!!!KRANKENPFLEGE



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1898:  Im Laufe des vergangenen Winters hat der Allg. österreichische  Frauenverein unter den vielen,  an  seinen Versammlungsabenden behandelten Themen auch die Frage  der Krankenpflege gestreift. Leider war bei dem reichen und vielseitigen Programm, welches diese Vereinigung zu erledigen gezwungen war, ein intensiveres Eingehen dieses Teils  weiblicher Berufstätigkeit nicht möglich,  das umso mehr zu bedauern ist, da gerade das Gebiet der Krankenpflege einer scharfen  und gründlichen  Beleuchtung bedarf.

Wer von uns war z. B. nicht schon  gezwungen, für einen Schwerkranken im eigenen Heim oder im Kreis seiner Bekannten die Hilfe einer geschulten Krankenpflegerin zu erbitten,  um nach  vielen vergeblichen Bemühungen an den Türen der Klöster oder der weltlichen Krankenhäuser mit dem Bescheid entlassen zu werden: dass wegen augenblicklichen Mangels an Pflegerinnen der gewünschte Beistand versagt werden müsse. Und dies in einer Zeit, in der  das weibliche Geschlecht  bemüht ist,  sich immer  neue Berufsarten zu eröffnen!

Die Ursache nun dieses scheinbaren Widerspruches festzustellen, dürfte selbst bei einer oberflächlichen Prüfung der Pflichten und Rechte, d. h.  des sozialen Wertes,  welcher der Pflegerin zu teil  wird – für uns  kommen selbstredend nur  die weltlichen Krankenpflegerinnen in Betracht -  auf keine allzu großen Schwierigkeiten stoßen. Ziehen wir z. B. eine Parallele zwischen der Berufstätigkeit einer Lehrerin, Erzieherin, Beamtin und der einer Krankenpflegerin, so werden wir  zu dem Schluss gelangen, dass sich  Rechte und  Pflichten des letztgenannten Berufes keineswegs decken.

Man nehme nur die seelischen und physischen Strapazen, welche eine pflichttreue Pflegerin zu erdulden hat, ganz  abgesehen von  der steten Gefahr, in der sie sich bei der Pflege von ansteckenden Kranken  befindet,  so wird man   einsehen lernen, um wieviel schwerer  der Gehalt einer Krankenpflegerin, als der einer Lehrerin, Erzieherin oder Beamtin erworben wird, ein Gehalt, der,  notabene bei  erstgenanntem Beruf, kaum ein genügendes Fortkommen ermöglicht.

Aus  diesem Grund hat sich auch auf dem Gebiet der Krankenpflege ein überaus starkes Proletariat gebildet, welches nicht nur die ganze Klasse der Krankenpflegerinnen in Misskredit brachte,  sondern auch das Ansehen, welches die Wärterinnen im sozialen Leben genießen, zu dem Niveau der dienenden Klasse herabgedrückt hat. (Auf welch  tiefer Stufe die Krankenpflege unserer Tage steht, kann wohl der am besten beurteilen,  der einmal  einen Blick in die Trinkgeldwirtschaft  unserer Krankenhäuser getan hat.)

Bemüht man sich nun,  die Krankenpflege auf jene Stufe zu erheben, auf der sie stehen muss, um der leidenden  Menschheit Nutzen und Hilfe zu gewähren, so ist vor allem dafür zu sorgen,  dass sich  die materielle Seite dieses Berufes besser  gestalte. Liegt es  doch auf der Hand, dass die Tochter gebildeter Kreise, an die immer und immer wieder der Ruf ergeht, sich der Krankenpflege zu widmen, nicht mit einem Gehalt auskommen kann, der einem Mädchen der niederen Stände  nicht nur  ein gutes Fortkommen, sondern noch die  Mittel  zu manchem kleinen Vergnügen zu gewähren vermag.  Diese Ansicht verstößt zwar vollkommen gegen die Satzungen der Sozialdemokratie, wird aber trotz aller Nivellierungsbestrebungen dieser Partei ihr Recht behaupten.

Doch selbst aus den unteren Volkskreisen entschließt man sich schwer, einen Posten als Krankenwärterin zu übernehmen. Macht  sich doch auch hier der echt menschliche, in allen Gesellschaften gleich stark ausgeprägte Zug geltend, demjenigen Beruf den Vorzug zu geben,  dessen Pflichten die  Rechte nicht überwiegen.

