Chlumechky der am  11. Dezember 1924 mit 90 Jahren starb war eine  der stärksten und eigenartigsten Persönlichkeiten des alten Österreich. Seine große Zeit war das Österreich des Kurienparlaments dessen letzter Präsident er gewesen ist. Wer kannte zu dieser ,Zeit  noch seinen Namen, wussten von seiner  einstigen Bedeutung von seinem Einfluss und seinem Ansehen, nichts. Nun nachdem er im hohen Alter gestorben war, wurde sein Leben neu beleuchtet  um den Zeitgenossen  diesen Mann näher zu bringen, wodurch  dieser  treue und selbstlose Führer der Deutschen und Liberalen in der Monarchie  hervorleuchtete und  durch welche Gaben es ihm möglich wurde, neben so vielen  hervorragenden Talenten, neben Politiker  von größtem Zuschnitt von Freund und Feind anerkannte Geltung zu  erlangen. Johann Chlumecky durfte unter den deutschliberalen  Politikern als der Diplomat  genannt werden, denn er suchte stets zwischen den  Extremen zu vermitteln. Zweimal schied er aus dem öffentlichen Dienst, zuerst bei Graf Belcredi, dann bei Graf Potocki als sie Ministerpräsideten wurden.

Johann Chlumecky stand jahrzehntelang im Vordergrund der österreichischen Politik, obwohl er ganz und gar nicht den Ehrgeiz hatte, zu glänzen, Macht auszuüben, zu herrschen.  Seinem Naturell entsprach vielmehr eine weise Zurückhaltung, die Tätigkeit hinter den Kulissen, der Einfluss, der mittelbar in die Erscheinung tritt. Chlumecky war bereits 14 Jahre alt, als das absolutistische Österreich zusammenbrach, als die Revolution den Völkern  den Frühlingsrausch der Befreiung gönnte, und er stand als  Abgeordneter auf seinem Posten, als der Verfassungsstaat später  dauernd aufgerichtet und ausgebaut  wurde.


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In der Regierung des Fürsten Adolf Auersperg übernahm er nicht  ohne Widerstreben  zuerst das Ackerbauportefeuille, um dann,  mehr dem Zwang der Verhältnisse als dem eigenen Trieb gehorchend, an die Spitze des Handelsministeriums zu treten. Damals gab es Probleme  des wirtschaftlichen Ausgleichs  zwischen Österreich und Ungarn. Chlumecky brachte Ordnung in das  Eisenbahnwesen und zwar  durch die Förderung des Staatsbetriebes, ebenso gab er der Zollpolitik eine neue Richtung, im schutzzöllerischen Sinn. Während seiner Tätigkeit fiel die Errichtung der Hochschule für Bodenkultur in Wien.

Er war wieder froh den Ministersitz verlassen zu können und als einfacher Abgeordneter  den  Platz einzunehmen und hatte bald die Genugtuung, jene Parteien, die seine Wirtschaftspolitik früher befehdeten, unter Führung des Grafen Taaffe mit größtem Selbstbehagen die Bahn wandeln zu sehen, die von ihm vorgezeichnet war.


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Nach dem Ausscheiden aus der Regierung wurde Johann Chlumecky von Kaiser Franz Joseph noch lange bei wichtigen Anlässen um Rat gefragt; er besaß das Vertrauen des Monarchen, obwohl er keine Neigung zur Liebedienerei besaß. Auch Chlumecky dürfte es nicht leicht  gefallen zu sein, sich die Gunst des Herrschers zu erringen; aber die Reinheit seiner Gesinnung, die ruhige Sachlichkeit seines Denkens und das sichere Urteil ließen seine Meinung wertvoll erscheinen.

Ehe Johann Clumecky in das Herrenhaus berufen wurde, stieg er im Parlament zur höchsten Würde empor: er war als Präsident  der Nachfolger  Franz Smolkas. Mit  außerordentlicher Kaltblütigkeit und Gewandtheit vollführte er das schwierige Amt, denn schon huschten die ersten dunklen  Schatten der Obstruktion über das  Abgeordnetenhaus, schon machte sich das  Demagogentum bemerkbar, schon ertönten Reden, die nicht mehr  an das „hohe Haus“  gerichtet waren sondern auf die Straße einwirken sollten. Johann Chlumecky aber bemühte sich, zu retten, was sich noch erhalten ließ und das Ansehen des österreichischen Parlamentarismus  zu behaupten. Er war ein Präsident, der sich seinen bedeutenden Vorgängen, unter denen nur Leopold von Hasner, Moritz von Kaiserfeld, Dr. Karl Rechbauer, Dr. Giskra und Graf Coronini erwähnt seien, durchaus ebenbürtig erwies. Durch seine unbeugsame, mit feinstem Takt verbundene Energie glänzend bewährte und auch der Opposition persönliche Sympathie abnötigte.

Seine Vornehmheit und Eleganz, seine Kunst, die aufgewühlten Wogen zu glätten, wurde ihm von allen Parteien hoch angerechnet. Sein mustergültiger Charakter, heute eine Seltenheit, wurde von allen Seiten rückhaltslos anerkannt und bewundert. Als er die Präsidententribüne verließ, bekam er als Zeichen der Erkenntlichkeit eine goldene Glocke.

Chlumecky der lange Zeit  die Stadt Brünn  im Parlament vertrat, spielte auch im mährischen Landtag eine hervorragende Rolle, und seinem Einfluss verdankte nicht zuletzt  die Verständigung  zwischen den Deutschen und Czechen  in der Markgrafschaft ihr Entstehen. Das war eine Hochleistung. Es ist unmöglich all seine hervorragenden Taten aufzuzählen. Er war nicht einer der sich in Szene setzte.

Johann Chlumecky wurde mit Ehren überhäuft, in den Freiherrnstand  erhoben, durch   die Geheime Rats Würde  ausgezeichnet

Johann Freiherr von Chlumecky wurde am  23. März 1834 in Zara geboren. In Wien die Schulen besucht  1855 schloss er das Studium der Rechtswissenschaften in Wien  ab.. In Brünn  hatte er seinen Beruf gefunden. Vom Beruf war er Staatsanwalt Dem mährischen Landtag gehörte er von 1865 bis  1906 an,
1867  vermählte er sich mit Leopoldine  von Liebenberg  de Zittin die ihm 1916 im Tod vorausging 
Im schönen Bad Aussee, wo er seit langem lebte und bereits seit 1872 Ehrenbürger war, ist am 11. Dezember 1924  im Alter von 91 Jahren  in seiner Villa St. Leonhardt der einstige Politiker  fast vergessen gestorben. In seiner Villa hatte er oft Kaiser Franz Joseph empfangen. 1874 war Chlumecky Mitbegründer der Sektion Aussee des österreichischen Alpenvereins. War Gründer der Alpenpost, Mitbegründer des Hausindustrieveines, Wegbereiter der Salinen Arbeiter Siedlung.
Dem Entschlafenen betrauert sein einziger Sohn Freiherr Leopold von Chlumecky.

__QUELLE:__   Grazer Tagblatt 13. Dezember 1924 S 4,  Wr. Salon Blatt  25. Dezember 1924  S 8,  Wiener Zeitng  12. Dezember 1924  S 5 ANNO Österreichische Natioalbibliotek Bildmaterial Graupp I. Ch.




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