Haben wir hiermit auf die Grundübel hingewiesen,  welche den  geringen Wert, den die  Krankenpflege als Frauenerwerb genießt, erklärlich erscheinen lassen, so bleibt uns jetzt noch übrig, der Ursachen Erwähnung zu tun, aus denen der ungenügende Zuspruch, den die  Krankenpflege als  Frauenberuf findet,  abzuleiten ist.

Es gibt in unseren Tagen eine große Anzahl  gut  situierter Mädchen, welche aus irgend  welchen Gründen auf die Ehe verzichten, Da jene Mädchen dank ihrer  pekuniären Lage auf keinen Erwerb angewiesen sind, die Ausübung einer Berufstätigkeit aber als sittliche Notwendigkeit betrachten,  stellen sie ihre Kräfte meist in den Dienst der Allgemeinheit.  Diese meist aufopferungsfähigen, ernst denkenden Frauen für die Sache der Krankenpflege zu gewinnen, müsste man vor  allem bemüht sein, und zwar  könnte dies am leichtesten durch Wort und Schrift geschehen. Ein Klageschrei über den chronischen Mangel an Krankenpflegerinnen, wie  er von Zeit zu Zeit  mit möglichster Raumersparnis in den Spalten unserer Zeitungen erscheint, führt zu nichts. Man sollte vielmehr in den Frauenvereinen und anderen öffentlichen Versammlungen über das Thema der Krankenpflege Vorträge halten, d. h.  gediegene Vorträge und keine jener Diskussionsabende, wie sie  augenblicklich modern sind und nach denen man den Saal  so klug verlässt, wie man  ihn betreten.  Ferner sollten Flugschriften und  Broschüren verteilt werden, die klar geschrieben die Sache der Krankenpflege behandeln müssten. Das würde wirken! Und zugleich jene  falsche Ansicht zerstören helfen, die  in dem Glauben beruht, dass die Krankenpflege nur das eine, scheinbar enge Gebiet der Krankenhaus- und Privatpflege umfasse.  Es gibt ganz im Gegenteil innerhalb der Krankenpflege so viele und so verschiedene Gebiete, dass gewiss für jede  weibliche Natur eine passende, ihr zusagende Ausübung des segensreichen Berufes finden würde.

Der Professor der Theologie Zimmer z. B., dessen  kleines Werk: „Der evangelische Diakonieverein“ für vorerwähnte Broschüren zum Muster dienen könnte, teilt die  Krankenpflege als Frauenberuf in fünf Abteilungen ein: 
1. Die Krankenpflege im Allgemeinen (Privat- und Krankenhauspflege);  2.  die Frauenpflege (Wochenpflege und Geburtshilfe), 3.  die Irrenpflege, 4. die Heilerziehung, 5.  die Gefangenenpflege.

Zur  Charakterisierung der Krankenpflege im Allgemeinen führt Prof.  Zimmer die Worte Mendelsohns (Zeitschrift für  Krankenpflege, Jahr 1816) an. Dort heißt es:  „Die Krankenpflege ist eine große Aufgabe, größer,  als sie  dem  flüchtigen Blicke erscheinen mag.  Denn noch  immer meinen viele Ärzte und viele Pfleger, die Krankenpflege bestände in kaum etwas anderem, als  in der  Darreichung derjenigen Handleistungen und  Dienste, welche der  bettlägerige und hilflose Kranke sich  selber nicht zu leisten vermag. Solche Auffassung ist ganz irrtümlich. Die Krankenpflege ist viel,  viel mehr:  sie ist die Behandlung der Kranken während 23 ¾   Stunden des Tages, in welchen der Arzt nicht bei ihm ist.  Denn wie der  veränderte Zustand im Ablauf  der Lebensprozesse eines Individuums, welche wir als Krankheit zu bezeichnen pflegen, während der Dauer der Krankheit ununterbrochen fortbesteht, so hat die  Heilkunst die dementsprechende Aufgabe, durch eine ebenso  ununterbrochene Einwirkung auf die Person des Kranken die entstandenen Störungen zu beseitigen, auszugleichen oder erträglich zu machen. Ein solch wichtiger und ehrenwerter Beruf sollte sich aus ganz anderem Material rekrutieren, als das  im Ganzen bisher der Fall ist.“

Dies die Worte der berühmten Gelehrten. Werfen wir jetzt einen Blick auf Abteilung II der Krankenpflege: auf die Frauenpflege. d.  h. die Wochenpflege und Geburtshilfe, so müssen wir  hier den persönlichen  Ausführungen Prof.  Zimmers vollkommen beistimmen. Er schreibt:

„Es ist Tatsache, dass ein großer Teil der so häufigen Frauenkrankheiten zu spät  zu ärztlicher Kenntnis kommt, erst dann,  wenn eine Heilung nur schwer oder gar nicht mehr möglich ist. Die Gründe liegen teils in der Unkenntnis mit dem Sitz der Krankheit, teils in der natürlichen Schamhaftigkeit, die in diesen Fragen die Hilfe des Arztes scheut teils in der Mittellosigkeit, die oft genug am Wichtigsten zu sparen zwingt, namentlich wenn dessen  Wert noch nicht genügend erkannt ist.

 Es ist ferner Tatsache, dass die Ursache  vieler schwerer Frauenkrankheiten in den ärmeren  Volkskreisen nur der  Mangel einer gesunden Geburts- und  Wochenbetthygiene ist.  Sterben doch selbst an Kindbettfieber, das durch Sauberkeit und  aseptische  Behandlung nahezu  gänzlich zu beseitigen wäre, in Preußen allein  jährlich 7000 – 8000 Wöchnerinnen, und  wie groß und zahlreich die Schäden sind, die  durch mangelnde Pflege der Wöchnerin, durch zu frühes  Aufstehen hervorgerufen werden, spottet der Beschreibung.

Hier liegen für die Diakonie überaus wichtige Aufgaben vor. Seit längerer Zeit steht die Reform des Hebammenwesens  auf der Tagesordnung der ärztlichen Fachzeitschriften.

Darüber herrschte Einigkeit, der Stand bedarf der Reform. Die Mittel, welche bisher angewendet sind, haben nicht zum Ziel geführt und werden nicht zum Ziel führen. Tausende von Hebammen, welche jetzt leben, werden niemals auf die Höhe  gehoben werden, dass sie allen Anforderungen, die wir an eine gute Hebamme stellen müssen, genügen können. Wie soll es anders werden?

Allein dadurch, dass wir gebildete Frauen zu Hebammen machen,  dass die Schülerinnen sich aus besseren Ständen rekrutieren“. So  Heinrich Fritsch, und der  unermüdliche Vorkämpfer für die Geburts- und  Wochenbetthygiene, Dr.  Brennecke, sagt übereinstimmend:  „Die Schäden unseres Hebammenwesens sind meines Erachtens nicht durch Schulung, nicht durch Kontrolle der Hebammen allein  zu reparieren; sie liegen tiefer begründet. Es gilt vor allem, charaktervolle Frauen heranzubilden, die durch einen höheren Grad moralischer Reife, durch einen tieferen sittlichen  Ernst dazu befähigt sind,  unter den Schwierigkeiten der alltäglichen Praxis jederzeit den Anforderungen der  modernen Geburtshilfe gerecht zu werden. Jeder Arzt, der häufiger am Kreisbett armer Frauen zu stehen Gelegenheit hatte, wird davon zu erzählen wissen, wie ein hoher Grad von Überzeugungstreue,  Umsicht und Energie dazu erforderlich ist, um im täglichen Kampf mit Sauberkeit und Schmutz, die nur zu leicht die Begleiter der Dürftigkeit und der Not sind, nicht zu erlahmen, um dessen ungeachtet den Forderungen der Antiseptik und des Gewissens auch am elendsten  Wöchnerinnenlager getreu zu bleiben. Wird man solche Festigkeit,  solch stark entwickeltes Pflichtgefühl von Hebammen erwarten dürfen, die, aus den niederen Volksschichten hervorgegangen, in der Praxis mehr oder weniger frei  auf sich gestellt sind? Und wenn  man dies Pflichtgefühl nicht bei ihnen voraussetzt, wird man glauben können,  dass dasselbe jemals durch Kontrolle im Beruf -  und wenn es  die denkbar strengste wäre -  genügend zu ersetzen sei? Je  höher die Bedeutung, je schwerer die Verantwortlichkeit  eines Berufes ist,  um so höhere Anforderungen pflegt man  gemeinhin an den Bildungsgrad der Kandidaten solchen Berufes zu stellen. Warum? Weil erfahrungsgemäß jenes zur Wartung verantwortungsvoller Berufsarten unentbehrliche,  hoch entwickelte Pflichtgefühl, jene notwendige Umsicht durch eine gute Erziehung von Jugend auf,  durch einen höheren Bildungsgrad am zuverlässigsten garantiert wird. Wesentlich in den gebildeten Ständen sind die Eigenschaften voll entwickelt zu finden,  die die moralische „Qualifikation“ für eine schwierige verantwortungsvolle Berufsart verleihen“.

„Möchten daher Frauen  und Mädchen der  gebildeten Stände, die gewillt und fähig sind, ernst zu arbeiten, das durchaus unberechtigte Vorurteil überwinden lernen, das sie  bis heute noch immer zurückhält, den Beruf einer Hebamme zu ergreifen – einen Beruf, der,  in der rechten Art erfasst,  wie kaum ein anderer im Stande ist,  dem Leben einer arbeitsfrohen und charaktervollen Frau  Inhalt, Bedeutung und Befriedigung zu gewähren. Der Beruf einer Hebamme steht,  was Verantwortlichkeit betrifft, weit  höher als der einer  Krankenpflegerin; -  was  hindert heute  noch,  da ein frisches und kräftiges Aufwärtsstreben den Hebammenstand beseelt, was hindert heute noch  die gebildete deutsche Frau , das gebildete deutsche Mädchen, sich solchem Beruf zuzuwenden?“

Die  physische Krankenpflege, die Pflege der  Irren,  hat im Vergleich zu vorgenanntem Beruf bedeutend mehr  Bewerberinnen gefunden. Trotzdem ist die Zahl jener,  welche sich  diesem Zweig der Krankenpflege widmen,  noch immer keine genügende.

Was die Ausbildung  zur Irrenpflege betrifft,  so ist uns in Österreich keine solche Lehranstalt bekannt.  Deutschland besitzt dagegen deren zwei, und zwar in Berlin,  Westend, Privatanstalt des Dr. J. Waldschmidt und das St,  Jürgen-Asyl in Bremen.  Doch bedingt die Anstellung als Irrenpflegerin nicht immer eine bestimmte Vorbildung. Ich selbst kenne Frauen, die sich diesem Beruf zuwandten, und außer einer gediegenen  allgemeinen Bildung und Sicherheit in der  Führung des Hauswesens keine speziellen Kenntnisse besaßen. Musikalische  Ausbildung (Gesang, Klavierspiel) sind bei  Bewerbung um eine solche Stelle von großem Vorteil. Ein hoher Grad von Energie und ein  bestimmtes, festes Auftreten, welches sich  unter den  geistig Kranken Gehorsam  zu verschaffen im Stande ist, ist freilich unbedingt nötig.

Wir kommen jetzt  zu den beiden noch am wenigsten bekannten Abteilungen der Krankenpflege, zu der Heilerziehung und zu der  Pflege der Gefangenen. Auf  erstens,  auf  die sogenannte Heilerziehung, würde gerade in unserer Zeit, in  der  sich die Zahl der nervösen Kinder auf  eine schreckenerregende Art steigert, besonderes  Gewicht zu legen.  Es könnte dadurch gar manch unglückliches, verfehltes Menschenleben gerettet  werden. J. Trüper sagt in  seinem Werk: "Psychopathische Minderwertigkeit im Kindesalter, eigenartige Kinder,  die weder schwachsinnig noch geisteskrank sind, aber  dennoch, oft schon im Säuglingsalter, der Pflege und später auch der Erziehung und dem  Unterricht viele Mühe und Schwierigkeiten bereiten,  wenn Eltern und Erzieher auch nicht immer klar darüber  sind,  wo die  eigentlichen Ursachen liegen.  Manchen solchen Kindern  stehen Schule und Haus zuletzt rat- und hilflos gegenüber;  man verfällt von einem mißlungenen Versuch in einen anderen, bis schließlich  die geistige und  sittliche Regelwidrigkeit sich derart steigert, dass das Schmerzenskind überhaupt nicht mehr zu einem brauchbaren Glied der menschlichen Gesellschaft  zu bilden ist und es als Degenerierter oder als Geisteskranker geschlossenen Anstalten übergeben werden muss. Wenn eine Statistik der nervös  wie geistig und  sittlich geschwächten, überreizten, interessenlosen, leistungsunfähigen, entarteten und zuletzt moralisch verdorbenen und verkommenen Schmerzenskinder der Familien aller Gesellschaftskreise möglich  und vorhanden wäre,  so würde man bald begreifen, welche Frage von weitgehendster Bedeutung das Studium der seelischen Fehler und der psychopathischen Minderwertigkeiten im Jugendalter und ihre erziehliche  Behandlung ist".

Dass diese Art  der Krankenpflege unbedingt eine fachgemäße Ausbildung verlangt, liegt auf der Hand, in unserer Heimat bietet sich dafür  leider  keine  Gelegenheit und ist uns  hierin  Deutschland vorausgegangen, indem es in der Erziehungs- und  Heilanstalt für Knaben und  Mädchen  auf der  Sophienhöhe in Jena die Ausbildung jener Frauen und  Mädchen übernimmt, die sich  der Pflege psychopathisch disponierter Kinder widmen wollen.

Es bleibt uns jetzt noch  die vierte und letzte Abteilung der gesamten Krankenpflege zur Besprechung, und zwar der  Pflege der Gefangenen.

Auch dieser  Beruf bedarf einer besonderen technischen Vorbildung. Der  Zentralausschuss für innere Mission schreibt über die Krankenpflege der Gefangenen in seinem  36.  Bericht: "Schon  seit Jahrzehnten bildet die Fragen der Vorbildung für  den Gefängnisdienst einen "eisernen Besstand" in den Beratungsgegenständen von  Gefängniskongressen und anderen gemeinnützigen Vereinigungen. Ist der  Zweck der  Strafe nicht  bloß  Vergeltung, sondern auch Besserung und Rückgewinnung der Rettungsfähigen unter den Gefangenen für die bürgerliche  Gesellschaft, so unterliegt es keinem Zweifel, dass  es für die  Gefangenenanstalten in allererster Linie tüchtiger Aufseher bedarf.  Besonders für  gefangene Frauen suchen wir eine  dringend gebotene  Hilfe. Soll die Strafzeit ihnen den Weg zur Besserung öffnen, sie  nicht gar noch  in tieferes Elend hinabstoßen, so  bedarf es für  die Frauengefängnisse solcher Aufseherinnen, die ihre  Dienstpflichten mit gewissenhafter Treue erfüllen,  aber zugleich durch die Macht ihrer Persönlichkeit, durch die  Lauterkeit und den Adel ihrer  christlichen Gesinnung einen sittlich hebenden Einfluss auf die gefangenen Frauen ausüben. Es  ist nun  ein unheilsames Vorurteil, dass dieser Dienst für gebildete Frauen zu   niedrig und zu  schecht sei. Auch von ihnen fordert der  Herr, dass  sie in  den Gefangenen ihm  selbst  tätige Liebe erweisen. Und wie viele von ihnen stehen -  oft zu ihrem eigenen tiefen  Leid – müssig am Markt! Die wenigsten  von ihnen ahnen, welch ein Feld und  welch  eine Welt fruchtbarer Tätigkeit in den  Gefängnissen unserer christlich gebildeten Frauen harrt.  Die zu solchem segensreichen Dienst  Ausgestatteten sind,  daran  zweifeln wir nicht,  in unseren Gemeinden, auch in  den Kreisen der Gebildeten vorhanden, aber sie müssen gesucht  werden,

Sie zu suchen ist vor allem die Aufgabe derer,  die dem Werk  der inneren Mission dienen wollen."

Und in  diesem  Schlusssatz liegt  der Angelpunkt der zu  wünschenden  Organisation.

Vielleicht  nimmt sich  der eingangs erwähnte Verein oder eine Spezialgruppe des schon  um die "Frauenenquete" so hochverdienten ethischen Vereines  der Sache an. Unter der Ägyde eines solchen Verbandes würden die  Vorurteile, welche die Krankenpflege an ihrer segensreichen Entwicklung hindern, am  schnellsten zu besiegen sein.

__QUELLE:__  Frauenleben 1. Juli 1896, S 1, ANNO Österreichische  Nationalbibliothek

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